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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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Labsal in Trübsal.
keit wohnet. Es ist der Seelen Lust-Garten, da der Göttliche
Bräutigam seine Liebste spatzieren führet, da sie mit ihm wandelt in
weissen Kleidern; es ist das Rendezvous, der Sammel-Platz aller
Seeligen und Verklärten; Hier trifft man gute Gesellschafft an,
weiß gewäschene, gerechtfertigte, geheiligte Menschen. Die eh-
mahls eben so elende, arme Sünder waren, als du jetz noch bist,
allein durch das Kommen zu JESU sind sie zu der unbeschreibli-
chen Glückseligkeit gelanget; eben an dem Ort, auf dem Platz wirst
du sie auch finden für dich, nur guten Muth! Hier trieffen Bäche
von himmlischem Gnaden- und Freuden-Oel, die Salbung von dem
der heilig ist; die, welche mit begossen werden, sind wesentliche
wahrhafftige Könige und Priester; Hier ist die Herberg, so der
HERR des Landes auf seine eigene Kosten erbauet, darinn alle die
unter die Mörder gerathene Sünder Fürstlich verpfleget werden.
Es ist eine lustige Gegend, da kein Mangel ist an irgend einem Gut,
allda ungewohnte Erquickungen sind vor das unsichtbare Wesen, den
edlen Geist, die dieser sonst nirgends zu geniessen antrifft; alle arme,
kranckne, dürfftige, hungerige, schwache, aussätzige, mit vielen
schweren Sünden im Gewissen beschwerte, unter hartem Trübsal ge-
druckte, von unerträglichen Bangigkeiten beklemmete, vom Gesetz zu
Tod und Höll verurtheilte Ubelthäter werden allhier von dem güti-
gen HErren in seinem Pallast selbst aufgenommen, der König des
Königs Sohn wartet ihnen selbst auf in eigener allerhöchster Person
mit der hertzlichsten Lust und hefftigstem Liebes-Affect; Er verbindet,
waschet, segnet, begnadiget, erwärmet, beschützet, heilet, heiliget, trö-
stet, speiset, träncket, schmücket, salbet, belebet und erfreuet alle die es
dürfftig und begierig sind. So ists demnach der allerwünschteste Ort
für dich und deines gleichen elende Sünder, da du gar nichts zu scheuen
hast.

§. 5. 3. So man meint man könne es wohl enthoben seyn und ent-Daß di[e]
ses das
nöthigste
Werck
seye,

bähren, einmahl habe mans so gleich nicht nöthig. Zu JEsu kom-
men ist wahrlich das einige Nothwendige, so du in der Welt zu verrich-
ten hast, je weiter du diß Werck aufschiebest, je schlimmer wirds täglich
mit dir, je tieffer frißt und naget der Sünden-Wurm, je härter ver-
wickeln dich die arge, finstere Kräfften der Schlangen, deren mehr dich
umgeben als du glauben kanst; je unsicherer wird dein Zustand, du wand-
lest auf der Höllen-Grub, das Feuer ist unter dir und wartet auf dich mit

unsätti-

Labſal in Truͤbſal.
keit wohnet. Es iſt der Seelen Luſt-Garten, da der Goͤttliche
Braͤutigam ſeine Liebſte ſpatzieren fuͤhret, da ſie mit ihm wandelt in
weiſſen Kleidern; es iſt das Rendezvous, der Sammel-Platz aller
Seeligen und Verklaͤrten; Hier trifft man gute Geſellſchafft an,
weiß gewaͤſchene, gerechtfertigte, geheiligte Menſchen. Die eh-
mahls eben ſo elende, arme Suͤnder waren, als du jetz noch biſt,
allein durch das Kommen zu JESU ſind ſie zu der unbeſchreibli-
chen Gluͤckſeligkeit gelanget; eben an dem Ort, auf dem Platz wirſt
du ſie auch finden fuͤr dich, nur guten Muth! Hier trieffen Baͤche
von himmliſchem Gnaden- und Freuden-Oel, die Salbung von dem
der heilig iſt; die, welche mit begoſſen werden, ſind weſentliche
wahrhafftige Koͤnige und Prieſter; Hier iſt die Herberg, ſo der
HERR des Landes auf ſeine eigene Koſten erbauet, darinn alle die
unter die Moͤrder gerathene Suͤnder Fuͤrſtlich verpfleget werden.
Es iſt eine luſtige Gegend, da kein Mangel iſt an irgend einem Gut,
allda ungewohnte Erquickungen ſind vor das unſichtbare Weſen, den
edlen Geiſt, die dieſer ſonſt nirgends zu genieſſen antrifft; alle arme,
kranckne, duͤrfftige, hungerige, ſchwache, auſſaͤtzige, mit vielen
ſchweren Suͤnden im Gewiſſen beſchwerte, unter hartem Truͤbſal ge-
druckte, von unertraͤglichen Bangigkeiten beklemmete, vom Geſetz zu
Tod und Hoͤll verurtheilte Ubelthaͤter werden allhier von dem guͤti-
gen HErren in ſeinem Pallaſt ſelbſt aufgenommen, der Koͤnig des
Koͤnigs Sohn wartet ihnen ſelbſt auf in eigener allerhoͤchſter Perſon
mit der hertzlichſten Luſt und hefftigſtem Liebes-Affect; Er verbindet,
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ſtet, ſpeiſet, traͤncket, ſchmuͤcket, ſalbet, belebet und erfreuet alle die es
duͤrfftig und begierig ſind. So iſts demnach der allerwuͤnſchteſte Ort
fuͤr dich und deines gleichen elende Suͤnder, da du gar nichts zu ſcheuen
haſt.

