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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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liegende Wein-Trauben.
nicht mit heissem Durst ergreiffet, und den Sünden-Kelch nicht bey
sich vorüber gehen lasset, daß auch der ewige Freuden-Kelch bey
ihme vorüber gehen, und der erschröckliche Zorn-Kelch in seiner See-
len Durst sich ewiglich ergiessen werde.

§. 3. O wie übel thun demnach auch hier alle annoch ungedultige,Bußferti-
ge aber im
Creutz Un-
leidige

unleydige und eigenwillige Seelen! JEsus hat niemahl weder Creutz
noch Schmach, noch Schmertzen abgebetten, vielmehr hat Er Pe-
trum einen Satan gescholten, welcher an ihne begehrt, Er sollte
sein selbst schonen; und hier hat Er nur um ein wenig Auslüfftung
angehalten, damit Er nachwerts die allerschnödeste Mißhandlung,
und die gröste Schand vor aller Welt ausstehen könte; Und wir
wollen uns immer aus dem Creutz, so uns doch meistentheils die allernö-
thigste und seligste Sache ist, heraus betten; Der Wille JESU
ware so heilig und rein, daß die, alles innig durchtringende Augen
GOttes niemahlen nichts unrichtiges darinnen gefunden; gleichwohl
opferte Er denselben gäntzlich auf dem Willen seines himmlischen
Vatters; Und wir, die wir nichts als Unredlichkeit, Falschheit,
Verkehrtheit und Unseligkeit in unserem Willen haben, wollen den-
noch denselben der Göttlichen Weisheit, Liebe und Allmacht nicht
unterwerffen!

§. 4. Wie sollten wir uns doch nicht schämen, vor unserem Jm-solle die
Betrach-
tung des-
sen was
JEsus für
sie gelit-
ten

manuel, die wir nichts als Ungnad und Höll verdienet, denen GOtt
alle Wiedrigkeiten zu ihrem Besten zuschickt, und noch denen Ge-
dultigen so herrliche Gnaden-Belohnung verheisset; und wir seynd so
thorecht daß wir dieses unser Heyl mit Füssen von uns stossen; da hin-
gegen JEsus eine so schwere Buß, und so schmertzliche Reinigung vor
sich nicht nöthig hatte, sonderen bloß um unserer Seligkeit willen, hat
Er dieses brausende Gifft und aufwallenden Fluch in sich hinein geso-
gen; und damit nicht ein Tropfen von diesem Greuel zurück bliebe,
hat Er GOtt seinen Vatter um Frist gebetten; und wir Unseelige
wollen ihm das Höchst-heilsame nicht nachtrincken, darinnen lauter
Heyl und Seegen ist, und welches Er uns zur Gesundheit und Le-
ben übergelassen hat.

§. 5. Wir sollten ja bey jedem Leyden und Bedrängnuß uns dieseim Creutz
gedultig
machen,

Rechnung machen, das sey ein Tröpflein aus dem Becher, welchen
uns die Gütigkeit des Vätterlichen Hertzens GOttes von Ewigkeit
her auszutrincken bestimmet, damit alle Verstopfung, da Christi

Blut

liegende Wein-Trauben.
nicht mit heiſſem Durſt ergreiffet, und den Suͤnden-Kelch nicht bey
ſich voruͤber gehen laſſet, daß auch der ewige Freuden-Kelch bey
ihme voruͤber gehen, und der erſchroͤckliche Zorn-Kelch in ſeiner See-
len Durſt ſich ewiglich ergieſſen werde.

§. 3. O wie uͤbel thun demnach auch hier alle annoch ungedultige,Bußferti-
ge aber im
Creutz Un-
leidige

unleydige und eigenwillige Seelen! JEſus hat niemahl weder Creutz
noch Schmach, noch Schmertzen abgebetten, vielmehr hat Er Pe-
trum einen Satan geſcholten, welcher an ihne begehrt, Er ſollte
ſein ſelbſt ſchonen; und hier hat Er nur um ein wenig Ausluͤfftung
angehalten, damit Er nachwerts die allerſchnoͤdeſte Mißhandlung,
und die groͤſte Schand vor aller Welt ausſtehen koͤnte; Und wir
wollen uns immer aus dem Creutz, ſo uns doch meiſtentheils die allernoͤ-
thigſte und ſeligſte Sache iſt, heraus betten; Der Wille JESU
ware ſo heilig und rein, daß die, alles innig durchtringende Augen
GOttes niemahlen nichts unrichtiges darinnen gefunden; gleichwohl
opferte Er denſelben gaͤntzlich auf dem Willen ſeines himmliſchen
Vatters; Und wir, die wir nichts als Unredlichkeit, Falſchheit,
Verkehrtheit und Unſeligkeit in unſerem Willen haben, wollen den-
noch denſelben der Goͤttlichen Weisheit, Liebe und Allmacht nicht
unterwerffen!

