hätte ihm sein Unrath ins Gefräß geschmissen, und sich Tag und Nacht in dem ewigen Gut allein zu erlustigen getrachtet: Aber vor gethan und nach bedacht, hat manchen in groß Leyd gebracht. Was jetzt ein Seiden-Faden zu seyn scheinet, von dem dich leichtlichen werdest kön- nen entreissen, das wird dir bald zu einem starcken Seil werden daran du erworgen must.
§. 5. O so eilet, eile ein jeder jung und alt, reich und arm, beydeDer un- schätzbare Verlust der Gna- den-Zeit. das graue Haupt und auch der junge Knab in seinen blühenden Kräff- ten; GOtt hat uns viel Denck-Säulen vor unsere Augen aufgerich- tet die uns zuruffen, die da stehen, und an denen wir mit grossen Buchstaben lesen können: Hingeht die Zeit, herkommt der Tod, o Mensch bekehre dich zu GOTT.
NB. Diese traurige Geschicht hat sich zugetragen in Yverdon.
§. 6. Conradus, Bischoff zu Hildesheim sahe im Gesicht einenErzehlung einiger merck- würdiger Exem- peln. Prälaten vor Gericht geladen, scharff examinirt, und nach befunde- nem Verbrechen und Saumseeligkeit, den Peinigern überantwortet, da die Richter aufstunden, sagte einer zum andern, darum laßt uns Guts zu thun nicht müd werden, alldieweil wir Zeit haben Gal. 6, 10. Vernahm am Tag hernach, daß der Prälat Tods verblichen.
Einem frommen Mann traumte von einem seiner Bekannten, der von seiner Sicherheit und gottlosem Wesen nicht abstehen wollte, wie er sehe einen Engel zu ihm hinein gehen in seine Cammer, mit Ruthen und Geisseln, der ihn warnete, ihm vorstellende die höllische Quaal, deren er noch durch wahre Buß entgehen könnte, und als er sich weigerte zu gehorchen, trate hinein ein anderer Engel mit einem Korb voll schöner Blumen und Früchten ihme dabey vorhaltend die Herrlichkeit des Paradieses, darein er noch gelangen könnte, durch gründliche Sinnes-Aenderung, als dieser verstockte Sünder auch die- sen nicht hören wollte, sahe er den HErrn JEsum Christum selbst hinein tretten, der ihm seine Wunden zeigete, so er um seinet willen sich hätte schlagen lassen: Als er auch durch dieses sich nicht wollte bereden lassen, zur aufrichtigen Bekehrung und JEsus hinaus ge- gangen ware, sahe er, wie der Tod einen Pfeil in der Hand gehal- ten, und Satan, der ein Strick in Händen trug, hinein in die Kam- mer vor jenes sein Bett tretten, indem klopffete man an seiner Thür,
und
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eines Kuͤh-Hirten.
haͤtte ihm ſein Unrath ins Gefraͤß geſchmiſſen, und ſich Tag und Nacht in dem ewigen Gut allein zu erluſtigen getrachtet: Aber vor gethan und nach bedacht, hat manchen in groß Leyd gebracht. Was jetzt ein Seiden-Faden zu ſeyn ſcheinet, von dem dich leichtlichen werdeſt koͤn- nen entreiſſen, das wird dir bald zu einem ſtarcken Seil werden daran du erworgen muſt.
§. 5. O ſo eilet, eile ein jeder jung und alt, reich und arm, beydeDer un- ſchaͤtzbare Verluſt der Gna- den-Zeit. das graue Haupt und auch der junge Knab in ſeinen bluͤhenden Kraͤff- ten; GOtt hat uns viel Denck-Saͤulen vor unſere Augen aufgerich- tet die uns zuruffen, die da ſtehen, und an denen wir mit groſſen Buchſtaben leſen koͤnnen: Hingeht die Zeit, herkommt der Tod, o Menſch bekehre dich zu GOTT.
NB. Dieſe traurige Geſchicht hat ſich zugetragen in Yverdon.
§. 6. Conradus, Biſchoff zu Hildesheim ſahe im Geſicht einenEꝛzehlung einiger merck- wuͤrdiger Exem- peln. Praͤlaten vor Gericht geladen, ſcharff examinirt, und nach befunde- nem Verbrechen und Saumſeeligkeit, den Peinigern uͤberantwortet, da die Richter aufſtunden, ſagte einer zum andern, darum laßt uns Guts zu thun nicht muͤd werden, alldieweil wir Zeit haben Gal. 6, 10. Vernahm am Tag hernach, daß der Praͤlat Tods verblichen.
