Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

Bild:
<< vorherige Seite

Sechstes Buch
[Spaltenumbruch] gemerckten Gifftzeichen an Chlotildens Leiche
mit allen Deutschen zu Pferde gesessen/ und aus
Capua fort geritten wären; vorgebende: daß sie
sich eines so vergifteten Hofes zu enteusern wich-
tige Ursache hätten.

Demnach nun Annibal bereit bey sich ent-
schlossen hatte/ Agathoclien ins geheim abzu-
thun/ aus dieser Begebenheit aber leicht muth-
massen konte: daß der Verdacht des Gifftes auf
ihn fiele; entschloß er durch öffentliche Bestraf-
fung Agathocliens sich für aller Welt rein zu
brennen. Daher ließ er Agathoclien in Ker-
cker werffen/ und über der Vergifftung Chlotil-
dens anfangs in der Güte; als sie aber leugnete/
und inzwischen ein Edelknabe vom Anrühren
des Jesmins gleichfals getödtet/ also die Ursache
des Todes erkundiget/ von der Kammer-Jung-
frau die Begebenheit mit dem Wasserkruge ent-
decket worden war/ scharf befragen. Die Mar-
ter drückte endlich ihr das Bekäntnüß der War-
heit aus; sie schützte aber zu ihrer Entschuldi-
gung für: daß sie es Annibaln vorher entdeckt/
und Chlotilden mit seiner Genehmhabung ver-
gifftet hätte. Die Richter fragten nach dem
Beweise ihres Einwands. Agathoclia bezohe
sich auf Chlotildens Schreiben/ welches ein ge-
wisser Mohr in des Perolla Kleidern gefunden
und ihr gebracht/ sie aber Annibaln eingehän-
digt hätte. Annibal/ welchem zu Behauptung
seiner Herrschafft in Jtalien an Verführung
seiner Unschuld viel gelegen war/ widersprach
Agathocliens Für wand als eine grausame Ver-
läumdung/ schickte auch an statt des erstern/ der
Chlotildis letzteres Schreiben den Richtern; um
dardurch zu bescheinigen: daß er Chlotilden deß-
halben mehr zu lieben/ als ihren Mord zu willi-
gen Ursache gehabt hätte. Diese fällten daher
Agathoclien/ welche zu Alexandria dem Pfal
entronnen war/ ein verdientes Urthel/ krafft des-
sen sie rück wärts auf einen räudichten Esel ge-
setzt/ an den Ecken der Stadt mit glüenden Zan-
gen gezwickt/ hernach mit vier Pferden zerris-
[Spaltenumbruch] sen/ verbrennt/ und die Asche in den Fluß Vul-
turnus gestreut ward. Also entrinnen die La-
sterhafften zwar zuweilen aus der Hand des
weltlichen Richters/ niemals aber der göttlichen
Rache; welche/ wenn sie einem Boßhafften mit
langsamen Bleyfüssen nacheilet/ ihn auch mit ei-
ner desto schwerern Hand zu Bodem drückt.

