wehe thut, sondern sich wohl noch im Hertzen kitzlet wanns dem Feind übel gehet, und meynet er habe solch Gericht an uns verschuldet, so wenig vertragt und duldet man. Wie sollte nicht auch der Ast der Sanfftmuth und Gedult Zucker-süsse Früchte tragen; aber wie wenig ist noch nachgeben bey ungleichen Naturen, wie viel angebohrne Feindschafft, wie wenig gründlich vergeben und vergessen! wie gern verdrängt man seinen Nächsten neben sich hinunter, wie viel hundert Gelegenheiten hätte nicht ein Hausherr des Tags gegen sein Haus- Gesind, ein Regent gegen Unterthanen, ein Prediger gegen Zuhö- rer, und jedwedes gegen denen mit welchen ers täglich leben und um- gehen muß, täglich Platten voll von diesen süssen Früchten aufzuti- schen, wann man sich alle Morgen an die heisseste Sonne der Erkannt- nuß der Göttlichen Herrlichkeit JEsu Christi begebe und alles wohl auskochen und mit seinem redlichen Sinn durchzuckeren liesse, aber da will man immer leiden was Christus nicht auflegt, gedenckt aus eiteler Hoffarth an was grosses ruchbahres, das ein groß Geschrey im Land mache, da will man sich einen Helden beweisen, weil viele Menschen-Augen auf einen sehen, aber was GOtt alle Augenblick zuschicket uns so heimlich und allgemach viel Weisheit zu lehren, das achtet man für geringe Kleinigkeiten, da doch mehrmahlen grosse Seeligkeiten und Gnaden-Schätz darunter verborgen liegen und wie kostbahre Kleinodien in schlechten Tüchlein den Menschen präsentiert werden: allein es siehets niemand als GOtt, und hat kein sonder- liches Aufsehen und Ruhm von den Menschen, darum achtet mans wenig, zu dem kommen die Anläß gar zu offt wieder.
§. 4. Allein welche Schätz zu sammlen gesinnet sind, geben unsum sie da- hin zu bringen muß nicht das ge- ringste versäumet werden. ein gute Regel, daß wer nicht zum Kreutzer Sorg trage, komme nicht zum Batzen, man muß kein Sonnen-Blicklein versaumen, wanns schon so zu reden nur ein halb Gran Safft und Süßigkeit mittheilen sollte, wer die Kostbarkeit des Reichs GOttes in seiner und anderer Leuten Seelen erkannt, verschertzt nicht gern die ge- ringste Gelegenheit himmlische Krafft, Licht und Leben aus dem H. Geist mit hefftigem Seelen-Durst in sich hinein zu saugen, durch den Glauben an den allertheursten Namen JEsu das saure so er noch in seinen Gemüths-Bewegungen empfindt zu vertreiben, sein Her- tzens-Wunsch ist, daß alle Theile und Kräffte der Seelen so gar ein- genommen und besessen werden, von JEsu Christi Liebes-Tinctur,
daß
S s 3
Der geiſtliche Fruͤhling.
wehe thut, ſondern ſich wohl noch im Hertzen kitzlet wanns dem Feind uͤbel gehet, und meynet er habe ſolch Gericht an uns verſchuldet, ſo wenig vertragt und duldet man. Wie ſollte nicht auch der Aſt der Sanfftmuth und Gedult Zucker-ſuͤſſe Fruͤchte tragen; aber wie wenig iſt noch nachgeben bey ungleichen Naturen, wie viel angebohrne Feindſchafft, wie wenig gruͤndlich vergeben und vergeſſen! wie gern verdraͤngt man ſeinen Naͤchſten neben ſich hinunter, wie viel hundert Gelegenheiten haͤtte nicht ein Hausherr des Tags gegen ſein Haus- Geſind, ein Regent gegen Unterthanen, ein Prediger gegen Zuhoͤ- rer, und jedwedes gegen denen mit welchen ers taͤglich leben und um- gehen muß, taͤglich Platten voll von dieſen ſuͤſſen Fruͤchten aufzuti- ſchen, wann man ſich alle Morgen an die heiſſeſte Sonne der Erkannt- nuß der Goͤttlichen Herrlichkeit JEſu Chriſti begebe und alles wohl auskochen und mit ſeinem redlichen Sinn durchzuckeren lieſſe, aber da will man immer leiden was Chriſtus nicht auflegt, gedenckt aus eiteler Hoffarth an was groſſes ruchbahres, das ein groß Geſchrey im Land mache, da will man ſich einen Helden beweiſen, weil viele Menſchen-Augen auf einen ſehen, aber was GOtt alle Augenblick zuſchicket uns ſo heimlich und allgemach viel Weisheit zu lehren, das achtet man fuͤr geringe Kleinigkeiten, da doch mehrmahlen groſſe Seeligkeiten und Gnaden-Schaͤtz darunter verborgen liegen und wie koſtbahre Kleinodien in ſchlechten Tuͤchlein den Menſchen praͤſentiert werden: allein es ſiehets niemand als GOtt, und hat kein ſonder- liches Aufſehen und Ruhm von den Menſchen, darum achtet mans wenig, zu dem kommen die Anlaͤß gar zu offt wieder.
