zerrüttet, anbey Unfrieden, Anklag, Beschämung, Blödigkeit, Ohn- macht und Unmuth verursachet; was dem Bach der Göttlichen Lie- be den freyen Lauff in unseren Hertzens-Garten offen behalt, und was im Gegentheil die Communication und Zufluß des hellen, klaren Reichs GOttes in unserm Hertzen dem HErrn Christo versperret. Es ist kein Sandkörnlein so klein, kein Ausweichung so gering, wann es den geheimen Einguß der Lebens-Geister aus Christo dem Haupt nur ein wenig zustopfet, daß es einer, der des übernatürlichen Gna- den-Liechts gewohnt ist, nicht alsobald wahrnehmen sollte: Es ist ein großmächtiger Unterscheid die Schönheit der Tugend und der Laster Häßlichkeit aus der Vernunfft erkennen und nach dem Gesetz in einer anfänglichen Bekehrung beurtheilen, dagegen Sünd und Heiligkeit in dem ewigen Liecht GOttes mit den Glaubens-Augen JEsu anse- hen: jenes lasset alleweil eine verborgene Anneiglichkeit und Lust zur Sünd im Fleisch übrig, auch einige Faulheit und Versaumnuß im Guten: Diese aber gebieret, wiewohl mit Schmertzen einen tief-ewi- gen Abscheu und Eckel ab allem Bösen, und eine hertzliche natürliche Lust zu allem Guten:
Wie man dieses Liechtes theilhaff- tig werde.
§. 2. Diese letzte aber wird nicht erlanget, als durch die Tauffe des Heil. Geistes, als den reichen Ausguß der Sonnen-Stralen nach langen und vielen bitteren Kämpfen mit der Sünd; Zion grünet nicht ehe und bevor es lange mit Babylon gerungen: Auf die Egy- ptische Nacht ist die Sonne sehr lieblich, durch dero Gunst uns die jähe Oerter der Hoffart und Selbst-Gefälligkeit offenbar werden, da wir hinunter stürtzen und tödtlichen Fall hätten thun können. Wir sehen in ihrem unbetrüglichen Liecht Felßschroffen der Verdammnuß einerseits die sehr schlipfferig und mit dem Blut vieler Millionen See- len besprützet, die lieber den Jrrwischen ihrer irrdischen Begierden, dem Monds-Liecht ihrer Vernunfft gefolget, als dem Sonnenschein deß Glaubens, die sich klug und geschickt genug geachtet, die Ab- wege deß Todes zu vermeiden, und es vor eine überflüßige Sache ge- halten haben, die Erleuchtung des H. Geistes von der Sonnen JE- su ohne Unterlaß zu begehren, da sie nun der Nachwelt und allen Einwohneren der ewigen Welten ein allzu traurig Beyspiel abgeben müssen, wie weit es auch der gelehrteste, weiseste Mensch mit seinen Natur-Gaben und Wahn-Liecht, ohne GOttes Geist und ohne die Sonne JEsu bringen könne, nehmlich in den ewigen Höllen-Pfuhl.
Ander-
Die Sonne der Gerechtigkeit.
zerruͤttet, anbey Unfrieden, Anklag, Beſchaͤmung, Bloͤdigkeit, Ohn- macht und Unmuth verurſachet; was dem Bach der Goͤttlichen Lie- be den freyen Lauff in unſeren Hertzens-Garten offen behalt, und was im Gegentheil die Communication und Zufluß des hellen, klaren Reichs GOttes in unſerm Hertzen dem HErrn Chriſto verſperret. Es iſt kein Sandkoͤrnlein ſo klein, kein Ausweichung ſo gering, wann es den geheimen Einguß der Lebens-Geiſter aus Chriſto dem Haupt nur ein wenig zuſtopfet, daß es einer, der des uͤbernatuͤrlichen Gna- den-Liechts gewohnt iſt, nicht alſobald wahrnehmen ſollte: Es iſt ein großmaͤchtiger Unterſcheid die Schoͤnheit der Tugend und der Laſter Haͤßlichkeit aus der Vernunfft erkennen und nach dem Geſetz in einer anfaͤnglichen Bekehrung beurtheilen, dagegen Suͤnd und Heiligkeit in dem ewigen Liecht GOttes mit den Glaubens-Augen JEſu anſe- hen: jenes laſſet alleweil eine verborgene Anneiglichkeit und Luſt zur Suͤnd im Fleiſch uͤbrig, auch einige Faulheit und Verſaumnuß im Guten: Dieſe aber gebieret, wiewohl mit Schmertzen einen tief-ewi- gen Abſcheu und Eckel ab allem Boͤſen, und eine hertzliche natuͤrliche Luſt zu allem Guten:
Wie man dieſes Liechtes theilhaff- tig werde.
