Jm Hebräischen heißts eigentlich; Schicket mich meinem HErren zu. Also solte man nicht nur niemanden aufhalten zu JEsu zu gehen, son- dern im Gegentheil jederman ihme zu schicken. Wo die Sache Christi ausgerichtet ist, da hat sein Freund nichts mehr zu schassen, die Ewigkeit ist lang, die Zeit kurtz und muß dazu erkaufft werden, insonderheit weil das Leben so bald dahin ist und eine jede Stunde verdorben ist, die nicht in GOttes Angedencken, Gegenwart und Willen zugebracht ist: eine sothane Treue bringt in allem Thun gros- se Freudigkeit, ich thue allezeit, was dem Vatter gefallet, Sagt JE- sus a.
Wie die Welt ei- nen von der Reiß nach dem Himmel suchet ab- zuhalten.
§. 6. Vers 55. Es sprach aber ihr Bruder und ihre Mutter: Laß doch die Dirne einige Tag oder zehen bey uns bleiben darnach solt du ziehen. Laß doch die Dirne ein Tag oder zehen bey uns bleiben. Wie es ge- meiniglich gehet, die Welt sagt zuerst nur von einem Tag, darnach werden zehen draus; Derowegen handelt man klüglich, so man ihr nichts zugibt; dann aus dergleichen Verzögern ist manch groß Un- glück entstanden, wo nicht gar ein endliches Zuruckbleiben; Man muß das Eisen schmieden, alldieweil es heiß ist, zumahlen es so bald wieder erhartet.
Nach der heutigen Welt-Mode, hätte es geheissen: Will mein Herr nicht das Land ein bißgen beschauen, eueres Herren Abra- hams Heimat! diesen und jenen hohen Anverwandten, weisen und berühmten Mann besprechen? so viele curiose Antiquitäten besehen? des Nimrods Palläste, sonderlich den Babylonischen Thurn und an- ders mehr? weilen mein Herr jetzund so nahe dabey ist; was macht ein Tag mehr oder weniger? es wird auch dem Herrn Abraham lieb seyn den dißmahligen Zustand zu vernehmen, nach dem er nun schon bey achzig Jahren aus dem Land weg ist, was sich seither geändert: So hätten wir noch eins und anders mit der Jungfer Hochzeiterin zu reden, daß uns eben gerade jetzt nicht beyfallt und sie so weit hin- weg kommt, daß wir einander Lebenslang nicht mehr sehen werden. Dencke nicht etwa, es möchte uns oder die Rebecca inzwischen ge- reuen, nein, es soll dabey bleiben, wie es abgeredt worden, du solt sie nach zehen Tagen so gewiß haben als jetzt. Gönne uns doch diese
Freu-
aJoh. VIII. 29.
Die geiſtliche Vermaͤhlung JEſu
Jm Hebraͤiſchen heißts eigentlich; Schicket mich meinem HErren zu. Alſo ſolte man nicht nur niemanden aufhalten zu JEſu zu gehen, ſon- dern im Gegentheil jederman ihme zu ſchicken. Wo die Sache Chriſti ausgerichtet iſt, da hat ſein Freund nichts mehr zu ſchaſſen, die Ewigkeit iſt lang, die Zeit kurtz und muß dazu erkaufft werden, inſonderheit weil das Leben ſo bald dahin iſt und eine jede Stunde verdorben iſt, die nicht in GOttes Angedencken, Gegenwart und Willen zugebracht iſt: eine ſothane Treue bringt in allem Thun groſ- ſe Freudigkeit, ich thue allezeit, was dem Vatter gefallet, Sagt JE- ſus a.
Wie die Welt ei- nen von der Reiß nach dem Himmel ſuchet ab- zuhalten.
§. 6. Vers 55. Es ſprach aber ihr Bruder und ihre Mutter: Laß doch die Dirne einige Tag oder zehen bey uns bleiben darnach ſolt du ziehen. Laß doch die Dirne ein Tag oder zehen bey uns bleiben. Wie es ge- meiniglich gehet, die Welt ſagt zuerſt nur von einem Tag, darnach werden zehen draus; Derowegen handelt man kluͤglich, ſo man ihr nichts zugibt; dann aus dergleichen Verzoͤgern iſt manch groß Un- gluͤck entſtanden, wo nicht gar ein endliches Zuruckbleiben; Man muß das Eiſen ſchmieden, alldieweil es heiß iſt, zumahlen es ſo bald wieder erhartet.
