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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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Die geistliche Vermählung JEsu
ausgefertiget, daß der Sara in allen seinen Lineamenten vollkom-
men ähnlich sahe: O wohl ein süsser Trost! Jsaac weidete diese Schaaf
und asse der erste von seiner Milch, er pflantzete und wässerte diesen
Weinstock und erquickte sich zu erst an dessen köstlicher Frucht a, das
ist: Jsaac entzoge sich nicht, daß er der Rebecca nicht den gantzen
Rath GOTTES von ihrer Seeligkeit verkündiget haben sollte;
Denn womit wollte sonst eins das andere trösten als eben mit dem
Trost, darmit er von GOTT selbst getröstet worden b.

Ein Exem-
pel eines
Predigers
Wittib in
Engel-
land.

§. 4. Ein Exempel haben wir an einer Pfarrers-Wittwe in En-
gelland, dieser fromme Mann hat wegen mancher Trübseligkeit und
Verfolgung so viel als nichts hinterlassen; Die Wittwe aber tröstete
ihre arme Wäyselein mit dem Evangelio, sie haben GOTT zum
Vatter, der ein allmächtiger HERR seye Himmels und der Erden;
Wovon die Kinderlein dermassen hoffärtig wurden, als hätten sie den
grösten Monarchen zum Vatter, vermeinende, es seyen keine vorneh-
mere Kinder vom Aufgang der Sonnen biß zu ihrem Niedergang,
waren von Hertzen frölich und guter Dingen, thaten nichts als be-
ten, loben, dancken, hupfen, singen, springen; ihr Gnaden-
reiches Vertrauen in GOTT ware wohl lauterer als der Mutter ih-
res; denn diese weinete, als sie ihr noch übergebliebenes Stück Gelds
verthan hatte, darauf sie ihr Vertrauen zum Theil stützete: Was
geschahe aber? Da sie ihr fünffjähriges Kind sahe weinen, dachte es
bey sich selbst: Ach wehe! GOTT muß gestorben seyn, sonst sollte
meine liebe Mutter wohl nimmermehr greinen, und damit es eigent-
lich Bericht habe, tratte es herzu, zupfte sie beym Fürtuch, und frag-
te wehemüthig: Mutter! Mutter! ist GOTT jetzt tod? Jst er
tod? Wodurch sie tieff beschämt worden, und süssen Trost empfienge
von denen die sie zuvor getröstet hatte: Wer andere träncket wird hin-
wiederum gewässert und wer ein Salat anmacht, bekommt öhlechte
Die Ab-
sicht die
Jsaac bey
seiner Ver-
heura-
thung ge-
habt.
Finger;

§. 5. Man muß nicht dencken, daß Jsaac vor die lange Weile ge-
heurathet; Nein! es ware ihm schlechterdings um die Geburt deß
Messias zuthun, der ihme oder einmahl seinem Saamen verheissen

ware;
a 1 Cor. IX.
b 2 Cor. I.

Die geiſtliche Vermaͤhlung JEſu
ausgefertiget, daß der Sara in allen ſeinen Lineamenten vollkom-
men aͤhnlich ſahe: O wohl ein ſuͤſſer Troſt! Jſaac weidete dieſe Schaaf
und aſſe der erſte von ſeiner Milch, er pflantzete und waͤſſerte dieſen
Weinſtock und erquickte ſich zu erſt an deſſen koͤſtlicher Frucht a, das
iſt: Jſaac entzoge ſich nicht, daß er der Rebecca nicht den gantzen
Rath GOTTES von ihrer Seeligkeit verkuͤndiget haben ſollte;
Denn womit wollte ſonſt eins das andere troͤſten als eben mit dem
Troſt, darmit er von GOTT ſelbſt getroͤſtet worden b.

Ein Exem-
pel eines
Predigers
Wittib in
Engel-
land.