Das grausamste an dieser zwar verdienten
Straffe war: daß Annibal nicht nur diesem
Trauerspiele zusah/ sondern auch selbst mit einer
Gerte das eine nicht anziehende Pferd aufmun-
terte um denselben Leib zu zerfleischen/ den er so
viel mal inbrünstig umarmt hatte. Die Köni-
gin Erato fing hierüber laut an zu ruffen: O des
merckwürdigen Beyspiels! daß eine viehische
Liebe nichts als Minotauren gebähre; und ihr
Englisches Antlitz sich mit einem Schlangen-
Schwantze endige. Freylich wol/ sagte Thus-
nelde. Denn wie das Mittel der Tugend Ei-
genschafft ist; also haben die Laster nur in dem
eusersten ihren Auffenthalt. Jene richtet ihr
Thun nach/ diese wider die Gesetze der Natur
ein; welche zwischen Kälte und Hitze/ zwischen
Sturm und Meerstille/ zwischen Tag und
Nacht ein gewisses Mittel beobachtet. Sinte-
mal die Sonne aus den Fischen in Löwen/ vom
Mittage in Mitternacht keinen gähen Sprung
thut; sondern zwischen Winter und Sommer
den lauen Frühling und kühlen Herbst; zwi-
schen Licht und Finsternüß eine annehmliche
Dämmerung einrückt. Die geile Brunst hin-
gegen verkehrt sich im Augenblicke in bittersten
Haß; und sprüet in einem Atheme Liebkosen/
Gifft und Galle heraus. Sie hat zwar die Art
des hartnäckichten Epheu/ welcher alles umar-
met/ was er nur erreichet; Aber ihre Tauerung
ist vergänglicher als der Mertz-Schnee/ der
insgemein eh/ als er die Erde erreicht/ zu Was-
ser wird. Sie raset grimmiger als loderndes
Pech und brennender Schwefel; hält eingeä-
scherte Länder für ihre kostbare Siegszeichen/
und das geronnene Blut erwürgter Völcker für

süsse

Sechſtes Buch
[Spaltenumbruch] gemerckten Gifftzeichen an Chlotildens Leiche
mit allen Deutſchen zu Pferde geſeſſen/ und aus
Capua fort geritten waͤren; vorgebende: daß ſie
ſich eines ſo vergifteten Hofes zu enteuſern wich-
tige Urſache haͤtten.

Demnach nun Annibal bereit bey ſich ent-
ſchloſſen hatte/ Agathoclien ins geheim abzu-
thun/ aus dieſer Begebenheit aber leicht muth-
maſſen konte: daß der Verdacht des Gifftes auf
ihn fiele; entſchloß er durch oͤffentliche Beſtraf-
fung Agathocliens ſich fuͤr aller Welt rein zu
brennen. Daher ließ er Agathoclien in Ker-
cker werffen/ und uͤber der Vergifftung Chlotil-
dens anfangs in der Guͤte; als ſie aber leugnete/
und inzwiſchen ein Edelknabe vom Anruͤhren
des Jeſmins gleichfals getoͤdtet/ alſo die Urſache
des Todes erkundiget/ von der Kammer-Jung-
frau die Begebenheit mit dem Waſſerkruge ent-
decket worden war/ ſcharf befragen. Die Mar-
ter druͤckte endlich ihr das Bekaͤntnuͤß der War-
heit aus; ſie ſchuͤtzte aber zu ihrer Entſchuldi-
gung fuͤr: daß ſie es Annibaln vorher entdeckt/
und Chlotilden mit ſeiner Genehmhabung ver-
gifftet haͤtte. Die Richter fragten nach dem
Beweiſe ihres Einwands. Agathoclia bezohe
ſich auf Chlotildens Schreiben/ welches ein ge-
wiſſer Mohr in des Perolla Kleidern gefunden
und ihr gebracht/ ſie aber Annibaln eingehaͤn-
digt haͤtte. Annibal/ welchem zu Behauptung
ſeiner Herrſchafft in Jtalien an Verfuͤhrung
ſeiner Unſchuld viel gelegen war/ widerſprach
Agathocliens Fuͤr wand als eine grauſame Ver-
laͤumdung/ ſchickte auch an ſtatt des erſtern/ der
Chlotildis letzteres Schreiben den Richtern; um
dardurch zu beſcheinigen: daß er Chlotilden deß-
halben mehr zu lieben/ als ihren Mord zu willi-
gen Urſache gehabt haͤtte. Dieſe faͤllten daher
Agathoclien/ welche zu Alexandria dem Pfal
entronnen war/ ein verdientes Urthel/ krafft deſ-
ſen ſie ruͤck waͤrts auf einen raͤudichten Eſel ge-
ſetzt/ an den Ecken der Stadt mit gluͤenden Zan-
gen gezwickt/ hernach mit vier Pferden zerriſ-
[Spaltenumbruch] ſen/ verbrennt/ und die Aſche in den Fluß Vul-
turnus geſtreut ward. Alſo entrinnen die La-
ſterhafften zwar zuweilen aus der Hand des
weltlichen Richters/ niemals aber der goͤttlichen
Rache; welche/ wenn ſie einem Boßhafften mit
langſamen Bleyfuͤſſen nacheilet/ ihn auch mit ei-
ner deſto ſchwerern Hand zu Bodem druͤckt.

