Lohenstein, Daniel Casper von: Ibrahim Sultan. Leipzig, 1673.
Zu scheinbar'm Vorwand an. Mufti. Jch wil gleich mühsam seyn Zu sorgen für dein. Mollah. Herr/ der Groß-Vesier wil ein. Mufti. Was bringt der? führ ihn her. Ambre. Dir ach! den Tod/ mir Ketten. 320 Mufti. Laß Hertzhaft und erfreu't uns ihm entgegen tretten. Achmet. Mufti. Ambre. Achmet. Jch komme Freund/ zu dir sorgfältig für dein Heil. Mufti. Wer frembdes fördert/ hat am Himmel schon ein Theil. Achmet. Wer seines nicht verschmäh't/ muß gutten Rath nicht hassen. Mufti. Der andern räthet/ wird ihm selbst ja rathen lassen. 325 Achmet. Ein Mittel wäre noch für seine Wolfarth dar. Mufti. Was ist's/ das Felsen sol/ und was ist's für Gefahr? Achmet. Die hat Fürst Jbrahim/ und jenes du in Händen. Mufti. Eröfne: was er dreu't/ und was die Noth kan wenden. Achmet. Bestille seinen Zorn und liefer ihm dein Kind. 330 Ambre. Weiß Achmet/ was zu thun die Väter mächtig sind? Achmet. Weiß Ambre Mahumets sein zweytes Grund gesetze? Ambre. Sey sicher: daß ich es für meine Richtschnur schätze. Achmet. Wie daß auf's Vatern Heisch sie nicht den Sultan lieb't? Ambre. Weil mein Gelübde mir hier ein Verboth abgibt. 335 Achmet. Läß't durch Gelübde sich Gesetz und Folg aufheben? Mufti. Gelübden dürffen nicht die Eltern wider streben. Achmet. Stärckt böse Kinder man mit solchem Lehren noch; Mufti. Der Eltern Herrschaft heg't kein Sclaven-gleiches Joch. Achmet. Jhr beyde solt alsbald den Eigen-Sinn berenen. 340 Ambre. Wer nach der Tugend wall't/ läß't sich kein Donnern scheuen. Achmet. Wer Blitz in Streit außtagt/ der wird in Staub geleg't. Mufti. Oft wird der Keil zerschell't/ wenn er nach Felsen schläg't. Achmet. Mein't Mufti dreuende des Sultans Arm zu pochen? Mufti. Auch der geduldig fällt/ wird oftermals gerochen. 345 Achmet. Wenn hohe Häupter fall'n so starr't des Pöfels Muth. Mufti. Auß einer Hütt entspringt oft eine grosse Glutt. Achmet. So sol und wil dein Kind nicht unsern Groß-Herrn lieben? Mufti. Es ist ihr unverwehr't/ doch nichts nicht für geschrieben. Ambre. Der Käyser heisch't von mir vergebens Lieb und Lust. 350 Achmet. So wisse Mufti denn: daß du nicht/ bey verlust Des Kopffes/ iemals solst in's Sultans Antlitz kommen. Mufti. So wird die Würde mir des Priesterthums genommen? Achmet. Bescheide selber dich nach deiner Priester Rath. Mufti. Jch eile neben dir diß/ was der Sultan hat 355Für Urtheil mir gefäll't/ umbständlich zu entdecken. Achmet. Laß sie und die Vernunft dir bessern Rath erwecken. Ambre. Wo zielt/ O Himmel/ noch so rauer Sturmwind hin? Solt' auch durch diesen Schlag des Sultans steinern Sinn Enthärtet worden sein? Ach nein! die schlaue Schlange 360.Weiß: daß ihr Gift die Kraft zu tödten erst empfange/ Wenn es durch schnellen Stich mit Blutte wird vermeng't. Ein Panther der in Sur