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Lohenstein, Daniel Casper von: Ibrahim Sultan. Leipzig, 1673.

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Kiosem. Der eignen Kinder nie. Ja keinen andern Fürsten
Hat man gesehn nach Blutt gesammter Kinder dürsten.
Ibrah. Wer unter ihnen sol denn außgewehlet seyn?
270
Fatima. Ach! meinen Machmet muß die Erst-geburth befreyn.
Alima. Für meinen Murat kämpft der Himmel und die Sternen/
Den in der Wiegen schon die Persen fürchten lernen/
Den die Wahrsagung längst zum Wunder hat gemacht/
Weil ich ihn gleich gebahr/ im Mertz/ als Tag und Nacht
275Recht gleiche Stunden hat
Fatima. Die Sternen werden kämpffen
Für meinen Suleiman/ der alle Feinde dämpssen
Der Musulmänner sol.
Hagar. Mein schöner Bajazeth
Ein Außbund der Natur/ mein Holder Orcan steh't
Jn das Verhängniß-Buch des Himmels eingeschrieben:
280Daß/ wer an ihnen wird Gewalt und Grimm auß-üben/
Sol ewig seyn verdammt/ wär's gleich ein Musulman!
Schatradel. Den Kinder-Mördern wird kein Blatt nicht kleben an
Des heiligen Papir's/ noch der gefärbten Rosen
Vom Blutte Mahumeds/ wenn sie die kwal gelosen
285Und über glüend Ertzt in's Paradiß soll'n geh'n.
Ibrah. Wil dieser Kefer auch dem Adler widersich'n?
Schatradel. Man hat die Kinder mir gebunden auf die Seele.
Ibrah. So fahre denn/ vorher für sie ins Todes Höle.
Fatima, Alima Hilf Himmel! er vergeh't.
Machmet. Herr Vater/ ach! er schon'!
290Jch bin sein treues Kind.
Bajazeth. Und ich sein liebster Sohn/
Der nichts gesündig't hat.
Suleiman. Laß't uns den Fuß ihm küssen:
Daß Er uns selbst nicht würg't/ wenn wir ja sterben müssen.
Murat. Ach! Mutter helff't/ ich sterb'!
Alima. Hilff Himmellach mein Kind!
Kiosem. Weist du's/ du Blutthund/ nicht: daß's deine Kinder sind!
295
Alima. Du Raben-Vater du/ welch Thier friß't seine Jungen?
Welch Drache seine Frucht? wohl hastu's Kind verschlungen/
So friß die Mutter auch.
Kiosem. Jhr Kinder nun ist's Zeit/
Daß ihr die Messer zück't.
Hagar. Sind deiner Grausamkeit
Zwey Opfer nicht genung?
Ibrah. Umbsonst! sie alle müssen/
300Weil unser Leid doch auch auß einem würde fliessen/
Geopfert werden auf.
Kiosem. Der Fürst sag's/ ich beschwer'
Jhn bey dem Mahumed/ wo denn sein Leid rühr't her?
Ibrah. Jch leide Seelen-Pein umb ihres Lebens wegen/
Weil Ambre sich nicht wil in unser Bette legen/
305Nicht lieben/ der sie lieb't/ umb: daß er Kinder hat.
Kiosem. Verteufelt-böser Schluß! verdammte Missethat!
Umb eine Handvoll Lust solch Blutt-Bad zu beschlüssen!
Greifft nur behertz't ihn an. Jch liß bald anfangs wissen
Durch meinen Agasi das Kriegs-Volck: Oßmans Stamm
310Steh in Gefahr und Noth
Ibrah. Angst/ Marter/ Pfal und Flamm
Sol dir verzweifelten/ dir Raben-Mutter lohnen.
Und ihr verruchten drey/ solt nicht des Sultans schonen?
Wag't ihr an Käysereuch die Hand zu legen an/
Der Sud und Ost und West mit Wincken zähmen kan?

315
Fatima. Großmächt'ger Herr und Fürst; wenn man verrückten wehret:
Daß ihr gezücktes Schwerdt sie selber nicht verzehret;
So hält's Vernunst und Recht für Liebe/ nicht für Zwang.
Ja Jbrahim wird selbst uns opfern Kuß und Danck:
Daß wir itzt seiner Brunst behertz't in Ziegel fallen.