Das grauſamſte an dieſer zwar verdienten
Straffe war: daß Annibal nicht nur dieſem
Trauerſpiele zuſah/ ſondern auch ſelbſt mit einer
Gerte das eine nicht anziehende Pferd aufmun-
terte um denſelben Leib zu zerfleiſchen/ den er ſo
viel mal inbruͤnſtig umarmt hatte. Die Koͤni-
gin Erato fing hieruͤber laut an zu ruffen: O des
merckwuͤrdigen Beyſpiels! daß eine viehiſche
Liebe nichts als Minotauren gebaͤhre; und ihr
Engliſches Antlitz ſich mit einem Schlangen-
Schwantze endige. Freylich wol/ ſagte Thuſ-
nelde. Denn wie das Mittel der Tugend Ei-
genſchafft iſt; alſo haben die Laſter nur in dem
euſerſten ihren Auffenthalt. Jene richtet ihr
Thun nach/ dieſe wider die Geſetze der Natur
ein; welche zwiſchen Kaͤlte und Hitze/ zwiſchen
Sturm und Meerſtille/ zwiſchen Tag und
Nacht ein gewiſſes Mittel beobachtet. Sinte-
mal die Sonne aus den Fiſchen in Loͤwen/ vom
Mittage in Mitternacht keinen gaͤhen Sprung
thut; ſondern zwiſchen Winter und Sommer
den lauen Fruͤhling und kuͤhlen Herbſt; zwi-
ſchen Licht und Finſternuͤß eine annehmliche
Daͤmmerung einruͤckt. Die geile Brunſt hin-
gegen verkehrt ſich im Augenblicke in bitterſten
Haß; und ſpruͤet in einem Atheme Liebkoſen/
Gifft und Galle heraus. Sie hat zwar die Art
des hartnaͤckichten Epheu/ welcher alles umar-
met/ was er nur erreichet; Aber ihre Tauerung
iſt vergaͤnglicher als der Mertz-Schnee/ der
insgemein eh/ als er die Erde erreicht/ zu Waſ-
ſer wird. Sie raſet grimmiger als loderndes
Pech und brennender Schwefel; haͤlt eingeaͤ-
ſcherte Laͤnder fuͤr ihre koſtbare Siegszeichen/
und das geronnene Blut erwuͤrgter Voͤlcker fuͤr

ſuͤſſe
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0904" n="842[844]"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Sech&#x017F;tes Buch</hi></fw><lb/><cb/>
gemerckten Gifftzeichen an Chlotildens Leiche<lb/>
mit allen Deut&#x017F;chen zu Pferde ge&#x017F;e&#x017F;&#x017F;en/ und aus<lb/>
Capua fort geritten wa&#x0364;ren; vorgebende: daß &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;ich eines &#x017F;o vergifteten Hofes zu enteu&#x017F;ern wich-<lb/>
tige Ur&#x017F;ache ha&#x0364;tten.</p><lb/>
          <p>Demnach nun Annibal bereit bey &#x017F;ich ent-<lb/>
&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en hatte/ Agathoclien ins geheim abzu-<lb/>
thun/ aus die&#x017F;er Begebenheit aber leicht muth-<lb/>
ma&#x017F;&#x017F;en konte: daß der Verdacht des Gifftes auf<lb/>
ihn fiele; ent&#x017F;chloß er durch o&#x0364;ffentliche Be&#x017F;traf-<lb/>
fung Agathocliens &#x017F;ich fu&#x0364;r aller Welt rein zu<lb/>
brennen. Daher ließ er Agathoclien in Ker-<lb/>
cker werffen/ und u&#x0364;ber der Vergifftung Chlotil-<lb/>
dens anfangs in der Gu&#x0364;te; als &#x017F;ie aber leugnete/<lb/>
und inzwi&#x017F;chen ein Edelknabe vom Anru&#x0364;hren<lb/>
des Je&#x017F;mins gleichfals geto&#x0364;dtet/ al&#x017F;o die Ur&#x017F;ache<lb/>
des Todes erkundiget/ von der Kammer-Jung-<lb/>
