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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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Die geistliche Vermählung JEsu
Tugenden; so sollt du sie gleich wohl aus der Ursach höher achten
als andere, weilen du sie von so hoher Hand hast: Darum höre o
Rebecca, ich liebe dich nicht so sehr um deinet-als um deines Selig-
machers willen, welcher durch seine Vorsehung klar genug gezeiget
hat, daß dieses sein hoher Rath seye, daß du mein Welb seyest;
Schließlich ist unsere Ehe im Himmel gemacht, darbey soll es bleiben
ewiglich.

Die willi-
ge Bey-
stimmung
der Re-
becca.

§. 2. Rebecca erwiderte ebenmäßig: Was bin ich und was ist mei-
nes Vatters Hause, daß mich GOtt hieher gebracht aus der Fin-
sterniß der Schatten des Todes, von der so gewaltig einreissenden
Abgötterey in dieses Sonnenland zu Kindern deß ewigen Liechts;
so bald ich von dir reden hörete, hupfete mein Hertz vor Freuden,
ich wußte selbst nicht, wie mir ware; Elieser kame mir so lieblich vor
als ein Engel, und mein Hertz brannte in mir, als er seine Anwerbung
thate; ein jedes Wort ware ein Liebes-Strick mir angeworffen, da-
durch er mich von meinem Vatterland ab und dir zuzoge; o wie wun-
der-angenehm klange das Wort Jsaac in meinen Ohren, das ware
eine seelige Würckung der Engeln GOttes, ja deß Heiligen Geistes
selbst, wie ich jetz erst klar genug erkenne: die Reise zu dir ware mir
so lustig, als reisete ich aus der Höllen dem Himmel zu, und da ich
dich mir entgegen kommen sahe, da gienge ein heiliger Schauer
durch meine Seele, daß ich einen so hohen Freund GOttes nicht nur
sehen, sondern durch das genaueste Eheband mit ihme vereiniget wer-
den sollte. Alle diese süsse Empfindungen aber waren mit nichten zu
vergleichen mit denen überschwemmenden, Seel- und Geist entzu-
ckenden Süssigkeiten die ich aus denen himmlisch-holdseligen Reden
genossen; die von Göttlicher Salbung trieffende Gespräche machen
mich nicht nur das Chaldäische Land vergessen, sondern auch die gantze
sichtbahre Welt, ja mein selbst: Ehre seye dem Vatter und dem Sohn
und dem H. Geist in die Ewigkeiten der Ewigkeiten. Hallelujah!
Daß mir jetz die Schuppen von meinen Augen gefallen, und daß mir
Jehova einen hellen Schein in mein Hertz gegeben, und mir die
unschätzbare Güter seines Gnaden-Bunds nach einander mittheilet
und ich mich durch seine wohl unverdiente Barmhertzigkeit in der
höhesten Familien auf dem gantzen Erdboden befinde; in deren un-
ansehnlichen Zelten das lebendige Himmelreich innen ist, dagegen
alle Königliche Palläste als die schlechteste Bettlers-Hütten zu achten

sind:

Die geiſtliche Vermaͤhlung JEſu
Tugenden; ſo ſollt du ſie gleich wohl aus der Urſach hoͤher achten
als andere, weilen du ſie von ſo hoher Hand haſt: Darum hoͤre o
Rebecca, ich liebe dich nicht ſo ſehr um deinet-als um deines Selig-
machers willen, welcher durch ſeine Vorſehung klar genug gezeiget
hat, daß dieſes ſein hoher Rath ſeye, daß du mein Welb ſeyeſt;
Schließlich iſt unſere Ehe im Himmel gemacht, darbey ſoll es bleiben
ewiglich.

Die willi-
ge Bey-
ſtimmung
der Re-
becca.

