den sie nun von den Gewissens-Aengsten und machen wohl manchen Vorsatz ihr Leben zu ändern; das Reich Christi und des Satans stehet im langen Streit a. Eben wie Jsrael 40. Jahr in der Wü- sten umwandern mußte, ehe sie durch den Jordan in Canaan eingehen konnten. Diese können wohl sagen, wann und wie sie zum Durch- bruch kommen, die Sünd überwunden und den Befleckungen der Welt entflohen; wie der heilige Augustinus.
§. 7. Jn den meisten gewinnt der böse Saame, leben sicher inbey an- dern gar späth. den Tag hinein, bekümmern sich wenig um Hertzens-Reinigung und Heiligung, lassen sich nichts böses von Höll und Verdamnuß trau- men, wiegen das Gewissen mit süssen Einbildungen ein in einen tief- fen Schlummer, wie günstig ihnen Christus sey, welch einen schönen Himmel er ihnen doch dermahleneins geben werde; die- se werden plötzlich ergriffen und verändert; die Welt verschwindet, der Sünd wird ein ewiger Abschied gegeben, Christus leuchtet und sieget.
§. 8. Was aber da vor Geburts-Schmertzen, Aengsten undWas es da für Schmer- tzen setze. Kämpffen gemeinlich vorgehen, weiß niemand besser als wer es er- fahren: was Kinds-Wehe, und die darauf folgende Freude, Ruhe seye b. Hievon hat die Mutter den klarsten Begriff, weil sie es empfunden. Also weiß ein Bekehrter allerdings, was der An- blick eines sündhafften Lebens für Schrecken und Grausen erwecke; welch ein Ringen mit dem harten todten Hertzen, welche Seelen- Thränen zu GOtt! welch saure Kämpffe mit dem Unglauben und Verderbnissen, biß der Sieg erhalten und die Hindernissen über- stritten sind; da dann der H. Geist die Seel unserer Seele und das Leben unsers Lebens wird und in der Krafft des Blutes JEsu Glau- ben und Liebe GOttes aufgehen machet als eine starcke Quell al- ler guten Gedancken und Handlungen. Diese ächzende, krächzende Geburts-Schmertzen, Todes-Angst und Gefahr sind in H. Schrifft abgebildet worden, durch die Angst der Rebecca, durch das bange Geschrey der Rahel in Benjamins Geburt, durch den überall verlasse- nen Joseph, durch die Todes-Forcht seiner Brüder, durch das Verzagen Jsraels am rothen Meer, durch die verschertzte Ruth, durch die Verfolgungen Davids, durch Daniel in der Löwengrub,
durch
a 2 Sam. III. 1.
bJoh. XVI. 21.
und die Pforte des Himmels.
den ſie nun von den Gewiſſens-Aengſten und machen wohl manchen Vorſatz ihr Leben zu aͤndern; das Reich Chriſti und des Satans ſtehet im langen Streit a. Eben wie Jſrael 40. Jahr in der Wuͤ- ſten umwandern mußte, ehe ſie durch den Jordan in Canaan eingehen konnten. Dieſe koͤnnen wohl ſagen, wann und wie ſie zum Durch- bruch kommen, die Suͤnd uͤberwunden und den Befleckungen der Welt entflohen; wie der heilige Auguſtinus.
§. 7. Jn den meiſten gewinnt der boͤſe Saame, leben ſicher inbey an- dern gar ſpaͤth. den Tag hinein, bekuͤmmern ſich wenig um Hertzens-Reinigung und Heiligung, laſſen ſich nichts boͤſes von Hoͤll und Verdamnuß trau- men, wiegen das Gewiſſen mit ſuͤſſen Einbildungen ein in einen tief- fen Schlummer, wie guͤnſtig ihnen Chriſtus ſey, welch einen ſchoͤnen Himmel er ihnen doch dermahleneins geben werde; die- ſe werden ploͤtzlich ergriffen und veraͤndert; die Welt verſchwindet, der Suͤnd wird ein ewiger Abſchied gegeben, Chriſtus leuchtet und ſieget.
