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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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Wunder-Geheimnuß des
mit allem Gewalt die Hertzen der Menschen. Der Antichrist lauret
auf unseren Untergang, ja es seynd schon viel kleine Antichristen un-
ter uns kommen. Die Sonne der Warheit ist mit allerley Jrrthum
verfinstert; Die Göttliche, Apostolische Lehre ist in ihrem wahren
Sinn unbekannt; Die allerdeutlichsten und klaren Warheiten des
Evangelii werden mit allerhand verkehrten Menschen-Glossen ver-
duncklet, und nach des tödtlichen Fleisches Sinn herumgedrähet;
dahero ist der ehemahlige Garten Eden, der mit so vielen edlen pa-
radisischen Gewächsen, mit der Sonne bekleideter, und den Mond
unter ihren Füssen habender Christen Anfangs besetzet war, zu einer
ungeheuren Wildnuß und ewigem Schnee-Gebürg worden. Der
Mond a, d. i. die Kirche, gibt keinen Schein mehr der uhralten Un-
schuld und Heiligkeit, dann die grobe Erden ist darzwischen kommen,
und stiehlet alle brennende Strahlen JEsu Christi von ihr hinweg;
Die Sternen, d. i. die Lehrer, haben wenig reines unbetriegliches
Licht mehr; sie seynd keine himmlische Fürbilder mehr; sie seynd un-
ter die Welt-Leute vermengt, und ist kein Unterscheid mehr zwischen
dieser und jener Wandel, als nur im Habit und Cantzel-Stuhl;
die Stund der grossen Versuchung ist bereits vorhanden, und der
Fürst dieses Welt-Lauffs verführet den gantzen Erdkreiß; das nie-
drige, Welt-verschmähende, GOtt dem HErrn unzertheilt und ei-
nig anhangende Leben JEsu ist kaum anzutreffen, dann die Füsse
der Christen eilen in ein fleischliches, weltförmiges Leben hinein;
Alles Fleisch hat seinen Weg verderbt; Es ist nichts da als eine Welt-
Moden-Frommkeit, die nur Jsmaelitische Spötterey gebieret, über
den an Christi Liebes-Joch angefeßleten Jsaac, der es mit dem An-
tichristen Trintran nicht wagen darff; Kurtz: Es will Abend wer-
den, und der Tag hat sich geneiget.

Was in
Ansehung
dessen al-
len zu
thun.

§. 11. Was hierinnen nun zu thun? Da hilffts gewiß nichts, da
und dort hin zu lauffen, eine Trennung anzurichten, oder zu heulen
und zu jammern, daß man in diesen Zeiten lebet; dann man ist ein-
mahl auf der Welt, im Meer gibts groß und klein Gewürm so in
der Welt allerley Anfechtungen, und wo man hingehet, kommt man
in die Welt, und auf der Welt muß man leben, so lang es der lie-
be GOtt will; sondern man muß sich rathen lassen; Nun ist nichts
bessers, als sich von der Sünd, von der Welt, und ihrem eiteln, wol-

lüsti-
a Jes. III. 8.

Wunder-Geheimnuß des
mit allem Gewalt die Hertzen der Menſchen. Der Antichriſt lauret
auf unſeren Untergang, ja es ſeynd ſchon viel kleine Antichriſten un-
ter uns kommen. Die Sonne der Warheit iſt mit allerley Jrrthum
verfinſtert; Die Goͤttliche, Apoſtoliſche Lehre iſt in ihrem wahren
Sinn unbekannt; Die allerdeutlichſten und klaren Warheiten des
Evangelii werden mit allerhand verkehrten Menſchen-Gloſſen ver-
duncklet, und nach des toͤdtlichen Fleiſches Sinn herumgedraͤhet;
dahero iſt der ehemahlige Garten Eden, der mit ſo vielen edlen pa-
radiſiſchen Gewaͤchſen, mit der Sonne bekleideter, und den Mond
unter ihren Fuͤſſen habender Chriſten Anfangs beſetzet war, zu einer
ungeheuren Wildnuß und ewigem Schnee-Gebuͤrg worden. Der
Mond a, d. i. die Kirche, gibt keinen Schein mehr der uhralten Un-
ſchuld und Heiligkeit, dann die grobe Erden iſt darzwiſchen kommen,
und ſtiehlet alle brennende Strahlen JEſu Chriſti von ihr hinweg;
Die Sternen, d. i. die Lehrer, haben wenig reines unbetriegliches
Licht mehr; ſie ſeynd keine himmliſche Fuͤrbilder mehr; ſie ſeynd un-
ter die Welt-Leute vermengt, und iſt kein Unterſcheid mehr zwiſchen
dieſer und jener Wandel, als nur im Habit und Cantzel-Stuhl;
die Stund der groſſen Verſuchung iſt bereits vorhanden, und der
Fuͤrſt dieſes Welt-Lauffs verfuͤhret den gantzen Erdkreiß; das nie-
drige, Welt-verſchmaͤhende, GOtt dem HErrn unzertheilt und ei-
nig anhangende Leben JEſu iſt kaum anzutreffen, dann die Fuͤſſe
der Chriſten eilen in ein fleiſchliches, weltfoͤrmiges Leben hinein;
Alles Fleiſch hat ſeinen Weg verderbt; Es iſt nichts da als eine Welt-
Moden-Frommkeit, die nur Jſmaelitiſche Spoͤtterey gebieret, uͤber
den an Chriſti Liebes-Joch angefeßleten Jſaac, der es mit dem An-
tichriſten Trintran nicht wagen darff; Kurtz: Es will Abend wer-
den, und der Tag hat ſich geneiget.

