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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Sechstes Buch
[Spaltenumbruch] Oberster Diaphantus mit zwantzigtausend wol-
gewaffneten Männern/ gegen welche der Roxo-
laner Ochsen-häutene Helme/ und von Wieten
geflochtene Schilde nicht den Stich hielten/ de-
rogestalt: daß Tansius kaum mit tausend Pfer-
den entkam. Diophantus baute hierauff dem
Mithridates zu Ehren an den Tamyracischen
Seebusem die Stadt Eupatorium; und von
solchem Buseme in der Enge eine Mauer biß
an den Bycesischen See; wordurch den Roxo-
lanen und andern Scythen aller Einfall ge-
nungsam verwehrt ward. Mithridates selbst
segelte über die Meotische See/ und nahm an
dem Einflusse des Tanais die berühmte Han-
dels-Stadt Tanais/ an der See die Städte
Patarre/ Azara/ Tyrambe/ Gerusa und Cim-
merium ein; wordurch er gleichsam beyder
Meere/ und des Asiatischen Thraciens Mei-
ster ward/ ja gleichsam die Brodt- und Saltz-
Kammer für Grichenland und Asien in seine
Hände bekam. Sintemahl alleine der Cher-
sonesus ihm jährlich hundert und achzig Mal-
ter Getreyde und zweyhundert Talent Silber
zinsete. An Schiffen und Volcke aber ward
er so reich: Daß er nunmehr funffzig tausend
Reuter/ und drittehalb hundert tausend Fuß-
Knechte auff den Beinen/ vier hundert Kriegs-
Schiffe im Wasser hatte; welche biß an die
Säulen des Hercules die Meere durchkreutz-
ten/ und viel Orte mit Hunger und Raub plag-
ten. Die Tauroscythen zwischen dem Fluße
Pacyris und Pantycapes wurden zwar über
dieser mächtigen Nachbarschafft eyversüchtig/
und banden mit dem Mithridates an; Aber er
ward derselben durch den Vortheil der Waf-
fen und die Kriegs-Wissenschafft seines geüb-
ten Heeres/ welches Neoptolemus führte/ nach
zweyen Schlachten mächtig. Diese fast unerhör-
te Siege verstärckten seine ererbte Macht wol
zehenfach; noch mehr aber vergrösserte sie der
Ruhm von dem grossen Mithridates bey allen
Nord-Völckern. Sintemahl alle zwischen
[Spaltenumbruch] dem Borysthenes und dem Thracischen Bos-
phorus wohnenden Völcker mit ihm sich in
Bündniß einliessen. Dieser seiner Herrsch-
sucht aber strich er eine scheinbare Farbe durch
angenommene Andacht an; indem er nicht nur
in das eroberte Eyland Macra des Achilles;
sondern mit Zulassung seiner Bundsgenossen
an dem sich mit dem Hippanis vermählend en
Boristhenes der Ceres/ und an des Axiaces Ein-
flusse des Neoptolemus Tempel erbaute; wel-
che aber Festungen ähnlicher/ als Heiligthü-
mern waren; Dadurch er denen benachbarten
Völckern einen Kapzaum anlegte. Weil nun
sein endlicher Zweck war die Römische Macht
als die bißherige Schiffbruchs-Flotte aller
Machten über einen Hauffen zu werffen; schick-
te er einen Fürsten der Galatischen Deutschen
in Deutschland und Gallien/ machte mit selbten
ein geheimes Bündniß: daß wenn er mit den
Römern brechen/ und in Griechenland einfal-
len würde/ sie über die Alpen dringen solten.
Wie er diß alles derogestalt auff festen Fuß ge-
setzt; insonderheit die streitbaren Scythen und
Deutschen unter seinen Krieges-Fahnen hatte/
meinte er es nun Zeit zu seyn gegen seine Nach-
barn loß zu brechen. Zumahl die Könige in
Syrien und Egypten durch innerlichen Krieg
und Mord sich selbst derogestalt abmergelten:
daß diese vorhin so grosse Sternen nunmehr
schlechte Lichter in aller Nachbarn Augen wa-
ren. Damit die Römer ihm auch nicht bald
in die Karte sehen möchten/ schickte er eine
Bothschafft mit vielem Gelde nach Rom/ dar-
durch er die meisten Raths-Glieder bestach.
