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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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Zuschrifft.
Vernunfft; dann sonst sind, aussert denen Apostlen und ihren wahren
Nachfolgern, keine GOtt anmuthigere und allen Menschen nutz-
lichere Leut, als eben die gebundene auf GOttes Altar liegende
Hertzen, die mit eingekehrtem, gelassenem, stillem Gemüth auf
Christi Opfer-Messer warten, biß es sie erwürge und gar zernichte,
nichts vor sich verlangende in Zeit und Ewigkeit, weil sie in des
hertzlieben HErrn Christi Behagen allen ihren Himmel stets finden,
unaussprechlich vergnügt, wann nur JESUS seines Hertzens Lust
und Vergnügen haben kan an ihnen: sie sind zwar sehr unsicher
und dannoch wohl, sintemahl eine Vatters-Hand dasjenige Messer
führet, so sie zerstückelt.

§. 15. O daß man da unter euch einen Jacob sehe, der alleJacob,
Vorrechte der Erden, Reichthum, Ehre und Lust nicht höher ach-
te als ein Linsen-Muß, nachdem er im Glauben erblicket die
künfftige Herrlichkeit und Majestät der Erstgebohrnen in denen Erst-
lingen des Heiligen Geistes, und von der gläntzenden Klarheit der
bereits triumphirenden Königen und Priestern des neuen, obern Je-
rusalems dermassen geblendet und eingenommen worden, daß er
nichts mehr auf Erden seines Kummers werth achte. O daß auch
euere Jünglinge und Jungfrauen den heiligen Sinn Josephs
haben, nur der Seelen Schönheit hoch schätzen, und in die Keusch-
heit und Reinigkeit des Hertzens recht verliebt seyen: es sollten wohl
in gantz Jtalien keine schönere Bilder gefunden werden, als ihr wä-
ret in den Augen GOttes und aller heiligen Engeln.

§. 16. Und wie herrlich wäre es, wann man unter euch das BildMosis,
Mosis in seiner eigentlichen natürlichen Gestalt funde! Von
Menschen zugerichtete Bilder werden gemacht nach der Phantasie
der Mahler, und gleichen dem Original nimmermehr; der Heilige
Geist aber hat Mosen wohl gekannt, und weißt, wie er an seinem
vortrefflichsten Theil der unsterblichen Seel nach hat ausgesehen,
und ist noch stäts im Werck begriffen, lebendige, unvergängliche
Bilder, wie aller Heiligen, also auch Mosis zu machen, die ihnen
perfect wohl gleichen, daß ein jeder Erleuchteter, der Augen hat
zu sehen, sagen müsse, dieser ist Jacob, und dieser Moses, dieser
will lieber mit GOttes Volck Ungemach leiden, als die zeitliche Er-

götzung
Y y y 2

Zuſchrifft.
Vernunfft; dann ſonſt ſind, auſſert denen Apoſtlen und ihren wahren
Nachfolgern, keine GOtt anmuthigere und allen Menſchen nutz-
lichere Leut, als eben die gebundene auf GOttes Altar liegende
Hertzen, die mit eingekehrtem, gelaſſenem, ſtillem Gemuͤth auf
Chriſti Opfer-Meſſer warten, biß es ſie erwuͤrge und gar zernichte,
nichts vor ſich verlangende in Zeit und Ewigkeit, weil ſie in des
hertzlieben HErrn Chriſti Behagen allen ihren Himmel ſtets finden,
unausſprechlich vergnuͤgt, wann nur JESUS ſeines Hertzens Luſt
und Vergnuͤgen haben kan an ihnen: ſie ſind zwar ſehr unſicher
und dannoch wohl, ſintemahl eine Vatters-Hand dasjenige Meſſer
fuͤhret, ſo ſie zerſtuͤckelt.

§. 15. O daß man da unter euch einen Jacob ſehe, der alleJacob,
Vorrechte der Erden, Reichthum, Ehre und Luſt nicht hoͤher ach-
te als ein Linſen-Muß, nachdem er im Glauben erblicket die
kuͤnfftige Herrlichkeit und Majeſtaͤt der Erſtgebohrnen in denen Erſt-
lingen des Heiligen Geiſtes, und von der glaͤntzenden Klarheit der
bereits triumphirenden Koͤnigen und Prieſtern des neuen, obern Je-
ruſalems dermaſſen geblendet und eingenommen worden, daß er
nichts mehr auf Erden ſeines Kummers werth achte. O daß auch
euere Juͤnglinge und Jungfrauen den heiligen Sinn Joſephs
haben, nur der Seelen Schoͤnheit hoch ſchaͤtzen, und in die Keuſch-
heit und Reinigkeit des Hertzens recht verliebt ſeyen: es ſollten wohl
in gantz Jtalien keine ſchoͤnere Bilder gefunden werden, als ihr waͤ-
ret in den Augen GOttes und aller heiligen Engeln.

