§. 12. Dunckt dich dein gläubig Gebett so schwach zu seyn, blei-Dazu aber ist ein mit dem Gebet begleiteter Glaub nö- thig. be nur am Zweig und Wurtzel Jesse hangen a, so wird dir allemahl ein Bißgen Safft der Lebens-Krafft JEsu beygelegt, biß eine Frucht zu rechter Grösse gekommen b; Schätze JEsum nie gering, daß du etwan gedächtest du könntest wohl ohne unverruckte Anruffung seines heiligen Nahmens in der Heiligung fortwachsen c; sonst wurdest du gewiß einschrumpfen; suche nicht vor etwas mehrers gehalten zu wer- den als du in der That bist, sonst wurdest du gleich denen Früchten, die lang vor anderen wegen ihrer schönen Farb reiff zu seyn scheinen, aber im Gebrauch ungeschmackt, und von Würmen durchfressen er- funden werden, weil sie fremden Safft, Lieb und Lust zu eigener Hochheit und Vortrefflichkeit in sich gelassen haben; darum sie auch bey einem kleinen Sturm abfallen, weil sie sich selbst mehr geliebet als GOtt und an Christo nicht in Demuth fest gehalten: Wer glaubt übereilt sich nichtd.
§. 13. Dencke offtmahl es ist um JEsu zu thun, ihn zu verherrli-Wird wei- ter gezei- get was man thun solle um fruchtbar zu werden. chen und zu vergnügen, verachtet und verspottet dich jemand so den- cke, dort surret ein Hornuß des Zorns und Hochmuths daher, der will meine Apfel der Sanfftmuth angreiffen, und vor GOtt unan- schaulich machen; Ach HErr JEsu wehre, treibe ab den bösen Häs- ser! begegnen dir allerhand Verdrießlichkeiten, so dencke, das höl- lische Unzieffer will mein Trauben der Gedult und Leidsamkeit ver- derben; O GOTT, lehre mich die Kunst und Lection, Schweigen und Leiden, in der Vollkommenheit; mache mich doch also glücksee- lig, daß ich meinem Herren Christo alle Tag möge eine Blatte lau- tere Honig-süsse Trauben aufstellen; Der Weinstock ist zum Leiden gebohren, und thut dennoch niemand nichts zu leyd; Ach mache mich mein GOTT von Hertzen gerüst lustig und willig alles, Schaden, Spott, Schmach und Hohn über mich gehen zu lassen, auch von de- nen, die mir sonst als Untergebene Ehrerbietung schuldig wären, gib Gnad den Mund nimmermehr aufzuthun, jemand was zu sagen; ja ja liebe Seele, laß dein Hertz in stiller Ruh mit GOtt vereint blei- ben; Lege ein Mahlen-Schloß an deinen Mund, des Hertzens Rei- nigkeit zu bewahren; thue und rede niemand nichts zum Verdruß,
und
aEsai. LIII.
bEph. IV. 13.
c 2 Tim. II. 8.
dColos. II. 19. Esai. XXVIII. 16.
Der geiſtliche Fruͤhling.
§. 12. Dunckt dich dein glaͤubig Gebett ſo ſchwach zu ſeyn, blei-Dazu aber iſt ein mit dem Gebet begleiteter Glaub noͤ- thig. be nur am Zweig und Wurtzel Jeſſe hangen a, ſo wird dir allemahl ein Bißgen Safft der Lebens-Krafft JEſu beygelegt, biß eine Frucht zu rechter Groͤſſe gekommen b; Schaͤtze JEſum nie gering, daß du etwan gedaͤchteſt du koͤnnteſt wohl ohne unverruckte Anruffung ſeines heiligen Nahmens in der Heiligung fortwachſen c; ſonſt wurdeſt du gewiß einſchrumpfen; ſuche nicht vor etwas mehrers gehalten zu wer- den als du in der That biſt, ſonſt wurdeſt du gleich denen Fruͤchten, die lang vor anderen wegen ihrer ſchoͤnen Farb reiff zu ſeyn ſcheinen, aber im Gebrauch ungeſchmackt, und von Wuͤrmen durchfreſſen er- funden werden, weil ſie fremden Safft, Lieb und Luſt zu eigener Hochheit und Vortrefflichkeit in ſich gelaſſen haben; darum ſie auch bey einem kleinen Sturm abfallen, weil ſie ſich ſelbſt mehr geliebet als GOtt und an Chriſto nicht in Demuth feſt gehalten: Wer glaubt uͤbereilt ſich nichtd.
