sie doch nicht so viel zu thun, wie ich, sie konnten wohl zu JESU gehen, Jhme sich ergeben, gantze Stunden in Lobpreisung und Anbettung GOttes zubringen; aber das ist jetzt in Abgang kommen. Es wäre meinen Ehren nachtheilig, und meinem Stand nicht ge- mäß, daß ich vor JESU so lang auf den Knyen als ein armer Bettler ligen, ihn mit ängstlich-bekümmertem Gemüth um seine ohn- verdiente Gnade anschreyen, und mit vielen Hertzens-Thränen um seinen Heiligen Geist, den Geist des Glaubens und der Liebe ersu- chen solte.
§. 8. Und zu dem, was soll ich doch bey JEsu machen? Alles wasMit dem/ daß er nichts bey JEsu fin- de was ihn ver- gnüge. er hat, und was er denen, so zu ihme kommen, gibet, ist mir gar nicht dienlich und erfreulich, dann er ware ja ein armer Zimmer- mann, hatte kein Geld, und dazu wenig Gunst bey Fürsten und Gewaltigen, und starb endlich am Creutz zwischen zweyen Mördern; ich hingegen schwebe in Reichthum und Ansehen. JEsus gibet zwar den Himmel, darab erschrecke ich recht von Hertzen, so offt ich da- ran gedencke, daß ich auch darein müsse, dann ich mache mich lie- ber auf der Welt lustig, das ist mir Himmels genug, daß ich in allen Freuden nach meines Hertzens Wunsch lebe, zürne es gar nicht, wann ich schon eben nicht in den Himmel muß, wann ich nur desto länger auf der Welt seyn kan, muß ich aber darein, ach so ist mir bang und angst, wann ich daran gedencke; Ach des bösen Stünd- leins! ach der traurigen Zeit! da ich einsmalen alles verlassen, von meinem schönen Haus und Hof, lustiger Gesellschafft scheiden, und ins finstere, kalte Grab gesencket werden muß!
§. 9. JEsus gibt den H. Geist; davor hüte ich mich wohl, dannMit dem/ daß der Heil. Geist ihren Lü- sten, in der Vollbrin- gung sie ihr Glück setzen, Ein- halt thun würde. er wurde mich hindern allerhand Briguen und Practiquen anzu- spinnen, Er wurde nicht zugeben, daß ich noch so begierig nach grossem zeitlichen Gut streben, Uberfluß und Pracht treiben, und in der Welt mit Lust und Freude hoch aufsteigen sollte. Ehe ich aber dieses lassen müßte, wollte ich lieber, daß ich nie gebohren wä- re, dann ich habe eben darzu einen guten Talent empfangen, und werden mir in diesem allem wenig beykommen. Uber das, so wur- de der heilige Geist mein Hertz in Christi Sanfftmuth und De- muth hinein ziehen, allein da gienge es mir gar übel, dann ich wäre niemand mehr förchterlich, verlöhre mein Authorität und An- sehen, welches erfordert, daß ich die Leute anschnarchen und an-
fahren
Evangelii JESU.
ſie doch nicht ſo viel zu thun, wie ich, ſie konnten wohl zu JESU gehen, Jhme ſich ergeben, gantze Stunden in Lobpreiſung und Anbettung GOttes zubringen; aber das iſt jetzt in Abgang kommen. Es waͤre meinen Ehren nachtheilig, und meinem Stand nicht ge- maͤß, daß ich vor JESU ſo lang auf den Knyen als ein armer Bettler ligen, ihn mit aͤngſtlich-bekuͤmmertem Gemuͤth um ſeine ohn- verdiente Gnade anſchreyen, und mit vielen Hertzens-Thraͤnen um ſeinen Heiligen Geiſt, den Geiſt des Glaubens und der Liebe erſu- chen ſolte.
§. 8. Und zu dem, was ſoll ich doch bey JEſu machen? Alles wasMit dem/ daß er nichts bey JEſu fin- de was ihn ver- gnuͤge. er hat, und was er denen, ſo zu ihme kommen, gibet, iſt mir gar nicht dienlich und erfreulich, dann er ware ja ein armer Zimmer- mann, hatte kein Geld, und dazu wenig Gunſt bey Fuͤrſten und Gewaltigen, und ſtarb endlich am Creutz zwiſchen zweyen Moͤrdern; ich hingegen ſchwebe in Reichthum und Anſehen. JEſus gibet zwar den Himmel, darab erſchrecke ich recht von Hertzen, ſo offt ich da- ran gedencke, daß ich auch darein muͤſſe, dann ich mache mich lie- ber auf der Welt luſtig, das iſt mir Himmels genug, daß ich in allen Freuden nach meines Hertzens Wunſch lebe, zuͤrne es gar nicht, wann ich ſchon eben nicht in den Himmel muß, wann ich nur deſto laͤnger auf der Welt ſeyn kan, muß ich aber darein, ach ſo iſt mir bang und angſt, wann ich daran gedencke; Ach des boͤſen Stuͤnd- leins! ach der traurigen Zeit! da ich einsmalen alles verlaſſen, von meinem ſchoͤnen Haus und Hof, luſtiger Geſellſchafft ſcheiden, und ins finſtere, kalte Grab geſencket werden muß!
