GOTT hat, und weiß das was er thut, durch Trieb Christe aus Anregung des Heil. Geistes geschehe, alles nach dem geschriebenen Wort, daran er sich ergötzt, GOTT selbst aber in lebendiger Krafft schmecket, im Glauben schauet, und in hitziger Liebe fühlet: Er fragte neulich seinen frisch angekommenen Pfarrer, ob er das was er auf der Cantzel vorgetragen würcklich habe, welches dieser zwar bejahet, aber kaum hätte beweisen können, wie er dazu kommen, wel- ches ich aber ihme, mir und allen armen Sündern von Hertzen an- wünsche.
§. 5. Wann nur die Sünd einmahl rechtschaffen angegriffen,Wie man es dann machen müsse. und verlaugnet wird, so wirds wohl geschehen wo nur die Himmels- Leiter nach und nach bestiegen wird: Ein Staffel nach dem andern, in einem Sprung ists freylich nicht wohl möglich dahin zu gelangen; Wer sich aber von allem Bösen abkehrt, dem Versucher wider- spricht, dem Fleisch seine Begierd versagt, der Sünd wehe thut, sie gefangen nimmt, JEsu Hand nicht gehen läßt, der wird täglich weiter fortgezogen, daß er mit Weile diese hochselige Gegenden er- reichet: O ja wo man nur die von der Gnad erregte Lust nicht gleich wieder liesse auslöschen, welches leider von denen meisten Frommen geschieht, daß sie das Hertz nicht in der ersten gleichen Wärme er- halten, und achtens nicht viel, wann sie zerstreuet werden, die erste Liebe verlassen, erkalten, da dann die Seele auf mancherley Weise befleckt wird, die neue Geburt aufgehalten, gehindert oder gar ge- schändet, wordurch die Gestalt JESU zurück bleibt, dagegen eine Mißgeburt ans Tags-Liecht kommt, halb Fleisch und halb Geist. Jn welchem jämmerlichen Zustand der gröbsten Sünden nicht wahr genommen werden, mithin unangefochten bleiben, daher ein Gräuel der Verwüstung entstehet an heiliger Stätte: Wie mag nun immer- mehr in so rauher Wildniß die Göttliche Ruhe und Friede wach- sen! Schließlich lästere nicht ferners GOTTES Liebes-Treu als wollte er dich nicht befördern zu dieser Gnade, klage vielmehr deine Untreu, Fleisches-Lust, fladerhaffte Faulheit an: Es haben reine Sinn und Augen die Kinder die die Gnade saugen.
GOTTES Ordnung stehet veste, Und bleibt ewig unverruckt; Seine Freund und Hochzeit-Gäste,
Werden
Labſal in Truͤbſal.
GOTT hat, und weiß das was er thut, durch Trieb Chriſte aus Anregung des Heil. Geiſtes geſchehe, alles nach dem geſchriebenen Wort, daran er ſich ergoͤtzt, GOTT ſelbſt aber in lebendiger Krafft ſchmecket, im Glauben ſchauet, und in hitziger Liebe fuͤhlet: Er fragte neulich ſeinen friſch angekommenen Pfarrer, ob er das was er auf der Cantzel vorgetragen wuͤrcklich habe, welches dieſer zwar bejahet, aber kaum haͤtte beweiſen koͤnnen, wie er dazu kommen, wel- ches ich aber ihme, mir und allen armen Suͤndern von Hertzen an- wuͤnſche.
