Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lucius, Samuel: Das Schweitzerische Von Milch und Honig fliessende Canaan. Bern, 1731.

Bild:
<< vorherige Seite

CAP. VI.
machen, im Gehorsam und Leiden, (wie
denn die Bergleute an Gesundheit und Lei-
bes-Stärcke andere Erd-Bewohner gemein-
lich übertreffen.) Was wilt du mehr? gleich-
wie ein gesunder, starcker Schweitzer bey sei-
ner Milch-Speise glückseliger zu achten ist,
und es besser hat, als der kranckne Mogol,
der von den mannigfaltigen Tractamenten
mehr Plag und Ungemach als Stärcke und
Erquickung hat, also ist ein Christ viel wöh-
ler, der von nichts weißt als vom Glauben
an Christum, von dienstfertiger reiner Liebe
gegen seinen Nächsten, und von einfältigem,
kindlichem Gehorsam der Gebotten Christi,
als ein Meister-loser Christ, der tausender-
ley Gelüste hat nach allerhand Seltenheiten
und Anzüglichkeiten, die er höret, das ande-
re Heiligen in unsern oder in vorigen Zei-
ten genossen, mithin unzufrieden mit der
gegenwärtigen Gnade GOttes, die er je
nicht zur Lüsternheit, sondern zur Stär-
ckung des neuen Menschen ansetzen solte,
daneben andern das Jhrige von Hertzen
gönnen; so gewiß Könige an langen, star-
cken Schweitzern ihre Augen-Weide haben,
vielmehr Hertzens-Lust hat Christus an so-
thanen fiarcken Seelen, die sich das gantze
Jahr aus mit dem puren Willen GOttes
können durchbringen, und dabey vernügt
sind: Jst doch manche Seele, die wenig von

geist-

CAP. VI.
machen, im Gehorſam und Leiden, (wie
denn die Bergleute an Geſundheit und Lei-
bes-Staͤrcke andere Erd-Bewohner gemein-
lich uͤbertreffen.) Was wilt du mehr? gleich-
wie ein geſunder, ſtarcker Schweitzer bey ſei-
ner Milch-Speiſe gluͤckſeliger zu achten iſt,
und es beſſer hat, als der kranckne Mogol,
der von den mannigfaltigen Tractamenten
mehr Plag und Ungemach als Staͤrcke und
Erquickung hat, alſo iſt ein Chriſt viel woͤh-
ler, der von nichts weißt als vom Glauben
an Chriſtum, von dienſtfertiger reiner Liebe
gegen ſeinen Naͤchſten, und von einfaͤltigem,
kindlichem Gehorſam der Gebotten Chriſti,
als ein Meiſter-loſer Chriſt, der tauſender-
ley Geluͤſte hat nach allerhand Seltenheiten
und Anzuͤglichkeiten, die er hoͤret, das ande-
re Heiligen in unſern oder in vorigen Zei-
ten genoſſen, mithin unzufrieden mit der
gegenwaͤrtigen Gnade GOttes, die er je
nicht zur Luͤſternheit, ſondern zur Staͤr-
ckung des neuen Menſchen anſetzen ſolte,
daneben andern das Jhrige von Hertzen
goͤnnen; ſo gewiß Koͤnige an langen, ſtar-
cken Schweitzern ihre Augen-Weide haben,
vielmehr Hertzens-Luſt hat Chriſtus an ſo-
thanen fiarcken Seelen, die ſich das gantze
Jahr aus mit dem puren Willen GOttes
koͤnnen durchbringen, und dabey vernuͤgt
ſind: Jſt doch manche Seele, die wenig von

