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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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Lebens-Mahlzeit.
verlaugnet, gelitten oder gestritten haben, so meynen wir gerad wie
viel uns doch GOtt schuldig seye; da wir doch die Hölle tausendmal
verdient, murren und klagen, zwar dem Schein nach über uns selbst,
aber in der That gehets über den treuen HErren JEsum aus; O wie
abscheulich ist unsere Unart, Hochmuth und Eigensinn auch hierin,
wir sollen ja seinem Erempel nach auch nicht ins Paradis, ob es gleich
vor uns offen stehen würde, anders hinein gehen wollen, als auf JE-
su Liebes-Winck und Gnaden-Zug, mithin uns auch unterem Gesetz
als unter einer Besatzung verwahren lassen und verschliessen, biß auf
die Offenbahrung des Glaubens a, und gern in der Gruben, da
kein Wasser innen ist, als in einem ängstlichen Grab gebunden blei-
ben, biß dich GOtt heraus lasset durch das Blut seines Bundes b,
und biß dich also der Sohn selbst freymachet c. Demnach nun der
Sohn, dessen gleichwol alles eigen ist, der Klarheit hatte bey dem
Vatter ehe die Welt ware, dennoch in seiner allerheilichsten Mensch-
heit, obschon ers als Mittler so hoch beym Vatter verdient mit sei-
nem Gehorsam, alles vom Vatter als ein hohe Gunst erwartete, als
wäre er nichts und als hätte er nichts gethan! Ey was wollen wir
stinckende Sünden-Würmer uns denn rühmen oder uns anmassen,
die wir in der Menge unserer Untreuen und Ubertrettungen gar zu
kothig aussehen, das geschenckte Gute auf so mancherley Weise be-
flecken den Gnaden-Talent übel verthun und die Gnade GOttes so
in uns ist, schlechtlich aufgewecket und wie der seinen Tod so nahe
Paulus Timotheum ermahnet d, lebendige Flammen durch stetes
aufblasen gebracht, was prätendiren wir dann noch, nach so ungött-
licher Aufführung! Wann GOtt mit uns rechnen will, was wird er
uns wol schuldig bleiben, als Feur, Schwefel, Strick und einen
brennenden, höllischen Sturm-Wind auf unserer Seele.

§. 11. Das soll uns lehren gelassen, stille und zu frieden seyn mitund des-
wegen ge-
lassen
seyn.

unserem Looß und Warten, biß GOTT selbst aus Gnaden und
Barmhertzigkeit zu uns sagt: Freund rucke hinauf e.

Das
a Gal. III. 23.
b Zach. IX. 11.
c Joh. VIII. 36.
d 2. Tim. I. 6.
e Luc. XIV. 10.
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Lebens-Mahlzeit.
verlaugnet, gelitten oder geſtritten haben, ſo meynen wir gerad wie
viel uns doch GOtt ſchuldig ſeye; da wir doch die Hoͤlle tauſendmal
verdient, murren und klagen, zwar dem Schein nach uͤber uns ſelbſt,
aber in der That gehets uͤber den treuen HErren JEſum aus; O wie
abſcheulich iſt unſere Unart, Hochmuth und Eigenſinn auch hierin,
wir ſollen ja ſeinem Erempel nach auch nicht ins Paradis, ob es gleich
vor uns offen ſtehen wuͤrde, anders hinein gehen wollen, als auf JE-
ſu Liebes-Winck und Gnaden-Zug, mithin uns auch unterem Geſetz
als unter einer Beſatzung verwahren laſſen und verſchlieſſen, biß auf
die Offenbahrung des Glaubens a, und gern in der Gruben, da
kein Waſſer innen iſt, als in einem aͤngſtlichen Grab gebunden blei-
ben, biß dich GOtt heraus laſſet durch das Blut ſeines Bundes b,
und biß dich alſo der Sohn ſelbſt freymachet c. Demnach nun der
Sohn, deſſen gleichwol alles eigen iſt, der Klarheit hatte bey dem
Vatter ehe die Welt ware, dennoch in ſeiner allerheilichſten Menſch-
heit, obſchon ers als Mittler ſo hoch beym Vatter verdient mit ſei-
nem Gehorſam, alles vom Vatter als ein hohe Gunſt erwartete, als
waͤre er nichts und als haͤtte er nichts gethan! Ey was wollen wir
ſtinckende Suͤnden-Wuͤrmer uns denn ruͤhmen oder uns anmaſſen,
die wir in der Menge unſerer Untreuen und Ubertrettungen gar zu
kothig ausſehen, das geſchenckte Gute auf ſo mancherley Weiſe be-
flecken den Gnaden-Talent uͤbel verthun und die Gnade GOttes ſo
in uns iſt, ſchlechtlich aufgewecket und wie der ſeinen Tod ſo nahe
Paulus Timotheum ermahnet d, lebendige Flammen durch ſtetes
aufblaſen gebracht, was praͤtendiren wir dann noch, nach ſo ungoͤtt-
licher Auffuͤhrung! Wann GOtt mit uns rechnen will, was wird er
uns wol ſchuldig bleiben, als Feur, Schwefel, Strick und einen
brennenden, hoͤlliſchen Sturm-Wind auf unſerer Seele.

