Der Ur- sprung der Bilderen wird vor- gestellet unter dem Bildnuß eines fau- len Bi- schoffs.
§. 6. Vom Ursprung der Bilderen will ich im Bild reden. Es war ein Bischoff, zu dem kame etliche hundert Jahr nach der Him- melfahrt Christi der Heilige Apostel Paulus, seine Gemeinde zu be- sehen, und forschete emsig nach gerechtfertigten und geheiligten Men- schen, wie in seinen Zeiten in Rom, Corinthen, Ephesen, und vie- len andern Orten und Ländern mehr waren, denen er geschrieben hatte, als denen Heiligen in Christo JEsu zu Philippis und an- derswo; Der Bischoff erschrack sehr ob solcher Rede, sonderlich als er sahe, daß nach genauer Aufsuchung nicht ein eintziger Heiliger in keiner Haußhaltung gefunden ward a. Der Apostel weinete und be- straffte ihn hart, warum er vor einen geistlichen Vatter wollte ge- halten seyn, und habe doch keine Kinder zum Göttlichen Leben ge- zeuget b, noch eine einige Seele ins Himmelreich erweckt, da er so unzehliche Menschen durch Lehre und Gebett aus der Finsternuß zum Liecht, und von dem Gewalt des Satans zu GOtt gebracht, auch viele Kinder mit Aengsten gebohren habe, damit der Gesalbete eine Gestalt in ihnen gewinne c, und sie aus Sündern heilige Leut wur- den, erfüllet mit Trost und Freud im Heiligen Geist, und ins himm- lisch Wesen versetzt d.
Welcher auf die Bestraf- fung Pau- li, daß er keine hei- lige Leut in seiner Gemeind zeigen könnte, sich deß- wegen, aber ohne Nach- druck, be- mühete,
§. 7. Hierauf griffe sich der Bischof ziemlicher massen an, er knyete nieder und bettete, aber da war weder Rede noch Antwort, es wollte kein Lebens-Thau vom Himmel herabfallen, dann der elen- de Mann stunde in keiner vertraulichen Freundschafft mit GOtt, sein Hertz ware gar grausam weit von dem Uberwinder des Todes und der Höllen entfernet e, daß er seine Stimm nicht biß dahin schicken könnte; er könnte auch nicht hingehen zu dem Zerbrecher aller Machten der Finsternuß f, dann er war in seinem trägen Sinn an vielen Dingen mit Lust, Ehr- und Geld-Sucht angefesselt g, al- so daß er JESUM den Gecreutzigten, den ewigen Urquell alles Heyls, nicht vermochte zu erreichen h; Hiermit ward er des Bet- tens bald überdrüßig, verkauffte seine Gebetter nachwerts ums Geld, damit sie ihm wenigstens auf Erden Nutzen bringen, da er
sahe,
aJer. V. 1. Mich. VII. 1. Ps. XII. 2.
b 1 Cor. IV. 15.
cGal. IV. 19.
dEph. II. 6.
eMatth. XV. 8. Apoc. I. 18.
fHos. X. 10.
g 2 Thim. II. 26.
hLuc. XIV. 33.
Zuſchrifft.
Der Ur- ſprung der Bilderen wird vor- geſtellet unter dem Bildnuß eines fau- len Bi- ſchoffs.
§. 6. Vom Urſprung der Bilderen will ich im Bild reden. Es war ein Biſchoff, zu dem kame etliche hundert Jahr nach der Him- melfahrt Chriſti der Heilige Apoſtel Paulus, ſeine Gemeinde zu be- ſehen, und forſchete emſig nach gerechtfertigten und geheiligten Men- ſchen, wie in ſeinen Zeiten in Rom, Corinthen, Epheſen, und vie- len andern Orten und Laͤndern mehr waren, denen er geſchrieben hatte, als denen Heiligen in Chriſto JEſu zu Philippis und an- derswo; Der Biſchoff erſchrack ſehr ob ſolcher Rede, ſonderlich als er ſahe, daß nach genauer Aufſuchung nicht ein eintziger Heiliger in keiner Haußhaltung gefunden ward a. Der Apoſtel weinete und be- ſtraffte ihn hart, warum er vor einen geiſtlichen Vatter wollte ge- halten ſeyn, und habe doch keine Kinder zum Goͤttlichen Leben ge- zeuget b, noch eine einige Seele ins Himmelreich erweckt, da er ſo unzehliche Menſchen durch Lehre und Gebett aus der Finſternuß zum Liecht, und von dem Gewalt des Satans zu GOtt gebracht, auch viele Kinder mit Aengſten gebohren habe, damit der Geſalbete eine Geſtalt in ihnen gewinne c, und ſie aus Suͤndern heilige Leut wur- den, erfuͤllet mit Troſt und Freud im Heiligen Geiſt, und ins himm- liſch Weſen verſetzt d.