§. 4. Ein Exempel haben wir an einer Pfarrers-Wittwe in En-
gelland, dieſer fromme Mann hat wegen mancher Truͤbſeligkeit und
Verfolgung ſo viel als nichts hinterlaſſen; Die Wittwe aber troͤſtete
ihre arme Waͤyſelein mit dem Evangelio, ſie haben GOTT zum
Vatter, der ein allmaͤchtiger HERR ſeye Himmels und der Erden;
Wovon die Kinderlein dermaſſen hoffaͤrtig wurden, als haͤtten ſie den
groͤſten Monarchen zum Vatter, vermeinende, es ſeyen keine vorneh-
mere Kinder vom Aufgang der Sonnen biß zu ihrem Niedergang,
waren von Hertzen froͤlich und guter Dingen, thaten nichts als be-
ten, loben, dancken, hupfen, ſingen, ſpringen; ihr Gnaden-
reiches Vertrauen in GOTT ware wohl lauterer als der Mutter ih-
res; denn dieſe weinete, als ſie ihr noch uͤbergebliebenes Stuͤck Gelds
verthan hatte, darauf ſie ihr Vertrauen zum Theil ſtuͤtzete: Was
geſchahe aber? Da ſie ihr fuͤnffjaͤhriges Kind ſahe weinen, dachte es
bey ſich ſelbſt: Ach wehe! GOTT muß geſtorben ſeyn, ſonſt ſollte
meine liebe Mutter wohl nimmermehr greinen, und damit es eigent-
lich Bericht habe, tratte es herzu, zupfte ſie beym Fuͤrtuch, und frag-
te wehemuͤthig: Mutter! Mutter! iſt GOTT jetzt tod? Jſt er
tod? Wodurch ſie tieff beſchaͤmt worden, und ſuͤſſen Troſt empfienge
von denen die ſie zuvor getroͤſtet hatte: Wer andere traͤncket wird hin-
wiederum gewaͤſſert und wer ein Salat anmacht, bekommt oͤhlechte
Die Ab-
ſicht die
Jſaac bey
ſeiner Ver-
heura-
thung ge-
habt.
Finger;

§. 5. Man muß nicht dencken, daß Jſaac vor die lange Weile ge-
heurathet; Nein! es ware ihm ſchlechterdings um die Geburt deß
Meſſias zuthun, der ihme oder einmahl ſeinem Saamen verheiſſen

ware;
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b 2 Cor. I.
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[1180/1276] Die geiſtliche Vermaͤhlung JEſu ausgefertiget, daß der Sara in allen ſeinen Lineamenten vollkom- men aͤhnlich ſahe: O wohl ein ſuͤſſer Troſt! Jſaac weidete dieſe Schaaf und aſſe der erſte von ſeiner Milch, er pflantzete und waͤſſerte dieſen Weinſtock und erquickte ſich zu erſt an deſſen koͤſtlicher Frucht a, das iſt: Jſaac entzoge ſich nicht, daß er der Rebecca nicht den gantzen Rath GOTTES von ihrer Seeligkeit verkuͤndiget haben ſollte; Denn womit wollte ſonſt eins das andere troͤſten als eben mit dem Troſt, darmit er von GOTT ſelbſt getroͤſtet worden b. §. 4. Ein Exempel haben wir an einer Pfarrers-Wittwe in En- gelland, dieſer fromme Mann hat wegen mancher Truͤbſeligkeit und Verfolgung ſo viel als nichts hinterlaſſen; Die Wittwe aber troͤſtete ihre arme Waͤyſelein mit dem Evangelio, ſie haben GOTT zum Vatter, der ein allmaͤchtiger HERR ſeye Himmels und der Erden; Wovon die Kinderlein dermaſſen hoffaͤrtig wurden, als haͤtten ſie den groͤſten Monarchen zum Vatter, vermeinende, es ſeyen keine vorneh- mere Kinder vom Aufgang der Sonnen biß zu ihrem Niedergang, waren von Hertzen froͤlich und guter Dingen, thaten nichts als be- ten, loben, dancken, hupfen, ſingen, ſpringen; ihr Gnaden- reiches Vertrauen in GOTT ware wohl lauterer als der Mutter ih- res; denn dieſe weinete, als ſie ihr noch uͤbergebliebenes Stuͤck Gelds verthan hatte, darauf ſie ihr Vertrauen zum Theil ſtuͤtzete: Was geſchahe aber? Da ſie ihr fuͤnffjaͤhriges Kind ſahe weinen, dachte es bey ſich ſelbſt: Ach wehe! GOTT muß geſtorben ſeyn, ſonſt ſollte meine liebe Mutter wohl nimmermehr greinen, und damit es eigent- lich Bericht habe, tratte es herzu, zupfte ſie beym Fuͤrtuch, und frag- te wehemuͤthig: Mutter! Mutter! iſt GOTT jetzt tod? Jſt er tod? Wodurch ſie tieff beſchaͤmt worden, und ſuͤſſen Troſt empfienge von denen die ſie zuvor getroͤſtet hatte: Wer andere traͤncket wird hin- wiederum gewaͤſſert und wer ein Salat anmacht, bekommt oͤhlechte Finger; Die Ab- ſicht die Jſaac bey ſeiner Ver- heura- thung ge- habt. §. 5. Man muß nicht dencken, daß Jſaac vor die lange Weile ge- heurathet; Nein! es ware ihm ſchlechterdings um die Geburt deß Meſſias zuthun, der ihme oder einmahl ſeinem Saamen verheiſſen ware; a 1 Cor. IX. b 2 Cor. I.

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 1180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/1276>, abgerufen am 27.07.2024.