geiſt-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0243" n="175"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">CAP.</hi> VI.</hi></fw><lb/>
machen, im Gehor&#x017F;am und Leiden, (wie<lb/>
denn die Bergleute an Ge&#x017F;undheit und Lei-<lb/>
bes-Sta&#x0364;rcke andere Erd-Bewohner gemein-<lb/>
lich u&#x0364;bertreffen.) Was wilt du mehr? gleich-<lb/>
wie ein ge&#x017F;under, &#x017F;tarcker Schweitzer bey &#x017F;ei-<lb/>
ner Milch-Spei&#x017F;e glu&#x0364;ck&#x017F;eliger zu achten i&#x017F;t,<lb/>
und es be&#x017F;&#x017F;er hat, als der kranckne Mogol,<lb/>
der von den mannigfaltigen Tractamenten<lb/>
mehr Plag und Ungemach als Sta&#x0364;rcke und<lb/>
Erquickung hat, al&#x017F;o i&#x017F;t ein Chri&#x017F;t viel wo&#x0364;h-<lb/>
ler, der von nichts weißt als vom Glauben<lb/>
an Chri&#x017F;tum, von dien&#x017F;tfertiger reiner Liebe<lb/>
gegen &#x017F;einen Na&#x0364;ch&#x017F;ten, und von einfa&#x0364;ltigem,<lb/>
kindlichem Gehor&#x017F;am der Gebotten Chri&#x017F;ti,<lb/>
als ein Mei&#x017F;ter-lo&#x017F;er Chri&#x017F;t, der tau&#x017F;ender-<lb/>
ley Gelu&#x0364;&#x017F;te hat nach allerhand Seltenheiten<lb/>
und Anzu&#x0364;glichkeiten, die er ho&#x0364;ret, das ande-<lb/>
re Heiligen in un&#x017F;ern oder in vorigen Zei-<lb/>
ten geno&#x017F;&#x017F;en, mithin unzufrieden mit der<lb/>
gegenwa&#x0364;rtigen Gnade GOttes, die er je<lb/>
nicht zur Lu&#x0364;&#x017F;ternheit, &#x017F;ondern zur Sta&#x0364;r-<lb/>
ckung des neuen Men&#x017F;chen an&#x017F;etzen &#x017F;olte,<lb/>
daneben andern das Jhrige von Hertzen<lb/>
go&#x0364;nnen; &#x017F;o gewiß Ko&#x0364;nige an langen, &#x017F;tar-<lb/>
cken Schweitzern ihre Augen-Weide haben,<lb/>
vielmehr Hertzens-Lu&#x017F;t hat Chri&#x017F;tus an &#x017F;o-<lb/>
thanen fiarcken Seelen, die &#x017F;ich das gantze<lb/>
Jahr aus mit dem puren Willen GOttes<lb/>
ko&#x0364;nnen durchbringen, und dabey vernu&#x0364;gt<lb/>
&#x017F;ind: J&#x017F;t doch manche Seele, die wenig von<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">gei&#x017F;t-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[175/0243] CAP. VI. machen, im Gehorſam und Leiden, (wie denn die Bergleute an Geſundheit und Lei- bes-Staͤrcke andere Erd-Bewohner gemein- lich uͤbertreffen.) Was wilt du mehr? gleich- wie ein geſunder, ſtarcker Schweitzer bey ſei- ner Milch-Speiſe gluͤckſeliger zu achten iſt, und es beſſer hat, als der kranckne Mogol, der von den mannigfaltigen Tractamenten mehr Plag und Ungemach als Staͤrcke und Erquickung hat, alſo iſt ein Chriſt viel woͤh- ler, der von nichts weißt als vom Glauben an Chriſtum, von dienſtfertiger reiner Liebe gegen ſeinen Naͤchſten, und von einfaͤltigem, kindlichem Gehorſam der Gebotten Chriſti, als ein Meiſter-loſer Chriſt, der tauſender- ley Geluͤſte hat nach allerhand Seltenheiten und Anzuͤglichkeiten, die er hoͤret, das ande- re Heiligen in unſern oder in vorigen Zei- ten genoſſen, mithin unzufrieden mit der gegenwaͤrtigen Gnade GOttes, die er je nicht zur Luͤſternheit, ſondern zur Staͤr- ckung des neuen Menſchen anſetzen ſolte, daneben andern das Jhrige von Hertzen goͤnnen; ſo gewiß Koͤnige an langen, ſtar- cken Schweitzern ihre Augen-Weide haben, vielmehr Hertzens-Luſt hat Chriſtus an ſo- thanen fiarcken Seelen, die ſich das gantze Jahr aus mit dem puren Willen GOttes koͤnnen durchbringen, und dabey vernuͤgt ſind: Jſt doch manche Seele, die wenig von geiſt-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_canaan_1731
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_canaan_1731/243
Zitationshilfe: Lucius, Samuel: Das Schweitzerische Von Milch und Honig fliessende Canaan. Bern, 1731, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_canaan_1731/243>, abgerufen am 21.11.2024.