§. 2. Dieſe letzte aber wird nicht erlanget, als durch die Tauffe des Heil. Geiſtes, als den reichen Ausguß der Sonnen-Stralen nach langen und vielen bitteren Kaͤmpfen mit der Suͤnd; Zion gruͤnet nicht ehe und bevor es lange mit Babylon gerungen: Auf die Egy- ptiſche Nacht iſt die Sonne ſehr lieblich, durch dero Gunſt uns die jaͤhe Oerter der Hoffart und Selbſt-Gefaͤlligkeit offenbar werden, da wir hinunter ſtuͤrtzen und toͤdtlichen Fall haͤtten thun koͤnnen. Wir ſehen in ihrem unbetruͤglichen Liecht Felßſchroffen der Verdammnuß einerſeits die ſehr ſchlipfferig und mit dem Blut vieler Millionen See- len beſpruͤtzet, die lieber den Jrrwiſchen ihrer irrdiſchen Begierden, dem Monds-Liecht ihrer Vernunfft gefolget, als dem Sonnenſchein deß Glaubens, die ſich klug und geſchickt genug geachtet, die Ab- wege deß Todes zu vermeiden, und es vor eine uͤberfluͤßige Sache ge- halten haben, die Erleuchtung des H. Geiſtes von der Sonnen JE- ſu ohne Unterlaß zu begehren, da ſie nun der Nachwelt und allen Einwohneren der ewigen Welten ein allzu traurig Beyſpiel abgeben muͤſſen, wie weit es auch der gelehrteſte, weiſeſte Menſch mit ſeinen Natur-Gaben und Wahn-Liecht, ohne GOttes Geiſt und ohne die Sonne JEſu bringen koͤnne, nehmlich in den ewigen Hoͤllen-Pfuhl.
Ander-
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Die Sonne der Gerechtigkeit.
zerruͤttet, anbey Unfrieden, Anklag, Beſchaͤmung, Bloͤdigkeit, Ohn-
macht und Unmuth verurſachet; was dem Bach der Goͤttlichen Lie-
be den freyen Lauff in unſeren Hertzens-Garten offen behalt, und
was im Gegentheil die Communication und Zufluß des hellen, klaren
Reichs GOttes in unſerm Hertzen dem HErrn Chriſto verſperret.
Es iſt kein Sandkoͤrnlein ſo klein, kein Ausweichung ſo gering, wann
es den geheimen Einguß der Lebens-Geiſter aus Chriſto dem Haupt
nur ein wenig zuſtopfet, daß es einer, der des uͤbernatuͤrlichen Gna-
den-Liechts gewohnt iſt, nicht alſobald wahrnehmen ſollte: Es iſt ein
großmaͤchtiger Unterſcheid die Schoͤnheit der Tugend und der Laſter
Haͤßlichkeit aus der Vernunfft erkennen und nach dem Geſetz in einer
anfaͤnglichen Bekehrung beurtheilen, dagegen Suͤnd und Heiligkeit
in dem ewigen Liecht GOttes mit den Glaubens-Augen JEſu anſe-
hen: jenes laſſet alleweil eine verborgene Anneiglichkeit und Luſt zur
Suͤnd im Fleiſch uͤbrig, auch einige Faulheit und Verſaumnuß im
Guten: Dieſe aber gebieret, wiewohl mit Schmertzen einen tief-ewi-
gen Abſcheu und Eckel ab allem Boͤſen, und eine hertzliche natuͤrliche
Luſt zu allem Guten:
§. 2. Dieſe letzte aber wird nicht erlanget, als durch die Tauffe des
Heil. Geiſtes, als den reichen Ausguß der Sonnen-Stralen nach
langen und vielen bitteren Kaͤmpfen mit der Suͤnd; Zion gruͤnet
nicht ehe und bevor es lange mit Babylon gerungen: Auf die Egy-
ptiſche Nacht iſt die Sonne ſehr lieblich, durch dero Gunſt uns die
jaͤhe Oerter der Hoffart und Selbſt-Gefaͤlligkeit offenbar werden, da
wir hinunter ſtuͤrtzen und toͤdtlichen Fall haͤtten thun koͤnnen. Wir
ſehen in ihrem unbetruͤglichen Liecht Felßſchroffen der Verdammnuß
einerſeits die ſehr ſchlipfferig und mit dem Blut vieler Millionen See-
len beſpruͤtzet, die lieber den Jrrwiſchen ihrer irrdiſchen Begierden,
dem Monds-Liecht ihrer Vernunfft gefolget, als dem Sonnenſchein
deß Glaubens, die ſich klug und geſchickt genug geachtet, die Ab-
wege deß Todes zu vermeiden, und es vor eine uͤberfluͤßige Sache ge-
halten haben, die Erleuchtung des H. Geiſtes von der Sonnen JE-
ſu ohne Unterlaß zu begehren, da ſie nun der Nachwelt und allen
Einwohneren der ewigen Welten ein allzu traurig Beyſpiel abgeben
muͤſſen, wie weit es auch der gelehrteſte, weiſeſte Menſch mit ſeinen
Natur-Gaben und Wahn-Liecht, ohne GOttes Geiſt und ohne die
Sonne JEſu bringen koͤnne, nehmlich in den ewigen Hoͤllen-Pfuhl.
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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 996. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/1092>, abgerufen am 22.11.2024.
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