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Lohenstein, Daniel Casper von: Sophonisbe. Breslau, 1680.

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SOPHONISBE.
Weil ja sonst jeder Geist mehr Lust zum finstern trägt.

60
Pythia. Ja/ diese/ welche Moth und Hecate bewegt.
Allein Elissens Geist wird mit dem Tage rege/
Als Baals Sonnen-Kind. Man sieht auch ander Wege
Die Teraphim beseelt durchs Auge dieser Welt.
Jhr Licht ist voller Geist. So bald ein Strahl nur fällt
65Auf Memnons steinern Bild/ bewegt die todten Lippen
Ein angenehmer Schall. Das Licht beseelet Klippen/
Des Apis Seule kehrt der Sonne sein Gesicht
Wie Sonnenwenden nach. Die Sonne geht auch nicht
Je auf: daß man nicht sie Serapens Bild siht küssen;
70Und Ströme süsser Milch aus hundert Brüsten flüssen/
Von welchen Jsis strutzt; so bald in ihrer Hand
Die Ampeln glimmen an. Ja solcher heil'ge Brand
Macht: daß Osiris Wein aus dem Altare spritzet.
Sophon. Die Schlafsucht fällt mich an; mein gantzer Körper
schwitzet.

75
Pythia. Der Strahl der Sonne küßt schon ihr geweyht Altar/
Die Gottheit dieses Orths wird itzt gleich sagen wahr.
Didons Geist. Das Aug' und Hertze dieser Welt/
Das Erd und Meer beseelt/ den Sternen Glantz verleihet/
Strahlt auch durch das Elyser-Feld/
80Und unser Schatten bleibt der Sonne noch geweihet/
Elissa hat mit ihrem Leben
Jhr männlich Hertz nicht aufgegeben;
Der Dido Schatten irrt noch emsiger umbs Grab/
Als weiland in der Welt/ eh sie den Leib legt' ab.
85Sie bleibet itzt noch Sonnen-Priesterin;
Jhr Geist/ der ihr geweiht wie selbst Sicharba war/
Brennt itzt noch Lorbeer Holtz/ und spritzt aufs Brand-Altar
Der Sonne noch ihr Blutt zum Opfer hin;
Labet ihres Eh-Herrns Geist/ den des Brudern Mordbeil fällte/
90Mit dem Balsam treuer Liebe/ der aus ihren Wunden tröpft/
Weil sie ihr das Oel des Lebens selbst aus ihren Adern zöpft'/
Als Hiarbens tolle Brunst ihrer Keuschheit Netze stellte.
Dieses macht: daß mein Carthago mich als Göttin bethet an;
Und daß mein entseelter Schatten künftig Ding wahrsagen kan.
Doch/
SOPHONISBE.
Weil ja ſonſt jeder Geiſt mehr Luſt zum finſtern traͤgt.

60
Pythia. Ja/ dieſe/ welche Moth und Hecate bewegt.
Allein Eliſſens Geiſt wird mit dem Tage rege/
Als Baals Sonnen-Kind. Man ſieht auch ander Wege
Die Teraphim beſeelt durchs Auge dieſer Welt.
Jhr Licht iſt voller Geiſt. So bald ein Strahl nur faͤllt
65Auf Memnons ſteinern Bild/ bewegt die todten Lippen
Ein angenehmer Schall. Das Licht beſeelet Klippen/
Des Apis Seule kehrt der Sonne ſein Geſicht
Wie Sonnenwenden nach. Die Sonne geht auch nicht
Je auf: daß man nicht ſie Serapens Bild ſiht kuͤſſen;
70Und Stroͤme ſuͤſſer Milch aus hundert Bruͤſten fluͤſſen/
Von welchen Jſis ſtrutzt; ſo bald in ihrer Hand
Die Ampeln glimmen an. Ja ſolcher heil’ge Brand
Macht: daß Oſiris Wein aus dem Altare ſpritzet.
Sophon. Die Schlafſucht faͤllt mich an; mein gantzer Koͤrper
ſchwitzet.

