Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

Bild:
<< vorherige Seite

Zuschrifft.
tete darauf: diß gestehe ich gern, daß die Jhrige sich unvergleich-
lich mehr mit der Religion bekümmern als die Unserige, deren
Leichtsinnigkeit und heyllose Nachlässigkeit vor GOTT dem gerech-
ten Richter a, und vor allen Religionen und Nationen unverant-
wortlich seye, es seye aber weder ihre noch unsere Religion der ver-
derbten Natur so schwer und widerlich, als die wahre, himmlische,
allein seelig-machende Religion. Hierauf stutzten sie gar ernstlich,
und fragten mich, was dann das vor eine Religion seye? Jch ant-
wortete, es seye die Religion unsers HERRN und Heylands JE-
SU Christi, und verstehe man nicht eine Religion, so fern selbige
auf dem Papier gedruckt stehet, sondern wie sie im Hertzen, Leben
und Wandel der Bekenner gelesen wird von Juden, Türcken und
Heyden, wohin auch die sogenannte Evangelisch-Reformirte kom-
men mögen: Erklärte ihnen auch das Safft und Marck seiner gött-
lichen Lehre, und die Lebens-Art des neuen himmlischen Volcks,
welches GOttes Sohn sich selbst aus seinem eigenen Blut und E-
vangelio auf Erden formiere in der Krafft des Heiligen Geistes,
ein Volck, das gar eine andere Freud, Ehre, Reichthum, Leben,
Erfrischungen, Vorrecht, Beförderungen habe, als alle Adams-
Kinder, das über alle Menschen erhaben seye, in ein übernatürlich,
geistlich, himmlisch Wesen der ewigen Gnad GOttes nach der
Schrifft. Worüber sie bestürtzt worden, und in die Worte ausbra-
chen: Wer wohl so heilig leben könnte?

und daß
man in ei-
ner Reli-
gion wie
in der an-
dern lebe.

§. 24. Jch gab ihnen zur Antwort: eben dieses sagt man auch in
einer der Reformirten Religion zugethaner Stadt, und ich will euch
auch geschwind weisen, daß man eine und eben dieselbe Religion
habe in selber Stadt und Freyburg; Daselbst schätzt man die Rei-
chen selig, und Arme unglücklich; Sie antworteten, hier auch: Jn
selbiger Stadt will man Schimpf und Verachtung nicht leiden;
Antwort. Hier auch nicht: Jn selber Stadt macht man sich gar braf
lustig; Antwort: Hier auch: Daselbst halt man auf einen Backen-
Streich den anderen nicht dar; Antwort: Auch hier nicht: Da-
selbst findet man schwerlich jemand der mit frölichem Willen

seinem
a Ezech. XVI. 51.

Zuſchrifft.
tete darauf: diß geſtehe ich gern, daß die Jhrige ſich unvergleich-
lich mehr mit der Religion bekuͤmmern als die Unſerige, deren
Leichtſinnigkeit und heylloſe Nachlaͤſſigkeit vor GOTT dem gerech-
ten Richter a, und vor allen Religionen und Nationen unverant-
wortlich ſeye, es ſeye aber weder ihre noch unſere Religion der ver-
derbten Natur ſo ſchwer und widerlich, als die wahre, himmliſche,
allein ſeelig-machende Religion. Hierauf ſtutzten ſie gar ernſtlich,
und fragten mich, was dann das vor eine Religion ſeye? Jch ant-
wortete, es ſeye die Religion unſers HERRN und Heylands JE-
SU Chriſti, und verſtehe man nicht eine Religion, ſo fern ſelbige
auf dem Papier gedruckt ſtehet, ſondern wie ſie im Hertzen, Leben
und Wandel der Bekenner geleſen wird von Juden, Tuͤrcken und
Heyden, wohin auch die ſogenannte Evangeliſch-Reformirte kom-
men moͤgen: Erklaͤrte ihnen auch das Safft und Marck ſeiner goͤtt-
lichen Lehre, und die Lebens-Art des neuen himmliſchen Volcks,
welches GOttes Sohn ſich ſelbſt aus ſeinem eigenen Blut und E-
vangelio auf Erden formiere in der Krafft des Heiligen Geiſtes,
ein Volck, das gar eine andere Freud, Ehre, Reichthum, Leben,
Erfriſchungen, Vorrecht, Befoͤrderungen habe, als alle Adams-
Kinder, das uͤber alle Menſchen erhaben ſeye, in ein uͤbernatuͤrlich,
geiſtlich, himmliſch Weſen der ewigen Gnad GOttes nach der
Schrifft. Woruͤber ſie beſtuͤrtzt worden, und in die Worte ausbra-
chen: Wer wohl ſo heilig leben koͤnnte?

und daß
man in ei-
ner Reli-
gion wie
in der an-
dern lebe.

