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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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Der unter den Stech-Disteln
von Kranckheit und allerhand Ungemach darzu schlägt: Welches al-
les dich unter den verderbtesten Menschen hinunter wirfft und demü-
thiget, also daß du ein Feg-Opfer wirst den Engeln und Menschen,
und dir auf der gantzen weiten Welt nichts zu deinem Trost überbleibt
als dein JEsus, dessen Blut du da erst recht lernest hochschätzen,
sintemahl du in dir selbst nichts dann Unrath und Elend, eine grosse
Hertzens-Bangigkeit, und bey der Welt nur ungestümme Bedräng-
nuß empfinden must.

Welche ih-
ren Ur-
sprung
von innen
aus dem
Menschen
selbsten
hat.

§. 3. Da sollt du nicht dencken, daß die Unruh von aussen hinein
komme, dann gewißlich du magst es glauben oder nicht, sie kommt von
innen heraus; du bist selbst schuld an aller Qual und Zerrüttung dei-
ner Seelen. Es ist grad als wann du ein schlaffend Wild-Schwein
in deinem Garten hättest, und es käme jemand und raßlete an der
Thür, und du wolltest ihm hernach alle Schuld geben des Schadens,
so das Unthier anrichtete; hieltest du das Zorn-Thier nicht in dir, so
würde dir das Raßlen wenig an Leib und Seel verderben. Das
Raßlen und Pochen der äussern Reitzung möchte noch so starck seyn;
wäre nicht so ein dicker Boden-Satz von Sand und Koth im Grund
deines Gemüths; so würde das Wasser vom rüttlen nicht also trübe.
Siehe! Die heilige Menschheit JEsus möchte aufs greulichste ge-
schüttelt werden, so bliebe sie in allen Stürmen Chrystall-lauter.
Warum das? Darum, es war kein finster Stäublein der Liebloßig-
keit darinn: der Mensch erlangt die Sanfftmuth nicht anderst, als
unter mancherley Anlässen zum Zorn, da dann unter den tieffen Her-
tzens-Seuffzern immer ein klein Bißlein der alten Natur abgehet.
Die Schlange sticht wohl den Glaubigen in die Fersen, daß er inner-
lich Pein und Schmertzen leiden muß und von den Paßionen hefftig
genug gemartert wird; aber JEsus in der Seel zertrittet ihr jedes
mahl den Schedel, welches der Glaube fühlt, und eben deß-
wegen ins Leiden verliebt wird. GOtt thut ein fremd Werck,
Peinigung, Plag und Widerwärtigkeit, welches ihm nicht von Her-
tzen gehet; so kan und mags aber nicht anderst seyn, sollen die Laster
jemahl ausgerottet, und alle schalckhaffte Boßheit, so des Menschen
Hertz blöd, finster und unruhig macht, aus dem Grund vertilget
werden: Und so kommt dann GOTT zu seinem eigenen Werck,
welches ihm, dem GOTT der Liebe, so gar besonders wohl gefällt,

nemlich

Der unter den Stech-Diſteln
von Kranckheit und allerhand Ungemach darzu ſchlaͤgt: Welches al-
les dich unter den verderbteſten Menſchen hinunter wirfft und demuͤ-
thiget, alſo daß du ein Feg-Opfer wirſt den Engeln und Menſchen,
und dir auf der gantzen weiten Welt nichts zu deinem Troſt uͤberbleibt
als dein JEſus, deſſen Blut du da erſt recht lerneſt hochſchaͤtzen,
ſintemahl du in dir ſelbſt nichts dann Unrath und Elend, eine groſſe
Hertzens-Bangigkeit, und bey der Welt nur ungeſtuͤmme Bedraͤng-
nuß empfinden muſt.

Welche ih-
ren Ur-
ſprung
von innen
aus dem
Menſchen
ſelbſten
hat.

