Früchten der Buß zu tragen.thorecht als ein Gärtner, der das pflantzen, zweygen, pfropfen, be- schneiden, bedüngen wollte bleiben lassen, und nur dürre Stecken hin und her einstecken, sich verlassende auf Aarons Ruthe, die in einer Nacht gegrünet, Bollen, Blühte und Mandlen getragen a; Aus- serordentliche Wundergeschichte sind in keine Folge zu ziehen; Wer sich nicht in GOttes wohlgegründete Ordnung richten will, wie er sie uns in H. Schrifft offenbahret, wird dann zu spat sein Eigensinn bereuen; Wir müssen uns ja vor so jungen Bäumlein schämen, ja vor den Dornhecken selbst, die noch schön gesundes Blust haben, und wir haben schon so manchen Frühling erlebt, und die Himmli- sche Begierden wollen sich nirgends hervor thun. Es scheint wohl einiges Safft des Christenthums und der Frommkeit da zu seyn, aber es ist nicht vom heiligen Geist, sondern nur aus falschen irrdi- schen Absichten, schöne Wort, ein heuchlerisches Geschwätz; aber keine Frücht; die Sturmwinde der Anfechtung wehen das Blust ab, daß unzähliche Ungeziefer von tausenderley Versuchungen verwüstet allen den hüpschen Schein, daß die wahre Selbst-Verläugnung, Welt-Verschmähung und himmlisch Leben niemahls erfolget, son- dern es bleibt bey einigen geringfügigen Wercklein die JEsum nicht verherrlichen, sondern nur eine schlechte Ehr von den Leuten zuwe- gen bringen, als lebte man, indessen alles vor GOTT todt ist b.
Wie leicht man ver- führet werde.
§. 16. Es besinne sich ein jeder, wie viel gute Vorsätz er sich ge- macht, wie offt nach geistlicher Fruchtbarkeit und des Feindes loß zu seyn, er geseuffzet, da alles vereitlet und zernichtet worden, weil er dieses alles nicht als gute Lockungen aus GOtt zu seyn erkannt, ihne darüber nicht demüthig gepriesen, auch wenig Sorge darzu getragen, als zu der allerkostbarsten Sache, sich nicht im gläubigen Gebett zu GOtt gegen des Feindes listige Anläuffe und Aufsätze verwahret, damit ihn der Arge nicht antasten, sondern ihn lustig an sich kom- men, und alle Ursprünge der ewigen Glückseeligkeit leichtsinniger weise wegrauben lassen. Solche mögen wohl denen im Winter ein- gestellten Meyen, gleich seyn, die zwar schön Laub und Blust brin- gen, aber keine Wurtzel des Glaubens haben, den wahren Gnaden- Safft zu erreichen in GOtt, sie haben auch nur eine falsche mensch- liche selbst gemachte Wärme, so sie treibt, müssen also zuletzt noth- wendig verdorren.
Das
aNum. XVII.
bApoc. III.
Der geiſtliche Fruͤhling.
Fruͤchten der Buß zu tragen.thorecht als ein Gaͤrtner, der das pflantzen, zweygen, pfropfen, be- ſchneiden, beduͤngen wollte bleiben laſſen, und nur duͤrre Stecken hin und her einſtecken, ſich verlaſſende auf Aarons Ruthe, die in einer Nacht gegruͤnet, Bollen, Bluͤhte und Mandlen getragen a; Auſ- ſerordentliche Wundergeſchichte ſind in keine Folge zu ziehen; Wer ſich nicht in GOttes wohlgegruͤndete Ordnung richten will, wie er ſie uns in H. Schrifft offenbahret, wird dann zu ſpat ſein Eigenſinn bereuen; Wir muͤſſen uns ja vor ſo jungen Baͤumlein ſchaͤmen, ja vor den Dornhecken ſelbſt, die noch ſchoͤn geſundes Bluſt haben, und wir haben ſchon ſo manchen Fruͤhling erlebt, und die Himmli- ſche Begierden wollen ſich nirgends hervor thun. Es ſcheint wohl einiges Safft des Chriſtenthums und der Frommkeit da zu ſeyn, aber es iſt nicht vom heiligen Geiſt, ſondern nur aus falſchen irrdi- ſchen Abſichten, ſchoͤne Wort, ein heuchleriſches Geſchwaͤtz; aber keine Fruͤcht; die Sturmwinde der Anfechtung wehen das Bluſt ab, daß unzaͤhliche Ungeziefer von tauſenderley Verſuchungen verwuͤſtet allen den huͤpſchen Schein, daß die wahre Selbſt-Verlaͤugnung, Welt-Verſchmaͤhung und himmliſch Leben niemahls erfolget, ſon- dern es bleibt bey einigen geringfuͤgigen Wercklein die JEſum nicht verherrlichen, ſondern nur eine ſchlechte Ehr von den Leuten zuwe- gen bringen, als lebte man, indeſſen alles vor GOTT todt iſt b.
