Er: Es hat mich umgeben Leiden ohne Zahl/ es habey mich mei- ne Sünden ergriffen/ welche nehmlich ihne, als den Bürgen ge- peiniget hatten, daß ich nicht lehen kan vor Rauch, Dampff, Angst und Quaal, ihrer seynd mehr als Haar auf meinem Haupt/ und mein Hertz hat mich verlassen/ Jch sincke in Ohnmacht, laß dirs gefallen HErr, daß du mich errettest/ eile HErr mir zu helf- fena.
§. 21. JEsus war in seiner Leidens-Kelter erfunden eine himmlischDaß ein Uberfluß von süß Göttli- chem Saft in ihme gewesen. Honig-süsse Trauben, da wurden alle Beer an ihme gantz und gar zertrucket, aber da ware überall nirgend nicht ein Tröpfgen saur- lechten Saffts zu finden, alles, alles ware von so unaussprechlicher, Göttlicher Süßigkeit, daß es nicht nur von keiner Säure angestecket werden mag, sondern wann auch die allerherbste, säuerste Seel mit diesem Safft vermenget und durchdrungen wird, so wird alles nach und nach in ein Englisches Süß verwandlet; Ach wie wurde nicht alles an JEsu vernichtet, zerhacket, verlästert, die Beer seiner Wun- derwercken, die Beer seines heiligen Lebens, die Beer seiner himm- lischen Lehr, und alle die Beer seiner Göttlichen Tugenden wurden sehr zerquetschet, aber was vor süsse, Hertz-beruhigende Bächlein da- von geflossen seyen und noch fliessen, das erfahren und kosten alle die zu JEsu nahen, und mit ihme allein zu frieden seyn wollen:
§. 22. O theurster JEsu! wann unsere Seel sich durch deine gros-Dringen- des Gebet zu JEsu. se Güte befindet in der Liebes-Flammen deines reinigenden Feur-Ei- fers, deiner gerechten Barmhertzigkeit, und deiner erbarmenden Ge- rechtigkeit und Heiligkeit, und dein sanfftes Liebes-Feur ob uns waltet, darbey dann unsere blöde eigenliebige Natur, Angst und Bangigkeit fühlet, und gern des Leidens loß wäre; so gib, daß wir an diesen deinen hefftigen Kampff und Durchbruch durch GOttes Zorn, Tod, Teufel, Sünd und Hölle gedencken, und also nicht hinter dir abweichen, biß wir dir nach an dir hangende, in deiner von dir uns erworbenen und dargereichten Glaubens-Krafft in das von dir geöffnete Paradieß hinein dringen, und uns gern von dem flammenden Schwerdt deiner eiferigen Liebe, alles was der alten Geburt anhängig ist, abschneiden lassen, und es als die alleredelste Frucht die- ses deines Leidens annehmen; wann wir über unsere geheimste Ge-
dancken
aPs. XL. 13. 14.
liegende Wein-Trauben.
Er: Es hat mich umgeben Leiden ohne Zahl/ es habey mich mei- ne Suͤnden ergriffen/ welche nehmlich ihne, als den Buͤrgen ge- peiniget hatten, daß ich nicht lehen kan vor Rauch, Dampff, Angſt und Quaal, ihrer ſeynd mehr als Haar auf meinem Haupt/ und mein Hertz hat mich verlaſſen/ Jch ſincke in Ohnmacht, laß dirs gefallen HErr, daß du mich erretteſt/ eile HErr mir zu helf- fena.