§. 2. Rebecca erwiderte ebenmaͤßig: Was bin ich und was iſt mei-
nes Vatters Hauſe, daß mich GOtt hieher gebracht aus der Fin-
ſterniß der Schatten des Todes, von der ſo gewaltig einreiſſenden
Abgoͤtterey in dieſes Sonnenland zu Kindern deß ewigen Liechts;
ſo bald ich von dir reden hoͤrete, hupfete mein Hertz vor Freuden,
ich wußte ſelbſt nicht, wie mir ware; Elieſer kame mir ſo lieblich vor
als ein Engel, und mein Hertz brannte in mir, als er ſeine Anwerbung
thate; ein jedes Wort ware ein Liebes-Strick mir angeworffen, da-
durch er mich von meinem Vatterland ab und dir zuzoge; o wie wun-
der-angenehm klange das Wort Jſaac in meinen Ohren, das ware
eine ſeelige Wuͤrckung der Engeln GOttes, ja deß Heiligen Geiſtes
ſelbſt, wie ich jetz erſt klar genug erkenne: die Reiſe zu dir ware mir
ſo luſtig, als reiſete ich aus der Hoͤllen dem Himmel zu, und da ich
dich mir entgegen kommen ſahe, da gienge ein heiliger Schauer
durch meine Seele, daß ich einen ſo hohen Freund GOttes nicht nur
ſehen, ſondern durch das genaueſte Eheband mit ihme vereiniget wer-
den ſollte. Alle dieſe ſuͤſſe Empfindungen aber waren mit nichten zu
vergleichen mit denen uͤberſchwemmenden, Seel- und Geiſt entzu-
ckenden Suͤſſigkeiten die ich aus denen himmliſch-holdſeligen Reden
genoſſen; die von Goͤttlicher Salbung trieffende Geſpraͤche machen
mich nicht nur das Chaldaͤiſche Land vergeſſen, ſondern auch die gantze
ſichtbahre Welt, ja mein ſelbſt: Ehre ſeye dem Vatter und dem Sohn
und dem H. Geiſt in die Ewigkeiten der Ewigkeiten. Hallelujah!
Daß mir jetz die Schuppen von meinen Augen gefallen, und daß mir
Jehova einen hellen Schein in mein Hertz gegeben, und mir die
unſchaͤtzbare Guͤter ſeines Gnaden-Bunds nach einander mittheilet
und ich mich durch ſeine wohl unverdiente Barmhertzigkeit in der
hoͤheſten Familien auf dem gantzen Erdboden befinde; in deren un-
anſehnlichen Zelten das lebendige Himmelreich innen iſt, dagegen
alle Koͤnigliche Pallaͤſte als die ſchlechteſte Bettlers-Huͤtten zu achten

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[1164/1260] Die geiſtliche Vermaͤhlung JEſu Tugenden; ſo ſollt du ſie gleich wohl aus der Urſach hoͤher achten als andere, weilen du ſie von ſo hoher Hand haſt: Darum hoͤre o Rebecca, ich liebe dich nicht ſo ſehr um deinet-als um deines Selig- machers willen, welcher durch ſeine Vorſehung klar genug gezeiget hat, daß dieſes ſein hoher Rath ſeye, daß du mein Welb ſeyeſt; Schließlich iſt unſere Ehe im Himmel gemacht, darbey ſoll es bleiben ewiglich. §. 2. Rebecca erwiderte ebenmaͤßig: Was bin ich und was iſt mei- nes Vatters Hauſe, daß mich GOtt hieher gebracht aus der Fin- ſterniß der Schatten des Todes, von der ſo gewaltig einreiſſenden Abgoͤtterey in dieſes Sonnenland zu Kindern deß ewigen Liechts; ſo bald ich von dir reden hoͤrete, hupfete mein Hertz vor Freuden, ich wußte ſelbſt nicht, wie mir ware; Elieſer kame mir ſo lieblich vor als ein Engel, und mein Hertz brannte in mir, als er ſeine Anwerbung thate; ein jedes Wort ware ein Liebes-Strick mir angeworffen, da- durch er mich von meinem Vatterland ab und dir zuzoge; o wie wun- der-angenehm klange das Wort Jſaac in meinen Ohren, das ware eine ſeelige Wuͤrckung der Engeln GOttes, ja deß Heiligen Geiſtes ſelbſt, wie ich jetz erſt klar genug erkenne: die Reiſe zu dir ware mir ſo luſtig, als reiſete ich aus der Hoͤllen dem Himmel zu, und da ich dich mir entgegen kommen ſahe, da gienge ein heiliger Schauer durch meine Seele, daß ich einen ſo hohen Freund GOttes nicht nur ſehen, ſondern durch das genaueſte Eheband mit ihme vereiniget wer- den ſollte. Alle dieſe ſuͤſſe Empfindungen aber waren mit nichten zu vergleichen mit denen uͤberſchwemmenden, Seel- und Geiſt entzu- ckenden Suͤſſigkeiten die ich aus denen himmliſch-holdſeligen Reden genoſſen; die von Goͤttlicher Salbung trieffende Geſpraͤche machen mich nicht nur das Chaldaͤiſche Land vergeſſen, ſondern auch die gantze ſichtbahre Welt, ja mein ſelbſt: Ehre ſeye dem Vatter und dem Sohn und dem H. Geiſt in die Ewigkeiten der Ewigkeiten. Hallelujah! Daß mir jetz die Schuppen von meinen Augen gefallen, und daß mir Jehova einen hellen Schein in mein Hertz gegeben, und mir die unſchaͤtzbare Guͤter ſeines Gnaden-Bunds nach einander mittheilet und ich mich durch ſeine wohl unverdiente Barmhertzigkeit in der hoͤheſten Familien auf dem gantzen Erdboden befinde; in deren un- anſehnlichen Zelten das lebendige Himmelreich innen iſt, dagegen alle Koͤnigliche Pallaͤſte als die ſchlechteſte Bettlers-Huͤtten zu achten ſind:

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 1164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/1260>, abgerufen am 22.11.2024.