mit man auch möge eingelassen werden in Christi Gemeinschafft als in den Genuß des verborgenen Manna, welches niemand zu kosten gegeben wird, als deren Hunger allein nach GOTT gehet, und die ihre Liebe und ihren Willen gantz dem HErren JESU Christo ge- ben, durch dessen Erlösung wir geheiliget und angenehm gemacht sind.
Manchen Tod und Absterbung des tieff-eingewurtzelten eigenen Le- bens müssen wir durchgehen, ehe das reine Leben JESU in uns un- gekränckt und ungestört fortwachsen könne: jeder wird müssen beken- nen: Einmahl bey mir, bey mir ist ein grosser Ernst nöthig, wann ich mein vorgestecktes Ziel nicht nur erblicken, sondern erreichen und er- greiffen will. Es schauert und grauet einem, wann man siehet die vielen Hinternissen und Anfechtungen, mit denen man um und um umgeben, und denn die Gefahr und Wachsamkeit auf dem schmalen Lebens-Weg zu beharren, auf welchem allein Fried, Freud, Ruh und Seeligkeit genossen wird a.
Moses meldet nichts vom Wetter, obs windig, heiß, kalt, stau- bicht oder Schnee, Hagel, Regen gewesen, weilen ein Hertz, das zu JESU reiset, dergleichen Ding nicht sonderlich wahrnimmt; wanns nur ruckt: neben dem wird Elieser die Braut mit Reise Ge- räth wohl versehen haben: der himmlische Bräutigam schickt seinen Geliebten die Wolcken- und Feuer-Säul entgegen. Uber diß ist das Thal des Todes selbst der fortreisenden Liebe wie eine schöne Wie- sen mit grünem Gras, Blumen und Wasser-Bächlein b, es tröstet sie der Nacht-Willkomm Christi an denen Gräntzen der Ewigkeit gar süssiglich.
Wie JE- sus der nach ihm verlan- genden Braut entgegen gehet.
§. 20. v. 62. Jsaac aber kam daher, da man zu kommen pflegt von dem Brunnen des Lebendigen, der mich angesehen. Es wohnete aber derselbe im Land gegen Mittag.
JESUS kommt der nach ihm verlangenden Seelen entgegen c es ist eine Sympathie, ein gegenseitiges Gefühl zwischen der armen krancken, verwundeten, verlohrnen, zagenden, finstern, verlassenen und betrübten Seelen, und JESU Christo dem Artzt und Heyland, dessen Nahme eine ausgeschüttete Salbe ist, und ein Himmel voller Seeligkeiten, ein göttlicher wahrhaffter Lebens-Balsam; O wie seh- net und schnappet die Seel in ihrer grossen Noth nach diesem noch
unendlich
aRom. VIII.
bPs. XLVIII. 7.
cLuc. XV.
Die geiſtliche Vermaͤhlung JEſu
mit man auch moͤge eingelaſſen werden in Chriſti Gemeinſchafft als in den Genuß des verborgenen Manna, welches niemand zu koſten gegeben wird, als deren Hunger allein nach GOTT gehet, und die ihre Liebe und ihren Willen gantz dem HErren JESU Chriſto ge- ben, durch deſſen Erloͤſung wir geheiliget und angenehm gemacht ſind.
Manchen Tod und Abſterbung des tieff-eingewurtzelten eigenen Le- bens muͤſſen wir durchgehen, ehe das reine Leben JESU in uns un- gekraͤnckt und ungeſtoͤrt fortwachſen koͤnne: jeder wird muͤſſen beken- nen: Einmahl bey mir, bey mir iſt ein groſſer Ernſt noͤthig, wann ich mein vorgeſtecktes Ziel nicht nur erblicken, ſondern erreichen und er- greiffen will. Es ſchauert und grauet einem, wann man ſiehet die vielen Hinterniſſen und Anfechtungen, mit denen man um und um umgeben, und denn die Gefahr und Wachſamkeit auf dem ſchmalen Lebens-Weg zu beharren, auf welchem allein Fried, Freud, Ruh und Seeligkeit genoſſen wird a.
Moſes meldet nichts vom Wetter, obs windig, heiß, kalt, ſtau- bicht oder Schnee, Hagel, Regen geweſen, weilen ein Hertz, das zu JESU reiſet, dergleichen Ding nicht ſonderlich wahrnimmt; wanns nur ruckt: neben dem wird Elieſer die Braut mit Reiſe Ge- raͤth wohl verſehen haben: der himmliſche Braͤutigam ſchickt ſeinen Geliebten die Wolcken- und Feuer-Saͤul entgegen. Uber diß iſt das Thal des Todes ſelbſt der fortreiſenden Liebe wie eine ſchoͤne Wie- ſen mit gruͤnem Gras, Blumen und Waſſer-Baͤchlein b, es troͤſtet ſie der Nacht-Willkomm Chriſti an denen Graͤntzen der Ewigkeit gar ſuͤſſiglich.
