Lucius, Samuel: Das Schweitzerische Von Milch und Honig fliessende Canaan. Bern, 1731.CAP. III. §. 6. Wahrheiten von einem unsträfflichen, un-anstössigen, liebreichen, friedfertigen und erbaulichen Umgang mit jedermann müssen durch die feurigen Würckungen deß H. Gei- stes im Hertzen erwarmen biß zum Auffwal- len und brausenden Verlangen nach deß Rächsten zeitlichem und ewigem Wohlseyn, doch damit die fleischliche Natur sich nicht darunder menge mit unreiner Liebe und un- geziemendem, schmeichlerischen oder abgöt- tischem Ankleben, so muß diese neben auß- lauffende Hitz in Schrancken behalten und gedämpffet werden, durch unverweilte Vor- stellung deß kalten Todes-Schweisses und kühlen Grabs, dann so bald man seinen und deß Nähesten Leib sich als ein Gerüffel vor- stellt, und beyderseits nackenden Geist vor GOttes Richterstuhl sihet, O da wird einem alle Fleisches-Liebe zum greßlichsten Eckel, und bleibet die vom Heil. Geist entzündete brünstige Liebe rein, Göttlich, Englisch und durchauß heilig, so weit, daß einem ein kalter Schauer durch die Seel gehet, wo man nur daran gedencket, daß man so un- verschamt und unsinnig seyn solte, solche se- lige, himmlische Gaab der Liebe mit Flei- sches-Sinn zu beflecken, welchem Ubel grundlich zu wehren nichts richtigers als der stündliche Buß-Kampff, so das Wort stiff- tet, welcher zwar den Menschen so sauer an- kommt
CAP. III. §. 6. Wahrheiten von einem unſtraͤfflichen, un-anſtoͤſſigen, liebreichen, friedfertigen und erbaulichen Umgang mit jedermann muͤſſen durch die feurigen Wuͤrckungen deß H. Gei- ſtes im Hertzen erwarmen biß zum Auffwal- len und brauſenden Verlangen nach deß Raͤchſten zeitlichem und ewigem Wohlſeyn, doch damit die fleiſchliche Natur ſich nicht darunder menge mit unreiner Liebe und un- geziemendem, ſchmeichleriſchen oder abgoͤt- tiſchem Ankleben, ſo muß dieſe neben auß- lauffende Hitz in Schrancken behalten und gedaͤmpffet werden, durch unverweilte Vor- ſtellung deß kalten Todes-Schweiſſes und kuͤhlen Grabs, dann ſo bald man ſeinen und deß Naͤheſten Leib ſich als ein Geruͤffel vor- ſtellt, und beyderſeits nackenden Geiſt vor GOttes Richterſtuhl ſihet, O da wird einem alle Fleiſches-Liebe zum greßlichſten Eckel, und bleibet die vom Heil. Geiſt entzuͤndete bruͤnſtige Liebe rein, Goͤttlich, Engliſch und durchauß heilig, ſo weit, daß einem ein kalter Schauer durch die Seel gehet, wo man nur daran gedencket, daß man ſo un- verſchamt und unſinnig ſeyn ſolte, ſolche ſe- lige, himmliſche Gaab der Liebe mit Flei- ſches-Sinn zu beflecken, welchem Ubel grundlich zu wehren nichts richtigers als der ſtuͤndliche Buß-Kampff, ſo das Wort ſtiff- tet, welcher zwar den Menſchen ſo ſauer an- kommt
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CAP. III. §. 6.
Wahrheiten von einem unſtraͤfflichen, un-
anſtoͤſſigen, liebreichen, friedfertigen und
erbaulichen Umgang mit jedermann muͤſſen
durch die feurigen Wuͤrckungen deß H. Gei-
ſtes im Hertzen erwarmen biß zum Auffwal-
len und brauſenden Verlangen nach deß
Raͤchſten zeitlichem und ewigem Wohlſeyn,
doch damit die fleiſchliche Natur ſich nicht
darunder menge mit unreiner Liebe und un-
geziemendem, ſchmeichleriſchen oder abgoͤt-
tiſchem Ankleben, ſo muß dieſe neben auß-
lauffende Hitz in Schrancken behalten und
gedaͤmpffet werden, durch unverweilte Vor-
ſtellung deß kalten Todes-Schweiſſes und
kuͤhlen Grabs, dann ſo bald man ſeinen und
deß Naͤheſten Leib ſich als ein Geruͤffel vor-
ſtellt, und beyderſeits nackenden Geiſt vor
GOttes Richterſtuhl ſihet, O da wird einem
alle Fleiſches-Liebe zum greßlichſten Eckel,
und bleibet die vom Heil. Geiſt entzuͤndete
bruͤnſtige Liebe rein, Goͤttlich, Engliſch
und durchauß heilig, ſo weit, daß einem ein
kalter Schauer durch die Seel gehet, wo
man nur daran gedencket, daß man ſo un-
verſchamt und unſinnig ſeyn ſolte, ſolche ſe-
lige, himmliſche Gaab der Liebe mit Flei-
ſches-Sinn zu beflecken, welchem Ubel
grundlich zu wehren nichts richtigers als der
ſtuͤndliche Buß-Kampff, ſo das Wort ſtiff-
tet, welcher zwar den Menſchen ſo ſauer an-
kommt
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