nem Gefäß ins andere etwas giessen will, so muß eins offen seyn wie das andere.
Da fiel sie vom Kameel: Wann der Glaube ins Schauen verwan- delt wird, so haben die Verheissungen ausgedienet, sie überlieffern die Seel in die Armen JESU, in welchem alle Verheissungen Ja und Amen sind, 2. Cor. 1. und nach dem die Braut in ihrem Lebens- Lauff immittelst der Zusag der Verheissungen den Grund der Gott- heit berühret, so stehet sie nunmehro unmittelbar darauf, auf ihren eigenen Füssen, und ist in GOTT aufgenommen; Hat schließlich keine Heyls-Mittel mehr nöthig auf ihrem Weg fortzukommen, wei- len sie zu ihrem Ziel der vollkommenen Seeligkeit gekommen, dahin alles hat müssen biß dahin mitwürcken a, sie ruhet jetzt in Christi Schoos, und bedarff der Kameelen nicht mehr sie zu tragen.
So viel man im Himmel zu fragen fin- den wird,
§. 22. v. 65. Und sprach zu dem Knecht: Wer ist der Mann der uns entgegen kommet auf dem Felde? Und der Knecht sprach: Daß ist mein HErr. Da nahm sie den Schleyer und bedeckte sich.
Da wirds wohl an ein Fragen gehen, wann der Mensch einmahl in die ewige, himmlische Liecht-Welt von denen heiligen Engeln hin- eingeführet wird, und lauter neue, unerhörte, gar ungewohnte Sa- chen ansichtig wird, die keinem sterblichen Menschen möglich sind auszusprechen b, da soll man sichs doch wundern und fragen: Was ist diß? Was ist das? Wer ist der, so von Edom kommt c? Wer ist derselbige König der Herrlichkeit? Ps. 24. Was ist der Freund d? Wer ist diese e? Was ist das? Dann sie wußten nicht was es war f. Jerusalem fragt: Wer ist der? Das Volck antwortet: Dieser ist JESUS g. Wer sind diese, und woher sind sie kommen? h Das Hertz sagte ihrs: Es seye Jsaac.
Da verhüllet sie sich, als sie den Jsaac sahe: Also achten sich die Gläubige auch unwürdig der Gnad GOttes, die ihnen in Christo widerfähret, Christi und seiner Gemeinschafft theilhafftig zu werden. Wie zu sehen an dem armen Zöllner i, wie auch Elias sein Antlitz mit seinem Mantel verhüllete, als er das stille sanffte Sausen hörete, 1 Reg. 19. 13. O was für eine hertzliche Beschämung und tieffe
Ehrfurcht
aRom. VIII. 28.
b 2 Cor. XII. 4.
cJes. LXIII. 1.
dCant. V. 9.
eCant. VI. 10.
fExod. XVI. 15.
gMatth. XXI. 10. 11.
hApoc. VII.
iLuc. XVIII.
Die geiſtliche Vermaͤhlung JEſu
nem Gefaͤß ins andere etwas gieſſen will, ſo muß eins offen ſeyn wie das andere.
Da fiel ſie vom Kameel: Wann der Glaube ins Schauen verwan- delt wird, ſo haben die Verheiſſungen ausgedienet, ſie uͤberlieffern die Seel in die Armen JESU, in welchem alle Verheiſſungen Ja und Amen ſind, 2. Cor. 1. und nach dem die Braut in ihrem Lebens- Lauff immittelſt der Zuſag der Verheiſſungen den Grund der Gott- heit beruͤhret, ſo ſtehet ſie nunmehro unmittelbar darauf, auf ihren eigenen Fuͤſſen, und iſt in GOTT aufgenommen; Hat ſchließlich keine Heyls-Mittel mehr noͤthig auf ihrem Weg fortzukommen, wei- len ſie zu ihrem Ziel der vollkommenen Seeligkeit gekommen, dahin alles hat muͤſſen biß dahin mitwuͤrcken a, ſie ruhet jetzt in Chriſti Schoos, und bedarff der Kameelen nicht mehr ſie zu tragen.
So viel man im Himmel zu fragen fin- den wird,
§. 22. v. 65. Und ſprach zu dem Knecht: Wer iſt der Mann der uns entgegen kommet auf dem Felde? Und der Knecht ſprach: Daß iſt mein HErr. Da nahm ſie den Schleyer und bedeckte ſich.
