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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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liegende Wein-Trauben.
derselbe mit aller seiner Schönheit und Freude verschlossen, Sonn,
Mond und Sternen gönnen ihro in kurtzem für ewig keinen Schein
mehr; ihre Land-Güter, Meyerhöf, Gült-Briefe; kurtz, alles sicht-
bahre wird ihro zur bittersten Quaal und Schande, und verschmä-
hen ihr Aechzen und Klagen; wo will sie alsdann hinaus? nirgends
hin, als mit Schrecken in GOttes Zorn hinunter sincken.

§. 12. (4.) Das allerseeligste Leben mag wohl alle seine Freud,Trost aus
dem Zagen
JEsu.

Trost, Labsal und Stärcke am Zagen Christi suchen, mit einem dar-
mit verknüpfften Eckel und Abscheu auch der geringsten Sünden, so
wird ihme dieser mächtige Held nicht nur ein Fürst seyn des Frie-
dens, und alles Zagen, Schrecken und Angst im Gewissen linderen,
wegwüschen, und in den süssesten Frieden verwandlen; alle Last er-
leichteren, gar abnehmen, und auf seinen eigenen Rucken laden,
alldieweil Er GOtt ist, und so schwehre Bürde besser zu tragen ver-
mag, und ehender davon loß wird; sondern die gläubige Seel wird
ihn auch haben und geniessen als einen Fürsten des Lebens, der ihro
das übermenschlich himmlisch Gnaden-Leben, Licht, Krafft und Lust
in GOtt mittheilt.

§. 13. Wir werden aber unsers HErren Leyd und die HefftigkeitJESUS
gibt mit
Worten
die Grösse
seines
Schmer-
tzens zu
erkennen,
welcher

desselben noch ferners sehen, wann wir (2.) Auf seine hertzbrechen-
de Wort Achtung geben, daß er zu seinen Jüngeren klagend spricht:
Meine Seele ist betrübt biß in den Tod/ perilupos, d. i. mit Trau-
rigkeit, als mit einem Wall bloquiert, oder umlägeret, und von den
Feinden um und um eingethan; Lucas sagt: daß JEsus mit dem
Tod gerungen
als ein sterbender Mensch, oder einer, der auf Leib
und Leben kämpffet; daher bricht er gantz wehmüthig aus; Meine
Seele ist betrübt biß in den Tod:
als wollte er sagen: Mich dunckt,
ich müsse verschmachten, ich kans nicht mehr im Hertzen verschmer-
tzen, ich kan nicht schweigen, es kommt mich eine solche Betrübnuß
an, die mir den Athem hemmt, daß ich schier ersticken muß für Trau-
rigkeit. Daher werden die Leiden des HErren JEsu den aller-
schmertzhafftesten und allerempfindlichsten Sachen verglichen.

§. 14. Erstlich denen Geburts-Schmertzen/ wann dorten Pe-den Ge-
burts-
Schmer-
tzen

trus sagt von JEsu: den hat GOtt auferwecket/ und aufgelöset
die Schmertzen des Todes
a/ ooinas, welches Wort eigentlich die
Schmertzen einer Gebährenden bedeutet; Da JEsus ein so grosses

Volck,
a Act. II. 24.
G g g 2

liegende Wein-Trauben.
derſelbe mit aller ſeiner Schoͤnheit und Freude verſchloſſen, Sonn,
Mond und Sternen goͤnnen ihro in kurtzem fuͤr ewig keinen Schein
mehr; ihre Land-Guͤter, Meyerhoͤf, Guͤlt-Briefe; kurtz, alles ſicht-
bahre wird ihro zur bitterſten Quaal und Schande, und verſchmaͤ-
hen ihr Aechzen und Klagen; wo will ſie alsdann hinaus? nirgends
hin, als mit Schrecken in GOttes Zorn hinunter ſincken.

§. 12. (4.) Das allerſeeligſte Leben mag wohl alle ſeine Freud,Troſt aus
dem Zagen
JEſu.

Troſt, Labſal und Staͤrcke am Zagen Chriſti ſuchen, mit einem dar-
mit verknuͤpfften Eckel und Abſcheu auch der geringſten Suͤnden, ſo
wird ihme dieſer maͤchtige Held nicht nur ein Fuͤrſt ſeyn des Frie-
dens, und alles Zagen, Schrecken und Angſt im Gewiſſen linderen,
wegwuͤſchen, und in den ſuͤſſeſten Frieden verwandlen; alle Laſt er-
leichteren, gar abnehmen, und auf ſeinen eigenen Rucken laden,
alldieweil Er GOtt iſt, und ſo ſchwehre Buͤrde beſſer zu tragen ver-
mag, und ehender davon loß wird; ſondern die glaͤubige Seel wird
ihn auch haben und genieſſen als einen Fuͤrſten des Lebens, der ihro
das uͤbermenſchlich himmliſch Gnaden-Leben, Licht, Krafft und Luſt
in GOtt mittheilt.