Und weil Apulejus Saturninus solches merck-
te/ die Gesandten auch nicht höflich genung em-
pfing; wäre er seines Kopffs verlustig worden;
wenn nicht der Pöfel ihn dem Urthel des Raths
durch Dreuung entrissen hätte. Unterdessen
machte er mit dem Könige Nicomedes einen
Vertrag; daß sie Paphlagonien einnehmen
und mit einander theilen wolten; welches denn

auch

Sechſtes Buch
[Spaltenumbruch] Oberſter Diaphantus mit zwantzigtauſend wol-
gewaffneten Maͤñern/ gegen welche der Roxo-
laner Ochſen-haͤutene Helme/ und von Wieten
geflochtene Schilde nicht den Stich hielten/ de-
rogeſtalt: daß Tanſius kaum mit tauſend Pfer-
den entkam. Diophantus baute hierauff dem
Mithridates zu Ehren an den Tamyraciſchen
Seebuſem die Stadt Eupatorium; und von
ſolchem Buſeme in der Enge eine Mauer biß
an den Byceſiſchen See; wordurch den Roxo-
lanen und andern Scythen aller Einfall ge-
nungſam verwehrt ward. Mithridates ſelbſt
ſegelte uͤber die Meotiſche See/ und nahm an
dem Einfluſſe des Tanais die beruͤhmte Han-
dels-Stadt Tanais/ an der See die Staͤdte
Patarre/ Azara/ Tyrambe/ Geruſa und Cim-
merium ein; wordurch er gleichſam beyder
Meere/ und des Aſiatiſchen Thraciens Mei-
ſter ward/ ja gleichſam die Brodt- und Saltz-
Kammer fuͤr Grichenland und Aſien in ſeine
Haͤnde bekam. Sintemahl alleine der Cher-
ſoneſus ihm jaͤhrlich hundert und achzig Mal-
ter Getreyde und zweyhundert Talent Silber
zinſete. An Schiffen und Volcke aber ward
er ſo reich: Daß er nunmehr funffzig tauſend
Reuter/ und drittehalb hundert tauſend Fuß-
Knechte auff den Beinen/ vier hundert Kriegs-
Schiffe im Waſſer hatte; welche biß an die
Saͤulen des Hercules die Meere durchkreutz-
ten/ und viel Orte mit Hunger und Raub plag-
ten. Die Tauroſcythen zwiſchen dem Fluße
Pacyris und Pantycapes wurden zwar uͤber
dieſer maͤchtigen Nachbarſchafft eyverſuͤchtig/
und banden mit dem Mithridates an; Aber er
ward derſelben durch den Vortheil der Waf-
fen und die Kriegs-Wiſſenſchafft ſeines geuͤb-
ten Heeres/ welches Neoptolemus fuͤhrte/ nach
zweyen Schlachten maͤchtig. Dieſe faſt uneꝛhoͤꝛ-
te Siege verſtaͤrckten ſeine ererbte Macht wol
zehenfach; noch mehr aber vergroͤſſerte ſie der
Ruhm von dem groſſen Mithridates bey allen
Nord-Voͤlckern. Sintemahl alle zwiſchen
[Spaltenumbruch] dem Boryſthenes und dem Thraciſchen Bos-
phorus wohnenden Voͤlcker mit ihm ſich in
Buͤndniß einlieſſen. Dieſer ſeiner Herrſch-
ſucht aber ſtrich er eine ſcheinbare Farbe durch
angenommene Andacht an; indem er nicht nur
in das eroberte Eyland Macra des Achilles;
ſondern mit Zulaſſung ſeiner Bundsgenoſſen
an dem ſich mit dem Hippanis vermaͤhlend en
Boriſthenes der Ceres/ und an des Axiaces Ein-
fluſſe des Neoptolemus Tempel erbaute; wel-
che aber Feſtungen aͤhnlicher/ als Heiligthuͤ-
mern waren; Dadurch er denen benachbarten
Voͤlckern einen Kapzaum anlegte. Weil nun
ſein endlicher Zweck war die Roͤmiſche Macht
als die bißherige Schiffbruchs-Flotte aller
Machten uͤber einen Hauffen zu werffen; ſchick-
te er einen Fuͤrſten der Galatiſchen Deutſchen
in Deutſchland und Gallien/ machte mit ſelbten
ein geheimes Buͤndniß: daß wenn er mit den
Roͤmern brechen/ und in Griechenland einfal-
len wuͤrde/ ſie uͤber die Alpen dringen ſolten.
Wie er diß alles derogeſtalt auff feſten Fuß ge-
ſetzt; inſonderheit die ſtreitbaren Scythen und
Deutſchen unter ſeinen Krieges-Fahnen hatte/
meinte er es nun Zeit zu ſeyn gegen ſeine Nach-
barn loß zu brechen. Zumahl die Koͤnige in
Syrien und Egypten durch innerlichen Krieg
und Mord ſich ſelbſt derogeſtalt abmergelten:
daß dieſe vorhin ſo groſſe Sternen nunmehr
ſchlechte Lichter in aller Nachbarn Augen wa-
ren. Damit die Roͤmer ihm auch nicht bald
in die Karte ſehen moͤchten/ ſchickte er eine
Bothſchafft mit vielem Gelde nach Rom/ dar-
durch er die meiſten Raths-Glieder beſtach.
Und weil Apulejus Saturninus ſolches merck-
te/ die Geſandten auch nicht hoͤflich genung em-
pfing; waͤre er ſeines Kopffs verluſtig worden;
wenn nicht der Poͤfel ihn dem Urthel des Raths
durch Dreuung entriſſen haͤtte. Unterdeſſen
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 928[930]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/990>, abgerufen am 22.11.2024.