auf Erden; also gieng es her auf Sinai: hingegen singen die En- gel im Himmel; so ware es in Bethlehem, und also bringet JE- SUS die seinen in die beliebte Stille zu Sion. Die Dienste und Güter des alten Testaments waren ja irrdisch; sint der Menschwer- dung Christi aber ists ein anders, ein Neu Testament, ein Him- melreich und der Glaube wandelt darinn. Paulus hatte keinen irr- dischen Glantz an sich als er aus dem dritten Himmel kam, aber seine Seele und Dienst hatte eine himmlische überschwenglich herr- lichere Klarheit als Moses a. Glaube es, liebes Hertz! wer sanfft- müthig ist und von Hertzen demüthig, wie JESUS, leuchtet in den Augen der heiligen Englen heller, als die Sonne, und sollte er am Leib so hager und mager und finster aussehen wie Lazarus. Es ist sich mehr zu verwunderen, und ist mehr Göttliches und Himm- lisches darinn, einen im Creutz, Schmach und Verfolgung gelas- senen Menschen zu sehen als ein lichtstrahlendes Angesicht. Also ware JESU Schmuck, Glantz und Herrlichkeit das pur lautere Göttliche Wesen. Das merckte der hocherleuchtete Paulus wohl, darum wollte er Christum nicht mehr kennen nach dem Fleisch. Die Apostel empfangen das im Göttlichen Umgang mit JESU; Sonderlich Johannes. Petrus deßgleichen sagt wohl nicht zu JE- SU, wie Jsrael, ich muß sterben wann du fortfahrest mit mir zu reden, sondern als es ihme JESUS frey stellete weg zu gehen, um ihn nicht mehr zu hören, da schrye er kläglich: HERR! wo solle ich hingehen, da mir besser sey? Du hast Wort des ewigen Lebens, es ist mir, ich sey im Paradieß, wann ich dich kan hören reden. Ja Paulus kommt so weit in der Sach, daß er bezeuget, das erste Wort sey nur durch die Engel geredt worden b, als wann Jsrael nur gleichsam ein Echo oder Wiederschall der Stimm GOt- tes von den Englen her gehöret; Nun aber predigte der HERR selbst unmittelbar eine grosse Seeligkeit.
Unverant- wortliche Boßheit wann man sich nicht will zu GOTT machen.
§. 9. Darum sind wir jetzt keines wegs nimmermehr zu entschul- digen, wann wir uns nicht aufs allernäheste und innigste zu GOtt halten, weilen er uns, O erstaunliches und unaussprechliches Wun- der! als ein recht natürlich Kind erscheinet in einem Stall, allwo nicht das Geringste ware, das ein vier jährig Kind hätte können
sich
a 2 Cor. III. 9. & XII. 1-4.
bHebr. II. 2.
Weyhnachts-Gedancken.
auf Erden; alſo gieng es her auf Sinai: hingegen ſingen die En- gel im Himmel; ſo ware es in Bethlehem, und alſo bringet JE- SUS die ſeinen in die beliebte Stille zu Sion. Die Dienſte und Guͤter des alten Teſtaments waren ja irrdiſch; ſint der Menſchwer- dung Chriſti aber iſts ein anders, ein Neu Teſtament, ein Him- melreich und der Glaube wandelt darinn. Paulus hatte keinen irr- diſchen Glantz an ſich als er aus dem dritten Himmel kam, aber ſeine Seele und Dienſt hatte eine himmliſche uͤberſchwenglich herr- lichere Klarheit als Moſes a. Glaube es, liebes Hertz! wer ſanfft- muͤthig iſt und von Hertzen demuͤthig, wie JESUS, leuchtet in den Augen der heiligen Englen heller, als die Sonne, und ſollte er am Leib ſo hager und mager und finſter ausſehen wie Lazarus. Es iſt ſich mehr zu verwunderen, und iſt mehr Goͤttliches und Himm- liſches darinn, einen im Creutz, Schmach und Verfolgung gelaſ- ſenen Menſchen zu ſehen als ein lichtſtrahlendes Angeſicht. Alſo ware JESU Schmuck, Glantz und Herrlichkeit das pur lautere Goͤttliche Weſen. Das merckte der hocherleuchtete Paulus wohl, darum wollte er Chriſtum nicht mehr kennen nach dem Fleiſch. Die Apoſtel empfangen das im Goͤttlichen Umgang mit JESU; Sonderlich Johannes. Petrus deßgleichen ſagt wohl nicht zu JE- SU, wie Jſrael, ich muß ſterben wann du fortfahreſt mit mir zu reden, ſondern als es ihme JESUS frey ſtellete weg zu gehen, um ihn nicht mehr zu hoͤren, da ſchrye er klaͤglich: HERR! wo ſolle ich hingehen, da mir beſſer ſey? Du haſt Wort des ewigen Lebens, es iſt mir, ich ſey im Paradieß, wann ich dich kan hoͤren reden. Ja Paulus kommt ſo weit in der Sach, daß er bezeuget, das erſte Wort ſey nur durch die Engel geredt worden b, als wann Jſrael nur gleichſam ein Echo oder Wiederſchall der Stimm GOt- tes von den Englen her gehoͤret; Nun aber predigte der HERR ſelbſt unmittelbar eine groſſe Seeligkeit.
