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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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Weyhnachts-Gedancken.
ich doch nur thun, daß ich seelig werde? Auf solche Ubergab genießt
die Seel einige Erquickung, Beruhigung und Freundlichkeit von
JEsu, daß sie dann eine gute Hoffnung schöpfft; Wird aber bald
darauf noch schärffer geprüfft, also daß sie sich selbst aller Sünden
schuldig geben, vor GOtt anklagen, und das Urtheil über sich selbst
sprechen muß, dabey aber allezeit bleibt im Gebott des Glaubens,
und sonderbar der aufrichtigen Bruder-Liebe, als vor einen Benja-
min willig seyende in die Sclaverey oder Leibeigenschafft zu gehen.
Alsdann entdeckt er der Seel sein gantz Hertz, und spricht: Jch bin
JEsus, dein Bruder. Wer sein Gebott hält, dem will er innwen-
dig erscheinen a. Glaube nur, JEsus wird keine Minuten länger
verziehen, als es ihme anständig, und dir recht selig ist; Bist du wei-
se, so wirst du es nicht anderst von ihm verlangen. Nach dem Maaß
deines Glaubens, Liebe und Gehorsams, wird dir auch das Manna
mitgetheilet der Freuden-reichen Umhalsungen JEsu und der innigen
Tröstungen des H. Geistes: Was hülffe dichs, wann jemand zu dir
käme mit einem Faß voll des köstlichsten Balsams, und wollte dir die
Helffte darvon schencken, du aber hättest überall nichts in Hauß und
Heimath, als ein klein Krüglein? Es wurde dich ja nur verdriessen.
Fahre du nur fort im Suchen und Anhalten; Dann durch unermüde-
tes Bitten und starcke Begierden wird das Hertz gewaltig ausgedeh-
net, daß fein viel, viel drein mag. Je mehr und stärcker man eine
Harnblase aufblaset, je weiter dehnet sie sich aus und fasset demnach
desto mehr kostbare Balsam-Säffte; Eben also ist das starcke Seh-
nen nach dem Himmelreich ein gewaltiger Odem des Heil. Geistes,
wovon das Glaubens-Gefäß mercklich erweitert wird, also daß GOtt
desto reichlicher von seinen Gnaden-Gütern mittheilen kan, welches er
so gern thut, je mehr je lieber; Daher ermahnet uns des frommen
HErren Gütigkeit so ernstlich zum Gebet, damit er fein viel geben
könne: Summa Summarum, wer bittet, der empfähet, und wer su-
chet, der findet. Geb wie viele hundert Stund die Weisen ge-
wohnet von Jerusalem, so kamen sie doch nach vielem Fuß-Aufheben
endlich dahin, und zuletzt gen Bethlehem, ja gar biß zu dem Kind;
Wem es nur recht Ernst ist und nicht nachlasset, der wird ohn allen
Zweifel heut oder morgen erfreut mit einer sehr grossen Freude. Als

Elisa
a Joh. XIV. 21.
N n n n 2

Weyhnachts-Gedancken.
ich doch nur thun, daß ich ſeelig werde? Auf ſolche Ubergab genießt
die Seel einige Erquickung, Beruhigung und Freundlichkeit von
JEſu, daß ſie dann eine gute Hoffnung ſchoͤpfft; Wird aber bald
darauf noch ſchaͤrffer gepruͤfft, alſo daß ſie ſich ſelbſt aller Suͤnden
ſchuldig geben, vor GOtt anklagen, und das Urtheil uͤber ſich ſelbſt
ſprechen muß, dabey aber allezeit bleibt im Gebott des Glaubens,
und ſonderbar der aufrichtigen Bruder-Liebe, als vor einen Benja-
min willig ſeyende in die Sclaverey oder Leibeigenſchafft zu gehen.
Alsdann entdeckt er der Seel ſein gantz Hertz, und ſpricht: Jch bin
JEſus, dein Bruder. Wer ſein Gebott haͤlt, dem will er innwen-
dig erſcheinen a. Glaube nur, JEſus wird keine Minuten laͤnger
verziehen, als es ihme anſtaͤndig, und dir recht ſelig iſt; Biſt du wei-
ſe, ſo wirſt du es nicht anderſt von ihm verlangen. Nach dem Maaß
deines Glaubens, Liebe und Gehorſams, wird dir auch das Manna
mitgetheilet der Freuden-reichen Umhalſungen JEſu und der innigen
Troͤſtungen des H. Geiſtes: Was huͤlffe dichs, wann jemand zu dir
kaͤme mit einem Faß voll des koͤſtlichſten Balſams, und wollte dir die
Helffte darvon ſchencken, du aber haͤtteſt uͤberall nichts in Hauß und
Heimath, als ein klein Kruͤglein? Es wurde dich ja nur verdrieſſen.
Fahre du nur fort im Suchen und Anhalten; Dann durch unermuͤde-
tes Bitten und ſtarcke Begierden wird das Hertz gewaltig ausgedeh-
net, daß fein viel, viel drein mag. Je mehr und ſtaͤrcker man eine
Harnblaſe aufblaſet, je weiter dehnet ſie ſich aus und faſſet demnach
deſto mehr koſtbare Balſam-Saͤffte; Eben alſo iſt das ſtarcke Seh-
nen nach dem Himmelreich ein gewaltiger Odem des Heil. Geiſtes,
wovon das Glaubens-Gefaͤß mercklich erweitert wird, alſo daß GOtt
deſto reichlicher von ſeinen Gnaden-Guͤtern mittheilen kan, welches er
ſo gern thut, je mehr je lieber; Daher ermahnet uns des frommen
HErren Guͤtigkeit ſo ernſtlich zum Gebet, damit er fein viel geben
koͤnne: Summa Summarum, wer bittet, der empfaͤhet, und wer ſu-
chet, der findet. Geb wie viele hundert Stund die Weiſen ge-
wohnet von Jeruſalem, ſo kamen ſie doch nach vielem Fuß-Aufheben
endlich dahin, und zuletzt gen Bethlehem, ja gar biß zu dem Kind;
Wem es nur recht Ernſt iſt und nicht nachlaſſet, der wird ohn allen
Zweifel heut oder morgen erfreut mit einer ſehr groſſen Freude. Als

