Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

Bild:
<< vorherige Seite

und die Pforte des Himmels.
Herr zu werden über Sünd und Welt, darum muß der Pharisäer
so wohl als der Heyd, in den Grund-Regeln der himmlischen Reli-
gion unterwiesen werden, wie Johannes hier thut im Text.

§. 3. Nicodemus ein vornehmer Mann, von grossem Ansehen,Anlaß der
Textes
Worten.

Frommkeit und Gelehrte, wollte seinem Gewissen genuge thun, und
eine so edle Gelegenheit nicht versaumen, etwas von diesem grossen
Propheten zu erlernen, weil er weder sich selbsten, noch denen da-
mahligen hohen Schulen völlig trauete, und gedachte, es möchte
wohl etwas mehr hinter der Lehre JEsu verborgen seyn, als alle
Weißheit der Schul-Gelehrten nicht könnten an Tag legen, sein
Gewissen fand in allen denen Gesetzen und Ceremonien keine beständi-
ge Ruhe, genosse auch keine wahre Seeligkeit in GOtt darbey,
darum wollte er auch versuchen, ob ihme dieser grosse Wundersmann
nicht könnte zurecht helffen, und seiner Seelen verborgenen Hunger,
nach der ewigen Wahrheit GOttes völlig vergnügen, darum kame
er zu JEsu,
er wollte aber sein zeitlich Jnteresse, Vortheil und
Ehren-Stell nicht verlieren, darum kame er Nachts. Bald nach
angefangener Unterredung, zeiget er seinen groben kindischen Unver-
stand und wie weit doch alles vernünfftig Studieren, auch der H.
Schrifft von dem übernatürlichen Gnaden-Licht entfernet sey, dar-
ab JEsus nicht unwillig wird, dann Er wollte das zerstossene Rohr
nicht zerbrechen und den glimmenden Dacht nicht auslöschen, dero-
wegen berichtet er ihn noch besser, wie ers meyne, nehmlich eine geist-
liche Gnaden-Geburt aus Wasser und Geist.

§. 4. Wohl eine wichtige, höchstnöthige Lection, sonderlich in die-Wichtig-
keit der im
Text be-
griffenen
Lehr.

sen Zeiten, da sich so wenig Fromme um das neue Wesen und Leben
aus GOtt recht ernstlich bemühen, sondern in etwelchen Andachten
und äusserlichen Ubungen der alten Natur sich aufhalten, und also
diß edle theure Kleinod der neuen Geburt aus GOtt nimmermehr
erlangen, welches wohl ein unermeßlicher Schaden vieler tausend
Seelen ist, die gleichwohl die Gerechtigkeit und das Leben suchen,
aber den Weg der neuen Geburt nicht finden können.

§. 5. Ohne Hülff des H. Geistes ist unmöglich diese Matery heil-Wunsch.
samlich zu verhandlen, oder auch fruchtbarlich anzuhören; GOtt schen-
cke ihn aus lauter Güte, mir und euch um JEsu Christi willen, daß
wir doch dermahleins lebendige und neugebohrne Kinder des leben-
digen GOttes werden, seyn und bleiben mögen ewiglich, Amen.

Das
Z

und die Pforte des Himmels.
Herr zu werden uͤber Suͤnd und Welt, darum muß der Phariſaͤer
ſo wohl als der Heyd, in den Grund-Regeln der himmliſchen Reli-
gion unterwieſen werden, wie Johannes hier thut im Text.

§. 3. Nicodemus ein vornehmer Mann, von groſſem Anſehen,Anlaß der
Textes
Worten.