§. 4. Wie ſollten wir uns doch nicht ſchaͤmen, vor unſerem Jm-ſolle die
Betrach-
tung deſ-
ſen was
JEſus fuͤr
ſie gelit-
ten

manuel, die wir nichts als Ungnad und Hoͤll verdienet, denen GOtt
alle Wiedrigkeiten zu ihrem Beſten zuſchickt, und noch denen Ge-
dultigen ſo herrliche Gnaden-Belohnung verheiſſet; und wir ſeynd ſo
thorecht daß wir dieſes unſer Heyl mit Fuͤſſen von uns ſtoſſen; da hin-
gegen JEſus eine ſo ſchwere Buß, und ſo ſchmertzliche Reinigung vor
ſich nicht noͤthig hatte, ſonderen bloß um unſerer Seligkeit willen, hat
Er dieſes brauſende Gifft und aufwallenden Fluch in ſich hinein geſo-
gen; und damit nicht ein Tropfen von dieſem Greuel zuruͤck bliebe,
hat Er GOtt ſeinen Vatter um Friſt gebetten; und wir Unſeelige
wollen ihm das Hoͤchſt-heilſame nicht nachtrincken, darinnen lauter
Heyl und Seegen iſt, und welches Er uns zur Geſundheit und Le-
ben uͤbergelaſſen hat.

§. 5. Wir ſollten ja bey jedem Leyden und Bedraͤngnuß uns dieſeim Creutz
gedultig
machen,

Rechnung machen, das ſey ein Troͤpflein aus dem Becher, welchen
uns die Guͤtigkeit des Vaͤtterlichen Hertzens GOttes von Ewigkeit
her auszutrincken beſtimmet, damit alle Verſtopfung, da Chriſti

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[471/0567] liegende Wein-Trauben. nicht mit heiſſem Durſt ergreiffet, und den Suͤnden-Kelch nicht bey ſich voruͤber gehen laſſet, daß auch der ewige Freuden-Kelch bey ihme voruͤber gehen, und der erſchroͤckliche Zorn-Kelch in ſeiner See- len Durſt ſich ewiglich ergieſſen werde. §. 3. O wie uͤbel thun demnach auch hier alle annoch ungedultige, unleydige und eigenwillige Seelen! JEſus hat niemahl weder Creutz noch Schmach, noch Schmertzen abgebetten, vielmehr hat Er Pe- trum einen Satan geſcholten, welcher an ihne begehrt, Er ſollte ſein ſelbſt ſchonen; und hier hat Er nur um ein wenig Ausluͤfftung angehalten, damit Er nachwerts die allerſchnoͤdeſte Mißhandlung, und die groͤſte Schand vor aller Welt ausſtehen koͤnte; Und wir wollen uns immer aus dem Creutz, ſo uns doch meiſtentheils die allernoͤ- thigſte und ſeligſte Sache iſt, heraus betten; Der Wille JESU ware ſo heilig und rein, daß die, alles innig durchtringende Augen GOttes niemahlen nichts unrichtiges darinnen gefunden; gleichwohl opferte Er denſelben gaͤntzlich auf dem Willen ſeines himmliſchen Vatters; Und wir, die wir nichts als Unredlichkeit, Falſchheit, Verkehrtheit und Unſeligkeit in unſerem Willen haben, wollen den- noch denſelben der Goͤttlichen Weisheit, Liebe und Allmacht nicht unterwerffen! Bußferti- ge aber im Creutz Un- leidige §. 4. Wie ſollten wir uns doch nicht ſchaͤmen, vor unſerem Jm- manuel, die wir nichts als Ungnad und Hoͤll verdienet, denen GOtt alle Wiedrigkeiten zu ihrem Beſten zuſchickt, und noch denen Ge- dultigen ſo herrliche Gnaden-Belohnung verheiſſet; und wir ſeynd ſo thorecht daß wir dieſes unſer Heyl mit Fuͤſſen von uns ſtoſſen; da hin- gegen JEſus eine ſo ſchwere Buß, und ſo ſchmertzliche Reinigung vor ſich nicht noͤthig hatte, ſonderen bloß um unſerer Seligkeit willen, hat Er dieſes brauſende Gifft und aufwallenden Fluch in ſich hinein geſo- gen; und damit nicht ein Tropfen von dieſem Greuel zuruͤck bliebe, hat Er GOtt ſeinen Vatter um Friſt gebetten; und wir Unſeelige wollen ihm das Hoͤchſt-heilſame nicht nachtrincken, darinnen lauter Heyl und Seegen iſt, und welches Er uns zur Geſundheit und Le- ben uͤbergelaſſen hat. ſolle die Betrach- tung deſ- ſen was JEſus fuͤr ſie gelit- ten §. 5. Wir ſollten ja bey jedem Leyden und Bedraͤngnuß uns dieſe Rechnung machen, das ſey ein Troͤpflein aus dem Becher, welchen uns die Guͤtigkeit des Vaͤtterlichen Hertzens GOttes von Ewigkeit her auszutrincken beſtimmet, damit alle Verſtopfung, da Chriſti Blut im Creutz gedultig machen,

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 471. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/567>, abgerufen am 22.11.2024.