320
Ibrah. Jch schwere Tod und Pein und Untergang euch allen.
Achmet. Weg! grosser Fürst/ weg/ weg!
Ibrah. Was ist's?
Achmet. Er rette sich.
Ibrah. Träum't dir? für wem?
Achmet. Die Wach empor't sich wider mich/
Und wil selbst mit Gewalt in's Käysers Zimmer dringen/
Wo man nicht Augenblicks die Printzen würde bringen
325Jn Heeres Gegenwart.
Ibrah. wenn ihnen vor das Licht
Hier wird seyn außgelesch't.
Achmet. Der Käyser stürtzenicht
Sich selbst/ und seinen Stamm. Jedoch welch grimmig Wütten
Hat hier dem Murat schon die Gurgel abgeschnitten?
Jch zitter! ach! ich sorg es sey umb ihn gescheh'n

330
Alima. Ja! laß das Kriegs-Volck ein/ den Greuel anzuseh'n.
Und Rache zu vollzieh'n.
Ibrah. Wilstu von meinen Klauen
Auch deinen Suleiman hier noch zerfleischet schauen?
Achmet. Nicht bring't ihn noch mehr auf durch Fluch; laß't euer Leid
Sich nicht in Wahnwitz kehr'n. Eil't bring't in Sicherheit
335Die Kinder/ die euch noch des Himmels Gunst läß't leben.
Der Sultan lasse sie sich in ihr Zimmer heben;
Daß
C jv
Kioſem. Der eignen Kinder nie. Ja keinen andern Fuͤrſten
Hat man geſehn nach Blutt geſammter Kinder duͤrſten.
Ibrah. Wer unter ihnen ſol denn außgewehlet ſeyn?
270
Fatima. Ach! meinen Machmet muß die Erſt-geburth befreyn.
Alima. Fuͤr meinen Murat kaͤmpft der Himmel und die Sternen/
Den in der Wiegen ſchon die Perſen fuͤrchten lernen/
Den die Wahrſagung laͤngſt zum Wunder hat gemacht/
Weil ich ihn gleich gebahr/ im Mertz/ als Tag und Nacht
275Recht gleiche Stunden hat
Fatima. Die Sternen werden kaͤmpffen
Fuͤr meinen Suleiman/ der alle Feinde daͤmpſſen
Der Muſulmaͤnner ſol.
Hagar. Mein ſchoͤner Bajazeth
Ein Außbund der Natur/ mein Holder Orcan ſteh’t
Jn das Verhaͤngniß-Buch des Himmels eingeſchrieben:
280Daß/ wer an ihnen wird Gewalt und Grimm auß-uͤben/
Sol ewig ſeyn verdammt/ waͤr’s gleich ein Muſulman!
Schatradel. Den Kinder-Moͤrdern wird kein Blatt nicht kleben an
Des heiligen Papir’s/ noch der gefaͤrbten Roſen
Vom Blutte Mahumeds/ wenn ſie die kwal geloſen
285Und uͤber gluͤend Ertzt in’s Paradiß ſoll’n geh’n.
Ibrah. Wil dieſer Kefer auch dem Adler widerſich’n?
Schatradel. Man hat die Kinder mir gebunden auf die Seele.
Ibrah. So fahre denn/ vorher fuͤr ſie ins Todes Hoͤle.
Fatima, Alima Hilf Himmel! er vergeh’t.
Machmet. Herr Vater/ ach! er ſchon’!
290Jch bin ſein treues Kind.
Bajazeth. Und ich ſein liebſter Sohn/
Der nichts geſuͤndig’t hat.
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Murat. Ach! Mutter helff’t/ ich ſterb’!
Alima. Hilff Himmellach mein Kind!
Kioſem. Weiſt du’s/ du Blutthund/ nicht: daß’s deine Kinder ſind!
295
Alima. Du Raben-Vater du/ welch Thier friß’t ſeine Jungen?
Welch Drache ſeine Frucht? wohl haſtu’s Kind verſchlungen/
So friß die Mutter auch.
Kioſem. Jhr Kinder nun iſt’s Zeit/
Daß ihr die Meſſer zuͤck’t.
Hagar. Sind deiner Grauſamkeit
Zwey Opfer nicht genung?
Ibrah. Umbſonſt! ſie alle muͤſſen/
300Weil unſer Leid doch auch auß einem wuͤrde flieſſen/
Geopfert werden auf.
Kioſem. Der Fuͤrſt ſag’s/ ich beſchwer’
Jhn bey dem Mahumed/ wo denn ſein Leid ruͤhr’t her?
Ibrah. Jch leide Seelen-Pein umb ihres Lebens wegen/
Weil Ambre ſich nicht wil in unſer Bette legen/
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Kioſem. Verteufelt-boͤſer Schluß! verdammte Miſſethat!
Umb eine Handvoll Luſt ſolch Blutt-Bad zu beſchluͤſſen!
Greifft nur behertz’t ihn an. Jch liß bald anfangs wiſſen
Durch meinen Agaſi das Kriegs-Volck: Oßmans Stamm
310Steh in Gefahr und Noth
Ibrah. Angſt/ Marter/ Pfal und Flam̃
Sol dir verzweifelten/ dir Raben-Mutter lohnen.
Und ihr verruchten drey/ ſolt nicht des Sultans ſchonen?
Wag’t ihr an Kaͤyſereuch die Hand zu legen an/
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Fatima. Großmaͤcht’ger Herr und Fuͤrſt; wenn man verruͤckten wehret:
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Ja Jbrahim wird ſelbſt uns opfern Kuß und Danck:
Daß wir itzt ſeiner Brunſt behertz’t in Ziegel fallen.