die Pilgramer ansprengt/ Raubt nicht den Mantel nur/ er setzet Zahn und Klauen Jn Fleisch und Gliedern ein, So werd' auch ich noch schauen: 365Daß nach beraub'ter Würd' auch unser kaltes Blutt Sein Gift wird feuchten an/ und seines Eyfers Glut Mit unsern Leichen kühln. Doch/ das Verhängnüß gebe: Daß ich so sterben könn'/ und nicht zur Schmach ihm lebe. Der Tod ist kein Verlust/ wo Tugend/ Ehre/ Ruhm/ 370Gewien des Lebens ist. Der Tod ist's Eigenthumb Und's Ende der Natur; nicht der beseelten Straffe. Jch lache dieser Wahn/ die sich für diesem Schlaffe Wie für Gespenstern scheu'n/ nicht gläuben: daß der Tod Der Leiber Schatten sey; Die unsre Sterbens-Noth 375Gleich als vermeidlich flihn. Mich tröstet mein Gewissen: Den Frommen lasse sich das Fenster nicht verschlüssen/ GOtt auß dem Schatten auch des Grabes an zu sehn. Den Bösen könne nur im Sarge weh geschehn/ Jhr
Zu ſcheinbar’m Vorwand an. Mufti. Jch wil gleich muͤhſam ſeyn Zu ſorgen fuͤr dein. Mollah. Herr/ der Groß-Veſier wil ein. Mufti. Was bringt der? fuͤhr ihn her. Ambre. Dir ach! den Tod/ mir Ketten. 320 Mufti. Laß Hertzhaft und erfreu’t uns ihm entgegen tretten. Achmet. Mufti. Ambre. Achmet. Jch komme Freund/ zu dir ſorgfaͤltig fuͤr dein Heil. Mufti. Wer frembdes foͤrdert/ hat am Himmel ſchon ein Theil. Achmet. Wer ſeines nicht verſchmaͤh’t/ muß gutten Rath nicht haſſen. Mufti. Der andern raͤthet/ wird ihm ſelbſt ja rathen laſſen. 325 Achmet. Ein Mittel waͤre noch fuͤr ſeine Wolfarth dar. Mufti. Was iſt’s/ das Felſen ſol/ und was iſt’s fuͤr Gefahr? Achmet. Die hat Fuͤrſt Jbrahim/ und jenes du in Haͤnden. Mufti. Eroͤfne: was er dreu’t/ und was die Noth kan wenden. Achmet. Beſtille ſeinen Zorn und liefer ihm dein Kind. 330 Ambre. Weiß Achmet/ was zu thun die Vaͤter maͤchtig ſind? Achmet. Weiß Ambre Mahumets ſein zweytes Grund geſetze? Ambre. Sey ſicher: daß ich es fuͤr meine Richtſchnur ſchaͤtze. Achmet. Wie daß auf’s Vatern Heiſch ſie nicht den Sultan lieb’t? Ambre. Weil mein Geluͤbde mir hier ein Verboth abgibt. 335 Achmet. Laͤß’t durch Geluͤbde ſich Geſetz und Folg aufheben? Mufti. Geluͤbden duͤrffen nicht die Eltern wider ſtreben. Achmet. Staͤrckt boͤſe Kinder man mit ſolchem Lehren noch; Mufti. Der Eltern Herrſchaft heg’t kein Sclaven-gleiches Joch. Achmet. Jhr beyde ſolt alsbald den Eigen-Sinn berenen. 340 Ambre. Wer nach der Tugend wall’t/ laͤß’t ſich kein Donnern ſcheuen. Achmet. Wer Blitz in Streit außtagt/ der wird in Staub geleg’t. Mufti. Oft wird der Keil zerſchell’t/ wenn er nach Felſen ſchlaͤg’t. Achmet. Mein’t Mufti dreuende des Sultans Arm zu pochen? Mufti. Auch der geduldig faͤllt/ wird oftermals gerochen. 