Nach der heutigen Welt-Mode, haͤtte es geheiſſen: Will mein Herr nicht das Land ein bißgen beſchauen, eueres Herren Abra- hams Heimat! dieſen und jenen hohen Anverwandten, weiſen und beruͤhmten Mann beſprechen? ſo viele curioſe Antiquitaͤten beſehen? des Nimrods Pallaͤſte, ſonderlich den Babyloniſchen Thurn und an- ders mehr? weilen mein Herr jetzund ſo nahe dabey iſt; was macht ein Tag mehr oder weniger? es wird auch dem Herrn Abraham lieb ſeyn den dißmahligen Zuſtand zu vernehmen, nach dem er nun ſchon bey achzig Jahren aus dem Land weg iſt, was ſich ſeither geaͤndert: So haͤtten wir noch eins und anders mit der Jungfer Hochzeiterin zu reden, daß uns eben gerade jetzt nicht beyfallt und ſie ſo weit hin- weg kommt, daß wir einander Lebenslang nicht mehr ſehen werden. Dencke nicht etwa, es moͤchte uns oder die Rebecca inzwiſchen ge- reuen, nein, es ſoll dabey bleiben, wie es abgeredt worden, du ſolt ſie nach zehen Tagen ſo gewiß haben als jetzt. Goͤnne uns doch dieſe
Freu-
aJoh. VIII. 29.
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Die geiſtliche Vermaͤhlung JEſu
Jm Hebraͤiſchen heißts eigentlich; Schicket mich meinem HErren zu.
Alſo ſolte man nicht nur niemanden aufhalten zu JEſu zu gehen, ſon-
dern im Gegentheil jederman ihme zu ſchicken. Wo die Sache
Chriſti ausgerichtet iſt, da hat ſein Freund nichts mehr zu ſchaſſen,
die Ewigkeit iſt lang, die Zeit kurtz und muß dazu erkaufft werden,
inſonderheit weil das Leben ſo bald dahin iſt und eine jede Stunde
verdorben iſt, die nicht in GOttes Angedencken, Gegenwart und
Willen zugebracht iſt: eine ſothane Treue bringt in allem Thun groſ-
ſe Freudigkeit, ich thue allezeit, was dem Vatter gefallet, Sagt JE-
ſus a.
§. 6. Vers 55. Es ſprach aber ihr Bruder und ihre Mutter: Laß doch
die Dirne einige Tag oder zehen bey uns bleiben darnach ſolt du ziehen.
Laß doch die Dirne ein Tag oder zehen bey uns bleiben. Wie es ge-
meiniglich gehet, die Welt ſagt zuerſt nur von einem Tag, darnach
werden zehen draus; Derowegen handelt man kluͤglich, ſo man ihr
nichts zugibt; dann aus dergleichen Verzoͤgern iſt manch groß Un-
gluͤck entſtanden, wo nicht gar ein endliches Zuruckbleiben; Man
muß das Eiſen ſchmieden, alldieweil es heiß iſt, zumahlen es ſo bald
wieder erhartet.
Nach der heutigen Welt-Mode, haͤtte es geheiſſen: Will mein
Herr nicht das Land ein bißgen beſchauen, eueres Herren Abra-
hams Heimat! dieſen und jenen hohen Anverwandten, weiſen und
beruͤhmten Mann beſprechen? ſo viele curioſe Antiquitaͤten beſehen?
des Nimrods Pallaͤſte, ſonderlich den Babyloniſchen Thurn und an-
ders mehr? weilen mein Herr jetzund ſo nahe dabey iſt; was macht
ein Tag mehr oder weniger? es wird auch dem Herrn Abraham
lieb ſeyn den dißmahligen Zuſtand zu vernehmen, nach dem er nun ſchon
bey achzig Jahren aus dem Land weg iſt, was ſich ſeither geaͤndert:
So haͤtten wir noch eins und anders mit der Jungfer Hochzeiterin
zu reden, daß uns eben gerade jetzt nicht beyfallt und ſie ſo weit hin-
weg kommt, daß wir einander Lebenslang nicht mehr ſehen werden.
Dencke nicht etwa, es moͤchte uns oder die Rebecca inzwiſchen ge-
reuen, nein, es ſoll dabey bleiben, wie es abgeredt worden, du ſolt
ſie nach zehen Tagen ſo gewiß haben als jetzt. Goͤnne uns doch dieſe
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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 1260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/1356>, abgerufen am 22.11.2024.
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