Welt Lust und Freud, aber nun ist ihr alles eckel und Verdruß, Gelt, Ehr und Lachen, ist ihr eben, als wäre sie im Gestanck und Mist vergraben, es ist ihr alles zuwider, trockne Cisternen etc. sie ist alles eiteln Geschwätzes und verdorbenen Welt-Wesens, ver- wirrten Babels von ihres JESU wegen überdrüßig von innen und von aussen.
Vor diesem, ehe sie recht in die Klemme kame hatte sie noch Er- quickung bey frommen Leuten, in Lesung geistreicher Bücher, nun ist ihr alles ein Uberlast, was hilffts, denckt sie, daß ich so viel lese und höre von Jerusalem, der Lieblichkeit, Gütigkeit, Weißheit, offenen Tafel, niedlichsten Tractamenten ihres Königs, der Herr- lichkeit, Triumph, Freud, Wohlleben, Gesäng und Saiten-Spiel ihrer seeligen Einwohnern, den Uberfluß, Reichthum, Lustbarkeit des gantzen Lands; das kräncket mich biß auf den Tod, allweil ich in Babels Sclaverey und Banden sitzen, Stecken und Last der Treiber auf meinem Rucken fühlen muß.
Uber alles aber unerträglich ists ihr, daß sie so viel schönes und herrliches von Zion andern daher geschwätzt, mit ihrem Licht und ent- lehnten Erkanntnuß Krämerey getrieben, den Leuten Augen und Ohren aufgesperrt, als wäre sie des Lammes Braut, mit JESU verlobt und hätte seine Schätz gantz innen, da sie doch noch nichts würckliches, wesentliches davon besitze, sondern ihre arme Seel mit Schatten, Wind, Einbildung abgespiesen; Da schreyt das Ge- wissen, was werden die und die darzu sagen, die wegen der hüpschen Discoursen so viel auf dir gehalten, so sie sehen dich unter den Tho- rechten vom Bräutigam übel angesehen und empfangen: Wie schämt man sich da seiner nichtigen eitelen Thorheit? Wie truckt einem über das Hertz die übel angewandte Zeit, der vor den Leuten geführte Schein und getriebne Heucheley, die andern scharff vorgehaltene Ver- mahnungen, Warnungen, die man selbst nicht ins Werck gesetzt, wie brennt das den Meister, wann der Jünger soll sein Richter seyn! da ist guter Rath überaus nöthig, wie der Fehler zu verbessern und wie die Seel unter dem unleidenlichen Last fort könne: Höret den unbetrüglichen Lehrer weiters hievon.
Das
Labſal in Truͤbſal.
Welt Luſt und Freud, aber nun iſt ihr alles eckel und Verdruß, Gelt, Ehr und Lachen, iſt ihr eben, als waͤre ſie im Geſtanck und Miſt vergraben, es iſt ihr alles zuwider, trockne Ciſternen ꝛc. ſie iſt alles eiteln Geſchwaͤtzes und verdorbenen Welt-Weſens, ver- wirrten Babels von ihres JESU wegen uͤberdruͤßig von innen und von auſſen.
Vor dieſem, ehe ſie recht in die Klemme kame hatte ſie noch Er- quickung bey frommen Leuten, in Leſung geiſtreicher Buͤcher, nun iſt ihr alles ein Uberlaſt, was hilffts, denckt ſie, daß ich ſo viel leſe und hoͤre von Jeruſalem, der Lieblichkeit, Guͤtigkeit, Weißheit, offenen Tafel, niedlichſten Tractamenten ihres Koͤnigs, der Herr- lichkeit, Triumph, Freud, Wohlleben, Geſaͤng und Saiten-Spiel ihrer ſeeligen Einwohnern, den Uberfluß, Reichthum, Luſtbarkeit des gantzen Lands; das kraͤncket mich biß auf den Tod, allweil ich in Babels Sclaverey und Banden ſitzen, Stecken und Laſt der Treiber auf meinem Rucken fuͤhlen muß.