Unverant- wortliche Boßheit wann man ſich nicht will zu GOTT machen.
§. 9. Darum ſind wir jetzt keines wegs nimmermehr zu entſchul- digen, wann wir uns nicht aufs allernaͤheſte und innigſte zu GOtt halten, weilen er uns, O erſtaunliches und unausſprechliches Wun- der! als ein recht natuͤrlich Kind erſcheinet in einem Stall, allwo nicht das Geringſte ware, das ein vier jaͤhrig Kind haͤtte koͤnnen
ſich
a 2 Cor. III. 9. & XII. 1-4.
bHebr. II. 2.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0704"n="608"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Weyhnachts-Gedancken.</hi></fw><lb/>
auf Erden; alſo gieng es her auf Sinai: hingegen ſingen die En-<lb/>
gel im Himmel; ſo ware es in Bethlehem, und alſo bringet JE-<lb/>
SUS die ſeinen in die beliebte Stille zu Sion. Die Dienſte und<lb/>
Guͤter des alten Teſtaments waren ja irrdiſch; ſint der Menſchwer-<lb/>
dung Chriſti aber iſts ein anders, ein Neu Teſtament, ein Him-<lb/>
melreich und der Glaube wandelt darinn. Paulus hatte keinen irr-<lb/>
diſchen Glantz an ſich als er aus dem dritten Himmel kam, aber<lb/>ſeine Seele und Dienſt hatte eine himmliſche uͤberſchwenglich herr-<lb/>
lichere Klarheit als Moſes <noteplace="foot"n="a">2 <hirendition="#aq">Cor. III. 9. & XII.</hi> 1-4.</note>. Glaube es, liebes Hertz! wer ſanfft-<lb/>
muͤthig iſt und von Hertzen demuͤthig, wie JESUS, leuchtet in<lb/>
den Augen der heiligen Englen heller, als die Sonne, und ſollte<lb/>
er am Leib ſo hager und mager und finſter ausſehen wie Lazarus.<lb/>
Es iſt ſich mehr zu verwunderen, und iſt mehr Goͤttliches und Himm-<lb/>
liſches darinn, einen im Creutz, Schmach und Verfolgung gelaſ-<lb/>ſenen Menſchen zu ſehen als ein lichtſtrahlendes Angeſicht. Alſo<lb/>
ware JESU Schmuck, Glantz und Herrlichkeit das pur lautere<lb/>
Goͤttliche Weſen. Das merckte der hocherleuchtete Paulus wohl,<lb/>
darum wollte er Chriſtum nicht mehr kennen nach dem Fleiſch.<lb/>
Die Apoſtel empfangen das im Goͤttlichen Umgang mit JESU;<lb/>
Sonderlich Johannes. Petrus deßgleichen ſagt wohl nicht zu JE-<lb/>
SU, wie Jſrael, ich muß ſterben wann du fortfahreſt mit mir zu<lb/>
reden, ſondern als es ihme JESUS frey ſtellete weg zu gehen,<lb/>
um ihn nicht mehr zu hoͤren, da ſchrye er klaͤglich: HERR! wo<lb/>ſolle ich hingehen, da mir beſſer ſey? Du haſt Wort des ewigen<lb/>
Lebens, es iſt mir, ich ſey im Paradieß, wann ich dich kan hoͤren<lb/>
reden. Ja Paulus kommt ſo weit in der Sach, daß er bezeuget,<lb/>
das erſte Wort ſey nur durch die Engel geredt worden <noteplace="foot"n="b"><hirendition="#aq">Hebr. II.</hi> 2.</note>, als wann<lb/>
Jſrael nur gleichſam ein Echo oder Wiederſchall der Stimm GOt-<lb/>
tes von den Englen her gehoͤret; Nun aber predigte der HERR<lb/>ſelbſt unmittelbar eine groſſe Seeligkeit.</p><lb/><noteplace="left">Unverant-<lb/>
wortliche<lb/>
Boßheit<lb/>
wann man<lb/>ſich nicht<lb/>
will zu<lb/>
GOTT<lb/>
machen.</note><p><hirendition="#i">§.</hi> 9. Darum ſind wir jetzt keines wegs nimmermehr zu entſchul-<lb/>
digen, wann wir uns nicht aufs allernaͤheſte und innigſte zu GOtt<lb/>
halten, weilen er uns, O erſtaunliches und unausſprechliches Wun-<lb/>
der! als ein recht natuͤrlich Kind erſcheinet in einem Stall, allwo<lb/>
nicht das Geringſte ware, das ein vier jaͤhrig Kind haͤtte koͤnnen<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ſich</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[608/0704]
Weyhnachts-Gedancken.
