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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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und die Pforte des Himmels.
den sie nun von den Gewissens-Aengsten und machen wohl manchen
Vorsatz ihr Leben zu ändern; das Reich Christi und des Satans
stehet im langen Streit a. Eben wie Jsrael 40. Jahr in der Wü-
sten umwandern mußte, ehe sie durch den Jordan in Canaan eingehen
konnten. Diese können wohl sagen, wann und wie sie zum Durch-
bruch kommen, die Sünd überwunden und den Befleckungen der
Welt entflohen; wie der heilige Augustinus.

§. 7. Jn den meisten gewinnt der böse Saame, leben sicher inbey an-
dern gar
späth.

den Tag hinein, bekümmern sich wenig um Hertzens-Reinigung und
Heiligung, lassen sich nichts böses von Höll und Verdamnuß trau-
men, wiegen das Gewissen mit süssen Einbildungen ein in einen tief-
fen Schlummer, wie günstig ihnen Christus sey, welch einen
schönen Himmel er ihnen doch dermahleneins geben werde; die-
se werden plötzlich ergriffen und verändert; die Welt verschwindet,
der Sünd wird ein ewiger Abschied gegeben, Christus leuchtet und
sieget.

§. 8. Was aber da vor Geburts-Schmertzen, Aengsten undWas es da
für
Schmer-
tzen setze.

Kämpffen gemeinlich vorgehen, weiß niemand besser als wer es er-
fahren: was Kinds-Wehe, und die darauf folgende Freude,
Ruhe seye b. Hievon hat die Mutter den klarsten Begriff, weil sie
es empfunden. Also weiß ein Bekehrter allerdings, was der An-
blick eines sündhafften Lebens für Schrecken und Grausen erwecke;
welch ein Ringen mit dem harten todten Hertzen, welche Seelen-
Thränen zu GOtt! welch saure Kämpffe mit dem Unglauben und
Verderbnissen, biß der Sieg erhalten und die Hindernissen über-
stritten sind; da dann der H. Geist die Seel unserer Seele und das
Leben unsers Lebens wird und in der Krafft des Blutes JEsu Glau-
ben und Liebe GOttes aufgehen machet als eine starcke Quell al-
ler guten Gedancken und Handlungen. Diese ächzende, krächzende
Geburts-Schmertzen, Todes-Angst und Gefahr sind in H. Schrifft
abgebildet worden, durch die Angst der Rebecca, durch das bange
Geschrey der Rahel in Benjamins Geburt, durch den überall verlasse-
nen Joseph, durch die Todes-Forcht seiner Brüder, durch das
Verzagen Jsraels am rothen Meer, durch die verschertzte Ruth,
durch die Verfolgungen Davids, durch Daniel in der Löwengrub,

durch
a 2 Sam. III. 1.
b Joh. XVI. 21.

und die Pforte des Himmels.
den ſie nun von den Gewiſſens-Aengſten und machen wohl manchen
Vorſatz ihr Leben zu aͤndern; das Reich Chriſti und des Satans
ſtehet im langen Streit a. Eben wie Jſrael 40. Jahr in der Wuͤ-
ſten umwandern mußte, ehe ſie durch den Jordan in Canaan eingehen
konnten. Dieſe koͤnnen wohl ſagen, wann und wie ſie zum Durch-
bruch kommen, die Suͤnd uͤberwunden und den Befleckungen der
Welt entflohen; wie der heilige Auguſtinus.

§. 7. Jn den meiſten gewinnt der boͤſe Saame, leben ſicher inbey an-
dern gar
ſpaͤth.

den Tag hinein, bekuͤmmern ſich wenig um Hertzens-Reinigung und
Heiligung, laſſen ſich nichts boͤſes von Hoͤll und Verdamnuß trau-
men, wiegen das Gewiſſen mit ſuͤſſen Einbildungen ein in einen tief-
fen Schlummer, wie guͤnſtig ihnen Chriſtus ſey, welch einen
ſchoͤnen Himmel er ihnen doch dermahleneins geben werde; die-
ſe werden ploͤtzlich ergriffen und veraͤndert; die Welt verſchwindet,
der Suͤnd wird ein ewiger Abſchied gegeben, Chriſtus leuchtet und
ſieget.

§. 8. Was aber da vor Geburts-Schmertzen, Aengſten undWas es da
fuͤr
Schmer-
tzen ſetze.

