von Angst, Forcht und Zittern a, wer mag solche Fluten zehlen, sol- che Noth und Thränen-Saat.
§. 2. 2. Die Heiligung: da man allem was die Welt liebliches,Die Heill- gung wie sie bey ei- nem Zu- stand ge- braucht werde. lustig- und Sinn-ergötzliches hat abstirbt, denen Creaturen tod ist; wie ein Todter nirgend an mehr seine Lust haben kan; einem solchen gilt alles gleich, es geschehe ein Ding oder nicht etc. er nimmt sich nichts an, Ehr, Schand, Lieb, Leyd etc. es ist ihm alles grad gleich Freud wie Leyd etc. Welches abermahl eine gar strenge Arbeit ist, und ein unbefleckt Leben erfordert, in der Gleichförmigkeit mit Chri- sti seyn, welcher mit anhaltenden Sehnen angezogen werden muß: Jn der Welt hat man Bedrängniß, JESUS verheißt seinen lieb- sten Jüngern nichts anders; daher begehrt und erwartet ein Christ nichts als nur Leyden und Sterben, geschieht ihm aber was bessers, so siehet ers als ein Wunder an; das Leben eines Christen ist eine Wanderschafft aus der Welt zum Vatter, da er sein Gesicht immer von dem wütenden Meer und von allem, was hienieden ist, abwen- den muß zu GOtt und seine Hand nach JESU ausstrecken, und sein gepreßtes Hertz in des Heylands Schooß legen, sich um nichts bekümmern als nur stets im Hingehen zu JEsu erfunden und in sei- ner Gnaden-reichen Ruhe allein gewurtzelt zu werden; dann so bald die Seel mit ihren Gedancken sich auskehrt, der Welt und deß Teu- fels Boßheit anschauet, so gerath sie gleich in Unruhe; will sie denn nicht Quaal und Angst haben, so muß sie hinter ihrem Schilt ver- borgen bleiben, sich gantz kindlich dem Rath deß allmächtigen HEr- ren überlassen, was der etwa thun wolle zur gäntzlichen Ausrottung der Sünd, und Theilhafftigwerdung seiner Heiligkeit; indessen al- lezeit auch im hartesten Strauß, wann es noch so straub hergehet, einen gesegneten seligen Ausgang durch Christum ungezweiffelt hof- fen; wobey zwar die Natur unerhört bedrängt und unglaublich be- klemmet wird, allein es scheinet mitten in der Angst ein Trost- Liechtlein von oben, und so wechselts ab, biß endlich die ewige Ruhe ausgebohren wird; Von deren JESUS hier hauptsächlich redt:
Drum
a 2 Cor. IV. 7-12.
F f f f f f f 2
Labſal in Truͤbſal.
von Angſt, Forcht und Zittern a, wer mag ſolche Fluten zehlen, ſol- che Noth und Thraͤnen-Saat.
§. 2. 2. Die Heiligung: da man allem was die Welt liebliches,Die Heill- gung wie ſie bey ei- nem Zu- ſtand ge- braucht werde. luſtig- und Sinn-ergoͤtzliches hat abſtirbt, denen Creaturen tod iſt; wie ein Todter nirgend an mehr ſeine Luſt haben kan; einem ſolchen gilt alles gleich, es geſchehe ein Ding oder nicht ꝛc. er nimmt ſich nichts an, Ehr, Schand, Lieb, Leyd ꝛc. es iſt ihm alles grad gleich Freud wie Leyd ꝛc. Welches abermahl eine gar ſtrenge Arbeit iſt, und ein unbefleckt Leben erfordert, in der Gleichfoͤrmigkeit mit Chri- ſti ſeyn, welcher mit anhaltenden Sehnen angezogen werden muß: Jn der Welt hat man Bedraͤngniß, JESUS verheißt ſeinen lieb- ſten Juͤngern nichts anders; daher begehrt und erwartet ein Chriſt nichts als nur Leyden und Sterben, geſchieht ihm aber was beſſers, ſo ſiehet ers als ein Wunder an; das Leben eines Chriſten iſt eine Wanderſchafft aus der Welt zum Vatter, da er ſein Geſicht immer von dem wuͤtenden Meer und von allem, was hienieden iſt, abwen- den muß zu GOtt und ſeine Hand nach JESU ausſtrecken, und ſein gepreßtes Hertz in des Heylands Schooß legen, ſich um nichts bekuͤmmern als nur ſtets im Hingehen zu JEſu erfunden und in ſei- ner Gnaden-reichen Ruhe allein gewurtzelt zu werden; dann ſo bald die Seel mit ihren Gedancken ſich auskehrt, der