75
Pythia. Der Strahl der Sonne kuͤßt ſchon ihr geweyht Altar/
Die Gottheit dieſes Orths wird itzt gleich ſagen wahr.
Didons Geiſt. Das Aug’ und Hertze dieſer Welt/
Das Erd und Meer beſeelt/ den Sternen Glantz verleihet/
Strahlt auch durch das Elyſer-Feld/
80Und unſer Schatten bleibt der Sonne noch geweihet/
Eliſſa hat mit ihrem Leben
Jhr maͤnnlich Hertz nicht aufgegeben;
Der Dido Schatten irrt noch emſiger umbs Grab/
Als weiland in der Welt/ eh ſie den Leib legt’ ab.
85Sie bleibet itzt noch Sonnen-Prieſterin;
Jhr Geiſt/ der ihr geweiht wie ſelbſt Sicharba war/
Brennt itzt noch Lorbeer Holtz/ und ſpritzt aufs Brand-Altar
Der Sonne noch ihr Blutt zum Opfer hin;
Labet ihres Eh-Herrns Geiſt/ den des Brudern Mordbeil faͤllte/
90Mit dem Balſam treuer Liebe/ der aus ihren Wunden troͤpft/
Weil ſie ihr das Oel des Lebens ſelbſt aus ihren Adern zoͤpft’/
Als Hiarbens tolle Brunſt ihrer Keuſchheit Netze ſtellte.
Dieſes macht: daß mein Carthago mich als Goͤttin bethet an;
Und daß mein entſeelter Schatten kuͤnftig Ding wahrſagen kan.
Doch/
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[80/0117] SOPHONISBE. Weil ja ſonſt jeder Geiſt mehr Luſt zum finſtern traͤgt. Pythia. Ja/ dieſe/ welche Moth und Hecate bewegt. Allein Eliſſens Geiſt wird mit dem Tage rege/ Als Baals Sonnen-Kind. Man ſieht auch ander Wege Die Teraphim beſeelt durchs Auge dieſer Welt. Jhr Licht iſt voller Geiſt. So bald ein Strahl nur faͤllt Auf Memnons ſteinern Bild/ bewegt die todten Lippen Ein angenehmer Schall. Das Licht beſeelet Klippen/ Des Apis Seule kehrt der Sonne ſein Geſicht Wie Sonnenwenden nach. Die Sonne geht auch nicht Je auf: daß man nicht ſie Serapens Bild ſiht kuͤſſen; Und Stroͤme ſuͤſſer Milch aus hundert Bruͤſten fluͤſſen/ Von welchen Jſis ſtrutzt; ſo bald in ihrer Hand Die Ampeln glimmen an. Ja ſolcher heil’ge Brand Macht: daß Oſiris Wein aus dem Altare ſpritzet. Sophon. Die Schlafſucht faͤllt mich an; mein gantzer Koͤrper ſchwitzet. Pythia. Der Strahl der Sonne kuͤßt ſchon ihr geweyht Altar/ Die Gottheit dieſes Orths wird itzt gleich ſagen wahr. Didons Geiſt. Das Aug’ und Hertze dieſer Welt/ Das Erd und Meer beſeelt/ den Sternen Glantz verleihet/ Strahlt auch durch das Elyſer-Feld/ Und unſer Schatten bleibt der Sonne noch geweihet/ Eliſſa hat mit ihrem Leben Jhr maͤnnlich Hertz nicht aufgegeben; Der Dido Schatten irrt noch emſiger umbs Grab/ Als weiland in der Welt/ eh ſie den Leib legt’ ab. Sie bleibet itzt noch Sonnen-Prieſterin; Jhr Geiſt/ der ihr geweiht wie ſelbſt Sicharba war/ Brennt itzt noch Lorbeer Holtz/ und ſpritzt aufs Brand-Altar Der Sonne noch ihr Blutt zum Opfer hin; Labet ihres Eh-Herrns Geiſt/ den des Brudern Mordbeil faͤllte/ Mit dem Balſam treuer Liebe/ der aus ihren Wunden troͤpft/ Weil ſie ihr das Oel des Lebens ſelbſt aus ihren Adern zoͤpft’/ Als Hiarbens tolle Brunſt ihrer Keuſchheit Netze ſtellte. Dieſes macht: daß mein Carthago mich als Goͤttin bethet an; Und daß mein entſeelter Schatten kuͤnftig Ding wahrſagen kan. Doch/

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Sophonisbe. Breslau, 1680, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_sophonisbe_1680/117>, abgerufen am 09.11.2024.