Eliſa
a Joh. XIV. 21.
N n n n 2
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[651/0747] Weyhnachts-Gedancken. ich doch nur thun, daß ich ſeelig werde? Auf ſolche Ubergab genießt die Seel einige Erquickung, Beruhigung und Freundlichkeit von JEſu, daß ſie dann eine gute Hoffnung ſchoͤpfft; Wird aber bald darauf noch ſchaͤrffer gepruͤfft, alſo daß ſie ſich ſelbſt aller Suͤnden ſchuldig geben, vor GOtt anklagen, und das Urtheil uͤber ſich ſelbſt ſprechen muß, dabey aber allezeit bleibt im Gebott des Glaubens, und ſonderbar der aufrichtigen Bruder-Liebe, als vor einen Benja- min willig ſeyende in die Sclaverey oder Leibeigenſchafft zu gehen. Alsdann entdeckt er der Seel ſein gantz Hertz, und ſpricht: Jch bin JEſus, dein Bruder. Wer ſein Gebott haͤlt, dem will er innwen- dig erſcheinen a. Glaube nur, JEſus wird keine Minuten laͤnger verziehen, als es ihme anſtaͤndig, und dir recht ſelig iſt; Biſt du wei- ſe, ſo wirſt du es nicht anderſt von ihm verlangen. Nach dem Maaß deines Glaubens, Liebe und Gehorſams, wird dir auch das Manna mitgetheilet der Freuden-reichen Umhalſungen JEſu und der innigen Troͤſtungen des H. Geiſtes: Was huͤlffe dichs, wann jemand zu dir kaͤme mit einem Faß voll des koͤſtlichſten Balſams, und wollte dir die Helffte darvon ſchencken, du aber haͤtteſt uͤberall nichts in Hauß und Heimath, als ein klein Kruͤglein? Es wurde dich ja nur verdrieſſen. Fahre du nur fort im Suchen und Anhalten; Dann durch unermuͤde- tes Bitten und ſtarcke Begierden wird das Hertz gewaltig ausgedeh- net, daß fein viel, viel drein mag. Je mehr und ſtaͤrcker man eine Harnblaſe aufblaſet, je weiter dehnet ſie ſich aus und faſſet demnach deſto mehr koſtbare Balſam-Saͤffte; Eben alſo iſt das ſtarcke Seh- nen nach dem Himmelreich ein gewaltiger Odem des Heil. Geiſtes, wovon das Glaubens-Gefaͤß mercklich erweitert wird, alſo daß GOtt deſto reichlicher von ſeinen Gnaden-Guͤtern mittheilen kan, welches er ſo gern thut, je mehr je lieber; Daher ermahnet uns des frommen HErren Guͤtigkeit ſo ernſtlich zum Gebet, damit er fein viel geben koͤnne: Summa Summarum, wer bittet, der empfaͤhet, und wer ſu- chet, der findet. Geb wie viele hundert Stund die Weiſen ge- wohnet von Jeruſalem, ſo kamen ſie doch nach vielem Fuß-Aufheben endlich dahin, und zuletzt gen Bethlehem, ja gar biß zu dem Kind; Wem es nur recht Ernſt iſt und nicht nachlaſſet, der wird ohn allen Zweifel heut oder morgen erfreut mit einer ſehr groſſen Freude. Als Eliſa a Joh. XIV. 21. N n n n 2

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 651. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/747>, abgerufen am 26.11.2024.