§. 16. Und wie herrlich waͤre es, wann man unter euch das BildMoſis,
Moſis in ſeiner eigentlichen natuͤrlichen Geſtalt funde! Von
Menſchen zugerichtete Bilder werden gemacht nach der Phantaſie
der Mahler, und gleichen dem Original nimmermehr; der Heilige
Geiſt aber hat Moſen wohl gekannt, und weißt, wie er an ſeinem
vortrefflichſten Theil der unſterblichen Seel nach hat ausgeſehen,
und iſt noch ſtaͤts im Werck begriffen, lebendige, unvergaͤngliche
Bilder, wie aller Heiligen, alſo auch Moſis zu machen, die ihnen
perfect wohl gleichen, daß ein jeder Erleuchteter, der Augen hat
zu ſehen, ſagen muͤſſe, dieſer iſt Jacob, und dieſer Moſes, dieſer
will lieber mit GOttes Volck Ungemach leiden, als die zeitliche Er-

goͤtzung
Y y y 2
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[539/0635] Zuſchrifft. Vernunfft; dann ſonſt ſind, auſſert denen Apoſtlen und ihren wahren Nachfolgern, keine GOtt anmuthigere und allen Menſchen nutz- lichere Leut, als eben die gebundene auf GOttes Altar liegende Hertzen, die mit eingekehrtem, gelaſſenem, ſtillem Gemuͤth auf Chriſti Opfer-Meſſer warten, biß es ſie erwuͤrge und gar zernichte, nichts vor ſich verlangende in Zeit und Ewigkeit, weil ſie in des hertzlieben HErrn Chriſti Behagen allen ihren Himmel ſtets finden, unausſprechlich vergnuͤgt, wann nur JESUS ſeines Hertzens Luſt und Vergnuͤgen haben kan an ihnen: ſie ſind zwar ſehr unſicher und dannoch wohl, ſintemahl eine Vatters-Hand dasjenige Meſſer fuͤhret, ſo ſie zerſtuͤckelt. §. 15. O daß man da unter euch einen Jacob ſehe, der alle Vorrechte der Erden, Reichthum, Ehre und Luſt nicht hoͤher ach- te als ein Linſen-Muß, nachdem er im Glauben erblicket die kuͤnfftige Herrlichkeit und Majeſtaͤt der Erſtgebohrnen in denen Erſt- lingen des Heiligen Geiſtes, und von der glaͤntzenden Klarheit der bereits triumphirenden Koͤnigen und Prieſtern des neuen, obern Je- ruſalems dermaſſen geblendet und eingenommen worden, daß er nichts mehr auf Erden ſeines Kummers werth achte. O daß auch euere Juͤnglinge und Jungfrauen den heiligen Sinn Joſephs haben, nur der Seelen Schoͤnheit hoch ſchaͤtzen, und in die Keuſch- heit und Reinigkeit des Hertzens recht verliebt ſeyen: es ſollten wohl in gantz Jtalien keine ſchoͤnere Bilder gefunden werden, als ihr waͤ- ret in den Augen GOttes und aller heiligen Engeln. Jacob, §. 16. Und wie herrlich waͤre es, wann man unter euch das Bild Moſis in ſeiner eigentlichen natuͤrlichen Geſtalt funde! Von Menſchen zugerichtete Bilder werden gemacht nach der Phantaſie der Mahler, und gleichen dem Original nimmermehr; der Heilige Geiſt aber hat Moſen wohl gekannt, und weißt, wie er an ſeinem vortrefflichſten Theil der unſterblichen Seel nach hat ausgeſehen, und iſt noch ſtaͤts im Werck begriffen, lebendige, unvergaͤngliche Bilder, wie aller Heiligen, alſo auch Moſis zu machen, die ihnen perfect wohl gleichen, daß ein jeder Erleuchteter, der Augen hat zu ſehen, ſagen muͤſſe, dieſer iſt Jacob, und dieſer Moſes, dieſer will lieber mit GOttes Volck Ungemach leiden, als die zeitliche Er- goͤtzung Moſis, Y y y 2

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 539. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/635>, abgerufen am 22.11.2024.