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Lorm, Hieronymus [d. i. Heinrich Landesmann]: Ein adeliges Fräulein. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 24. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–49. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Der Ausschluß, den ich hierauf von Fräulein von Börte erhielt, löste mir zugleich das Räthsel ihres Schicksals und war so vollständig, daß, als ich in später Nachtstunde das Schloß verließ, um des andern Tages zur Stadt und zum Amte zurückzukehren, alle Einzelheiten der Begebenheit vor meinem Gedächtniß standen, als ob ich sie selbst erlebt hätte. Nichts ist davon im Laufe der Zeit verblaßt, und mit der innigen Verehrung für die Unglückliche hat sich auch stets eine Art von Reue in mir erhalten, daß ich, ob auch unschuldiger Weise, bei dem hochbegabten Wesen jemals eine intellectuelle Störung hätte voraussetzen können.

Als sie mit ihrem Vater das Jagdschlößchen im Gebirge bezogen hatte, das einzige Habe, das dem tiefverschuldeten Cavalier bei seinem Rückzug aus der großen Welt noch unangetastet geblieben war, hatte sich das noch sehr junge Mädchen nicht gerade freudig in die ihr auferlegte Einsamkeit gefügt. Dennoch siegte ihr von Natur aus fröhliches Herz immer häufiger über die Lust zu klagen, sie befreundete sich täglich mehr mit der landschaftlichen Schönheit ihres Aufenthaltes, und es blieb ihr, nachdem kaum zwei Jahre so weltentrückten Lebens abgelaufen waren, kein andrer Wunsch mehr, als daß, wenn schon die Geselligkeit sowohl als der Luxus der Einrichtung aus dem Schlosse verbannt waren, diese doch mindestens mit einigen Kunstgegenständen geschmückt werden möchte.

Der Vater, unterrichtet von diesem Wunsche, aber

Der Ausschluß, den ich hierauf von Fräulein von Börte erhielt, löste mir zugleich das Räthsel ihres Schicksals und war so vollständig, daß, als ich in später Nachtstunde das Schloß verließ, um des andern Tages zur Stadt und zum Amte zurückzukehren, alle Einzelheiten der Begebenheit vor meinem Gedächtniß standen, als ob ich sie selbst erlebt hätte. Nichts ist davon im Laufe der Zeit verblaßt, und mit der innigen Verehrung für die Unglückliche hat sich auch stets eine Art von Reue in mir erhalten, daß ich, ob auch unschuldiger Weise, bei dem hochbegabten Wesen jemals eine intellectuelle Störung hätte voraussetzen können.

Als sie mit ihrem Vater das Jagdschlößchen im Gebirge bezogen hatte, das einzige Habe, das dem tiefverschuldeten Cavalier bei seinem Rückzug aus der großen Welt noch unangetastet geblieben war, hatte sich das noch sehr junge Mädchen nicht gerade freudig in die ihr auferlegte Einsamkeit gefügt. Dennoch siegte ihr von Natur aus fröhliches Herz immer häufiger über die Lust zu klagen, sie befreundete sich täglich mehr mit der landschaftlichen Schönheit ihres Aufenthaltes, und es blieb ihr, nachdem kaum zwei Jahre so weltentrückten Lebens abgelaufen waren, kein andrer Wunsch mehr, als daß, wenn schon die Geselligkeit sowohl als der Luxus der Einrichtung aus dem Schlosse verbannt waren, diese doch mindestens mit einigen Kunstgegenständen geschmückt werden möchte.

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[0038] Der Ausschluß, den ich hierauf von Fräulein von Börte erhielt, löste mir zugleich das Räthsel ihres Schicksals und war so vollständig, daß, als ich in später Nachtstunde das Schloß verließ, um des andern Tages zur Stadt und zum Amte zurückzukehren, alle Einzelheiten der Begebenheit vor meinem Gedächtniß standen, als ob ich sie selbst erlebt hätte. Nichts ist davon im Laufe der Zeit verblaßt, und mit der innigen Verehrung für die Unglückliche hat sich auch stets eine Art von Reue in mir erhalten, daß ich, ob auch unschuldiger Weise, bei dem hochbegabten Wesen jemals eine intellectuelle Störung hätte voraussetzen können. Als sie mit ihrem Vater das Jagdschlößchen im Gebirge bezogen hatte, das einzige Habe, das dem tiefverschuldeten Cavalier bei seinem Rückzug aus der großen Welt noch unangetastet geblieben war, hatte sich das noch sehr junge Mädchen nicht gerade freudig in die ihr auferlegte Einsamkeit gefügt. Dennoch siegte ihr von Natur aus fröhliches Herz immer häufiger über die Lust zu klagen, sie befreundete sich täglich mehr mit der landschaftlichen Schönheit ihres Aufenthaltes, und es blieb ihr, nachdem kaum zwei Jahre so weltentrückten Lebens abgelaufen waren, kein andrer Wunsch mehr, als daß, wenn schon die Geselligkeit sowohl als der Luxus der Einrichtung aus dem Schlosse verbannt waren, diese doch mindestens mit einigen Kunstgegenständen geschmückt werden möchte. Der Vater, unterrichtet von diesem Wunsche, aber

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T14:30:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T14:30:32Z)

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Zitationshilfe: Lorm, Hieronymus [d. i. Heinrich Landesmann]: Ein adeliges Fräulein. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 24. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–49. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lorm_fraeulein_1910/38>, abgerufen am 21.11.2024.