auf Erden; alſo gieng es her auf Sinai: hingegen ſingen die En-
gel im Himmel; ſo ware es in Bethlehem, und alſo bringet JE-
SUS die ſeinen in die beliebte Stille zu Sion. Die Dienſte und
Guͤter des alten Teſtaments waren ja irrdiſch; ſint der Menſchwer-
dung Chriſti aber iſts ein anders, ein Neu Teſtament, ein Him-
melreich und der Glaube wandelt darinn. Paulus hatte keinen irr-
diſchen Glantz an ſich als er aus dem dritten Himmel kam, aber
ſeine Seele und Dienſt hatte eine himmliſche uͤberſchwenglich herr-
lichere Klarheit als Moſes a. Glaube es, liebes Hertz! wer ſanfft-
muͤthig iſt und von Hertzen demuͤthig, wie JESUS, leuchtet in
den Augen der heiligen Englen heller, als die Sonne, und ſollte
er am Leib ſo hager und mager und finſter ausſehen wie Lazarus.
Es iſt ſich mehr zu verwunderen, und iſt mehr Goͤttliches und Himm-
liſches darinn, einen im Creutz, Schmach und Verfolgung gelaſ-
ſenen Menſchen zu ſehen als ein lichtſtrahlendes Angeſicht. Alſo
ware JESU Schmuck, Glantz und Herrlichkeit das pur lautere
Goͤttliche Weſen. Das merckte der hocherleuchtete Paulus wohl,
darum wollte er Chriſtum nicht mehr kennen nach dem Fleiſch.
Die Apoſtel empfangen das im Goͤttlichen Umgang mit JESU;
Sonderlich Johannes. Petrus deßgleichen ſagt wohl nicht zu JE-
SU, wie Jſrael, ich muß ſterben wann du fortfahreſt mit mir zu
reden, ſondern als es ihme JESUS frey ſtellete weg zu gehen,
um ihn nicht mehr zu hoͤren, da ſchrye er klaͤglich: HERR! wo
ſolle ich hingehen, da mir beſſer ſey? Du haſt Wort des ewigen
Lebens, es iſt mir, ich ſey im Paradieß, wann ich dich kan hoͤren
reden. Ja Paulus kommt ſo weit in der Sach, daß er bezeuget,
das erſte Wort ſey nur durch die Engel geredt worden b, als wann
Jſrael nur gleichſam ein Echo oder Wiederſchall der Stimm GOt-
tes von den Englen her gehoͤret; Nun aber predigte der HERR
ſelbſt unmittelbar eine groſſe Seeligkeit.
§. 9. Darum ſind wir jetzt keines wegs nimmermehr zu entſchul-
digen, wann wir uns nicht aufs allernaͤheſte und innigſte zu GOtt
halten, weilen er uns, O erſtaunliches und unausſprechliches Wun-
der! als ein recht natuͤrlich Kind erſcheinet in einem Stall, allwo
nicht das Geringſte ware, das ein vier jaͤhrig Kind haͤtte koͤnnen
ſich
a 2 Cor. III. 9. & XII. 1-4.
b Hebr. II. 2.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 608. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/704>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.