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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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Lebens-Mahlzeit.
tes Gnade vermöget biß ihr einige Süßigkeit in JEsu schmecket,
kustet also daß euch eine himmlische Freude einnimmt so viel Gutes
in JEsu zu finden, dadurch ihr euren unendlichen Mangel und Elend,
das euch Tag und Nacht quälet, begegnen könnet; anbey euren
grossen Seelen-Hunger mit denen allertheursten und köstlichsten Tra-
ctamenten stillen.

Man solle
sich nicht
zufrieden
geben ehe
und bevor
man JE-
sum
würcklich
hat.

§. 3. Nachdem nun der Glaube euren Verstand also mit hellem
Schein wird von innen bestrahlet und den Kust mit sänfftiger, süs-
ser Wollust berühret haben, so wirds nicht lange anstehen, der Wille
wird bald aufs lieblichste dahin geneiget und starck bewegt werden nach
JEsu zu hungeren und schnell wie ein Adler herbey zu fliegen; den-
noch müsset ihrs bey solchen empfindlichen Rührungen und Begierden
nicht bleiben lassen, wie manch armes Hertz thut und sich zufrieden
gibt, ehe und bevor es die Heyls-Fülle in Christo erreichet, welches
die meiste Ursach ist, daß auch wohl nach genossenen entzückenden
Süßigkeiten so viele Ruckfälle erfolgen; massen mancher im Hungern
nach GOtt läßig wird, ehe die würckliche wesentliche Vereinigung
mit der himmlischen Speise vollbracht worden; Dieses ist das Klei-
nod, so im Glaubens-Kampf und Lauf errungen werden muß; wer
zu frühe stille stehet und ablasset, beraubet sich des allerbesten nem-
lich der völligen Beystimmung, Beruhigung in JEsu Christo dem
Gecreutzigten, da die Seele ihne gantz annimmt mit allem, was er
ist, hat und thut, mithin auch alle seine Aussprüche gehorsamlich un-
terschreibet und so genug hat an Christo und seiner holden Liebe, daß
er nirgendwo anders Ruhe, Fried, Rath und Hülff suchet; Ein tief-
fer Friede in vertrauter Freundschafft mit GOtt behält das Hertz in be-
höriger Stille das Sterben selbst kommt nicht mehr so gräuerlich
vor, alle knechtische Forcht verschwindet samt dem Höllen-Schrecken;
also werden die Begierden eurer Seelen, so fern sie nach GOttes
Gunst sehnet, in Christi Tod begnüget und ihr seyd gerechtfertiget;
so fern aber euer Hertz der Heiligung fürnemlich begierig ist;

Vergnü-
gung die
man in
JESU
findet.

§. 4. O was vor ein unaussprechlich Vergnügen werdet ihr finden
an JEsum, allermassen er den Geist der Heiligung mit seinem Leiden
erworben hat vor euch und wartet nur biß ihr kommet und ihne um
diese edle Güter ernstlich ersuchet; so fern ihr endlich nach dem Him-
melreich hungeret, ist ebenmäßig in Christo dem Gecreutzigten eine
unendliche Seeligkeit; diese könnet ihr überschwencklich haben, wann

ihr

Lebens-Mahlzeit.
tes Gnade vermoͤget biß ihr einige Suͤßigkeit in JEſu ſchmecket,
kuſtet alſo daß euch eine himmliſche Freude einnimmt ſo viel Gutes
in JEſu zu finden, dadurch ihr euren unendlichen Mangel und Elend,
das euch Tag und Nacht quaͤlet, begegnen koͤnnet; anbey euren
groſſen Seelen-Hunger mit denen allertheurſten und koͤſtlichſten Tra-
ctamenten ſtillen.

Man ſolle
ſich nicht
zufrieden
geben ehe
und bevor
man JE-
ſum
wuͤrcklich
hat.

§. 3. Nachdem nun der Glaube euren Verſtand alſo mit hellem
Schein wird von innen beſtrahlet und den Kuſt mit ſaͤnfftiger, ſuͤſ-
ſer Wolluſt beruͤhret haben, ſo wirds nicht lange anſtehen, der Wille
wird bald aufs lieblichſte dahin geneiget und ſtarck bewegt werden nach
JEſu zu hungeren und ſchnell wie ein Adler herbey zu fliegen; den-
noch muͤſſet ihrs bey ſolchen empfindlichen Ruͤhrungen und Begierden
nicht bleiben laſſen, wie manch armes Hertz thut und ſich zufrieden
gibt, ehe und bevor es die Heyls-Fuͤlle in Chriſto erreichet, welches
die meiſte Urſach iſt, daß auch wohl nach genoſſenen entzuͤckenden
Suͤßigkeiten ſo viele Ruckfaͤlle erfolgen; maſſen mancher im Hungern
nach GOtt laͤßig wird, ehe die wuͤrckliche weſentliche Vereinigung
mit der himmliſchen Speiſe vollbracht worden; Dieſes iſt das Klei-
nod, ſo im Glaubens-Kampf und Lauf errungen werden muß; wer
zu fruͤhe ſtille ſtehet und ablaſſet, beraubet ſich des allerbeſten nem-
lich der voͤlligen Beyſtimmung, Beruhigung in JEſu Chriſto dem
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iſt, hat und thut, mithin auch alle ſeine Ausſpruͤche gehorſamlich un-
terſchreibet und ſo genug hat an Chriſto und ſeiner holden Liebe, daß
er nirgendwo anders Ruhe, Fried, Rath und Huͤlff ſuchet; Ein tief-
fer Friede in vertrauter Freundſchafft mit GOtt behaͤlt das Hertz in be-
hoͤriger Stille das Sterben ſelbſt kommt nicht mehr ſo graͤuerlich
vor, alle knechtiſche Forcht verſchwindet ſamt dem Hoͤllen-Schrecken;
alſo werden die Begierden eurer Seelen, ſo fern ſie nach GOttes
Gunſt ſehnet, in Chriſti Tod begnuͤget und ihr ſeyd gerechtfertiget;
ſo fern aber euer Hertz der Heiligung fuͤrnemlich begierig iſt;

Vergnuͤ-
gung die
man in
JESU
findet.

§. 4. O was vor ein unausſprechlich Vergnuͤgen werdet ihr finden
an JEſum, allermaſſen er den Geiſt der Heiligung mit ſeinem Leiden
erworben hat vor euch und wartet nur biß ihr kommet und ihne um
dieſe edle Guͤter ernſtlich erſuchet; ſo fern ihr endlich nach dem Him-
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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 1070. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/1166>, abgerufen am 26.06.2024.