Welt und deß Teu- fels Boßheit anſchauet, ſo gerath ſie gleich in Unruhe; will ſie denn nicht Quaal und Angſt haben, ſo muß ſie hinter ihrem Schilt ver- borgen bleiben, ſich gantz kindlich dem Rath deß allmaͤchtigen HEr- ren uͤberlaſſen, was der etwa thun wolle zur gaͤntzlichen Ausrottung der Suͤnd, und Theilhafftigwerdung ſeiner Heiligkeit; indeſſen al- lezeit auch im harteſten Strauß, wann es noch ſo ſtraub hergehet, einen geſegneten ſeligen Ausgang durch Chriſtum ungezweiffelt hof- fen; wobey zwar die Natur unerhoͤrt bedraͤngt und unglaublich be- klemmet wird, allein es ſcheinet mitten in der Angſt ein Troſt- Liechtlein von oben, und ſo wechſelts ab, biß endlich die ewige Ruhe ausgebohren wird; Von deren JESUS hier hauptſaͤchlich redt:
Drum
a 2 Cor. IV. 7-12.
F f f f f f f 2
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f1243"n="1147"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Labſal in Truͤbſal.</hi></fw><lb/>
von Angſt, Forcht und Zittern <noteplace="foot"n="a">2 <hirendition="#aq">Cor. IV.</hi> 7-12.</note>, wer mag ſolche Fluten zehlen, ſol-<lb/>
che Noth und Thraͤnen-Saat.</p><lb/><p><hirendition="#i">§.</hi> 2. 2. Die Heiligung: da man allem was die Welt liebliches,<noteplace="right">Die Heill-<lb/>
gung wie<lb/>ſie bey ei-<lb/>
nem Zu-<lb/>ſtand ge-<lb/>
braucht<lb/>
werde.</note><lb/>
luſtig- und Sinn-ergoͤtzliches hat abſtirbt, denen Creaturen tod iſt;<lb/>
wie ein Todter nirgend an mehr ſeine Luſt haben kan; einem ſolchen<lb/>
gilt alles gleich, es geſchehe ein Ding oder nicht ꝛc. er nimmt ſich<lb/>
nichts an, Ehr, Schand, Lieb, Leyd ꝛc. es iſt ihm alles grad gleich<lb/>
Freud wie Leyd ꝛc. Welches abermahl eine gar ſtrenge Arbeit iſt,<lb/>
und ein unbefleckt Leben erfordert, in der Gleichfoͤrmigkeit mit Chri-<lb/>ſti ſeyn, welcher mit anhaltenden Sehnen angezogen werden muß:<lb/>
Jn der Welt hat man Bedraͤngniß, JESUS verheißt ſeinen lieb-<lb/>ſten Juͤngern nichts anders; daher begehrt und erwartet ein Chriſt<lb/>
nichts als nur Leyden und Sterben, geſchieht ihm aber was beſſers,<lb/>ſo ſiehet ers als ein Wunder an; das Leben eines Chriſten iſt eine<lb/>
Wanderſchafft aus der Welt zum Vatter, da er ſein Geſicht immer<lb/>
von dem wuͤtenden Meer und von allem, was hienieden iſt, abwen-<lb/>
den muß zu GOtt und ſeine Hand nach JESU ausſtrecken, und<lb/>ſein gepreßtes Hertz in des Heylands Schooß legen, ſich um nichts<lb/>
bekuͤmmern als nur ſtets im Hingehen zu JEſu erfunden und in ſei-<lb/>
ner Gnaden-reichen Ruhe allein gewurtzelt zu werden; dann ſo bald<lb/>
die Seel mit ihren Gedancken ſich auskehrt, der Welt und deß Teu-<lb/>
fels Boßheit anſchauet, ſo gerath ſie gleich in Unruhe; will ſie denn<lb/>
nicht Quaal und Angſt haben, ſo muß ſie hinter ihrem Schilt ver-<lb/>
borgen bleiben, ſich gantz kindlich dem Rath deß allmaͤchtigen HEr-<lb/>
ren uͤberlaſſen, was der etwa thun wolle zur gaͤntzlichen Ausrottung<lb/>
der Suͤnd, und Theilhafftigwerdung ſeiner Heiligkeit; indeſſen al-<lb/>
lezeit auch im harteſten Strauß, wann es noch ſo ſtraub hergehet,<lb/>
einen geſegneten ſeligen Ausgang durch Chriſtum ungezweiffelt hof-<lb/>
fen; wobey zwar die Natur unerhoͤrt bedraͤngt und unglaublich be-<lb/>
klemmet wird, allein es ſcheinet mitten in der Angſt ein Troſt-<lb/>
Liechtlein von oben, und ſo wechſelts ab, biß endlich die ewige<lb/>
Ruhe ausgebohren wird; Von deren JESUS hier hauptſaͤchlich<lb/>
redt:</p><lb/><fwplace="bottom"type="sig">F f f f f f f 2</fw><fwplace="bottom"type="catch">Drum</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[1147/1243]
Labſal in Truͤbſal.