§. 9. JEſus gibt den H. Geiſt; davor huͤte ich mich wohl, dannMit dem/ daß der Heil. Geiſt ihren Luͤ- ſten, in der Vollbrin- gung ſie ihr Gluͤck ſetzen, Ein- halt thun wuͤrde. er wurde mich hindern allerhand Briguen und Practiquen anzu- ſpinnen, Er wurde nicht zugeben, daß ich noch ſo begierig nach groſſem zeitlichen Gut ſtreben, Uberfluß und Pracht treiben, und in der Welt mit Luſt und Freude hoch aufſteigen ſollte. Ehe ich aber dieſes laſſen muͤßte, wollte ich lieber, daß ich nie gebohren waͤ- re, dann ich habe eben darzu einen guten Talent empfangen, und werden mir in dieſem allem wenig beykommen. Uber das, ſo wur- de der heilige Geiſt mein Hertz in Chriſti Sanfftmuth und De- muth hinein ziehen, allein da gienge es mir gar uͤbel, dann ich waͤre niemand mehr foͤrchterlich, verloͤhre mein Authoritaͤt und An- ſehen, welches erfordert, daß ich die Leute anſchnarchen und an-
fahren
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Evangelii JESU.
ſie doch nicht ſo viel zu thun, wie ich, ſie konnten wohl zu JESU
gehen, Jhme ſich ergeben, gantze Stunden in Lobpreiſung und
Anbettung GOttes zubringen; aber das iſt jetzt in Abgang kommen.
Es waͤre meinen Ehren nachtheilig, und meinem Stand nicht ge-
maͤß, daß ich vor JESU ſo lang auf den Knyen als ein armer
Bettler ligen, ihn mit aͤngſtlich-bekuͤmmertem Gemuͤth um ſeine ohn-
verdiente Gnade anſchreyen, und mit vielen Hertzens-Thraͤnen um
ſeinen Heiligen Geiſt, den Geiſt des Glaubens und der Liebe erſu-
chen ſolte.
§. 8. Und zu dem, was ſoll ich doch bey JEſu machen? Alles was
er hat, und was er denen, ſo zu ihme kommen, gibet, iſt mir gar
nicht dienlich und erfreulich, dann er ware ja ein armer Zimmer-
mann, hatte kein Geld, und dazu wenig Gunſt bey Fuͤrſten und
Gewaltigen, und ſtarb endlich am Creutz zwiſchen zweyen Moͤrdern;
ich hingegen ſchwebe in Reichthum und Anſehen. JEſus gibet zwar
den Himmel, darab erſchrecke ich recht von Hertzen, ſo offt ich da-
ran gedencke, daß ich auch darein muͤſſe, dann ich mache mich lie-
ber auf der Welt luſtig, das iſt mir Himmels genug, daß ich in
allen Freuden nach meines Hertzens Wunſch lebe, zuͤrne es gar nicht,
wann ich ſchon eben nicht in den Himmel muß, wann ich nur deſto
laͤnger auf der Welt ſeyn kan, muß ich aber darein, ach ſo iſt mir
bang und angſt, wann ich daran gedencke; Ach des boͤſen Stuͤnd-
leins! ach der traurigen Zeit! da ich einsmalen alles verlaſſen, von
meinem ſchoͤnen Haus und Hof, luſtiger Geſellſchafft ſcheiden, und
ins finſtere, kalte Grab geſencket werden muß!
Mit dem/
daß er
nichts bey
JEſu fin-
de was
ihn ver-
gnuͤge.
§. 9. JEſus gibt den H. Geiſt; davor huͤte ich mich wohl, dann
er wurde mich hindern allerhand Briguen und Practiquen anzu-
ſpinnen, Er wurde nicht zugeben, daß ich noch ſo begierig nach
groſſem zeitlichen Gut ſtreben, Uberfluß und Pracht treiben, und
in der Welt mit Luſt und Freude hoch aufſteigen ſollte. Ehe ich
aber dieſes laſſen muͤßte, wollte ich lieber, daß ich nie gebohren waͤ-
re, dann ich habe eben darzu einen guten Talent empfangen, und
werden mir in dieſem allem wenig beykommen. Uber das, ſo wur-
de der heilige Geiſt mein Hertz in Chriſti Sanfftmuth und De-
muth hinein ziehen, allein da gienge es mir gar uͤbel, dann ich
waͤre niemand mehr foͤrchterlich, verloͤhre mein Authoritaͤt und An-
ſehen, welches erfordert, daß ich die Leute anſchnarchen und an-
fahren
Mit dem/
daß der
Heil. Geiſt
ihren Luͤ-
ſten, in der
Vollbrin-
gung ſie
ihr Gluͤck
ſetzen, Ein-
halt thun
wuͤrde.
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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/135>, abgerufen am 21.11.2024.
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