§. 8. Was aber da vor Geburts-Schmertzen, Aengſten undWas es da fuͤr Schmer- tzen ſetze. Kaͤmpffen gemeinlich vorgehen, weiß niemand beſſer als wer es er- fahren: was Kinds-Wehe, und die darauf folgende Freude, Ruhe ſeye b. Hievon hat die Mutter den klarſten Begriff, weil ſie es empfunden. Alſo weiß ein Bekehrter allerdings, was der An- blick eines ſuͤndhafften Lebens fuͤr Schrecken und Grauſen erwecke; welch ein Ringen mit dem harten todten Hertzen, welche Seelen- Thraͤnen zu GOtt! welch ſaure Kaͤmpffe mit dem Unglauben und Verderbniſſen, biß der Sieg erhalten und die Hinderniſſen uͤber- ſtritten ſind; da dann der H. Geiſt die Seel unſerer Seele und das Leben unſers Lebens wird und in der Krafft des Blutes JEſu Glau- ben und Liebe GOttes aufgehen machet als eine ſtarcke Quell al- ler guten Gedancken und Handlungen. Dieſe aͤchzende, kraͤchzende Geburts-Schmertzen, Todes-Angſt und Gefahr ſind in H. Schrifft abgebildet worden, durch die Angſt der Rebecca, durch das bange Geſchrey der Rahel in Benjamins Geburt, durch den uͤberall verlaſſe- nen Joſeph, durch die Todes-Forcht ſeiner Bruͤder, durch das Verzagen Jſraels am rothen Meer, durch die verſchertzte Ruth, durch die Verfolgungen Davids, durch Daniel in der Loͤwengrub,
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a 2 Sam. III. 1.
bJoh. XVI. 21.
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Vorſatz ihr Leben zu aͤndern; das Reich Chriſti und des Satans
ſtehet im langen Streit a. Eben wie Jſrael 40. Jahr in der Wuͤ-
ſten umwandern mußte, ehe ſie durch den Jordan in Canaan eingehen
konnten. Dieſe koͤnnen wohl ſagen, wann und wie ſie zum Durch-
bruch kommen, die Suͤnd uͤberwunden und den Befleckungen der
Welt entflohen; wie der heilige Auguſtinus.
§. 7. Jn den meiſten gewinnt der boͤſe Saame, leben ſicher in
den Tag hinein, bekuͤmmern ſich wenig um Hertzens-Reinigung und
Heiligung, laſſen ſich nichts boͤſes von Hoͤll und Verdamnuß trau-
men, wiegen das Gewiſſen mit ſuͤſſen Einbildungen ein in einen tief-
fen Schlummer, wie guͤnſtig ihnen Chriſtus ſey, welch einen
ſchoͤnen Himmel er ihnen doch dermahleneins geben werde; die-
ſe werden ploͤtzlich ergriffen und veraͤndert; die Welt verſchwindet,
der Suͤnd wird ein ewiger Abſchied gegeben, Chriſtus leuchtet und
ſieget.
bey an-
dern gar
ſpaͤth.
§. 8. Was aber da vor Geburts-Schmertzen, Aengſten und
Kaͤmpffen gemeinlich vorgehen, weiß niemand beſſer als wer es er-
fahren: was Kinds-Wehe, und die darauf folgende Freude,
Ruhe ſeye b. Hievon hat die Mutter den klarſten Begriff, weil ſie
es empfunden. Alſo weiß ein Bekehrter allerdings, was der An-
blick eines ſuͤndhafften Lebens fuͤr Schrecken und Grauſen erwecke;
welch ein Ringen mit dem harten todten Hertzen, welche Seelen-
Thraͤnen zu GOtt! welch ſaure Kaͤmpffe mit dem Unglauben und
Verderbniſſen, biß der Sieg erhalten und die Hinderniſſen uͤber-
ſtritten ſind; da dann der H. Geiſt die Seel unſerer Seele und das
Leben unſers Lebens wird und in der Krafft des Blutes JEſu Glau-
ben und Liebe GOttes aufgehen machet als eine ſtarcke Quell al-
ler guten Gedancken und Handlungen. Dieſe aͤchzende, kraͤchzende
Geburts-Schmertzen, Todes-Angſt und Gefahr ſind in H. Schrifft
abgebildet worden, durch die Angſt der Rebecca, durch das bange
Geſchrey der Rahel in Benjamins Geburt, durch den uͤberall verlaſſe-
nen Joſeph, durch die Todes-Forcht ſeiner Bruͤder, durch das
Verzagen Jſraels am rothen Meer, durch die verſchertzte Ruth,
durch die Verfolgungen Davids, durch Daniel in der Loͤwengrub,
durch
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tzen ſetze.
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b Joh. XVI. 21.
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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/311>, abgerufen am 22.11.2024.
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