345 Achmet. Wenn hohe Haͤupter fall’n ſo ſtarr’t des Poͤfels Muth. Mufti. Auß einer Huͤtt entſpringt oft eine groſſe Glutt. Achmet. So ſol und wil dein Kind nicht unſern Groß-Herrn lieben? Mufti. Es iſt ihr unverwehr’t/ doch nichts nicht fuͤr geſchrieben. Ambre. Der Kaͤyſer heiſch’t von mir vergebens Lieb und Luſt. 350 Achmet. So wiſſe Mufti denn: daß du nicht/ bey verluſt Des Kopffes/ iemals ſolſt in’s Sultans Antlitz kommen. Mufti. So wird die Wuͤrde mir des Prieſterthums genommen? Achmet. Beſcheide ſelber dich nach deiner Prieſter Rath. Mufti. Jch eile neben dir diß/ was der Sultan hat 355Fuͤr Urtheil mir gefaͤll’t/ umbſtaͤndlich zu entdecken. Achmet. Laß ſie und die Vernunft dir beſſern Rath erwecken. Ambre. Wo zielt/ O Himmel/ noch ſo rauer Sturmwind hin? Solt’ auch durch dieſen Schlag des Sultans ſteinern Sinn Enthaͤrtet worden ſein? Ach nein! die ſchlaue Schlange 360.Weiß: daß ihr Gift die Kraft zu toͤdten erſt empfange/ Wenn es durch ſchnellen Stich mit Blutte wird vermeng’t. Ein Panther der in Sur die Pilgramer anſprengt/ Raubt nicht den Mantel nur/ er ſetzet Zahn und Klauen Jn Fleiſch und Gliedern ein, So werd’ auch ich noch ſchauen: 365Daß nach beraub’ter Wuͤrd’ auch unſer kaltes Blutt Sein Gift wird feuchten an/ und ſeines Eyfers Glut Mit unſern Leichen kuͤhln. Doch/ das Verhaͤngnuͤß gebe: Daß ich ſo ſterben koͤnn’/ und nicht zur Schmach ihm lebe. Der Tod iſt kein Verluſt/ wo Tugend/ Ehre/ Ruhm/ 370Gewien des Lebens iſt. Der Tod iſt’s Eigenthumb Und’s Ende der Natur; nicht der beſeelten Straffe. Jch lache dieſer Wahn/ die ſich fuͤr dieſem Schlaffe Wie fuͤr Geſpenſtern ſcheu’n/ nicht glaͤuben: daß der Tod Der Leiber Schatten ſey; Die unſre Sterbens-Noth 375Gleich als vermeidlich flihn. Mich troͤſtet mein Gewiſſen: Den Frommen laſſe ſich das Fenſter nicht verſchluͤſſen/ GOtt auß dem Schatten auch des Grabes an zu ſehn. Den Boͤſen koͤnne nur im Sarge weh geſchehn/ Jhr
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Zu ſcheinbar’m Vorwand an.
Mufti. Jch wil gleich muͤhſam ſeyn
Zu ſorgen fuͤr dein.
Mollah. Herr/ der Groß-Veſier wil ein.
Mufti. Was bringt der? fuͤhr ihn her.
Ambre. Dir ach! den Tod/ mir Ketten.
Mufti. Laß Hertzhaft und erfreu’t uns ihm entgegen tretten.
Achmet. Mufti. Ambre.
Achmet. Jch komme Freund/ zu dir ſorgfaͤltig fuͤr dein Heil.
Mufti. Wer frembdes foͤrdert/ hat am Himmel ſchon ein Theil.
Achmet. Wer ſeines nicht verſchmaͤh’t/ muß gutten Rath nicht haſſen.
Mufti. Der andern raͤthet/ wird ihm ſelbſt ja rathen laſſen.
Achmet. Ein Mittel waͤre noch fuͤr ſeine Wolfarth dar.
Mufti. Was iſt’s/ das Felſen ſol/ und was iſt’s fuͤr Gefahr?
Achmet. Die hat Fuͤrſt Jbrahim/ und jenes du in Haͤnden.
Mufti. Eroͤfne: was er dreu’t/ und was die Noth kan wenden.
Achmet. Beſtille ſeinen Zorn und liefer ihm dein Kind.
Ambre. Weiß Achmet/ was zu thun die Vaͤter maͤchtig ſind?
Achmet. Weiß Ambre Mahumets ſein zweytes Grund geſetze?
Ambre. Sey ſicher: daß ich es fuͤr meine Richtſchnur ſchaͤtze.
