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Lucius, Samuel: Das Schweitzerische Von Milch und Honig fliessende Canaan. Bern, 1731.

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Das Schweitzerische Canaan.
ein Bißgen aus dem Weg geraumet wird,
wers glaubt, wirds suchen, finden und er-
fahren. Aber ach! du machst es eben, wie
wann dir ein günstiger Nachbar ein Gräb-
lein machte, den Bach hinein zu leiten, du
aber giengest hin und legtest grosse, mächtige
Steinen bey dem Eingang der Matten:
gleicher Weise machet dich der gute Geist
GOttes durch Offenbahrung deines Elends
arm, leidtragend, demüthig, Heils-begie-
rig, damit Er die erleuchtende, gerecht-hei-
lig-und seligmachende Gnaden-Wasser in
dich hinein leite, du aber legst den großmäch-
tigen Unglauben beym Eingang hinein.

Geben deine Wiesen nicht jährlich wiede-
rum frisch Graß aus dem Reichthum der
Güte, Gedult und Langmuth GOttes, und
wie solte die Krafft deß H. Geistes erschöpfft
werden, nicht eben so lebendige, heilige Be-
wegungen und Wirckungen in dir hervor zu
bringen wie in denen alten GOttes-Freun-
den: Wann deine Kuh Verstand hätte und
bäte dich, du wollest doch verschaffen, daß
sie dir täglich die köstlichste, fetteste Milch
brächte in grosser Menge, wurdestu ihr ihre
Bitte nicht willfahren, wann es in deinem
Vermögen stunde; ey so biß doch nicht so
hartköpffig und eigensinnig, daß du nicht
woltest das Zutrauen zu GOtt haben, daß
Er dein ernstes Anhalten um Glauben, Hei-

ligung,

Das Schweitzeriſche Canaan.
ein Bißgen aus dem Weg geraumet wird,
wers glaubt, wirds ſuchen, finden und er-
fahren. Aber ach! du machſt es eben, wie
wann dir ein guͤnſtiger Nachbar ein Graͤb-
lein machte, den Bach hinein zu leiten, du
aber giengeſt hin und legteſt groſſe, maͤchtige
Steinen bey dem Eingang der Matten:
gleicher Weiſe machet dich der gute Geiſt
GOttes durch Offenbahrung deines Elends
arm, leidtragend, demuͤthig, Heils-begie-
rig, damit Er die erleuchtende, gerecht-hei-
lig-und ſeligmachende Gnaden-Waſſer in
dich hinein leite, du aber legſt den großmaͤch-
tigen Unglauben beym Eingang hinein.

Geben deine Wieſen nicht jaͤhrlich wiede-
rum friſch Graß aus dem Reichthum der
Guͤte, Gedult und Langmuth GOttes, und
wie ſolte die Krafft deß H. Geiſtes erſchoͤpfft
werden, nicht eben ſo lebendige, heilige Be-
wegungen und Wirckungen in dir hervor zu
bringen wie in denen alten GOttes-Freun-
den: Wann deine Kuh Verſtand haͤtte und
baͤte dich, du wolleſt doch verſchaffen, daß
ſie dir taͤglich die koͤſtlichſte, fetteſte Milch
braͤchte in groſſer Menge, wurdeſtu ihr ihre
Bitte nicht willfahren, wann es in deinem
Vermoͤgen ſtunde; ey ſo biß doch nicht ſo
hartkoͤpffig und eigenſinnig, daß du nicht
wolteſt das Zutrauen zu GOtt haben, daß
Er dein ernſtes Anhalten um Glauben, Hei-

ligung,
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[156/0224] Das Schweitzeriſche Canaan. ein Bißgen aus dem Weg geraumet wird, wers glaubt, wirds ſuchen, finden und er- fahren. Aber ach! du machſt es eben, wie wann dir ein guͤnſtiger Nachbar ein Graͤb- lein machte, den Bach hinein zu leiten, du aber giengeſt hin und legteſt groſſe, maͤchtige Steinen bey dem Eingang der Matten: gleicher Weiſe machet dich der gute Geiſt GOttes durch Offenbahrung deines Elends arm, leidtragend, demuͤthig, Heils-begie- rig, damit Er die erleuchtende, gerecht-hei- lig-und ſeligmachende Gnaden-Waſſer in dich hinein leite, du aber legſt den großmaͤch- tigen Unglauben beym Eingang hinein. Geben deine Wieſen nicht jaͤhrlich wiede- rum friſch Graß aus dem Reichthum der Guͤte, Gedult und Langmuth GOttes, und wie ſolte die Krafft deß H. Geiſtes erſchoͤpfft werden, nicht eben ſo lebendige, heilige Be- wegungen und Wirckungen in dir hervor zu bringen wie in denen alten GOttes-Freun- den: Wann deine Kuh Verſtand haͤtte und baͤte dich, du wolleſt doch verſchaffen, daß ſie dir taͤglich die koͤſtlichſte, fetteſte Milch braͤchte in groſſer Menge, wurdeſtu ihr ihre Bitte nicht willfahren, wann es in deinem Vermoͤgen ſtunde; ey ſo biß doch nicht ſo hartkoͤpffig und eigenſinnig, daß du nicht wolteſt das Zutrauen zu GOtt haben, daß Er dein ernſtes Anhalten um Glauben, Hei- ligung,

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Zitationshilfe: Lucius, Samuel: Das Schweitzerische Von Milch und Honig fliessende Canaan. Bern, 1731, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_canaan_1731/224>, abgerufen am 10.05.2024.