Wie JE- ſus der nach ihm verlan- genden Braut entgegen gehet.
§. 20. v. 62. Jſaac aber kam daher, da man zu kommen pflegt von dem Brunnen des Lebendigen, der mich angeſehen. Es wohnete aber derſelbe im Land gegen Mittag.
JESUS kommt der nach ihm verlangenden Seelen entgegen c es iſt eine Sympathie, ein gegenſeitiges Gefuͤhl zwiſchen der armen krancken, verwundeten, verlohrnen, zagenden, finſtern, verlaſſenen und betruͤbten Seelen, und JESU Chriſto dem Artzt und Heyland, deſſen Nahme eine ausgeſchuͤttete Salbe iſt, und ein Himmel voller Seeligkeiten, ein goͤttlicher wahrhaffter Lebens-Balſam; O wie ſeh- net und ſchnappet die Seel in ihrer groſſen Noth nach dieſem noch
unendlich
aRom. VIII.
bPſ. XLVIII. 7.
cLuc. XV.
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[1272/1368]
Die geiſtliche Vermaͤhlung JEſu
mit man auch moͤge eingelaſſen werden in Chriſti Gemeinſchafft als
in den Genuß des verborgenen Manna, welches niemand zu koſten
gegeben wird, als deren Hunger allein nach GOTT gehet, und die
ihre Liebe und ihren Willen gantz dem HErren JESU Chriſto ge-
ben, durch deſſen Erloͤſung wir geheiliget und angenehm gemacht
ſind.
Manchen Tod und Abſterbung des tieff-eingewurtzelten eigenen Le-
bens muͤſſen wir durchgehen, ehe das reine Leben JESU in uns un-
gekraͤnckt und ungeſtoͤrt fortwachſen koͤnne: jeder wird muͤſſen beken-
nen: Einmahl bey mir, bey mir iſt ein groſſer Ernſt noͤthig, wann ich
mein vorgeſtecktes Ziel nicht nur erblicken, ſondern erreichen und er-
greiffen will. Es ſchauert und grauet einem, wann man ſiehet die
vielen Hinterniſſen und Anfechtungen, mit denen man um und um
umgeben, und denn die Gefahr und Wachſamkeit auf dem ſchmalen
Lebens-Weg zu beharren, auf welchem allein Fried, Freud, Ruh
und Seeligkeit genoſſen wird a.
Moſes meldet nichts vom Wetter, obs windig, heiß, kalt, ſtau-
bicht oder Schnee, Hagel, Regen geweſen, weilen ein Hertz, das
zu JESU reiſet, dergleichen Ding nicht ſonderlich wahrnimmt;
wanns nur ruckt: neben dem wird Elieſer die Braut mit Reiſe Ge-
raͤth wohl verſehen haben: der himmliſche Braͤutigam ſchickt ſeinen
Geliebten die Wolcken- und Feuer-Saͤul entgegen. Uber diß iſt das
Thal des Todes ſelbſt der fortreiſenden Liebe wie eine ſchoͤne Wie-
ſen mit gruͤnem Gras, Blumen und Waſſer-Baͤchlein b, es troͤſtet
ſie der Nacht-Willkomm Chriſti an denen Graͤntzen der Ewigkeit gar
ſuͤſſiglich.
§. 20. v. 62. Jſaac aber kam daher, da man zu kommen pflegt von dem
Brunnen des Lebendigen, der mich angeſehen. Es wohnete aber derſelbe
im Land gegen Mittag.
JESUS kommt der nach ihm verlangenden Seelen entgegen c
es iſt eine Sympathie, ein gegenſeitiges Gefuͤhl zwiſchen der armen
krancken, verwundeten, verlohrnen, zagenden, finſtern, verlaſſenen
und betruͤbten Seelen, und JESU Chriſto dem Artzt und Heyland,
deſſen Nahme eine ausgeſchuͤttete Salbe iſt, und ein Himmel voller
Seeligkeiten, ein goͤttlicher wahrhaffter Lebens-Balſam; O wie ſeh-
net und ſchnappet die Seel in ihrer groſſen Noth nach dieſem noch
unendlich
a Rom. VIII.
b Pſ. XLVIII. 7.
c Luc. XV.
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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 1272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/1368>, abgerufen am 22.11.2024.
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