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Lorm, Hieronymus [d. i. Heinrich Landesmann]: Ein adeliges Fräulein. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 24. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–49. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Gewiß würde ich dies nicht gethan haben, sagte sie, und der Grund ist ganz einfach. Ich lebe in freiwilliger und doch nach meinem Schicksal nothwendiger Trennung von der Welt, die mir nichts mehr geben kann, von der ich nichts mehr will. So ist denn die Natur, insoferne sie mir im nahen Wald und Feld, in diesem Berg und Thal zugänglich bleibt, meine Welt, ja meine Heimath, mein Haus, der heiligste Raum meines Lebens. In diesen führt man nicht fremde Gäste, die bloß als einen Gegenstand frivoler Neugierde betasten, was uns ein Theil des eigenen Herzens ist. Die Natur ist mein einziges, mein letztes Besitzthum. Auch dieses mit dem Bedürftigen zu theilen, fordert die Menschenliebe, aber doch wohl nur in der Voraussetzung, daß er ein wirkliches Bedürfniß darnach, eine wahre Freude daran habe, daß er es nicht als ein Spielzeug behandle und endlich gleichgültig wegwerfe. Nun sehen Sie, mein lieber Herr, die Leute, die nur im Sommer auf das Land ziehen und nur, weil sie es in der Stadt, die um diese Zeit ihre Theater und Concertsäle schließt, schon durchaus gar nicht mehr aushalten können, sie sind die fremden Gäste, denen die Natur ein Gegenstand frivoler Neugierde, ein Spielzeug ist, das sie wegwerfen, sobald der Winter naht. Ich tadle sie nicht, sie sind eben die Glücklichen, denen ihre Freuden, die der Welt wie der Familie, nicht Zeit und Gelegenheit geben, zu erfahren, daß die Natur nur Denjenigen ihre Genüsse ganz erschließt, die keine anderen mehr haben, daß sie

Gewiß würde ich dies nicht gethan haben, sagte sie, und der Grund ist ganz einfach. Ich lebe in freiwilliger und doch nach meinem Schicksal nothwendiger Trennung von der Welt, die mir nichts mehr geben kann, von der ich nichts mehr will. So ist denn die Natur, insoferne sie mir im nahen Wald und Feld, in diesem Berg und Thal zugänglich bleibt, meine Welt, ja meine Heimath, mein Haus, der heiligste Raum meines Lebens. In diesen führt man nicht fremde Gäste, die bloß als einen Gegenstand frivoler Neugierde betasten, was uns ein Theil des eigenen Herzens ist. Die Natur ist mein einziges, mein letztes Besitzthum. Auch dieses mit dem Bedürftigen zu theilen, fordert die Menschenliebe, aber doch wohl nur in der Voraussetzung, daß er ein wirkliches Bedürfniß darnach, eine wahre Freude daran habe, daß er es nicht als ein Spielzeug behandle und endlich gleichgültig wegwerfe. Nun sehen Sie, mein lieber Herr, die Leute, die nur im Sommer auf das Land ziehen und nur, weil sie es in der Stadt, die um diese Zeit ihre Theater und Concertsäle schließt, schon durchaus gar nicht mehr aushalten können, sie sind die fremden Gäste, denen die Natur ein Gegenstand frivoler Neugierde, ein Spielzeug ist, das sie wegwerfen, sobald der Winter naht. Ich tadle sie nicht, sie sind eben die Glücklichen, denen ihre Freuden, die der Welt wie der Familie, nicht Zeit und Gelegenheit geben, zu erfahren, daß die Natur nur Denjenigen ihre Genüsse ganz erschließt, die keine anderen mehr haben, daß sie

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Gewiß würde ich dies nicht gethan haben, sagte      sie, und der Grund ist ganz einfach. Ich lebe in freiwilliger und doch nach meinem Schicksal      nothwendiger Trennung von der Welt, die mir nichts mehr geben kann, von der ich nichts mehr      will. So ist denn die Natur, insoferne sie mir im nahen Wald und Feld, in diesem Berg und Thal      zugänglich bleibt, meine Welt, ja meine Heimath, mein Haus, der heiligste Raum meines Lebens.      In diesen führt man nicht fremde Gäste, die bloß als einen Gegenstand frivoler Neugierde      betasten, was uns ein Theil des eigenen Herzens ist. Die Natur ist mein einziges, mein letztes      Besitzthum. Auch dieses mit dem Bedürftigen zu theilen, fordert die Menschenliebe, aber doch      wohl nur in der Voraussetzung, daß er ein wirkliches Bedürfniß darnach, eine wahre Freude daran      habe, daß er es nicht als ein Spielzeug behandle und endlich gleichgültig wegwerfe. Nun sehen      Sie, mein lieber Herr, die Leute, die nur im Sommer auf das Land ziehen und nur, weil sie es in      der Stadt, die um diese Zeit ihre Theater und Concertsäle schließt, schon durchaus gar nicht      mehr aushalten können, sie sind die fremden Gäste, denen die Natur ein Gegenstand frivoler      Neugierde, ein Spielzeug ist, das sie wegwerfen, sobald der Winter naht. Ich tadle sie nicht,      sie sind eben die Glücklichen, denen ihre Freuden, die der Welt wie der Familie, nicht Zeit und      Gelegenheit geben, zu erfahren, daß die Natur nur Denjenigen ihre Genüsse ganz erschließt, die      keine anderen mehr haben, daß sie<lb/></p>
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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T14:30:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T14:30:32Z)

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Zitationshilfe: Lorm, Hieronymus [d. i. Heinrich Landesmann]: Ein adeliges Fräulein. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 24. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–49. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lorm_fraeulein_1910/26>, abgerufen am 03.12.2024.