Wie leicht man ver- fuͤhret werde.
§. 16. Es beſinne ſich ein jeder, wie viel gute Vorſaͤtz er ſich ge- macht, wie offt nach geiſtlicher Fruchtbarkeit und des Feindes loß zu ſeyn, er geſeuffzet, da alles vereitlet und zernichtet worden, weil er dieſes alles nicht als gute Lockungen aus GOtt zu ſeyn erkannt, ihne daruͤber nicht demuͤthig geprieſen, auch wenig Sorge darzu getragen, als zu der allerkoſtbarſten Sache, ſich nicht im glaͤubigen Gebett zu GOtt gegen des Feindes liſtige Anlaͤuffe und Aufſaͤtze verwahret, damit ihn der Arge nicht antaſten, ſondern ihn luſtig an ſich kom- men, und alle Urſpruͤnge der ewigen Gluͤckſeeligkeit leichtſinniger weiſe wegrauben laſſen. Solche moͤgen wohl denen im Winter ein- geſtellten Meyen, gleich ſeyn, die zwar ſchoͤn Laub und Bluſt brin- gen, aber keine Wurtzel des Glaubens haben, den wahren Gnaden- Safft zu erreichen in GOtt, ſie haben auch nur eine falſche menſch- liche ſelbſt gemachte Waͤrme, ſo ſie treibt, muͤſſen alſo zuletzt noth- wendig verdorren.
Das
aNum. XVII.
bApoc. III.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0404"n="308"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Der geiſtliche Fruͤhling.</hi></fw><lb/><noteplace="left">Fruͤchten<lb/>
der Buß<lb/>
zu tragen.</note>thorecht als ein Gaͤrtner, der das pflantzen, zweygen, pfropfen, be-<lb/>ſchneiden, beduͤngen wollte bleiben laſſen, und nur duͤrre Stecken hin<lb/>
und her einſtecken, ſich verlaſſende auf Aarons Ruthe, die in einer<lb/>
Nacht gegruͤnet, Bollen, Bluͤhte und Mandlen getragen <noteplace="foot"n="a"><hirendition="#aq">Num. XVII.</hi></note>; Auſ-<lb/>ſerordentliche Wundergeſchichte ſind in keine Folge zu ziehen; Wer<lb/>ſich nicht in GOttes wohlgegruͤndete Ordnung richten will, wie er<lb/>ſie uns in H. Schrifft offenbahret, wird dann zu ſpat ſein Eigenſinn<lb/>
bereuen; Wir muͤſſen uns ja vor ſo jungen Baͤumlein ſchaͤmen, ja<lb/>
vor den Dornhecken ſelbſt, die noch ſchoͤn geſundes Bluſt haben,<lb/>
und wir haben ſchon ſo manchen Fruͤhling erlebt, und die Himmli-<lb/>ſche Begierden wollen ſich nirgends hervor thun. Es ſcheint wohl<lb/>
einiges Safft des Chriſtenthums und der Frommkeit da zu ſeyn,<lb/>
aber es iſt nicht vom heiligen Geiſt, ſondern nur aus falſchen irrdi-<lb/>ſchen Abſichten, ſchoͤne Wort, ein heuchleriſches Geſchwaͤtz; aber<lb/>
keine Fruͤcht; die Sturmwinde der Anfechtung wehen das Bluſt ab,<lb/>
daß unzaͤhliche Ungeziefer von tauſenderley Verſuchungen verwuͤſtet<lb/>
allen den huͤpſchen Schein, daß die wahre Selbſt-Verlaͤugnung,<lb/>
Welt-Verſchmaͤhung und himmliſch Leben niemahls erfolget, ſon-<lb/>
dern es bleibt bey einigen geringfuͤgigen Wercklein die JEſum nicht<lb/>
verherrlichen, ſondern nur eine ſchlechte Ehr von den Leuten zuwe-<lb/>
gen bringen, als lebte man, indeſſen alles vor GOTT todt iſt <noteplace="foot"n="b"><hirendition="#aq">Apoc. III.</hi></note>.</p><lb/><noteplace="left">Wie leicht<lb/>
man ver-<lb/>
fuͤhret<lb/>
werde.</note><p><hirendition="#i">§.</hi> 16. Es beſinne ſich ein jeder, wie viel gute Vorſaͤtz er ſich ge-<lb/>
macht, wie offt nach geiſtlicher Fruchtbarkeit und des Feindes loß<lb/>
zu ſeyn, er geſeuffzet, da alles vereitlet und zernichtet worden, weil<lb/>
er dieſes alles nicht als gute Lockungen aus GOtt zu ſeyn erkannt, ihne<lb/>
daruͤber nicht demuͤthig geprieſen, auch wenig Sorge darzu getragen,<lb/>
als zu der allerkoſtbarſten Sache, ſich nicht im glaͤubigen Gebett zu<lb/>
GOtt gegen des Feindes liſtige Anlaͤuffe und Aufſaͤtze verwahret,<lb/>
damit ihn der Arge nicht antaſten, ſondern ihn luſtig an ſich kom-<lb/>
men, und alle Urſpruͤnge der ewigen Gluͤckſeeligkeit leichtſinniger<lb/>
weiſe wegrauben laſſen. Solche moͤgen wohl denen im Winter ein-<lb/>
geſtellten Meyen, gleich ſeyn, die zwar ſchoͤn Laub und Bluſt brin-<lb/>
gen, aber keine Wurtzel des Glaubens haben, den wahren Gnaden-<lb/>
Safft zu erreichen in GOtt, ſie haben auch nur eine falſche menſch-<lb/>
liche ſelbſt gemachte Waͤrme, ſo ſie treibt, muͤſſen alſo zuletzt noth-<lb/>
wendig verdorren.</p></div><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Das</fw><lb/></div></body></text></TEI>
[308/0404]
Der geiſtliche Fruͤhling.