§. 13. Wir werden aber unſers HErren Leyd und die HefftigkeitJESUS
gibt mit
Worten
die Groͤſſe
ſeines
Schmer-
tzens zu
erkennen,
welcher

deſſelben noch ferners ſehen, wann wir (2.) Auf ſeine hertzbrechen-
de Wort Achtung geben, daß er zu ſeinen Juͤngeren klagend ſpricht:
Meine Seele iſt betruͤbt biß in den Tod/ περίλυπὸς, d. i. mit Trau-
rigkeit, als mit einem Wall bloquiert, oder umlaͤgeret, und von den
Feinden um und um eingethan; Lucas ſagt: daß JEſus mit dem
Tod gerungen
als ein ſterbender Menſch, oder einer, der auf Leib
und Leben kaͤmpffet; daher bricht er gantz wehmuͤthig aus; Meine
Seele iſt betruͤbt biß in den Tod:
als wollte er ſagen: Mich dunckt,
ich muͤſſe verſchmachten, ich kans nicht mehr im Hertzen verſchmer-
tzen, ich kan nicht ſchweigen, es kommt mich eine ſolche Betruͤbnuß
an, die mir den Athem hemmt, daß ich ſchier erſticken muß fuͤr Trau-
rigkeit. Daher werden die Leiden des HErren JEſu den aller-
ſchmertzhaffteſten und allerempfindlichſten Sachen verglichen.

§. 14. Erſtlich denen Geburts-Schmertzen/ wann dorten Pe-den Ge-
burts-
Schmer-
tzen

trus ſagt von JEſu: den hat GOtt auferwecket/ und aufgeloͤſet
die Schmertzen des Todes
a/ ὠὸὶνας, welches Wort eigentlich die
Schmertzen einer Gebaͤhrenden bedeutet; Da JEſus ein ſo groſſes

Volck,
a Act. II. 24.
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[419/0515] liegende Wein-Trauben. derſelbe mit aller ſeiner Schoͤnheit und Freude verſchloſſen, Sonn, Mond und Sternen goͤnnen ihro in kurtzem fuͤr ewig keinen Schein mehr; ihre Land-Guͤter, Meyerhoͤf, Guͤlt-Briefe; kurtz, alles ſicht- bahre wird ihro zur bitterſten Quaal und Schande, und verſchmaͤ- hen ihr Aechzen und Klagen; wo will ſie alsdann hinaus? nirgends hin, als mit Schrecken in GOttes Zorn hinunter ſincken. §. 12. (4.) Das allerſeeligſte Leben mag wohl alle ſeine Freud, Troſt, Labſal und Staͤrcke am Zagen Chriſti ſuchen, mit einem dar- mit verknuͤpfften Eckel und Abſcheu auch der geringſten Suͤnden, ſo wird ihme dieſer maͤchtige Held nicht nur ein Fuͤrſt ſeyn des Frie- dens, und alles Zagen, Schrecken und Angſt im Gewiſſen linderen, wegwuͤſchen, und in den ſuͤſſeſten Frieden verwandlen; alle Laſt er- leichteren, gar abnehmen, und auf ſeinen eigenen Rucken laden, alldieweil Er GOtt iſt, und ſo ſchwehre Buͤrde beſſer zu tragen ver- mag, und ehender davon loß wird; ſondern die glaͤubige Seel wird ihn auch haben und genieſſen als einen Fuͤrſten des Lebens, der ihro das uͤbermenſchlich himmliſch Gnaden-Leben, Licht, Krafft und Luſt in GOtt mittheilt. Troſt aus dem Zagen JEſu. §. 13. Wir werden aber unſers HErren Leyd und die Hefftigkeit deſſelben noch ferners ſehen, wann wir (2.) Auf ſeine hertzbrechen- de Wort Achtung geben, daß er zu ſeinen Juͤngeren klagend ſpricht: Meine Seele iſt betruͤbt biß in den Tod/ περίλυπὸς, d. i. mit Trau- rigkeit, als mit einem Wall bloquiert, oder umlaͤgeret, und von den Feinden um und um eingethan; Lucas ſagt: daß JEſus mit dem Tod gerungen als ein ſterbender Menſch, oder einer, der auf Leib und Leben kaͤmpffet; daher bricht er gantz wehmuͤthig aus; Meine Seele iſt betruͤbt biß in den Tod: als wollte er ſagen: Mich dunckt, ich muͤſſe verſchmachten, ich kans nicht mehr im Hertzen verſchmer- tzen, ich kan nicht ſchweigen, es kommt mich eine ſolche Betruͤbnuß an, die mir den Athem hemmt, daß ich ſchier erſticken muß fuͤr Trau- rigkeit. Daher werden die Leiden des HErren JEſu den aller- ſchmertzhaffteſten und allerempfindlichſten Sachen verglichen. JESUS gibt mit Worten die Groͤſſe ſeines Schmer- tzens zu erkennen, welcher §. 14. Erſtlich denen Geburts-Schmertzen/ wann dorten Pe- trus ſagt von JEſu: den hat GOtt auferwecket/ und aufgeloͤſet die Schmertzen des Todes a/ ὠὸὶνας, welches Wort eigentlich die Schmertzen einer Gebaͤhrenden bedeutet; Da JEſus ein ſo groſſes Volck, den Ge- burts- Schmer- tzen a Act. II. 24. G g g 2

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 419. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/515>, abgerufen am 27.07.2024.