Frommkeit und Gelehrte, wollte ſeinem Gewiſſen genuge thun, und
eine ſo edle Gelegenheit nicht verſaumen, etwas von dieſem groſſen
Propheten zu erlernen, weil er weder ſich ſelbſten, noch denen da-
mahligen hohen Schulen voͤllig trauete, und gedachte, es moͤchte
wohl etwas mehr hinter der Lehre JEſu verborgen ſeyn, als alle
Weißheit der Schul-Gelehrten nicht koͤnnten an Tag legen, ſein
Gewiſſen fand in allen denen Geſetzen und Ceremonien keine beſtaͤndi-
ge Ruhe, genoſſe auch keine wahre Seeligkeit in GOtt darbey,
darum wollte er auch verſuchen, ob ihme dieſer groſſe Wundersmann
nicht koͤnnte zurecht helffen, und ſeiner Seelen verborgenen Hunger,
nach der ewigen Wahrheit GOttes voͤllig vergnuͤgen, darum kame
er zu JEſu,
er wollte aber ſein zeitlich Jntereſſe, Vortheil und
Ehren-Stell nicht verlieren, darum kame er Nachts. Bald nach
angefangener Unterredung, zeiget er ſeinen groben kindiſchen Unver-
ſtand und wie weit doch alles vernuͤnfftig Studieren, auch der H.
Schrifft von dem uͤbernatuͤrlichen Gnaden-Licht entfernet ſey, dar-
ab JEſus nicht unwillig wird, dann Er wollte das zerſtoſſene Rohr
nicht zerbrechen und den glimmenden Dacht nicht ausloͤſchen, dero-
wegen berichtet er ihn noch beſſer, wie ers meyne, nehmlich eine geiſt-
liche Gnaden-Geburt aus Waſſer und Geiſt.

§. 4. Wohl eine wichtige, hoͤchſtnoͤthige Lection, ſonderlich in die-Wichtig-
keit der im
Text be-
griffenen
Lehr.

ſen Zeiten, da ſich ſo wenig Fromme um das neue Weſen und Leben
aus GOtt recht ernſtlich bemuͤhen, ſondern in etwelchen Andachten
und aͤuſſerlichen Ubungen der alten Natur ſich aufhalten, und alſo
diß edle theure Kleinod der neuen Geburt aus GOtt nimmermehr
erlangen, welches wohl ein unermeßlicher Schaden vieler tauſend
Seelen iſt, die gleichwohl die Gerechtigkeit und das Leben ſuchen,
aber den Weg der neuen Geburt nicht finden koͤnnen.

§. 5. Ohne Huͤlff des H. Geiſtes iſt unmoͤglich dieſe Matery heil-Wunſch.
ſamlich zu verhandlen, oder auch fruchtbarlich anzuhoͤren; GOtt ſchen-
cke ihn aus lauter Guͤte, mir und euch um JEſu Chriſti willen, daß
wir doch dermahleins lebendige und neugebohrne Kinder des leben-
digen GOttes werden, ſeyn und bleiben moͤgen ewiglich, Amen.