frau die Begebenheit mit dem Wa&#x017F;&#x017F;erkruge ent-<lb/>
decket worden war/ &#x017F;charf befragen. Die Mar-<lb/>
ter dru&#x0364;ckte endlich ihr das Beka&#x0364;ntnu&#x0364;ß der War-<lb/>
heit aus; &#x017F;ie &#x017F;chu&#x0364;tzte aber zu ihrer Ent&#x017F;chuldi-<lb/>
gung fu&#x0364;r: daß &#x017F;ie es Annibaln vorher entdeckt/<lb/>
und Chlotilden mit &#x017F;einer Genehmhabung ver-<lb/>
gifftet ha&#x0364;tte. Die Richter fragten nach dem<lb/>
Bewei&#x017F;e ihres Einwands. Agathoclia bezohe<lb/>
&#x017F;ich auf Chlotildens Schreiben/ welches ein ge-<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;er Mohr in des Perolla Kleidern gefunden<lb/>
und ihr gebracht/ &#x017F;ie aber Annibaln eingeha&#x0364;n-<lb/>
digt ha&#x0364;tte. Annibal/ welchem zu Behauptung<lb/>
&#x017F;einer Herr&#x017F;chafft in Jtalien an Verfu&#x0364;hrung<lb/>
&#x017F;einer Un&#x017F;chuld viel gelegen war/ wider&#x017F;prach<lb/>
Agathocliens Fu&#x0364;r wand als eine grau&#x017F;ame Ver-<lb/>
la&#x0364;umdung/ &#x017F;chickte auch an &#x017F;tatt des er&#x017F;tern/ der<lb/>
Chlotildis letzteres Schreiben den Richtern; um<lb/>
dardurch zu be&#x017F;cheinigen: daß er Chlotilden deß-<lb/>
halben mehr zu lieben/ als ihren Mord zu willi-<lb/>
gen Ur&#x017F;ache gehabt ha&#x0364;tte. Die&#x017F;e fa&#x0364;llten daher<lb/>
Agathoclien/ welche zu Alexandria dem Pfal<lb/>
entronnen war/ ein verdientes Urthel/ krafft de&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en &#x017F;ie ru&#x0364;ck wa&#x0364;rts auf einen ra&#x0364;udichten E&#x017F;el ge-<lb/>
&#x017F;etzt/ an den Ecken der Stadt mit glu&#x0364;enden Zan-<lb/>
gen gezwickt/ hernach mit vier Pferden zerri&#x017F;-<lb/><cb/>
&#x017F;en/ verbrennt/ und die A&#x017F;che in den Fluß Vul-<lb/>
turnus ge&#x017F;treut ward. Al&#x017F;o entrinnen die La-<lb/>
&#x017F;terhafften zwar zuweilen aus der Hand des<lb/>
weltlichen Richters/ niemals aber der go&#x0364;ttlichen<lb/>
Rache; welche/ wenn &#x017F;ie einem Boßhafften mit<lb/>
lang&#x017F;amen Bleyfu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en nacheilet/ ihn auch mit ei-<lb/>
ner de&#x017F;to &#x017F;chwerern Hand zu Bodem dru&#x0364;ckt.</p><lb/>
          <p>Das grau&#x017F;am&#x017F;te an die&#x017F;er zwar verdienten<lb/>
Straffe war: daß Annibal nicht nur die&#x017F;em<lb/>
Trauer&#x017F;piele zu&#x017F;ah/ &#x017F;ondern auch &#x017F;elb&#x017F;t mit einer<lb/>
Gerte das eine nicht anziehende Pferd aufmun-<lb/>
terte um den&#x017F;elben Leib zu zerflei&#x017F;chen/ den er &#x017F;o<lb/>
viel mal inbru&#x0364;n&#x017F;tig umarmt hatte. Die Ko&#x0364;ni-<lb/>
gin Erato fing hieru&#x0364;ber laut an zu ruffen: O des<lb/>
merckwu&#x0364;rdigen Bey&#x017F;piels! daß eine viehi&#x017F;che<lb/>
Liebe nichts als Minotauren geba&#x0364;hre; und ihr<lb/>
Engli&#x017F;ches Antlitz &#x017F;ich mit einem Schlangen-<lb/>