Uber alles aber unertraͤglich iſts ihr, daß ſie ſo viel ſchoͤnes und herrliches von Zion andern daher geſchwaͤtzt, mit ihrem Licht und ent- lehnten Erkanntnuß Kraͤmerey getrieben, den Leuten Augen und Ohren aufgeſperrt, als waͤre ſie des Lammes Braut, mit JESU verlobt und haͤtte ſeine Schaͤtz gantz innen, da ſie doch noch nichts wuͤrckliches, weſentliches davon beſitze, ſondern ihre arme Seel mit Schatten, Wind, Einbildung abgeſpieſen; Da ſchreyt das Ge- wiſſen, was werden die und die darzu ſagen, die wegen der huͤpſchen Diſcourſen ſo viel auf dir gehalten, ſo ſie ſehen dich unter den Tho- rechten vom Braͤutigam uͤbel angeſehen und empfangen: Wie ſchaͤmt man ſich da ſeiner nichtigen eitelen Thorheit? Wie truckt einem uͤber das Hertz die uͤbel angewandte Zeit, der vor den Leuten gefuͤhrte Schein und getriebne Heucheley, die andern ſcharff vorgehaltene Ver- mahnungen, Warnungen, die man ſelbſt nicht ins Werck geſetzt, wie brennt das den Meiſter, wann der Juͤnger ſoll ſein Richter ſeyn! da iſt guter Rath uͤberaus noͤthig, wie der Fehler zu verbeſſern und wie die Seel unter dem unleidenlichen Laſt fort koͤnne: Hoͤret den unbetruͤglichen Lehrer weiters hievon.
Das
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[1102/1198]
Labſal in Truͤbſal.
Welt Luſt und Freud, aber nun iſt ihr alles eckel und Verdruß,
Gelt, Ehr und Lachen, iſt ihr eben, als waͤre ſie im Geſtanck und
Miſt vergraben, es iſt ihr alles zuwider, trockne Ciſternen ꝛc. ſie
iſt alles eiteln Geſchwaͤtzes und verdorbenen Welt-Weſens, ver-
wirrten Babels von ihres JESU wegen uͤberdruͤßig von innen und
von auſſen.
Vor dieſem, ehe ſie recht in die Klemme kame hatte ſie noch Er-
quickung bey frommen Leuten, in Leſung geiſtreicher Buͤcher, nun iſt
ihr alles ein Uberlaſt, was hilffts, denckt ſie, daß ich ſo viel leſe
und hoͤre von Jeruſalem, der Lieblichkeit, Guͤtigkeit, Weißheit,
offenen Tafel, niedlichſten Tractamenten ihres Koͤnigs, der Herr-
lichkeit, Triumph, Freud, Wohlleben, Geſaͤng und Saiten-Spiel
ihrer ſeeligen Einwohnern, den Uberfluß, Reichthum, Luſtbarkeit
des gantzen Lands; das kraͤncket mich biß auf den Tod, allweil ich in
Babels Sclaverey und Banden ſitzen, Stecken und Laſt der
Treiber auf meinem Rucken fuͤhlen muß.
Uber alles aber unertraͤglich iſts ihr, daß ſie ſo viel ſchoͤnes und
herrliches von Zion andern daher geſchwaͤtzt, mit ihrem Licht und ent-
lehnten Erkanntnuß Kraͤmerey getrieben, den Leuten Augen und
Ohren aufgeſperrt, als waͤre ſie des Lammes Braut, mit JESU
verlobt und haͤtte ſeine Schaͤtz gantz innen, da ſie doch noch nichts
wuͤrckliches, weſentliches davon beſitze, ſondern ihre arme Seel mit
Schatten, Wind, Einbildung abgeſpieſen; Da ſchreyt das Ge-
wiſſen, was werden die und die darzu ſagen, die wegen der huͤpſchen
Diſcourſen ſo viel auf dir gehalten, ſo ſie ſehen dich unter den Tho-
rechten vom Braͤutigam uͤbel angeſehen und empfangen: Wie ſchaͤmt
man ſich da ſeiner nichtigen eitelen Thorheit? Wie truckt einem uͤber
das Hertz die uͤbel angewandte Zeit, der vor den Leuten gefuͤhrte
Schein und getriebne Heucheley, die andern ſcharff vorgehaltene Ver-
mahnungen, Warnungen, die man ſelbſt nicht ins Werck geſetzt,
wie brennt das den Meiſter, wann der Juͤnger ſoll ſein Richter ſeyn!
da iſt guter Rath uͤberaus noͤthig, wie der Fehler zu verbeſſern und
wie die Seel unter dem unleidenlichen Laſt fort koͤnne: Hoͤret den
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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 1102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/1198>, abgerufen am 22.11.2024.
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