§. 4. Allein welche Schaͤtz zu ſammlen geſinnet ſind, geben unsum ſie da- hin zu bringen muß nicht das ge- ringſte verſaͤumet werden. ein gute Regel, daß wer nicht zum Kreutzer Sorg trage, komme nicht zum Batzen, man muß kein Sonnen-Blicklein verſaumen, wanns ſchon ſo zu reden nur ein halb Gran Safft und Suͤßigkeit mittheilen ſollte, wer die Koſtbarkeit des Reichs GOttes in ſeiner und anderer Leuten Seelen erkannt, verſchertzt nicht gern die ge- ringſte Gelegenheit himmliſche Krafft, Licht und Leben aus dem H. Geiſt mit hefftigem Seelen-Durſt in ſich hinein zu ſaugen, durch den Glauben an den allertheurſten Namen JEſu das ſaure ſo er noch in ſeinen Gemuͤths-Bewegungen empfindt zu vertreiben, ſein Her- tzens-Wunſch iſt, daß alle Theile und Kraͤffte der Seelen ſo gar ein- genommen und beſeſſen werden, von JEſu Chriſti Liebes-Tinctur,
daß
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Der geiſtliche Fruͤhling.
wehe thut, ſondern ſich wohl noch im Hertzen kitzlet wanns dem Feind
uͤbel gehet, und meynet er habe ſolch Gericht an uns verſchuldet,
ſo wenig vertragt und duldet man. Wie ſollte nicht auch der Aſt
der Sanfftmuth und Gedult Zucker-ſuͤſſe Fruͤchte tragen; aber wie
wenig iſt noch nachgeben bey ungleichen Naturen, wie viel angebohrne
Feindſchafft, wie wenig gruͤndlich vergeben und vergeſſen! wie gern
verdraͤngt man ſeinen Naͤchſten neben ſich hinunter, wie viel hundert
Gelegenheiten haͤtte nicht ein Hausherr des Tags gegen ſein Haus-
Geſind, ein Regent gegen Unterthanen, ein Prediger gegen Zuhoͤ-
rer, und jedwedes gegen denen mit welchen ers taͤglich leben und um-
gehen muß, taͤglich Platten voll von dieſen ſuͤſſen Fruͤchten aufzuti-
ſchen, wann man ſich alle Morgen an die heiſſeſte Sonne der Erkannt-
nuß der Goͤttlichen Herrlichkeit JEſu Chriſti begebe und alles wohl
auskochen und mit ſeinem redlichen Sinn durchzuckeren lieſſe, aber
da will man immer leiden was Chriſtus nicht auflegt, gedenckt aus
eiteler Hoffarth an was groſſes ruchbahres, das ein groß Geſchrey
im Land mache, da will man ſich einen Helden beweiſen, weil viele
Menſchen-Augen auf einen ſehen, aber was GOtt alle Augenblick
zuſchicket uns ſo heimlich und allgemach viel Weisheit zu lehren, das
achtet man fuͤr geringe Kleinigkeiten, da doch mehrmahlen groſſe
Seeligkeiten und Gnaden-Schaͤtz darunter verborgen liegen und wie
koſtbahre Kleinodien in ſchlechten Tuͤchlein den Menſchen praͤſentiert
werden: allein es ſiehets niemand als GOtt, und hat kein ſonder-
liches Aufſehen und Ruhm von den Menſchen, darum achtet mans
wenig, zu dem kommen die Anlaͤß gar zu offt wieder.
§. 4. Allein welche Schaͤtz zu ſammlen geſinnet ſind, geben uns
ein gute Regel, daß wer nicht zum Kreutzer Sorg trage, komme
nicht zum Batzen, man muß kein Sonnen-Blicklein verſaumen,
wanns ſchon ſo zu reden nur ein halb Gran Safft und Suͤßigkeit
mittheilen ſollte, wer die Koſtbarkeit des Reichs GOttes in ſeiner
und anderer Leuten Seelen erkannt, verſchertzt nicht gern die ge-
ringſte Gelegenheit himmliſche Krafft, Licht und Leben aus dem H.
Geiſt mit hefftigem Seelen-Durſt in ſich hinein zu ſaugen, durch
den Glauben an den allertheurſten Namen JEſu das ſaure ſo er noch
in ſeinen Gemuͤths-Bewegungen empfindt zu vertreiben, ſein Her-
tzens-Wunſch iſt, daß alle Theile und Kraͤffte der Seelen ſo gar ein-
genommen und beſeſſen werden, von JEſu Chriſti Liebes-Tinctur,
daß
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bringen
muß nicht
das ge-
ringſte
verſaͤumet
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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 325. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/421>, abgerufen am 22.11.2024.
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