§. 21. JEſus war in ſeiner Leidens-Kelter erfunden eine himmliſchDaß ein Uberfluß von ſuͤß Goͤttli- chem Saft in ihme geweſen. Honig-ſuͤſſe Trauben, da wurden alle Beer an ihme gantz und gar zertrucket, aber da ware uͤberall nirgend nicht ein Troͤpfgen ſaur- lechten Saffts zu finden, alles, alles ware von ſo unausſprechlicher, Goͤttlicher Suͤßigkeit, daß es nicht nur von keiner Saͤure angeſtecket werden mag, ſondern wann auch die allerherbſte, ſaͤuerſte Seel mit dieſem Safft vermenget und durchdrungen wird, ſo wird alles nach und nach in ein Engliſches Suͤß verwandlet; Ach wie wurde nicht alles an JEſu vernichtet, zerhacket, verlaͤſtert, die Beer ſeiner Wun- derwercken, die Beer ſeines heiligen Lebens, die Beer ſeiner himm- liſchen Lehr, und alle die Beer ſeiner Goͤttlichen Tugenden wurden ſehr zerquetſchet, aber was vor ſuͤſſe, Hertz-beruhigende Baͤchlein da- von gefloſſen ſeyen und noch flieſſen, das erfahren und koſten alle die zu JEſu nahen, und mit ihme allein zu frieden ſeyn wollen:
§. 22. O theurſter JEſu! wann unſere Seel ſich durch deine groſ-Dringen- des Gebet zu JEſu. ſe Guͤte befindet in der Liebes-Flammen deines reinigenden Feur-Ei- fers, deiner gerechten Barmhertzigkeit, und deiner erbarmenden Ge- rechtigkeit und Heiligkeit, und dein ſanfftes Liebes-Feur ob uns waltet, darbey dann unſere bloͤde eigenliebige Natur, Angſt und Bangigkeit fuͤhlet, und gern des Leidens loß waͤre; ſo gib, daß wir an dieſen deinen hefftigen Kampff und Durchbruch durch GOttes Zorn, Tod, Teufel, Suͤnd und Hoͤlle gedencken, und alſo nicht hinter dir abweichen, biß wir dir nach an dir hangende, in deiner von dir uns erworbenen und dargereichten Glaubens-Krafft in das von dir geoͤffnete Paradieß hinein dringen, und uns gern von dem flammenden Schwerdt deiner eiferigen Liebe, alles was der alten Geburt anhaͤngig iſt, abſchneiden laſſen, und es als die alleredelſte Frucht die- ſes deines Leidens annehmen; wann wir uͤber unſere geheimſte Ge-
dancken
aPſ. XL. 13. 14.
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liegende Wein-Trauben.
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ne Suͤnden ergriffen/ welche nehmlich ihne, als den Buͤrgen ge-
peiniget hatten, daß ich nicht lehen kan vor Rauch, Dampff,
Angſt und Quaal, ihrer ſeynd mehr als Haar auf meinem Haupt/
und mein Hertz hat mich verlaſſen/ Jch ſincke in Ohnmacht, laß
dirs gefallen HErr, daß du mich erretteſt/ eile HErr mir zu helf-
fen a.
§. 21. JEſus war in ſeiner Leidens-Kelter erfunden eine himmliſch
Honig-ſuͤſſe Trauben, da wurden alle Beer an ihme gantz und gar
zertrucket, aber da ware uͤberall nirgend nicht ein Troͤpfgen ſaur-
lechten Saffts zu finden, alles, alles ware von ſo unausſprechlicher,
Goͤttlicher Suͤßigkeit, daß es nicht nur von keiner Saͤure angeſtecket
werden mag, ſondern wann auch die allerherbſte, ſaͤuerſte Seel mit
dieſem Safft vermenget und durchdrungen wird, ſo wird alles nach
und nach in ein Engliſches Suͤß verwandlet; Ach wie wurde nicht
alles an JEſu vernichtet, zerhacket, verlaͤſtert, die Beer ſeiner Wun-
derwercken, die Beer ſeines heiligen Lebens, die Beer ſeiner himm-
liſchen Lehr, und alle die Beer ſeiner Goͤttlichen Tugenden wurden
ſehr zerquetſchet, aber was vor ſuͤſſe, Hertz-beruhigende Baͤchlein da-
von gefloſſen ſeyen und noch flieſſen, das erfahren und koſten alle die
zu JEſu nahen, und mit ihme allein zu frieden ſeyn wollen:
Daß ein
Uberfluß
von ſuͤß
Goͤttli-
chem Saft
in ihme
geweſen.
§. 22. O theurſter JEſu! wann unſere Seel ſich durch deine groſ-
ſe Guͤte befindet in der Liebes-Flammen deines reinigenden Feur-Ei-
fers, deiner gerechten Barmhertzigkeit, und deiner erbarmenden Ge-
rechtigkeit und Heiligkeit, und dein ſanfftes Liebes-Feur ob uns
waltet, darbey dann unſere bloͤde eigenliebige Natur, Angſt und
Bangigkeit fuͤhlet, und gern des Leidens loß waͤre; ſo gib, daß wir
an dieſen deinen hefftigen Kampff und Durchbruch durch GOttes
Zorn, Tod, Teufel, Suͤnd und Hoͤlle gedencken, und alſo nicht
hinter dir abweichen, biß wir dir nach an dir hangende, in deiner
von dir uns erworbenen und dargereichten Glaubens-Krafft in das
von dir geoͤffnete Paradieß hinein dringen, und uns gern von dem
flammenden Schwerdt deiner eiferigen Liebe, alles was der alten Geburt
anhaͤngig iſt, abſchneiden laſſen, und es als die alleredelſte Frucht die-
ſes deines Leidens annehmen; wann wir uͤber unſere geheimſte Ge-
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Dringen-
des Gebet
zu JEſu.
a Pſ. XL. 13. 14.
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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 423. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/519>, abgerufen am 22.11.2024.
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