Einem frommen Mann traumte von einem ſeiner Bekannten, der von ſeiner Sicherheit und gottloſem Weſen nicht abſtehen wollte, wie er ſehe einen Engel zu ihm hinein gehen in ſeine Cammer, mit Ruthen und Geiſſeln, der ihn warnete, ihm vorſtellende die hoͤlliſche Quaal, deren er noch durch wahre Buß entgehen koͤnnte, und als er ſich weigerte zu gehorchen, trate hinein ein anderer Engel mit einem Korb voll ſchoͤner Blumen und Fruͤchten ihme dabey vorhaltend die Herrlichkeit des Paradieſes, darein er noch gelangen koͤnnte, durch gruͤndliche Sinnes-Aenderung, als dieſer verſtockte Suͤnder auch die- ſen nicht hoͤren wollte, ſahe er den HErrn JEſum Chriſtum ſelbſt hinein tretten, der ihm ſeine Wunden zeigete, ſo er um ſeinet willen ſich haͤtte ſchlagen laſſen: Als er auch durch dieſes ſich nicht wollte bereden laſſen, zur aufrichtigen Bekehrung und JEſus hinaus ge- gangen ware, ſahe er, wie der Tod einen Pfeil in der Hand gehal- ten, und Satan, der ein Strick in Haͤnden trug, hinein in die Kam- mer vor jenes ſein Bett tretten, indem klopffete man an ſeiner Thuͤr,
und
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eines Kuͤh-Hirten.
haͤtte ihm ſein Unrath ins Gefraͤß geſchmiſſen, und ſich Tag und Nacht
in dem ewigen Gut allein zu erluſtigen getrachtet: Aber vor gethan
und nach bedacht, hat manchen in groß Leyd gebracht. Was jetzt
ein Seiden-Faden zu ſeyn ſcheinet, von dem dich leichtlichen werdeſt koͤn-
nen entreiſſen, das wird dir bald zu einem ſtarcken Seil werden daran
du erworgen muſt.
§. 5. O ſo eilet, eile ein jeder jung und alt, reich und arm, beyde
das graue Haupt und auch der junge Knab in ſeinen bluͤhenden Kraͤff-
ten; GOtt hat uns viel Denck-Saͤulen vor unſere Augen aufgerich-
tet die uns zuruffen, die da ſtehen, und an denen wir mit groſſen
Buchſtaben leſen koͤnnen: Hingeht die Zeit, herkommt der Tod, o
Menſch bekehre dich zu GOTT.
Der un-
ſchaͤtzbare
Verluſt
der Gna-
den-Zeit.
NB. Dieſe traurige Geſchicht hat ſich zugetragen in Yverdon.
§. 6. Conradus, Biſchoff zu Hildesheim ſahe im Geſicht einen
Praͤlaten vor Gericht geladen, ſcharff examinirt, und nach befunde-
nem Verbrechen und Saumſeeligkeit, den Peinigern uͤberantwortet,
da die Richter aufſtunden, ſagte einer zum andern, darum laßt uns
Guts zu thun nicht muͤd werden, alldieweil wir Zeit haben Gal. 6,
10. Vernahm am Tag hernach, daß der Praͤlat Tods verblichen.
Eꝛzehlung
einiger
merck-
wuͤrdiger
Exem-
peln.
Einem frommen Mann traumte von einem ſeiner Bekannten, der
von ſeiner Sicherheit und gottloſem Weſen nicht abſtehen wollte,
wie er ſehe einen Engel zu ihm hinein gehen in ſeine Cammer, mit
Ruthen und Geiſſeln, der ihn warnete, ihm vorſtellende die hoͤlliſche
Quaal, deren er noch durch wahre Buß entgehen koͤnnte, und als er
ſich weigerte zu gehorchen, trate hinein ein anderer Engel mit einem
Korb voll ſchoͤner Blumen und Fruͤchten ihme dabey vorhaltend die
Herrlichkeit des Paradieſes, darein er noch gelangen koͤnnte, durch
gruͤndliche Sinnes-Aenderung, als dieſer verſtockte Suͤnder auch die-
ſen nicht hoͤren wollte, ſahe er den HErrn JEſum Chriſtum ſelbſt
hinein tretten, der ihm ſeine Wunden zeigete, ſo er um ſeinet willen
ſich haͤtte ſchlagen laſſen: Als er auch durch dieſes ſich nicht wollte
bereden laſſen, zur aufrichtigen Bekehrung und JEſus hinaus ge-
gangen ware, ſahe er, wie der Tod einen Pfeil in der Hand gehal-
ten, und Satan, der ein Strick in Haͤnden trug, hinein in die Kam-
mer vor jenes ſein Bett tretten, indem klopffete man an ſeiner Thuͤr,
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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 675. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/771>, abgerufen am 22.11.2024.
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