Achmet. Wie daß auf’s Vatern Heiſch ſie nicht den Sultan lieb’t?
Ambre. Weil mein Geluͤbde mir hier ein Verboth abgibt.
Achmet. Laͤß’t durch Geluͤbde ſich Geſetz und Folg aufheben?
Mufti. Geluͤbden duͤrffen nicht die Eltern wider ſtreben.
Achmet. Staͤrckt boͤſe Kinder man mit ſolchem Lehren noch;
Mufti. Der Eltern Herrſchaft heg’t kein Sclaven-gleiches Joch.
Achmet. Jhr beyde ſolt alsbald den Eigen-Sinn berenen.
Ambre. Wer nach der Tugend wall’t/ laͤß’t ſich kein Donnern ſcheuen.
Achmet. Wer Blitz in Streit außtagt/ der wird in Staub geleg’t.
Mufti. Oft wird der Keil zerſchell’t/ wenn er nach Felſen ſchlaͤg’t.
Achmet. Mein’t Mufti dreuende des Sultans Arm zu pochen?
Mufti. Auch der geduldig faͤllt/ wird oftermals gerochen.
Achmet. Wenn hohe Haͤupter fall’n ſo ſtarr’t des Poͤfels Muth.
Mufti. Auß einer Huͤtt entſpringt oft eine groſſe Glutt.
Achmet. So ſol und wil dein Kind nicht unſern Groß-Herrn lieben?
Mufti. Es iſt ihr unverwehr’t/ doch nichts nicht fuͤr geſchrieben.
Ambre. Der Kaͤyſer heiſch’t von mir vergebens Lieb und Luſt.
Achmet. So wiſſe Mufti denn: daß du nicht/ bey verluſt
Des Kopffes/ iemals ſolſt in’s Sultans Antlitz kommen.
Mufti. So wird die Wuͤrde mir des Prieſterthums genommen?
Achmet. Beſcheide ſelber dich nach deiner Prieſter Rath.
Mufti. Jch eile neben dir diß/ was der Sultan hat
Fuͤr Urtheil mir gefaͤll’t/ umbſtaͤndlich zu entdecken.
Achmet. Laß ſie und die Vernunft dir beſſern Rath erwecken.
Ambre.
Wo zielt/ O Himmel/ noch ſo rauer Sturmwind hin?
Solt’ auch durch dieſen Schlag des Sultans ſteinern Sinn
Enthaͤrtet worden ſein? Ach nein! die ſchlaue Schlange
Weiß: daß ihr Gift die Kraft zu toͤdten erſt empfange/
Wenn es durch ſchnellen Stich mit Blutte wird vermeng’t.
Ein Panther der in Sur die Pilgramer anſprengt/
Raubt nicht den Mantel nur/ er ſetzet Zahn und Klauen
Jn Fleiſch und Gliedern ein, So werd’ auch ich noch ſchauen:
Daß nach beraub’ter Wuͤrd’ auch unſer kaltes Blutt
Sein Gift wird feuchten an/ und ſeines Eyfers Glut
Mit unſern Leichen kuͤhln. Doch/ das Verhaͤngnuͤß gebe:
Daß ich ſo ſterben koͤnn’/ und nicht zur Schmach ihm lebe.
Der Tod iſt kein Verluſt/ wo Tugend/ Ehre/ Ruhm/
Gewien des Lebens iſt. Der Tod iſt’s Eigenthumb
Und’s Ende der Natur; nicht der beſeelten Straffe.
Jch lache dieſer Wahn/ die ſich fuͤr dieſem Schlaffe
Wie fuͤr Geſpenſtern ſcheu’n/ nicht glaͤuben: daß der Tod
Der Leiber Schatten ſey; Die unſre Sterbens-Noth
Gleich als vermeidlich flihn. Mich troͤſtet mein Gewiſſen:
Den Frommen laſſe ſich das Fenſter nicht verſchluͤſſen/
GOtt auß dem Schatten auch des Grabes an zu ſehn.
Den Boͤſen koͤnne nur im Sarge weh geſchehn/
Jhr
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