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Ibrah. Jch ſchwere Tod und Pein und Untergang euch allen.
Achmet. Weg! groſſer Fuͤrſt/ weg/ weg!
Ibrah. Was iſt’s?
Achmet. Er rette ſich.
Ibrah. Traͤum’t dir? fuͤr wem?
Achmet. Die Wach empor’t ſich wider mich/
Und wil ſelbſt mit Gewalt in’s Kaͤyſers Zimmer dringen/
Wo man nicht Augenblicks die Printzen wuͤrde bringen
325Jn Heeres Gegenwart.
Ibrah. wenn ihnen vor das Licht
Hier wird ſeyn außgeleſch’t.
Achmet. Der Kaͤyſer ſtuͤrtzenicht
Sich ſelbſt/ und ſeinen Stamm. Jedoch welch grimmig Wuͤtten
Hat hier dem Murat ſchon die Gurgel abgeſchnitten?
Jch zitter! ach! ich ſorg es ſey umb ihn geſcheh’n

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Alima. Ja! laß das Kriegs-Volck ein/ den Greuel anzuſeh’n.
Und Rache zu vollzieh’n.
Ibrah. Wilſtu von meinen Klauen
Auch deinen Suleiman hier noch zerfleiſchet ſchauen?
Achmet. Nicht bring’t ihn noch mehr auf durch Fluch; laß’t euer Leid
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Der Sultan laſſe ſie ſich in ihr Zimmer heben;
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[31/0049] Kioſem. Der eignen Kinder nie. Ja keinen andern Fuͤrſten Hat man geſehn nach Blutt geſammter Kinder duͤrſten. Ibrah. Wer unter ihnen ſol denn außgewehlet ſeyn? Fatima. Ach! meinen Machmet muß die Erſt-geburth befreyn. Alima. Fuͤr meinen Murat kaͤmpft der Himmel und die Sternen/ Den in der Wiegen ſchon die Perſen fuͤrchten lernen/ Den die Wahrſagung laͤngſt zum Wunder hat gemacht/ Weil ich ihn gleich gebahr/ im Mertz/ als Tag und Nacht Recht gleiche Stunden hat Fatima. Die Sternen werden kaͤmpffen Fuͤr meinen Suleiman/ der alle Feinde daͤmpſſen Der Muſulmaͤnner ſol. Hagar. Mein ſchoͤner Bajazeth Ein Außbund der Natur/ mein Holder Orcan ſteh’t Jn das Verhaͤngniß-Buch des Himmels eingeſchrieben: Daß/ wer an ihnen wird Gewalt und Grimm auß-uͤben/ Sol ewig ſeyn verdammt/ waͤr’s gleich ein Muſulman! Schatradel. Den Kinder-Moͤrdern wird kein Blatt nicht kleben an Des heiligen Papir’s/ noch der gefaͤrbten Roſen Vom Blutte Mahumeds/ wenn ſie die kwal geloſen Und uͤber gluͤend Ertzt in’s Paradiß ſoll’n geh’n. Ibrah. Wil dieſer Kefer auch dem Adler widerſich’n? Schatradel. Man hat die Kinder mir gebunden auf die Seele. Ibrah. So fahre denn/ vorher fuͤr ſie ins Todes Hoͤle. Fatima, Alima Hilf Himmel! er vergeh’t. Machmet. Herr Vater/ ach! er ſchon’! Jch bin ſein treues Kind. Bajazeth. Und ich ſein liebſter Sohn/ Der nichts geſuͤndig’t hat. Suleiman. Laß’t uns den Fuß ihm kuͤſſen: Daß Er uns ſelbſt nicht wuͤrg’t/ wenn wir ja ſterben muͤſſen. Murat. Ach! Mutter helff’t/ ich ſterb’! Alima. Hilff Himmellach mein