Kaͤmpffen gemeinlich vorgehen, weiß niemand beſſer als wer es er-
fahren: was Kinds-Wehe, und die darauf folgende Freude,
Ruhe ſeye b. Hievon hat die Mutter den klarſten Begriff, weil ſie
es empfunden. Alſo weiß ein Bekehrter allerdings, was der An-
blick eines ſuͤndhafften Lebens fuͤr Schrecken und Grauſen erwecke;
welch ein Ringen mit dem harten todten Hertzen, welche Seelen-
Thraͤnen zu GOtt! welch ſaure Kaͤmpffe mit dem Unglauben und
Verderbniſſen, biß der Sieg erhalten und die Hinderniſſen uͤber-
ſtritten ſind; da dann der H. Geiſt die Seel unſerer Seele und das
Leben unſers Lebens wird und in der Krafft des Blutes JEſu Glau-
ben und Liebe GOttes aufgehen machet als eine ſtarcke Quell al-
ler guten Gedancken und Handlungen. Dieſe aͤchzende, kraͤchzende
Geburts-Schmertzen, Todes-Angſt und Gefahr ſind in H. Schrifft
abgebildet worden, durch die Angſt der Rebecca, durch das bange
Geſchrey der Rahel in Benjamins Geburt, durch den uͤberall verlaſſe-
nen Joſeph, durch die Todes-Forcht ſeiner Bruͤder, durch das
Verzagen Jſraels am rothen Meer, durch die verſchertzte Ruth,
durch die Verfolgungen Davids, durch Daniel in der Loͤwengrub,

durch
a 2 Sam. III. 1.
b Joh. XVI. 21.
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[215/0311] und die Pforte des Himmels. den ſie nun von den Gewiſſens-Aengſten und machen wohl manchen Vorſatz ihr Leben zu aͤndern; das Reich Chriſti und des Satans ſtehet im langen Streit a. Eben wie Jſrael 40. Jahr in der Wuͤ- ſten umwandern mußte, ehe ſie durch den Jordan in Canaan eingehen konnten. Dieſe koͤnnen wohl ſagen, wann und wie ſie zum Durch- bruch kommen, die Suͤnd uͤberwunden und den Befleckungen der Welt entflohen; wie der heilige Auguſtinus. §. 7. Jn den meiſten gewinnt der boͤſe Saame, leben ſicher in den Tag hinein, bekuͤmmern ſich wenig um Hertzens-Reinigung und Heiligung, laſſen ſich nichts boͤſes von Hoͤll und Verdamnuß trau- men, wiegen das Gewiſſen mit ſuͤſſen Einbildungen ein in einen tief- fen Schlummer, wie guͤnſtig ihnen Chriſtus ſey, welch einen ſchoͤnen Himmel er ihnen doch dermahleneins geben werde; die- ſe werden ploͤtzlich ergriffen und veraͤndert; die Welt verſchwindet, der Suͤnd wird ein ewiger Abſchied gegeben, Chriſtus leuchtet und ſieget. bey an- dern gar ſpaͤth. §. 8. Was aber da vor Geburts-Schmertzen, Aengſten und Kaͤmpffen gemeinlich vorgehen, weiß niemand beſſer als wer es er- fahren: was Kinds-Wehe, und die darauf folgende Freude, Ruhe ſeye b. Hievon hat die Mutter den klarſten Begriff, weil ſie es empfunden. Alſo weiß ein Bekehrter allerdings, was der An- blick eines ſuͤndhafften Lebens fuͤr Schrecken und Grauſen erwecke; welch ein Ringen mit dem harten todten Hertzen, welche Seelen- Thraͤnen zu GOtt! welch ſaure Kaͤmpffe mit dem Unglauben und Verderbniſſen, biß der Sieg erhalten und die Hinderniſſen uͤber- ſtritten ſind; da dann der H. Geiſt die Seel unſerer Seele und das Leben unſers Lebens wird und in der Krafft des Blutes JEſu Glau- ben und Liebe GOttes aufgehen machet als eine ſtarcke Quell al- ler guten Gedancken und Handlungen. Dieſe aͤchzende, kraͤchzende Geburts-Schmertzen, Todes-Angſt und Gefahr ſind in H. Schrifft abgebildet worden, durch die Angſt der Rebecca, durch das bange Geſchrey der Rahel in Benjamins Geburt, durch den uͤberall verlaſſe- nen Joſeph, durch die Todes-Forcht ſeiner Bruͤder, durch das Verzagen Jſraels am rothen Meer, durch die verſchertzte Ruth, durch die Verfolgungen Davids, durch Daniel in der Loͤwengrub, durch Was es da fuͤr Schmer- tzen ſetze. a 2 Sam. III. 1. b Joh. XVI. 21.

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/311>, abgerufen am 22.11.2024.