Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lorinser, Carl Ignaz: Der Sieg über die Branntweinpest in Oberschlesien. Oppeln, 1845.

Bild:
<< vorherige Seite

geschildert hat. Schon die dem Schlesier angeborene Höflichkeit verbot den Menschen lästig zu werden; die Klugheit rieth, es mit Niemand, und am wenigsten mit den Mächtigen zu verderben, der eigene Vortheil schien ein ruhiges Beharren im alten Gleise zu erfordern, und die Besorgniß und Ungewißheit wegen des Ausganges mußten eine strenge Neutralität noch mehr empfehlen. - Ehre den Männern, die auch nach solchen Betrachtungen sich dennoch dem edlen Unternehmen angeschlossen haben! - Erklärlich ist es und sehr bemerkenswerth, daß diejenigen Geistlichen, die als die ersten und vornehmsten Beweger und Leiter der Sache mit den größten Erfolgen hervorgetreten sind, gerade dem Theile des Klerus angehören, der in den früheren Wirren sich am strengsten an die kirchliche Vorschrift gehalten, und den festesten Sinn bewiesen hat. Diesmal aber war der Impuls so stark, und die darauf im Volk entstandene geistige Strömung so unaufhaltsam, daß bei ihrem Wachsen und Vordringen auch die schwankenden, bequemen und furchtsamen Hirten mit ergriffen, und in die allgemeine Bewegung hineingezogen wurden. Manche, die mit dem Beitritt so lange gezögert, bis dieser ihnen nicht mehr als vorzügliches Verdienst in Anrechnung gestellt werden konnte, mußten sich zulezt noch beeilen, die Ehre und Autorität zu salviren, wollten sie nicht den Verdruß erleben, daß die Mitglieder der eigenen Gemeinden in andere Kirchen zum Gelöbniß gingen. Einige haben, klüger als die Brüder sein wollend, nicht

geschildert hat. Schon die dem Schlesier angeborene Höflichkeit verbot den Menschen lästig zu werden; die Klugheit rieth, es mit Niemand, und am wenigsten mit den Mächtigen zu verderben, der eigene Vortheil schien ein ruhiges Beharren im alten Gleise zu erfordern, und die Besorgniß und Ungewißheit wegen des Ausganges mußten eine strenge Neutralität noch mehr empfehlen. – Ehre den Männern, die auch nach solchen Betrachtungen sich dennoch dem edlen Unternehmen angeschlossen haben! – Erklärlich ist es und sehr bemerkenswerth, daß diejenigen Geistlichen, die als die ersten und vornehmsten Beweger und Leiter der Sache mit den größten Erfolgen hervorgetreten sind, gerade dem Theile des Klerus angehören, der in den früheren Wirren sich am strengsten an die kirchliche Vorschrift gehalten, und den festesten Sinn bewiesen hat. Diesmal aber war der Impuls so stark, und die darauf im Volk entstandene geistige Strömung so unaufhaltsam, daß bei ihrem Wachsen und Vordringen auch die schwankenden, bequemen und furchtsamen Hirten mit ergriffen, und in die allgemeine Bewegung hineingezogen wurden. Manche, die mit dem Beitritt so lange gezögert, bis dieser ihnen nicht mehr als vorzügliches Verdienst in Anrechnung gestellt werden konnte, mußten sich zulezt noch beeilen, die Ehre und Autorität zu salviren, wollten sie nicht den Verdruß erleben, daß die Mitglieder der eigenen Gemeinden in andere Kirchen zum Gelöbniß gingen. Einige haben, klüger als die Brüder sein wollend, nicht

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0047" n="37"/>
geschildert hat. Schon die dem Schlesier angeborene Höflichkeit verbot den Menschen lästig zu werden; die Klugheit rieth, es mit Niemand, und am wenigsten mit den Mächtigen zu verderben, der eigene Vortheil schien ein ruhiges Beharren im alten Gleise zu erfordern, und die Besorgniß und Ungewißheit wegen des Ausganges mußten eine strenge Neutralität noch mehr empfehlen. &#x2013; Ehre den Männern, die auch nach solchen Betrachtungen sich dennoch dem edlen Unternehmen angeschlossen haben! &#x2013; Erklärlich ist es und sehr bemerkenswerth, daß diejenigen Geistlichen, die als die ersten und vornehmsten Beweger und Leiter der Sache mit den größten Erfolgen hervorgetreten sind, gerade dem Theile des Klerus angehören, der in den früheren Wirren sich am strengsten an die kirchliche Vorschrift gehalten, und den festesten Sinn bewiesen hat. Diesmal aber war der Impuls so stark, und die darauf im Volk entstandene geistige Strömung so unaufhaltsam, daß bei ihrem Wachsen und Vordringen auch die schwankenden, bequemen und furchtsamen Hirten mit ergriffen, und in die allgemeine Bewegung hineingezogen wurden. Manche, die mit dem Beitritt so lange gezögert, bis dieser ihnen nicht mehr als vorzügliches Verdienst in Anrechnung gestellt werden konnte, mußten sich zulezt noch beeilen, die Ehre und Autorität zu salviren, wollten sie nicht den Verdruß erleben, daß die Mitglieder der eigenen Gemeinden in andere Kirchen zum Gelöbniß gingen. Einige haben, klüger als die Brüder sein wollend, nicht
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[37/0047] geschildert hat. Schon die dem Schlesier angeborene Höflichkeit verbot den Menschen lästig zu werden; die Klugheit rieth, es mit Niemand, und am wenigsten mit den Mächtigen zu verderben, der eigene Vortheil schien ein ruhiges Beharren im alten Gleise zu erfordern, und die Besorgniß und Ungewißheit wegen des Ausganges mußten eine strenge Neutralität noch mehr empfehlen. – Ehre den Männern, die auch nach solchen Betrachtungen sich dennoch dem edlen Unternehmen angeschlossen haben! – Erklärlich ist es und sehr bemerkenswerth, daß diejenigen Geistlichen, die als die ersten und vornehmsten Beweger und Leiter der Sache mit den größten Erfolgen hervorgetreten sind, gerade dem Theile des Klerus angehören, der in den früheren Wirren sich am strengsten an die kirchliche Vorschrift gehalten, und den festesten Sinn bewiesen hat. Diesmal aber war der Impuls so stark, und die darauf im Volk entstandene geistige Strömung so unaufhaltsam, daß bei ihrem Wachsen und Vordringen auch die schwankenden, bequemen und furchtsamen Hirten mit ergriffen, und in die allgemeine Bewegung hineingezogen wurden. Manche, die mit dem Beitritt so lange gezögert, bis dieser ihnen nicht mehr als vorzügliches Verdienst in Anrechnung gestellt werden konnte, mußten sich zulezt noch beeilen, die Ehre und Autorität zu salviren, wollten sie nicht den Verdruß erleben, daß die Mitglieder der eigenen Gemeinden in andere Kirchen zum Gelöbniß gingen. Einige haben, klüger als die Brüder sein wollend, nicht

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2013-04-11T13:16:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-04-11T13:16:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-04-11T13:16:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lorinser_branntweinpest_1845
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lorinser_branntweinpest_1845/47
Zitationshilfe: Lorinser, Carl Ignaz: Der Sieg über die Branntweinpest in Oberschlesien. Oppeln, 1845, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lorinser_branntweinpest_1845/47>, abgerufen am 27.11.2024.