§. 5. Wann nur die Suͤnd einmahl rechtſchaffen angegriffen,Wie man es dann machen muͤſſe. und verlaugnet wird, ſo wirds wohl geſchehen wo nur die Himmels- Leiter nach und nach beſtiegen wird: Ein Staffel nach dem andern, in einem Sprung iſts freylich nicht wohl moͤglich dahin zu gelangen; Wer ſich aber von allem Boͤſen abkehrt, dem Verſucher wider- ſpricht, dem Fleiſch ſeine Begierd verſagt, der Suͤnd wehe thut, ſie gefangen nimmt, JEſu Hand nicht gehen laͤßt, der wird taͤglich weiter fortgezogen, daß er mit Weile dieſe hochſelige Gegenden er- reichet: O ja wo man nur die von der Gnad erregte Luſt nicht gleich wieder lieſſe ausloͤſchen, welches leider von denen meiſten Frommen geſchieht, daß ſie das Hertz nicht in der erſten gleichen Waͤrme er- halten, und achtens nicht viel, wann ſie zerſtreuet werden, die erſte Liebe verlaſſen, erkalten, da dann die Seele auf mancherley Weiſe befleckt wird, die neue Geburt aufgehalten, gehindert oder gar ge- ſchaͤndet, wordurch die Geſtalt JESU zuruͤck bleibt, dagegen eine Mißgeburt ans Tags-Liecht kommt, halb Fleiſch und halb Geiſt. Jn welchem jaͤmmerlichen Zuſtand der groͤbſten Suͤnden nicht wahr genommen werden, mithin unangefochten bleiben, daher ein Graͤuel der Verwuͤſtung entſtehet an heiliger Staͤtte: Wie mag nun immer- mehr in ſo rauher Wildniß die Goͤttliche Ruhe und Friede wach- ſen! Schließlich laͤſtere nicht ferners GOTTES Liebes-Treu als wollte er dich nicht befoͤrdern zu dieſer Gnade, klage vielmehr deine Untreu, Fleiſches-Luſt, fladerhaffte Faulheit an: Es haben reine Sinn und Augen die Kinder die die Gnade ſaugen.
GOTTES Ordnung ſtehet veſte, Und bleibt ewig unverruckt; Seine Freund und Hochzeit-Gaͤſte,
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Labſal in Truͤbſal.
GOTT hat, und weiß das was er thut, durch Trieb Chriſte aus
Anregung des Heil. Geiſtes geſchehe, alles nach dem geſchriebenen
Wort, daran er ſich ergoͤtzt, GOTT ſelbſt aber in lebendiger Krafft
ſchmecket, im Glauben ſchauet, und in hitziger Liebe fuͤhlet: Er
fragte neulich ſeinen friſch angekommenen Pfarrer, ob er das was
er auf der Cantzel vorgetragen wuͤrcklich habe, welches dieſer zwar
bejahet, aber kaum haͤtte beweiſen koͤnnen, wie er dazu kommen, wel-
ches ich aber ihme, mir und allen armen Suͤndern von Hertzen an-
wuͤnſche.
§. 5. Wann nur die Suͤnd einmahl rechtſchaffen angegriffen,
und verlaugnet wird, ſo wirds wohl geſchehen wo nur die Himmels-
Leiter nach und nach beſtiegen wird: Ein Staffel nach dem andern,
in einem Sprung iſts freylich nicht wohl moͤglich dahin zu gelangen;
Wer ſich aber von allem Boͤſen abkehrt, dem Verſucher wider-
ſpricht, dem Fleiſch ſeine Begierd verſagt, der Suͤnd wehe thut,
ſie gefangen nimmt, JEſu Hand nicht gehen laͤßt, der wird taͤglich
weiter fortgezogen, daß er mit Weile dieſe hochſelige Gegenden er-
reichet: O ja wo man nur die von der Gnad erregte Luſt nicht gleich
wieder lieſſe ausloͤſchen, welches leider von denen meiſten Frommen
geſchieht, daß ſie das Hertz nicht in der erſten gleichen Waͤrme er-
halten, und achtens nicht viel, wann ſie zerſtreuet werden, die erſte
Liebe verlaſſen, erkalten, da dann die Seele auf mancherley Weiſe
befleckt wird, die neue Geburt aufgehalten, gehindert oder gar ge-
ſchaͤndet, wordurch die Geſtalt JESU zuruͤck bleibt, dagegen eine
Mißgeburt ans Tags-Liecht kommt, halb Fleiſch und halb Geiſt.
Jn welchem jaͤmmerlichen Zuſtand der groͤbſten Suͤnden nicht wahr
genommen werden, mithin unangefochten bleiben, daher ein Graͤuel
der Verwuͤſtung entſtehet an heiliger Staͤtte: Wie mag nun immer-
mehr in ſo rauher Wildniß die Goͤttliche Ruhe und Friede wach-
ſen! Schließlich laͤſtere nicht ferners GOTTES Liebes-Treu als
wollte er dich nicht befoͤrdern zu dieſer Gnade, klage vielmehr deine
Untreu, Fleiſches-Luſt, fladerhaffte Faulheit an: Es haben reine
Sinn und Augen die Kinder die die Gnade ſaugen.
Wie man
es dann
machen
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GOTTES Ordnung ſtehet veſte,
Und bleibt ewig unverruckt;
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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 1151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/1247>, abgerufen am 22.11.2024.
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