thorecht als ein Gaͤrtner, der das pflantzen, zweygen, pfropfen, be-
ſchneiden, beduͤngen wollte bleiben laſſen, und nur duͤrre Stecken hin
und her einſtecken, ſich verlaſſende auf Aarons Ruthe, die in einer
Nacht gegruͤnet, Bollen, Bluͤhte und Mandlen getragen a; Auſ-
ſerordentliche Wundergeſchichte ſind in keine Folge zu ziehen; Wer
ſich nicht in GOttes wohlgegruͤndete Ordnung richten will, wie er
ſie uns in H. Schrifft offenbahret, wird dann zu ſpat ſein Eigenſinn
bereuen; Wir muͤſſen uns ja vor ſo jungen Baͤumlein ſchaͤmen, ja
vor den Dornhecken ſelbſt, die noch ſchoͤn geſundes Bluſt haben,
und wir haben ſchon ſo manchen Fruͤhling erlebt, und die Himmli-
ſche Begierden wollen ſich nirgends hervor thun. Es ſcheint wohl
einiges Safft des Chriſtenthums und der Frommkeit da zu ſeyn,
aber es iſt nicht vom heiligen Geiſt, ſondern nur aus falſchen irrdi-
ſchen Abſichten, ſchoͤne Wort, ein heuchleriſches Geſchwaͤtz; aber
keine Fruͤcht; die Sturmwinde der Anfechtung wehen das Bluſt ab,
daß unzaͤhliche Ungeziefer von tauſenderley Verſuchungen verwuͤſtet
allen den huͤpſchen Schein, daß die wahre Selbſt-Verlaͤugnung,
Welt-Verſchmaͤhung und himmliſch Leben niemahls erfolget, ſon-
dern es bleibt bey einigen geringfuͤgigen Wercklein die JEſum nicht
verherrlichen, ſondern nur eine ſchlechte Ehr von den Leuten zuwe-
gen bringen, als lebte man, indeſſen alles vor GOTT todt iſt b.
Fruͤchten
der Buß
zu tragen.
§. 16. Es beſinne ſich ein jeder, wie viel gute Vorſaͤtz er ſich ge-
macht, wie offt nach geiſtlicher Fruchtbarkeit und des Feindes loß
zu ſeyn, er geſeuffzet, da alles vereitlet und zernichtet worden, weil
er dieſes alles nicht als gute Lockungen aus GOtt zu ſeyn erkannt, ihne
daruͤber nicht demuͤthig geprieſen, auch wenig Sorge darzu getragen,
als zu der allerkoſtbarſten Sache, ſich nicht im glaͤubigen Gebett zu
GOtt gegen des Feindes liſtige Anlaͤuffe und Aufſaͤtze verwahret,
damit ihn der Arge nicht antaſten, ſondern ihn luſtig an ſich kom-
men, und alle Urſpruͤnge der ewigen Gluͤckſeeligkeit leichtſinniger
weiſe wegrauben laſſen. Solche moͤgen wohl denen im Winter ein-
geſtellten Meyen, gleich ſeyn, die zwar ſchoͤn Laub und Bluſt brin-
gen, aber keine Wurtzel des Glaubens haben, den wahren Gnaden-
Safft zu erreichen in GOtt, ſie haben auch nur eine falſche menſch-
liche ſelbſt gemachte Waͤrme, ſo ſie treibt, muͤſſen alſo zuletzt noth-
wendig verdorren.
Das
a Num. XVII.
b Apoc. III.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 308. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/404>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.