§. 13. Dencke offtmahl es iſt um JEſu zu thun, ihn zu verherrli-Wird wei- ter gezei- get was man thun ſolle um fruchtbar zu werden. chen und zu vergnuͤgen, verachtet und verſpottet dich jemand ſo den- cke, dort ſurret ein Hornuß des Zorns und Hochmuths daher, der will meine Apfel der Sanfftmuth angreiffen, und vor GOtt unan- ſchaulich machen; Ach HErr JEſu wehre, treibe ab den boͤſen Haͤſ- ſer! begegnen dir allerhand Verdrießlichkeiten, ſo dencke, das hoͤl- liſche Unzieffer will mein Trauben der Gedult und Leidſamkeit ver- derben; O GOTT, lehre mich die Kunſt und Lection, Schweigen und Leiden, in der Vollkommenheit; mache mich doch alſo gluͤckſee- lig, daß ich meinem Herren Chriſto alle Tag moͤge eine Blatte lau- tere Honig-ſuͤſſe Trauben aufſtellen; Der Weinſtock iſt zum Leiden gebohren, und thut dennoch niemand nichts zu leyd; Ach mache mich mein GOTT von Hertzen geruͤſt luſtig und willig alles, Schaden, Spott, Schmach und Hohn uͤber mich gehen zu laſſen, auch von de- nen, die mir ſonſt als Untergebene Ehrerbietung ſchuldig waͤren, gib Gnad den Mund nimmermehr aufzuthun, jemand was zu ſagen; ja ja liebe Seele, laß dein Hertz in ſtiller Ruh mit GOtt vereint blei- ben; Lege ein Mahlen-Schloß an deinen Mund, des Hertzens Rei- nigkeit zu bewahren; thue und rede niemand nichts zum Verdruß,
und
aEſai. LIII.
bEph. IV. 13.
c 2 Tim. II. 8.
dColoſ. II. 19. Eſai. XXVIII. 16.
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Der geiſtliche Fruͤhling.
§. 12. Dunckt dich dein glaͤubig Gebett ſo ſchwach zu ſeyn, blei-
be nur am Zweig und Wurtzel Jeſſe hangen a, ſo wird dir allemahl
ein Bißgen Safft der Lebens-Krafft JEſu beygelegt, biß eine Frucht
zu rechter Groͤſſe gekommen b; Schaͤtze JEſum nie gering, daß du
etwan gedaͤchteſt du koͤnnteſt wohl ohne unverruckte Anruffung ſeines
heiligen Nahmens in der Heiligung fortwachſen c; ſonſt wurdeſt du
gewiß einſchrumpfen; ſuche nicht vor etwas mehrers gehalten zu wer-
den als du in der That biſt, ſonſt wurdeſt du gleich denen Fruͤchten,
die lang vor anderen wegen ihrer ſchoͤnen Farb reiff zu ſeyn ſcheinen,
aber im Gebrauch ungeſchmackt, und von Wuͤrmen durchfreſſen er-
funden werden, weil ſie fremden Safft, Lieb und Luſt zu eigener
Hochheit und Vortrefflichkeit in ſich gelaſſen haben; darum ſie auch
bey einem kleinen Sturm abfallen, weil ſie ſich ſelbſt mehr geliebet
als GOtt und an Chriſto nicht in Demuth feſt gehalten: Wer
glaubt uͤbereilt ſich nicht d.
Dazu aber
iſt ein mit
dem Gebet
begleiteter
Glaub noͤ-
thig.
§. 13. Dencke offtmahl es iſt um JEſu zu thun, ihn zu verherrli-
chen und zu vergnuͤgen, verachtet und verſpottet dich jemand ſo den-
cke, dort ſurret ein Hornuß des Zorns und Hochmuths daher, der
will meine Apfel der Sanfftmuth angreiffen, und vor GOtt unan-
ſchaulich machen; Ach HErr JEſu wehre, treibe ab den boͤſen Haͤſ-
ſer! begegnen dir allerhand Verdrießlichkeiten, ſo dencke, das hoͤl-
liſche Unzieffer will mein Trauben der Gedult und Leidſamkeit ver-
derben; O GOTT, lehre mich die Kunſt und Lection, Schweigen
und Leiden, in der Vollkommenheit; mache mich doch alſo gluͤckſee-
lig, daß ich meinem Herren Chriſto alle Tag moͤge eine Blatte lau-
tere Honig-ſuͤſſe Trauben aufſtellen; Der Weinſtock iſt zum Leiden
gebohren, und thut dennoch niemand nichts zu leyd; Ach mache mich
mein GOTT von Hertzen geruͤſt luſtig und willig alles, Schaden,
Spott, Schmach und Hohn uͤber mich gehen zu laſſen, auch von de-
nen, die mir ſonſt als Untergebene Ehrerbietung ſchuldig waͤren, gib
Gnad den Mund nimmermehr aufzuthun, jemand was zu ſagen; ja
ja liebe Seele, laß dein Hertz in ſtiller Ruh mit GOtt vereint blei-
ben; Lege ein Mahlen-Schloß an deinen Mund, des Hertzens Rei-
nigkeit zu bewahren; thue und rede niemand nichts zum Verdruß,
und
Wird wei-
ter gezei-
get was
man thun
ſolle um
fruchtbar
zu werden.
a Eſai. LIII.
b Eph. IV. 13.
c 2 Tim. II. 8.
d Coloſ. II. 19.
Eſai. XXVIII. 16.
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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 375. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/471>, abgerufen am 25.11.2024.
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