§. 24. Jch gab ihnen zur Antwort: eben dieſes ſagt man auch in
einer der Reformirten Religion zugethaner Stadt, und ich will euch
auch geſchwind weiſen, daß man eine und eben dieſelbe Religion
habe in ſelber Stadt und Freyburg; Daſelbſt ſchaͤtzt man die Rei-
chen ſelig, und Arme ungluͤcklich; Sie antworteten, hier auch: Jn
ſelbiger Stadt will man Schimpf und Verachtung nicht leiden;
Antwort. Hier auch nicht: Jn ſelber Stadt macht man ſich gar braf
luſtig; Antwort: Hier auch: Daſelbſt halt man auf einen Backen-
Streich den anderen nicht dar; Antwort: Auch hier nicht: Da-
ſelbſt findet man ſchwerlich jemand der mit froͤlichem Willen

ſeinem
a Ezech. XVI. 51.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0660" n="564"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Zu&#x017F;chrifft.</hi></fw><lb/>
tete darauf: diß ge&#x017F;tehe ich gern, daß die Jhrige &#x017F;ich unvergleich-<lb/>
lich mehr mit der Religion beku&#x0364;mmern als die Un&#x017F;erige, deren<lb/>
Leicht&#x017F;innigkeit und heyllo&#x017F;e Nachla&#x0364;&#x017F;&#x017F;igkeit vor GOTT dem gerech-<lb/>
ten Richter <note place="foot" n="a"><hi rendition="#aq">Ezech. XVI.</hi> 51.</note>, und vor allen Religionen und Nationen unverant-<lb/>
wortlich &#x017F;eye, es &#x017F;eye aber weder ihre noch un&#x017F;ere Religion der ver-<lb/>
derbten Natur &#x017F;o &#x017F;chwer und widerlich, als die wahre, himmli&#x017F;che,<lb/>
allein &#x017F;eelig-machende Religion. Hierauf &#x017F;tutzten &#x017F;ie gar ern&#x017F;tlich,<lb/>
und fragten mich, was dann das vor eine Religion &#x017F;eye? Jch ant-<lb/>
wortete, es &#x017F;eye die Religion un&#x017F;ers HERRN und Heylands JE-<lb/>
SU Chri&#x017F;ti, und ver&#x017F;tehe man nicht eine Religion, &#x017F;o fern &#x017F;elbige<lb/>
auf dem Papier gedruckt &#x017F;tehet, &#x017F;ondern wie &#x017F;ie im Hertzen, Leben<lb/>
und Wandel der Bekenner gele&#x017F;en wird von Juden, Tu&#x0364;rcken und<lb/>
Heyden, wohin auch die &#x017F;ogenannte Evangeli&#x017F;ch-Reformirte kom-<lb/>
men mo&#x0364;gen: Erkla&#x0364;rte ihnen auch das Safft und Marck &#x017F;einer go&#x0364;tt-<lb/>
lichen Lehre, und die Lebens-Art des neuen himmli&#x017F;chen Volcks,<lb/>
welches GOttes Sohn &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t aus &#x017F;einem eigenen Blut und E-<lb/>
vangelio auf Erden formiere in der Krafft des Heiligen Gei&#x017F;tes,<lb/>
ein Volck, das gar eine andere Freud, Ehre, Reichthum, Leben,<lb/>
Erfri&#x017F;chungen, Vorrecht, Befo&#x0364;rderungen habe, als alle Adams-<lb/>
Kinder, das u&#x0364;ber alle Men&#x017F;chen erhaben &#x017F;eye, in ein u&#x0364;bernatu&#x0364;rlich,<lb/>
gei&#x017F;tlich, himmli&#x017F;ch We&#x017F;en der ewigen Gnad GOttes nach der<lb/>
Schrifft. Woru&#x0364;ber &#x017F;ie be&#x017F;tu&#x0364;rtzt worden, und in die Worte ausbra-<lb/>
chen: Wer wohl &#x017F;o heilig leben ko&#x0364;nnte?</p><lb/>
          <note place="left">und daß<lb/>
man in ei-<lb/>
ner Reli-<lb/>
gion wie<lb/>
in der an-<lb/>
dern lebe.</note>
          <p>§. 24. Jch gab ihnen zur Antwort: eben die&#x017F;es &#x017F;agt man auch in<lb/>
einer der Reformirten Religion zugethaner Stadt, und ich will euch<lb/>