Kind! Kioſem. Weiſt du’s/ du Blutthund/ nicht: daß’s deine Kinder ſind! Alima. Du Raben-Vater du/ welch Thier friß’t ſeine Jungen? Welch Drache ſeine Frucht? wohl haſtu’s Kind verſchlungen/ So friß die Mutter auch. Kioſem. Jhr Kinder nun iſt’s Zeit/ Daß ihr die Meſſer zuͤck’t. Hagar. Sind deiner Grauſamkeit Zwey Opfer nicht genung? Ibrah. Umbſonſt! ſie alle muͤſſen/ Weil unſer Leid doch auch auß einem wuͤrde flieſſen/ Geopfert werden auf. Kioſem. Der Fuͤrſt ſag’s/ ich beſchwer’ Jhn bey dem Mahumed/ wo denn ſein Leid ruͤhr’t her? Ibrah. Jch leide Seelen-Pein umb ihres Lebens wegen/ Weil Ambre ſich nicht wil in unſer Bette legen/ Nicht lieben/ der ſie lieb’t/ umb: daß er Kinder hat. Kioſem. Verteufelt-boͤſer Schluß! verdammte Miſſethat! Umb eine Handvoll Luſt ſolch Blutt-Bad zu beſchluͤſſen! Greifft nur behertz’t ihn an. Jch liß bald anfangs wiſſen Durch meinen Agaſi das Kriegs-Volck: Oßmans Stamm Steh in Gefahr und Noth Ibrah. Angſt/ Marter/ Pfal und Flam̃ Sol dir verzweifelten/ dir Raben-Mutter lohnen. Und ihr verruchten drey/ ſolt nicht des Sultans ſchonen? Wag’t ihr an Kaͤyſereuch die Hand zu legen an/ Der Sud und Oſt und Weſt mit Wincken zaͤhmen kan? Fatima. Großmaͤcht’ger Herr und Fuͤrſt; wenn man verruͤckten wehret: Daß ihr gezuͤcktes Schwerdt ſie ſelber nicht verzehret; So haͤlt’s Vernunſt und Recht fuͤr Liebe/ nicht fuͤr Zwang. Ja Jbrahim wird ſelbſt uns opfern Kuß und Danck: Daß wir itzt ſeiner Brunſt behertz’t in Ziegel fallen. Ibrah. Jch ſchwere Tod und Pein und Untergang euch allen. Achmet. Weg! groſſer Fuͤrſt/ weg/ weg! Ibrah. Was iſt’s? Achmet. Er rette ſich. Ibrah. Traͤum’t dir? fuͤr wem? Achmet. Die Wach empor’t ſich wider mich/ Und wil ſelbſt mit Gewalt in’s Kaͤyſers Zimmer dringen/ Wo man nicht Augenblicks die Printzen wuͤrde bringen Jn Heeres Gegenwart. Ibrah. wenn ihnen vor das Licht Hier wird ſeyn außgeleſch’t. Achmet. Der Kaͤyſer ſtuͤrtzenicht Sich ſelbſt/ und ſeinen Stamm. Jedoch welch grimmig Wuͤtten Hat hier dem Murat ſchon die Gurgel abgeſchnitten? Jch zitter! ach! ich ſorg es ſey umb ihn geſcheh’n Alima. Ja! laß das Kriegs-Volck ein/ den Greuel anzuſeh’n. Und Rache zu vollzieh’n. Ibrah. Wilſtu von meinen Klauen Auch deinen Suleiman hier noch zerfleiſchet ſchauen? Achmet. Nicht bring’t ihn noch mehr auf durch Fluch; laß’t euer Leid Sich nicht in Wahnwitz kehr’n. Eil’t bring’t in Sicherheit Die Kinder/ die euch noch des Himmels Gunſt laͤß’t leben. Der Sultan laſſe ſie ſich in ihr Zimmer heben; Daß C jv

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Ibrahim Sultan. Leipzig, 1673, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_ibrahim_1673/49>, abgerufen am 21.11.2024.