Schwantze endige. Freylich wol/ &#x017F;agte Thu&#x017F;-<lb/>
nelde. Denn wie das Mittel der Tugend Ei-<lb/>
gen&#x017F;chafft i&#x017F;t; al&#x017F;o haben die La&#x017F;ter nur in dem<lb/>
eu&#x017F;er&#x017F;ten ihren Auffenthalt. Jene richtet ihr<lb/>
Thun nach/ die&#x017F;e wider die Ge&#x017F;etze der Natur<lb/>
ein; welche zwi&#x017F;chen Ka&#x0364;lte und Hitze/ zwi&#x017F;chen<lb/>
Sturm und Meer&#x017F;tille/ zwi&#x017F;chen Tag und<lb/>
Nacht ein gewi&#x017F;&#x017F;es Mittel beobachtet. Sinte-<lb/>
mal die Sonne aus den Fi&#x017F;chen in Lo&#x0364;wen/ vom<lb/>
Mittage in Mitternacht keinen ga&#x0364;hen Sprung<lb/>
thut; &#x017F;ondern zwi&#x017F;chen Winter und Sommer<lb/>
den lauen Fru&#x0364;hling und ku&#x0364;hlen Herb&#x017F;t; zwi-<lb/>
&#x017F;chen Licht und Fin&#x017F;ternu&#x0364;ß eine annehmliche<lb/>
Da&#x0364;mmerung einru&#x0364;ckt. Die geile Brun&#x017F;t hin-<lb/>
gegen verkehrt &#x017F;ich im Augenblicke in bitter&#x017F;ten<lb/>
Haß; und &#x017F;pru&#x0364;et in einem Atheme Liebko&#x017F;en/<lb/>
Gifft und Galle heraus. Sie hat zwar die Art<lb/>
des hartna&#x0364;ckichten Epheu/ welcher alles umar-<lb/>
met/ was er nur erreichet; Aber ihre Tauerung<lb/>
i&#x017F;t verga&#x0364;nglicher als der Mertz-Schnee/ der<lb/>
insgemein eh/ als er die Erde erreicht/ zu Wa&#x017F;-<lb/>
&#x017F;er wird. Sie ra&#x017F;et grimmiger als loderndes<lb/>
Pech und brennender Schwefel; ha&#x0364;lt eingea&#x0364;-<lb/>
&#x017F;cherte La&#x0364;nder fu&#x0364;r ihre ko&#x017F;tbare Siegszeichen/<lb/>
und das geronnene Blut erwu&#x0364;rgter Vo&#x0364;lcker fu&#x0364;r<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;e</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[842[844]/0904] Sechſtes Buch gemerckten Gifftzeichen an Chlotildens Leiche mit allen Deutſchen zu Pferde geſeſſen/ und aus Capua fort geritten waͤren; vorgebende: daß ſie ſich eines ſo vergifteten Hofes zu enteuſern wich- tige Urſache haͤtten. Demnach nun Annibal bereit bey ſich ent- ſchloſſen hatte/ Agathoclien ins geheim abzu- thun/ aus dieſer Begebenheit aber leicht muth- maſſen konte: daß der Verdacht des Gifftes auf ihn fiele; entſchloß er durch oͤffentliche Beſtraf- fung Agathocliens ſich fuͤr aller Welt rein zu brennen. Daher ließ er Agathoclien in Ker- cker werffen/ und uͤber der Vergifftung Chlotil- dens anfangs in der Guͤte; als ſie aber leugnete/ und inzwiſchen ein Edelknabe vom Anruͤhren des Jeſmins gleichfals getoͤdtet/ alſo die Urſache des Todes erkundiget/ von der Kammer-Jung- frau die Begebenheit mit dem Waſſerkruge ent- decket worden war/ ſcharf befragen. Die Mar- ter druͤckte endlich ihr das Bekaͤntnuͤß der War- heit aus; ſie ſchuͤtzte aber zu ihrer Entſchuldi- gung fuͤr: daß ſie es Annibaln vorher entdeckt/ und Chlotilden mit ſeiner Genehmhabung ver- gifftet haͤtte. Die Richter fragten nach dem Beweiſe ihres Einwands. Agathoclia bezohe ſich auf Chlotildens Schreiben/ welches ein ge- wiſſer Mohr in des Perolla Kleidern gefunden und ihr gebracht/ ſie aber Annibaln eingehaͤn- digt haͤtte. Annibal/ welchem zu Behauptung ſeiner Herrſchafft in Jtalien an Verfuͤhrung ſeiner Unſchuld viel gelegen war/ widerſprach Agathocliens Fuͤr wand als eine grauſame Ver- laͤumdung/ ſchickte auch an ſtatt des erſtern/ der Chlotildis letzteres Schreiben den Richtern; um dardurch zu beſcheinigen: daß er Chlotilden deß- halben mehr zu lieben/ als ihren Mord zu willi- gen Urſache gehabt haͤtte. Dieſe faͤllten daher Agathoclien/ welche zu Alexandria dem Pfal entronnen war/ ein verdientes Urthel/ krafft deſ- ſen ſie ruͤck waͤrts auf einen raͤudichten Eſel ge- ſetzt/ an den Ecken der Stadt mit gluͤenden Zan- gen gezwickt/ hernach mit vier Pferden zerriſ- ſen/ verbrennt/ und die Aſche in den Fluß Vul- turnus geſtreut ward. Alſo entrinnen die La- ſterhafften zwar zuweilen aus der Hand des weltlichen Richters/ niemals aber der goͤttlichen Rache; welche/ wenn ſie einem Boßhafften mit langſamen Bleyfuͤſſen nacheilet/ ihn auch mit ei- ner deſto ſchwerern Hand zu Bodem druͤckt. Das grauſamſte an dieſer zwar verdienten Straffe war: daß Annibal nicht nur dieſem Trauerſpiele zuſah/ ſondern auch ſelbſt mit einer Gerte das eine nicht anziehende Pferd aufmun- terte um denſelben Leib zu zerfleiſchen/ den er ſo viel mal inbruͤnſtig umarmt hatte. Die Koͤni- gin Erato fing hieruͤber laut an zu ruffen: O des merckwuͤrdigen Beyſpiels! daß eine viehiſche Liebe nichts als Minotauren gebaͤhre; und ihr Engliſches Antlitz ſich mit einem Schlangen- Schwantze endige. Freylich wol/ ſagte Thuſ- nelde. Denn wie das Mittel der Tugend Ei- genſchafft iſt; alſo haben die Laſter nur in dem euſerſten ihren Auffenthalt. Jene richtet ihr Thun nach/ dieſe wider die Geſetze der Natur ein; welche zwiſchen Kaͤlte und Hitze/ zwiſchen Sturm und Meerſtille/ zwiſchen Tag und Nacht ein gewiſſes Mittel beobachtet. Sinte- mal die Sonne aus den Fiſchen in Loͤwen/ vom Mittage in Mitternacht keinen gaͤhen Sprung thut; ſondern zwiſchen Winter und Sommer den lauen Fruͤhling und kuͤhlen Herbſt; zwi- ſchen Licht und Finſternuͤß eine annehmliche Daͤmmerung einruͤckt. Die geile Brunſt hin- gegen verkehrt ſich im Augenblicke in bitterſten Haß; und ſpruͤet in einem Atheme Liebkoſen/ Gifft und Galle heraus. Sie hat zwar die Art des hartnaͤckichten Epheu/ welcher alles umar- met/ was er nur erreichet; Aber ihre Tauerung iſt vergaͤnglicher als der Mertz-Schnee/ der insgemein eh/ als er die Erde erreicht/ zu Waſ- ſer wird. Sie raſet grimmiger als loderndes Pech und brennender Schwefel; haͤlt eingeaͤ- ſcherte Laͤnder fuͤr ihre koſtbare Siegszeichen/ und das geronnene Blut erwuͤrgter Voͤlcker fuͤr ſuͤſſe

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/904
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 842[844]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/904>, abgerufen am 23.11.2024.