Das
Z
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="1">
          <p><pb facs="#f0273" n="177"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">und die Pforte des Himmels.</hi></fw><lb/>
Herr zu werden u&#x0364;ber Su&#x0364;nd und Welt, darum muß der Phari&#x017F;a&#x0364;er<lb/>
&#x017F;o wohl als der Heyd, in den Grund-Regeln der himmli&#x017F;chen Reli-<lb/>
gion unterwie&#x017F;en werden, wie Johannes hier thut im Text.</p><lb/>
          <p>§. 3. Nicodemus ein vornehmer Mann, von gro&#x017F;&#x017F;em An&#x017F;ehen,<note place="right">Anlaß der<lb/>
Textes<lb/>
Worten.</note><lb/>
Frommkeit und Gelehrte, wollte &#x017F;einem Gewi&#x017F;&#x017F;en genuge thun, und<lb/>
eine &#x017F;o edle Gelegenheit nicht ver&#x017F;aumen, etwas von die&#x017F;em gro&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Propheten zu erlernen, weil er weder &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;ten, noch denen da-<lb/>
mahligen hohen Schulen vo&#x0364;llig trauete, und gedachte, es mo&#x0364;chte<lb/>
wohl etwas mehr hinter der Lehre JE&#x017F;u verborgen &#x017F;eyn, als alle<lb/>
Weißheit der Schul-Gelehrten nicht ko&#x0364;nnten an Tag legen, &#x017F;ein<lb/>
Gewi&#x017F;&#x017F;en fand in allen denen Ge&#x017F;etzen und Ceremonien keine be&#x017F;ta&#x0364;ndi-<lb/>
ge Ruhe, geno&#x017F;&#x017F;e auch keine wahre Seeligkeit in GOtt darbey,<lb/>
darum wollte er auch ver&#x017F;uchen, ob ihme die&#x017F;er gro&#x017F;&#x017F;e Wundersmann<lb/>
nicht ko&#x0364;nnte zurecht helffen, und &#x017F;einer Seelen verborgenen Hunger,<lb/>
nach der ewigen Wahrheit GOttes vo&#x0364;llig vergnu&#x0364;gen, darum <hi rendition="#fr">kame<lb/>
er zu JE&#x017F;u,</hi> er wollte aber &#x017F;ein zeitlich Jntere&#x017F;&#x017F;e, Vortheil und<lb/>
Ehren-Stell nicht verlieren, darum kame er <hi rendition="#fr">Nachts.</hi> Bald nach<lb/>
angefangener Unterredung, zeiget er &#x017F;einen groben kindi&#x017F;chen Unver-<lb/>
&#x017F;tand und wie weit doch alles vernu&#x0364;nfftig Studieren, auch der H.<lb/>
Schrifft von dem u&#x0364;bernatu&#x0364;rlichen Gnaden-Licht entfernet &#x017F;ey, dar-<lb/>
ab JE&#x017F;us nicht unwillig wird, dann Er wollte das zer&#x017F;to&#x017F;&#x017F;ene Rohr<lb/>
nicht zerbrechen und den glimmenden Dacht nicht auslo&#x0364;&#x017F;chen, dero-<lb/>
wegen berichtet er ihn noch be&#x017F;&#x017F;er, wie ers meyne, nehmlich eine gei&#x017F;t-<lb/>
liche Gnaden-Geburt aus <hi rendition="#fr">Wa&#x017F;&#x017F;er und Gei&#x017F;t.</hi></p><lb/>
          <p><hi rendition="#i">§.</hi> 4. Wohl eine wichtige, ho&#x0364;ch&#x017F;tno&#x0364;thige Lection, &#x017F;onderlich in die-<note place="right">Wichtig-<lb/>
keit der im<lb/>
Text be-<lb/>
griffenen<lb/>
Lehr.</note><lb/>
&#x017F;en Zeiten, da &#x017F;ich &#x017F;o wenig Fromme um das neue We&#x017F;en und Leben<lb/>
aus GOtt recht ern&#x017F;tlich bemu&#x0364;hen, &#x017F;ondern in etwelchen Andachten<lb/>
und a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erlichen Ubungen der alten Natur &#x017F;ich aufhalten, und al&#x017F;o<lb/>
diß edle theure Kleinod der neuen Geburt aus GOtt nimmermehr<lb/>
erlangen, welches wohl ein unermeßlicher Schaden vieler tau&#x017F;end<lb/>
Seelen i&#x017F;t, die gleichwohl die Gerechtigkeit und das Leben &#x017F;uchen,<lb/>
