nest, wie du mit dieser allertheursten GOttes Gaben umgehen müs- sest, wann du dem Gesetz die Zunge lähmen, der Sünd den Angel und Stachel ausreissen, dem Teufel den Kopf weghauen, dem Tod seiner Pfeilen berauben, sicher und freudig durch das finstere Thal der Schatten des Todes und der Höllen hin passieren, und im bö- sen Stündlein alles wohl ausrichten willt. Diß sind himmlische und Göttliche Künste, die weder du noch ich so geschwind ausgelernet, es braucht vielen und öfftern Berichtens, Einschärffens, Wieder- hohlens, ehe man mit dieser geistlichen Weißheit und Verstand an- gefüllet sey; wozu der vertraute Umgang bewährter Christen sehr dienlich ist, so fern man nur das Manna frisch sammlet, isset die Le- bens-Worte mit hertzlichem Sehnen und Seufftzen vermenget, be- hend zu GOtt, lauff mit Wimmern und Anhalten, daß er doch jetz aus seiner unaussprechlichen Treu und Güte die Sach würcken und schencken wolle, die man von seinen Knechten gehört, so gehets gut.
§. 22. (7.) Verbirg dich und dein neues Glaubens-Kind vor He-vor den Welt- Menschen aber ver- borgen halte. rodes und dem Drachen, fürwahr, so bald ers hört weinen wird ers wollen ermorden, darum erzehle ihnen nichts von deinen Kinds- Wehen; sie werden deine Geburt wohl nicht befördern, zumahlen sie gemessenen Befehl vom höllischen Pharao haben das Kind umzu- bringen, und dich darmit. Halt derowegen dein Maul, so offt du mit Welt-Leuten, mit unversuchten und voraus mit Heuchlern zu- thun hast, sonst, wo dich GOtt nicht umberget, als sein liebes Je- rusalem Ps. CXXV. 2. so werden ihre finstere Kräfften auf magi- sche Weise gewaltig in dich würcken. Was suchest du Trost und Rath bey Leuten, die GOtt und Christum nicht in sich wohnend und lebend haben? Willt du dein zitternd, beschroten Turtel-Täubelein, den wilden Katzen zu verhüten anvertrauen? Hier mags wohl heissen:
Wer sucht bey Menschen Trost und Ruh, schleußt GOttes Trost den Eingang zu Wer sich von Menschen kan entbinden, wird GOTT in seiner Seelen finden. Drum leide, meide, streite Gib dich bloß in GOttes Hände Und bleib getreu biß an das Ende.
§. 23. Exem-
U u u 3
Gedancken von den Seelen-Aengſten.
neſt, wie du mit dieſer allertheurſten GOttes Gaben umgehen muͤſ- ſeſt, wann du dem Geſetz die Zunge laͤhmen, der Suͤnd den Angel und Stachel ausreiſſen, dem Teufel den Kopf weghauen, dem Tod ſeiner Pfeilen berauben, ſicher und freudig durch das finſtere Thal der Schatten des Todes und der Hoͤllen hin paſſieren, und im boͤ- ſen Stuͤndlein alles wohl ausrichten willt. Diß ſind himmliſche und Goͤttliche Kuͤnſte, die weder du noch ich ſo geſchwind ausgelernet, es braucht vielen und oͤfftern Berichtens, Einſchaͤrffens, Wieder- hohlens, ehe man mit dieſer geiſtlichen Weißheit und Verſtand an- gefuͤllet ſey; wozu der vertraute Umgang bewaͤhrter Chriſten ſehr dienlich iſt, ſo fern man nur das Manna friſch ſammlet, iſſet die Le- bens-Worte mit hertzlichem Sehnen und Seufftzen vermenget, be- hend zu GOtt, lauff mit Wimmern und Anhalten, daß er doch jetz aus ſeiner unausſprechlichen Treu und Guͤte die Sach wuͤrcken und ſchencken wolle, die man von ſeinen Knechten gehoͤrt, ſo gehets gut.
