Lorinser, Carl Ignaz: Der Sieg über die Branntweinpest in Oberschlesien. Oppeln, 1845.Rückfälle gezeigt haben; denn das Volk hat sich mit Aufrichtigkeit und Treue dem Entschluß der Enthaltsamkeit zugewendet, und entwickelt in der Ausführung eine moralische Kraft und Haltung, die ihm, wenigstens außerhalb der Provinz, gewiß nicht zugetraut worden ist. - Was das Verhalten und Streben der katholischen Geistlichkeit betrifft, das als verwerflich und bedenklich dargestellt worden, so halte ich dasselbe im großen Ganzen für rein menschenfreundlich, edel und beifallswerth, und darum seine Erfolge für gesichert, obgleich, wo so Viele wirken, nicht überall das rechte Maaß und die richtige Weise getroffen werden kann. - Die Beschuldigung, daß vorzüglich der B° eine leidenschaftliche Erbitterung gegen die Juden hervorgerufen, hat sich nicht erweisen lassen. Die Orte, an welchen die größte Versuchung zum Branntwein trinken stattfindet - die Schänkstätten - hat er allerdings dem Volke verhaßt zu machen getrachtet; er hat gezeigt, daß der saure Verdienst des Arbeiters, welcher größtenteils in die Tasche der Schänker floß, weit besser und segensreicher auf die wahren Bedürfnisse des Lebens verwendet werden könne; und die Herrschaft, die bisher die Schänkwirthe über die Trinker ausgeübt, mag er allerdings mit sehr grellen Farben geschildert haben. Traf dieser Angriff zunächst die Interessen der Juden, welche sich im Besitz der Mehrheit der Schänken befinden, so ist dies nicht die Schuld des Predigers gewesen. - Daß dieser Fremdling sonst gehässige oder staatsgefährliche Tendenzen in sich trage, läßt sich Rückfälle gezeigt haben; denn das Volk hat sich mit Aufrichtigkeit und Treue dem Entschluß der Enthaltsamkeit zugewendet, und entwickelt in der Ausführung eine moralische Kraft und Haltung, die ihm, wenigstens außerhalb der Provinz, gewiß nicht zugetraut worden ist. – Was das Verhalten und Streben der katholischen Geistlichkeit betrifft, das als verwerflich und bedenklich dargestellt worden, so halte ich dasselbe im großen Ganzen für rein menschenfreundlich, edel und beifallswerth, und darum seine Erfolge für gesichert, obgleich, wo so Viele wirken, nicht überall das rechte Maaß und die richtige Weise getroffen werden kann. – Die Beschuldigung, daß vorzüglich der B° eine leidenschaftliche Erbitterung gegen die Juden hervorgerufen, hat sich nicht erweisen lassen. Die Orte, an welchen die größte Versuchung zum Branntwein trinken stattfindet – die Schänkstätten – hat er allerdings dem Volke verhaßt zu machen getrachtet; er hat gezeigt, daß der saure Verdienst des Arbeiters, welcher größtenteils in die Tasche der Schänker floß, weit besser und segensreicher auf die wahren Bedürfnisse des Lebens verwendet werden könne; und die Herrschaft, die bisher die Schänkwirthe über die Trinker ausgeübt, mag er allerdings mit sehr grellen Farben geschildert haben. Traf dieser Angriff zunächst die Interessen der Juden, welche sich im Besitz der Mehrheit der Schänken befinden, so ist dies nicht die Schuld des Predigers gewesen. – Daß dieser Fremdling sonst gehässige oder staatsgefährliche Tendenzen in sich trage, läßt sich <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0079" n="69"/> Rückfälle gezeigt haben; denn das Volk hat sich mit Aufrichtigkeit und Treue dem Entschluß der Enthaltsamkeit zugewendet, und entwickelt in der Ausführung eine moralische Kraft und Haltung, die ihm, wenigstens außerhalb der Provinz, gewiß nicht zugetraut worden ist. – Was das Verhalten und Streben der katholischen Geistlichkeit betrifft, das als verwerflich und bedenklich dargestellt worden, so halte ich dasselbe im großen Ganzen für rein menschenfreundlich, edel und beifallswerth, und darum seine Erfolge für gesichert, obgleich, wo so Viele wirken, nicht überall das rechte Maaß und die richtige Weise getroffen werden kann. – Die Beschuldigung, daß vorzüglich der B° eine leidenschaftliche Erbitterung gegen die Juden hervorgerufen, hat sich nicht erweisen lassen. Die Orte, an welchen die größte Versuchung zum Branntwein trinken stattfindet – die Schänkstätten – hat er allerdings dem Volke verhaßt zu machen getrachtet; er hat gezeigt, daß der saure Verdienst des Arbeiters, welcher größtenteils in die Tasche der Schänker floß, weit besser und segensreicher auf die wahren Bedürfnisse des Lebens verwendet werden könne; und die Herrschaft, die bisher die Schänkwirthe über die Trinker ausgeübt, mag er allerdings mit sehr grellen Farben geschildert haben. Traf dieser Angriff zunächst die Interessen der Juden, welche sich im Besitz der Mehrheit der Schänken befinden, so ist dies nicht die Schuld des Predigers gewesen. – Daß dieser Fremdling sonst gehässige oder staatsgefährliche Tendenzen in sich trage, läßt sich </p> </div> </body> </text> </TEI> [69/0079]
Rückfälle gezeigt haben; denn das Volk hat sich mit Aufrichtigkeit und Treue dem Entschluß der Enthaltsamkeit zugewendet, und entwickelt in der Ausführung eine moralische Kraft und Haltung, die ihm, wenigstens außerhalb der Provinz, gewiß nicht zugetraut worden ist. – Was das Verhalten und Streben der katholischen Geistlichkeit betrifft, das als verwerflich und bedenklich dargestellt worden, so halte ich dasselbe im großen Ganzen für rein menschenfreundlich, edel und beifallswerth, und darum seine Erfolge für gesichert, obgleich, wo so Viele wirken, nicht überall das rechte Maaß und die richtige Weise getroffen werden kann. – Die Beschuldigung, daß vorzüglich der B° eine leidenschaftliche Erbitterung gegen die Juden hervorgerufen, hat sich nicht erweisen lassen. Die Orte, an welchen die größte Versuchung zum Branntwein trinken stattfindet – die Schänkstätten – hat er allerdings dem Volke verhaßt zu machen getrachtet; er hat gezeigt, daß der saure Verdienst des Arbeiters, welcher größtenteils in die Tasche der Schänker floß, weit besser und segensreicher auf die wahren Bedürfnisse des Lebens verwendet werden könne; und die Herrschaft, die bisher die Schänkwirthe über die Trinker ausgeübt, mag er allerdings mit sehr grellen Farben geschildert haben. Traf dieser Angriff zunächst die Interessen der Juden, welche sich im Besitz der Mehrheit der Schänken befinden, so ist dies nicht die Schuld des Predigers gewesen. – Daß dieser Fremdling sonst gehässige oder staatsgefährliche Tendenzen in sich trage, läßt sich
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