aber den Weg der neuen Geburt nicht finden ko&#x0364;nnen.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#i">§.</hi> 5. Ohne Hu&#x0364;lff des H. Gei&#x017F;tes i&#x017F;t unmo&#x0364;glich die&#x017F;e Matery heil-<note place="right">Wun&#x017F;ch.</note><lb/>
&#x017F;amlich zu verhandlen, oder auch fruchtbarlich anzuho&#x0364;ren; GOtt &#x017F;chen-<lb/>
cke ihn aus lauter Gu&#x0364;te, mir und euch um JE&#x017F;u Chri&#x017F;ti willen, daß<lb/>
wir doch dermahleins lebendige und neugebohrne Kinder des leben-<lb/>
digen GOttes werden, &#x017F;eyn und bleiben mo&#x0364;gen ewiglich, Amen.</p>
        </div><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">Z</fw>
        <fw place="bottom" type="catch">Das</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[177/0273] und die Pforte des Himmels. Herr zu werden uͤber Suͤnd und Welt, darum muß der Phariſaͤer ſo wohl als der Heyd, in den Grund-Regeln der himmliſchen Reli- gion unterwieſen werden, wie Johannes hier thut im Text. §. 3. Nicodemus ein vornehmer Mann, von groſſem Anſehen, Frommkeit und Gelehrte, wollte ſeinem Gewiſſen genuge thun, und eine ſo edle Gelegenheit nicht verſaumen, etwas von dieſem groſſen Propheten zu erlernen, weil er weder ſich ſelbſten, noch denen da- mahligen hohen Schulen voͤllig trauete, und gedachte, es moͤchte wohl etwas mehr hinter der Lehre JEſu verborgen ſeyn, als alle Weißheit der Schul-Gelehrten nicht koͤnnten an Tag legen, ſein Gewiſſen fand in allen denen Geſetzen und Ceremonien keine beſtaͤndi- ge Ruhe, genoſſe auch keine wahre Seeligkeit in GOtt darbey, darum wollte er auch verſuchen, ob ihme dieſer groſſe Wundersmann nicht koͤnnte zurecht helffen, und ſeiner Seelen verborgenen Hunger, nach der ewigen Wahrheit GOttes voͤllig vergnuͤgen, darum kame er zu JEſu, er wollte aber ſein zeitlich Jntereſſe, Vortheil und Ehren-Stell nicht verlieren, darum kame er Nachts. Bald nach angefangener Unterredung, zeiget er ſeinen groben kindiſchen Unver- ſtand und wie weit doch alles vernuͤnfftig Studieren, auch der H. Schrifft von dem uͤbernatuͤrlichen Gnaden-Licht entfernet ſey, dar- ab JEſus nicht unwillig wird, dann Er wollte das zerſtoſſene Rohr nicht zerbrechen und den glimmenden Dacht nicht ausloͤſchen, dero- wegen berichtet er ihn noch beſſer, wie ers meyne, nehmlich eine geiſt- liche Gnaden-Geburt aus Waſſer und Geiſt. Anlaß der Textes Worten. §. 4. Wohl eine wichtige, hoͤchſtnoͤthige Lection, ſonderlich in die- ſen Zeiten, da ſich ſo wenig Fromme um das neue Weſen und Leben aus GOtt recht ernſtlich bemuͤhen, ſondern in etwelchen Andachten und aͤuſſerlichen Ubungen der alten Natur ſich aufhalten, und alſo diß edle theure Kleinod der neuen Geburt aus GOtt nimmermehr erlangen, welches wohl ein unermeßlicher Schaden vieler tauſend Seelen iſt, die gleichwohl die Gerechtigkeit und das Leben ſuchen, aber den Weg der neuen Geburt nicht finden koͤnnen. Wichtig- keit der im Text be- griffenen Lehr. §. 5. Ohne Huͤlff des H. Geiſtes iſt unmoͤglich dieſe Matery heil- ſamlich zu verhandlen, oder auch fruchtbarlich anzuhoͤren; GOtt ſchen- cke ihn aus lauter Guͤte, mir und euch um JEſu Chriſti willen, daß wir doch dermahleins lebendige und neugebohrne Kinder des leben- digen GOttes werden, ſeyn und bleiben moͤgen ewiglich, Amen. Wunſch. Das Z

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/273
Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/273>, abgerufen am 22.11.2024.