Was in
Anſehung
deſſen al-
len zu
thun.

§. 11. Was hierinnen nun zu thun? Da hilffts gewiß nichts, da
und dort hin zu lauffen, eine Trennung anzurichten, oder zu heulen
und zu jammern, daß man in dieſen Zeiten lebet; dann man iſt ein-
mahl auf der Welt, im Meer gibts groß und klein Gewuͤrm ſo in
der Welt allerley Anfechtungen, und wo man hingehet, kommt man
in die Welt, und auf der Welt muß man leben, ſo lang es der lie-
be GOtt will; ſondern man muß ſich rathen laſſen; Nun iſt nichts
beſſers, als ſich von der Suͤnd, von der Welt, und ihrem eiteln, wol-

luͤſti-
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[60/0156] Wunder-Geheimnuß des mit allem Gewalt die Hertzen der Menſchen. Der Antichriſt lauret auf unſeren Untergang, ja es ſeynd ſchon viel kleine Antichriſten un- ter uns kommen. Die Sonne der Warheit iſt mit allerley Jrrthum verfinſtert; Die Goͤttliche, Apoſtoliſche Lehre iſt in ihrem wahren Sinn unbekannt; Die allerdeutlichſten und klaren Warheiten des Evangelii werden mit allerhand verkehrten Menſchen-Gloſſen ver- duncklet, und nach des toͤdtlichen Fleiſches Sinn herumgedraͤhet; dahero iſt der ehemahlige Garten Eden, der mit ſo vielen edlen pa- radiſiſchen Gewaͤchſen, mit der Sonne bekleideter, und den Mond unter ihren Fuͤſſen habender Chriſten Anfangs beſetzet war, zu einer ungeheuren Wildnuß und ewigem Schnee-Gebuͤrg worden. Der Mond a, d. i. die Kirche, gibt keinen Schein mehr der uhralten Un- ſchuld und Heiligkeit, dann die grobe Erden iſt darzwiſchen kommen, und ſtiehlet alle brennende Strahlen JEſu Chriſti von ihr hinweg; Die Sternen, d. i. die Lehrer, haben wenig reines unbetriegliches Licht mehr; ſie ſeynd keine himmliſche Fuͤrbilder mehr; ſie ſeynd un- ter die Welt-Leute vermengt, und iſt kein Unterſcheid mehr zwiſchen dieſer und jener Wandel, als nur im Habit und Cantzel-Stuhl; die Stund der groſſen Verſuchung iſt bereits vorhanden, und der Fuͤrſt dieſes Welt-Lauffs verfuͤhret den gantzen Erdkreiß; das nie- drige, Welt-verſchmaͤhende, GOtt dem HErrn unzertheilt und ei- nig anhangende Leben JEſu iſt kaum anzutreffen, dann die Fuͤſſe der Chriſten eilen in ein fleiſchliches, weltfoͤrmiges Leben hinein; Alles Fleiſch hat ſeinen Weg verderbt; Es iſt nichts da als eine Welt- Moden-Frommkeit, die nur Jſmaelitiſche Spoͤtterey gebieret, uͤber den an Chriſti Liebes-Joch angefeßleten Jſaac, der es mit dem An- tichriſten Trintran nicht wagen darff; Kurtz: Es will Abend wer- den, und der Tag hat ſich geneiget. §. 11. Was hierinnen nun zu thun? Da hilffts gewiß nichts, da und dort hin zu lauffen, eine Trennung anzurichten, oder zu heulen und zu jammern, daß man in dieſen Zeiten lebet; dann man iſt ein- mahl auf der Welt, im Meer gibts groß und klein Gewuͤrm ſo in der Welt allerley Anfechtungen, und wo man hingehet, kommt man in die Welt, und auf der Welt muß man leben, ſo lang es der lie- be GOtt will; ſondern man muß ſich rathen laſſen; Nun iſt nichts beſſers, als ſich von der Suͤnd, von der Welt, und ihrem eiteln, wol- luͤſti- a Jeſ. III. 8.

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/156>, abgerufen am 21.11.2024.