auch ge&#x017F;chwind wei&#x017F;en, daß man eine und eben die&#x017F;elbe Religion<lb/>
habe in &#x017F;elber Stadt und Freyburg; Da&#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;cha&#x0364;tzt man die Rei-<lb/>
chen &#x017F;elig, und Arme unglu&#x0364;cklich; Sie antworteten, hier auch: Jn<lb/>
&#x017F;elbiger Stadt will man Schimpf und Verachtung nicht leiden;<lb/>
Antwort. Hier auch nicht: Jn &#x017F;elber Stadt macht man &#x017F;ich gar braf<lb/>
lu&#x017F;tig; Antwort: Hier auch: Da&#x017F;elb&#x017F;t halt man auf einen Backen-<lb/>
Streich den anderen nicht dar; Antwort: Auch hier nicht: Da-<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t findet man &#x017F;chwerlich jemand der mit fro&#x0364;lichem Willen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;einem</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[564/0660] Zuſchrifft. tete darauf: diß geſtehe ich gern, daß die Jhrige ſich unvergleich- lich mehr mit der Religion bekuͤmmern als die Unſerige, deren Leichtſinnigkeit und heylloſe Nachlaͤſſigkeit vor GOTT dem gerech- ten Richter a, und vor allen Religionen und Nationen unverant- wortlich ſeye, es ſeye aber weder ihre noch unſere Religion der ver- derbten Natur ſo ſchwer und widerlich, als die wahre, himmliſche, allein ſeelig-machende Religion. Hierauf ſtutzten ſie gar ernſtlich, und fragten mich, was dann das vor eine Religion ſeye? Jch ant- wortete, es ſeye die Religion unſers HERRN und Heylands JE- SU Chriſti, und verſtehe man nicht eine Religion, ſo fern ſelbige auf dem Papier gedruckt ſtehet, ſondern wie ſie im Hertzen, Leben und Wandel der Bekenner geleſen wird von Juden, Tuͤrcken und Heyden, wohin auch die ſogenannte Evangeliſch-Reformirte kom- men moͤgen: Erklaͤrte ihnen auch das Safft und Marck ſeiner goͤtt- lichen Lehre, und die Lebens-Art des neuen himmliſchen Volcks, welches GOttes Sohn ſich ſelbſt aus ſeinem eigenen Blut und E- vangelio auf Erden formiere in der Krafft des Heiligen Geiſtes, ein Volck, das gar eine andere Freud, Ehre, Reichthum, Leben, Erfriſchungen, Vorrecht, Befoͤrderungen habe, als alle Adams- Kinder, das uͤber alle Menſchen erhaben ſeye, in ein uͤbernatuͤrlich, geiſtlich, himmliſch Weſen der ewigen Gnad GOttes nach der Schrifft. Woruͤber ſie beſtuͤrtzt worden, und in die Worte ausbra- chen: Wer wohl ſo heilig leben koͤnnte? §. 24. Jch gab ihnen zur Antwort: eben dieſes ſagt man auch in einer der Reformirten Religion zugethaner Stadt, und ich will euch auch geſchwind weiſen, daß man eine und eben dieſelbe Religion habe in ſelber Stadt und Freyburg; Daſelbſt ſchaͤtzt man die Rei- chen ſelig, und Arme ungluͤcklich; Sie antworteten, hier auch: Jn ſelbiger Stadt will man Schimpf und Verachtung nicht leiden; Antwort. Hier auch nicht: Jn ſelber Stadt macht man ſich gar braf luſtig; Antwort: Hier auch: Daſelbſt halt man auf einen Backen- Streich den anderen nicht dar; Antwort: Auch hier nicht: Da- ſelbſt findet man ſchwerlich jemand der mit froͤlichem Willen ſeinem a Ezech. XVI. 51.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/660
Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 564. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/660>, abgerufen am 22.11.2024.