§. 22. (7.) Verbirg dich und dein neues Glaubens-Kind vor He-vor den Welt- Menſchen aber ver- borgen halte. rodes und dem Drachen, fuͤrwahr, ſo bald ers hoͤrt weinen wird ers wollen ermorden, darum erzehle ihnen nichts von deinen Kinds- Wehen; ſie werden deine Geburt wohl nicht befoͤrdern, zumahlen ſie gemeſſenen Befehl vom hoͤlliſchen Pharao haben das Kind umzu- bringen, und dich darmit. Halt derowegen dein Maul, ſo offt du mit Welt-Leuten, mit unverſuchten und voraus mit Heuchlern zu- thun haſt, ſonſt, wo dich GOtt nicht umberget, als ſein liebes Je- ruſalem Pſ. CXXV. 2. ſo werden ihre finſtere Kraͤfften auf magi- ſche Weiſe gewaltig in dich wuͤrcken. Was ſucheſt du Troſt und Rath bey Leuten, die GOtt und Chriſtum nicht in ſich wohnend und lebend haben? Willt du dein zitternd, beſchroten Turtel-Taͤubelein, den wilden Katzen zu verhuͤten anvertrauen? Hier mags wohl heiſſen:
Wer ſucht bey Menſchen Troſt und Ruh, ſchleußt GOttes Troſt den Eingang zu Wer ſich von Menſchen kan entbinden, wird GOTT in ſeiner Seelen finden. Drum leide, meide, ſtreite Gib dich bloß in GOttes Haͤnde Und bleib getreu biß an das Ende.
§. 23. Exem-
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Gedancken von den Seelen-Aengſten.
neſt, wie du mit dieſer allertheurſten GOttes Gaben umgehen muͤſ-
ſeſt, wann du dem Geſetz die Zunge laͤhmen, der Suͤnd den Angel
und Stachel ausreiſſen, dem Teufel den Kopf weghauen, dem Tod
ſeiner Pfeilen berauben, ſicher und freudig durch das finſtere Thal
der Schatten des Todes und der Hoͤllen hin paſſieren, und im boͤ-
ſen Stuͤndlein alles wohl ausrichten willt. Diß ſind himmliſche und
Goͤttliche Kuͤnſte, die weder du noch ich ſo geſchwind ausgelernet,
es braucht vielen und oͤfftern Berichtens, Einſchaͤrffens, Wieder-
hohlens, ehe man mit dieſer geiſtlichen Weißheit und Verſtand an-
gefuͤllet ſey; wozu der vertraute Umgang bewaͤhrter Chriſten ſehr
dienlich iſt, ſo fern man nur das Manna friſch ſammlet, iſſet die Le-
bens-Worte mit hertzlichem Sehnen und Seufftzen vermenget, be-
hend zu GOtt, lauff mit Wimmern und Anhalten, daß er doch jetz
aus ſeiner unausſprechlichen Treu und Guͤte die Sach wuͤrcken und
ſchencken wolle, die man von ſeinen Knechten gehoͤrt, ſo gehets
gut.
§. 22. (7.) Verbirg dich und dein neues Glaubens-Kind vor He-
rodes und dem Drachen, fuͤrwahr, ſo bald ers hoͤrt weinen wird
ers wollen ermorden, darum erzehle ihnen nichts von deinen Kinds-
Wehen; ſie werden deine Geburt wohl nicht befoͤrdern, zumahlen ſie
gemeſſenen Befehl vom hoͤlliſchen Pharao haben das Kind umzu-
bringen, und dich darmit. Halt derowegen dein Maul, ſo offt du
mit Welt-Leuten, mit unverſuchten und voraus mit Heuchlern zu-
thun haſt, ſonſt, wo dich GOtt nicht umberget, als ſein liebes Je-
ruſalem Pſ. CXXV. 2. ſo werden ihre finſtere Kraͤfften auf magi-
ſche Weiſe gewaltig in dich wuͤrcken. Was ſucheſt du Troſt und
Rath bey Leuten, die GOtt und Chriſtum nicht in ſich wohnend und
lebend haben? Willt du dein zitternd, beſchroten Turtel-Taͤubelein,
den wilden Katzen zu verhuͤten anvertrauen? Hier mags wohl
heiſſen:
vor den
Welt-
Menſchen
aber ver-
borgen
halte.
Wer ſucht bey Menſchen Troſt und Ruh, ſchleußt GOttes Troſt
den Eingang zu
Wer ſich von Menſchen kan entbinden, wird GOTT in ſeiner
Seelen finden.
Drum leide, meide, ſtreite
Gib dich bloß in GOttes Haͤnde
Und bleib getreu biß an das Ende.
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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 425. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/621>, abgerufen am 22.11.2024.
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