Welcher auf die Beſtraf- fung Pau- li, daß er keine hei- lige Leut in ſeiner Gemeind zeigen koͤnnte, ſich deß- wegen, aber ohne Nach- druck, be- muͤhete,
§. 7. Hierauf griffe ſich der Biſchof ziemlicher maſſen an, er knyete nieder und bettete, aber da war weder Rede noch Antwort, es wollte kein Lebens-Thau vom Himmel herabfallen, dann der elen- de Mann ſtunde in keiner vertraulichen Freundſchafft mit GOtt, ſein Hertz ware gar grauſam weit von dem Uberwinder des Todes und der Hoͤllen entfernet e, daß er ſeine Stimm nicht biß dahin ſchicken koͤnnte; er koͤnnte auch nicht hingehen zu dem Zerbrecher aller Machten der Finſternuß f, dann er war in ſeinem traͤgen Sinn an vielen Dingen mit Luſt, Ehr- und Geld-Sucht angefeſſelt g, al- ſo daß er JESUM den Gecreutzigten, den ewigen Urquell alles Heyls, nicht vermochte zu erreichen h; Hiermit ward er des Bet- tens bald uͤberdruͤßig, verkauffte ſeine Gebetter nachwerts ums Geld, damit ſie ihm wenigſtens auf Erden Nutzen bringen, da er
ſahe,
aJer. V. 1. Mich. VII. 1. Pſ. XII. 2.
b 1 Cor. IV. 15.
cGal. IV. 19.
dEph. II. 6.
eMatth. XV. 8. Apoc. I. 18.
fHoſ. X. 10.
g 2 Thim. II. 26.
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Zuſchrifft.
§. 6. Vom Urſprung der Bilderen will ich im Bild reden. Es
war ein Biſchoff, zu dem kame etliche hundert Jahr nach der Him-
melfahrt Chriſti der Heilige Apoſtel Paulus, ſeine Gemeinde zu be-
ſehen, und forſchete emſig nach gerechtfertigten und geheiligten Men-
ſchen, wie in ſeinen Zeiten in Rom, Corinthen, Epheſen, und vie-
len andern Orten und Laͤndern mehr waren, denen er geſchrieben
hatte, als denen Heiligen in Chriſto JEſu zu Philippis und an-
derswo; Der Biſchoff erſchrack ſehr ob ſolcher Rede, ſonderlich als
er ſahe, daß nach genauer Aufſuchung nicht ein eintziger Heiliger in
keiner Haußhaltung gefunden ward a. Der Apoſtel weinete und be-
ſtraffte ihn hart, warum er vor einen geiſtlichen Vatter wollte ge-
halten ſeyn, und habe doch keine Kinder zum Goͤttlichen Leben ge-
zeuget b, noch eine einige Seele ins Himmelreich erweckt, da er ſo
unzehliche Menſchen durch Lehre und Gebett aus der Finſternuß zum
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viele Kinder mit Aengſten gebohren habe, damit der Geſalbete eine
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den, erfuͤllet mit Troſt und Freud im Heiligen Geiſt, und ins himm-
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§. 7. Hierauf griffe ſich der Biſchof ziemlicher maſſen an, er
knyete nieder und bettete, aber da war weder Rede noch Antwort,
es wollte kein Lebens-Thau vom Himmel herabfallen, dann der elen-
de Mann ſtunde in keiner vertraulichen Freundſchafft mit GOtt,
ſein Hertz ware gar grauſam weit von dem Uberwinder des Todes
und der Hoͤllen entfernet e, daß er ſeine Stimm nicht biß dahin
ſchicken koͤnnte; er koͤnnte auch nicht hingehen zu dem Zerbrecher
aller Machten der Finſternuß f, dann er war in ſeinem traͤgen Sinn
an vielen Dingen mit Luſt, Ehr- und Geld-Sucht angefeſſelt g, al-
ſo daß er JESUM den Gecreutzigten, den ewigen Urquell alles
Heyls, nicht vermochte zu erreichen h; Hiermit ward er des Bet-
tens bald uͤberdruͤßig, verkauffte ſeine Gebetter nachwerts ums
Geld, damit ſie ihm wenigſtens auf Erden Nutzen bringen, da er
ſahe,
a Jer. V. 1. Mich. VII. 1. Pſ. XII. 2.
b 1 Cor. IV. 15.
c Gal.
IV. 19.
d Eph. II. 6.
e Matth. XV. 8. Apoc. I. 18.
f Hoſ. X. 10.
g 2 Thim. II. 26.
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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 550. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/646>, abgerufen am 22.11.2024.
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