§. 11. Das ſoll uns lehren gelaſſen, ſtille und zu frieden ſeyn mitund des-
wegen ge-
laſſen
ſeyn.

unſerem Looß und Warten, biß GOTT ſelbſt aus Gnaden und
Barmhertzigkeit zu uns ſagt: Freund rucke hinauf e.

Das
a Gal. III. 23.
b Zach. IX. 11.
c Joh. VIII. 36.
d 2. Tim. I. 6.
e Luc. XIV. 10.
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[1049/1145] Lebens-Mahlzeit. verlaugnet, gelitten oder geſtritten haben, ſo meynen wir gerad wie viel uns doch GOtt ſchuldig ſeye; da wir doch die Hoͤlle tauſendmal verdient, murren und klagen, zwar dem Schein nach uͤber uns ſelbſt, aber in der That gehets uͤber den treuen HErren JEſum aus; O wie abſcheulich iſt unſere Unart, Hochmuth und Eigenſinn auch hierin, wir ſollen ja ſeinem Erempel nach auch nicht ins Paradis, ob es gleich vor uns offen ſtehen wuͤrde, anders hinein gehen wollen, als auf JE- ſu Liebes-Winck und Gnaden-Zug, mithin uns auch unterem Geſetz als unter einer Beſatzung verwahren laſſen und verſchlieſſen, biß auf die Offenbahrung des Glaubens a, und gern in der Gruben, da kein Waſſer innen iſt, als in einem aͤngſtlichen Grab gebunden blei- ben, biß dich GOtt heraus laſſet durch das Blut ſeines Bundes b, und biß dich alſo der Sohn ſelbſt freymachet c. Demnach nun der Sohn, deſſen gleichwol alles eigen iſt, der Klarheit hatte bey dem Vatter ehe die Welt ware, dennoch in ſeiner allerheilichſten Menſch- heit, obſchon ers als Mittler ſo hoch beym Vatter verdient mit ſei- nem Gehorſam, alles vom Vatter als ein hohe Gunſt erwartete, als waͤre er nichts und als haͤtte er nichts gethan! Ey was wollen wir ſtinckende Suͤnden-Wuͤrmer uns denn ruͤhmen oder uns anmaſſen, die wir in der Menge unſerer Untreuen und Ubertrettungen gar zu kothig ausſehen, das geſchenckte Gute auf ſo mancherley Weiſe be- flecken den Gnaden-Talent uͤbel verthun und die Gnade GOttes ſo in uns iſt, ſchlechtlich aufgewecket und wie der ſeinen Tod ſo nahe Paulus Timotheum ermahnet d, lebendige Flammen durch ſtetes aufblaſen gebracht, was praͤtendiren wir dann noch, nach ſo ungoͤtt- licher Auffuͤhrung! Wann GOtt mit uns rechnen will, was wird er uns wol ſchuldig bleiben, als Feur, Schwefel, Strick und einen brennenden, hoͤlliſchen Sturm-Wind auf unſerer Seele. §. 11. Das ſoll uns lehren gelaſſen, ſtille und zu frieden ſeyn mit unſerem Looß und Warten, biß GOTT ſelbſt aus Gnaden und Barmhertzigkeit zu uns ſagt: Freund rucke hinauf e. und des- wegen ge- laſſen ſeyn. Das a Gal. III. 23. b Zach. IX. 11. c Joh. VIII. 36. d 2. Tim. I. 6. e Luc. XIV. 10. R r r r r r

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 1049. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/1145>, abgerufen am 22.11.2024.