von Angſt, Forcht und Zittern a, wer mag ſolche Fluten zehlen, ſol-
che Noth und Thraͤnen-Saat.
§. 2. 2. Die Heiligung: da man allem was die Welt liebliches,
luſtig- und Sinn-ergoͤtzliches hat abſtirbt, denen Creaturen tod iſt;
wie ein Todter nirgend an mehr ſeine Luſt haben kan; einem ſolchen
gilt alles gleich, es geſchehe ein Ding oder nicht ꝛc. er nimmt ſich
nichts an, Ehr, Schand, Lieb, Leyd ꝛc. es iſt ihm alles grad gleich
Freud wie Leyd ꝛc. Welches abermahl eine gar ſtrenge Arbeit iſt,
und ein unbefleckt Leben erfordert, in der Gleichfoͤrmigkeit mit Chri-
ſti ſeyn, welcher mit anhaltenden Sehnen angezogen werden muß:
Jn der Welt hat man Bedraͤngniß, JESUS verheißt ſeinen lieb-
ſten Juͤngern nichts anders; daher begehrt und erwartet ein Chriſt
nichts als nur Leyden und Sterben, geſchieht ihm aber was beſſers,
ſo ſiehet ers als ein Wunder an; das Leben eines Chriſten iſt eine
Wanderſchafft aus der Welt zum Vatter, da er ſein Geſicht immer
von dem wuͤtenden Meer und von allem, was hienieden iſt, abwen-
den muß zu GOtt und ſeine Hand nach JESU ausſtrecken, und
ſein gepreßtes Hertz in des Heylands Schooß legen, ſich um nichts
bekuͤmmern als nur ſtets im Hingehen zu JEſu erfunden und in ſei-
ner Gnaden-reichen Ruhe allein gewurtzelt zu werden; dann ſo bald
die Seel mit ihren Gedancken ſich auskehrt, der Welt und deß Teu-
fels Boßheit anſchauet, ſo gerath ſie gleich in Unruhe; will ſie denn
nicht Quaal und Angſt haben, ſo muß ſie hinter ihrem Schilt ver-
borgen bleiben, ſich gantz kindlich dem Rath deß allmaͤchtigen HEr-
ren uͤberlaſſen, was der etwa thun wolle zur gaͤntzlichen Ausrottung
der Suͤnd, und Theilhafftigwerdung ſeiner Heiligkeit; indeſſen al-
lezeit auch im harteſten Strauß, wann es noch ſo ſtraub hergehet,
einen geſegneten ſeligen Ausgang durch Chriſtum ungezweiffelt hof-
fen; wobey zwar die Natur unerhoͤrt bedraͤngt und unglaublich be-
klemmet wird, allein es ſcheinet mitten in der Angſt ein Troſt-
Liechtlein von oben, und ſo wechſelts ab, biß endlich die ewige
Ruhe ausgebohren wird; Von deren JESUS hier hauptſaͤchlich
redt:
Die Heill-
gung wie
ſie bey ei-
nem Zu-
ſtand ge-
braucht
werde.
Drum
a 2 Cor. IV. 7-12.
F f f f f f f 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 1147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/1243>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.