§. 5. 3. So man meint man koͤnne es wohl enthoben ſeyn und ent-Daß di[e]
ſes das
noͤthigſte
Werck
ſeye,

baͤhren, einmahl habe mans ſo gleich nicht noͤthig. Zu JEſu kom-
men iſt wahrlich das einige Nothwendige, ſo du in der Welt zu verrich-
ten haſt, je weiter du diß Werck aufſchiebeſt, je ſchlimmer wirds taͤglich
mit dir, je tieffer frißt und naget der Suͤnden-Wurm, je haͤrter ver-
wickeln dich die arge, finſtere Kraͤfften der Schlangen, deren mehr dich
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[1135/1231] Labſal in Truͤbſal. keit wohnet. Es iſt der Seelen Luſt-Garten, da der Goͤttliche Braͤutigam ſeine Liebſte ſpatzieren fuͤhret, da ſie mit ihm wandelt in weiſſen Kleidern; es iſt das Rendezvous, der Sammel-Platz aller Seeligen und Verklaͤrten; Hier trifft man gute Geſellſchafft an, weiß gewaͤſchene, gerechtfertigte, geheiligte Menſchen. Die eh- mahls eben ſo elende, arme Suͤnder waren, als du jetz noch biſt, allein durch das Kommen zu JESU ſind ſie zu der unbeſchreibli- chen Gluͤckſeligkeit gelanget; eben an dem Ort, auf dem Platz wirſt du ſie auch finden fuͤr dich, nur guten Muth! Hier trieffen Baͤche von himmliſchem Gnaden- und Freuden-Oel, die Salbung von dem der heilig iſt; die, welche mit begoſſen werden, ſind weſentliche wahrhafftige Koͤnige und Prieſter; Hier iſt die Herberg, ſo der HERR des Landes auf ſeine eigene Koſten erbauet, darinn alle die unter die Moͤrder gerathene Suͤnder Fuͤrſtlich verpfleget werden. Es iſt eine luſtige Gegend, da kein Mangel iſt an irgend einem Gut, allda ungewohnte Erquickungen ſind vor das unſichtbare Weſen, den edlen Geiſt, die dieſer ſonſt nirgends zu genieſſen antrifft; alle arme, kranckne, duͤrfftige, hungerige, ſchwache, auſſaͤtzige, mit vielen ſchweren Suͤnden im Gewiſſen beſchwerte, unter hartem Truͤbſal ge- druckte, von unertraͤglichen Bangigkeiten beklemmete, vom Geſetz zu Tod und Hoͤll verurtheilte Ubelthaͤter werden allhier von dem guͤti- gen HErren in ſeinem Pallaſt ſelbſt aufgenommen, der Koͤnig des Koͤnigs Sohn wartet ihnen ſelbſt auf in eigener allerhoͤchſter Perſon mit der hertzlichſten Luſt und hefftigſtem Liebes-Affect; Er verbindet, waſchet, ſegnet, begnadiget, erwaͤrmet, beſchuͤtzet, heilet, heiliget, troͤ- ſtet, ſpeiſet, traͤncket, ſchmuͤcket, ſalbet, belebet und erfreuet alle die es duͤrfftig und begierig ſind. So iſts demnach der allerwuͤnſchteſte Ort fuͤr dich und deines gleichen elende Suͤnder, da du gar nichts zu ſcheuen haſt. §. 5. 3. So man meint man koͤnne es wohl enthoben ſeyn und ent- baͤhren, einmahl habe mans ſo gleich nicht noͤthig. Zu JEſu kom- men iſt wahrlich das einige Nothwendige, ſo du in der Welt zu verrich- ten haſt, je weiter du diß Werck aufſchiebeſt, je ſchlimmer wirds taͤglich mit dir, je tieffer frißt und naget der Suͤnden-Wurm, je haͤrter ver- wickeln dich die arge, finſtere Kraͤfften der Schlangen, deren mehr dich umgeben als du glauben kanſt; je unſicherer wird dein Zuſtand, du wand- leſt auf der Hoͤllen-Grub, das Feuer iſt unter dir und wartet auf dich mit unſaͤtti- Daß die ſes das noͤthigſte Werck ſeye,

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 1135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/1231>, abgerufen am 22.11.2024.