Da wirds wohl an ein Fragen gehen, wann der Menſch einmahl in die ewige, himmliſche Liecht-Welt von denen heiligen Engeln hin- eingefuͤhret wird, und lauter neue, unerhoͤrte, gar ungewohnte Sa- chen anſichtig wird, die keinem ſterblichen Menſchen moͤglich ſind auszuſprechen b, da ſoll man ſichs doch wundern und fragen: Was iſt diß? Was iſt das? Wer iſt der, ſo von Edom kommt c? Wer iſt derſelbige Koͤnig der Herrlichkeit? Pſ. 24. Was iſt der Freund d? Wer iſt dieſe e? Was iſt das? Dann ſie wußten nicht was es war f. Jeruſalem fragt: Wer iſt der? Das Volck antwortet: Dieſer iſt JESUS g. Wer ſind dieſe, und woher ſind ſie kommen? h Das Hertz ſagte ihrs: Es ſeye Jſaac.
Da verhuͤllet ſie ſich, als ſie den Jſaac ſahe: Alſo achten ſich die Glaͤubige auch unwuͤrdig der Gnad GOttes, die ihnen in Chriſto widerfaͤhret, Chriſti und ſeiner Gemeinſchafft theilhafftig zu werden. Wie zu ſehen an dem armen Zoͤllner i, wie auch Elias ſein Antlitz mit ſeinem Mantel verhuͤllete, als er das ſtille ſanffte Sauſen hoͤrete, 1 Reg. 19. 13. O was fuͤr eine hertzliche Beſchaͤmung und tieffe
Ehrfurcht
aRom. VIII. 28.
b 2 Cor. XII. 4.
cJeſ. LXIII. 1.
dCant. V. 9.
eCant. VI. 10.
fExod. XVI. 15.
gMatth. XXI. 10. 11.
hApoc. VII.
iLuc. XVIII.
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Die geiſtliche Vermaͤhlung JEſu
nem Gefaͤß ins andere etwas gieſſen will, ſo muß eins offen ſeyn wie
das andere.
Da fiel ſie vom Kameel: Wann der Glaube ins Schauen verwan-
delt wird, ſo haben die Verheiſſungen ausgedienet, ſie uͤberlieffern
die Seel in die Armen JESU, in welchem alle Verheiſſungen Ja
und Amen ſind, 2. Cor. 1. und nach dem die Braut in ihrem Lebens-
Lauff immittelſt der Zuſag der Verheiſſungen den Grund der Gott-
heit beruͤhret, ſo ſtehet ſie nunmehro unmittelbar darauf, auf ihren
eigenen Fuͤſſen, und iſt in GOTT aufgenommen; Hat ſchließlich
keine Heyls-Mittel mehr noͤthig auf ihrem Weg fortzukommen, wei-
len ſie zu ihrem Ziel der vollkommenen Seeligkeit gekommen, dahin
alles hat muͤſſen biß dahin mitwuͤrcken a, ſie ruhet jetzt in Chriſti
Schoos, und bedarff der Kameelen nicht mehr ſie zu tragen.
§. 22. v. 65. Und ſprach zu dem Knecht: Wer iſt der Mann der uns entgegen
kommet auf dem Felde? Und der Knecht ſprach: Daß iſt mein HErr. Da
nahm ſie den Schleyer und bedeckte ſich.
Da wirds wohl an ein Fragen gehen, wann der Menſch einmahl
in die ewige, himmliſche Liecht-Welt von denen heiligen Engeln hin-
eingefuͤhret wird, und lauter neue, unerhoͤrte, gar ungewohnte Sa-
chen anſichtig wird, die keinem ſterblichen Menſchen moͤglich ſind
auszuſprechen b, da ſoll man ſichs doch wundern und fragen: Was
iſt diß? Was iſt das? Wer iſt der, ſo von Edom kommt c? Wer
iſt derſelbige Koͤnig der Herrlichkeit? Pſ. 24. Was iſt der Freund d?
Wer iſt dieſe e? Was iſt das? Dann ſie wußten nicht was es war f.
Jeruſalem fragt: Wer iſt der? Das Volck antwortet: Dieſer iſt
JESUS g. Wer ſind dieſe, und woher ſind ſie kommen? h Das
Hertz ſagte ihrs: Es ſeye Jſaac.
Da verhuͤllet ſie ſich, als ſie den Jſaac ſahe: Alſo achten ſich die
Glaͤubige auch unwuͤrdig der Gnad GOttes, die ihnen in Chriſto
widerfaͤhret, Chriſti und ſeiner Gemeinſchafft theilhafftig zu werden.
Wie zu ſehen an dem armen Zoͤllner i, wie auch Elias ſein Antlitz
mit ſeinem Mantel verhuͤllete, als er das ſtille ſanffte Sauſen hoͤrete,
1 Reg. 19. 13. O was fuͤr eine hertzliche Beſchaͤmung und tieffe
Ehrfurcht
a Rom. VIII. 28.
b 2 Cor. XII. 4.
c Jeſ. LXIII. 1.
d Cant. V. 9.
e Cant. VI. 10.
f Exod. XVI. 15.
g Matth. XXI. 10. 11.
h Apoc. VII.
i Luc. XVIII.
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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 1276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/1372>, abgerufen am 22.11.2024.
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