§. 3. Da ſollt du nicht dencken, daß die Unruh von auſſen hinein
komme, dann gewißlich du magſt es glauben oder nicht, ſie kommt von
innen heraus; du biſt ſelbſt ſchuld an aller Qual und Zerruͤttung dei-
ner Seelen. Es iſt grad als wann du ein ſchlaffend Wild-Schwein
in deinem Garten haͤtteſt, und es kaͤme jemand und raßlete an der
Thuͤr, und du wollteſt ihm hernach alle Schuld geben des Schadens,
ſo das Unthier anrichtete; hielteſt du das Zorn-Thier nicht in dir, ſo
wuͤrde dir das Raßlen wenig an Leib und Seel verderben. Das
Raßlen und Pochen der aͤuſſern Reitzung moͤchte noch ſo ſtarck ſeyn;
waͤre nicht ſo ein dicker Boden-Satz von Sand und Koth im Grund
deines Gemuͤths; ſo wuͤrde das Waſſer vom ruͤttlen nicht alſo truͤbe.
Siehe! Die heilige Menſchheit JEſus moͤchte aufs greulichſte ge-
ſchuͤttelt werden, ſo bliebe ſie in allen Stuͤrmen Chryſtall-lauter.
Warum das? Darum, es war kein finſter Staͤublein der Liebloßig-
keit darinn: der Menſch erlangt die Sanfftmuth nicht anderſt, als
unter mancherley Anlaͤſſen zum Zorn, da dann unter den tieffen Her-
tzens-Seuffzern immer ein klein Bißlein der alten Natur abgehet.
Die Schlange ſticht wohl den Glaubigen in die Ferſen, daß er inner-
lich Pein und Schmertzen leiden muß und von den Paßionen hefftig
genug gemartert wird; aber JEſus in der Seel zertrittet ihr jedes
mahl den Schedel, welches der Glaube fuͤhlt, und eben deß-
wegen ins Leiden verliebt wird. GOtt thut ein fremd Werck,
Peinigung, Plag und Widerwaͤrtigkeit, welches ihm nicht von Her-
tzen gehet; ſo kan und mags aber nicht anderſt ſeyn, ſollen die Laſter
jemahl ausgerottet, und alle ſchalckhaffte Boßheit, ſo des Menſchen
Hertz bloͤd, finſter und unruhig macht, aus dem Grund vertilget
werden: Und ſo kommt dann GOTT zu ſeinem eigenen Werck,
welches ihm, dem GOTT der Liebe, ſo gar beſonders wohl gefaͤllt,

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[694/0790] Der unter den Stech-Diſteln von Kranckheit und allerhand Ungemach darzu ſchlaͤgt: Welches al- les dich unter den verderbteſten Menſchen hinunter wirfft und demuͤ- thiget, alſo daß du ein Feg-Opfer wirſt den Engeln und Menſchen, und dir auf der gantzen weiten Welt nichts zu deinem Troſt uͤberbleibt als dein JEſus, deſſen Blut du da erſt recht lerneſt hochſchaͤtzen, ſintemahl du in dir ſelbſt nichts dann Unrath und Elend, eine groſſe Hertzens-Bangigkeit, und bey der Welt nur ungeſtuͤmme Bedraͤng- nuß empfinden muſt. §. 3. Da ſollt du nicht dencken, daß die Unruh von auſſen hinein komme, dann gewißlich du magſt es glauben oder nicht, ſie kommt von innen heraus; du biſt ſelbſt ſchuld an aller Qual und Zerruͤttung dei- ner Seelen. Es iſt grad als wann du ein ſchlaffend Wild-Schwein in deinem Garten haͤtteſt, und es kaͤme jemand und raßlete an der Thuͤr, und du wollteſt ihm hernach alle Schuld geben des Schadens, ſo das Unthier anrichtete; hielteſt du das Zorn-Thier nicht in dir, ſo wuͤrde dir das Raßlen wenig an Leib und Seel verderben. Das Raßlen und Pochen der aͤuſſern Reitzung moͤchte noch ſo ſtarck ſeyn; waͤre nicht ſo ein dicker Boden-Satz von Sand und Koth im Grund deines Gemuͤths; ſo wuͤrde das Waſſer vom ruͤttlen nicht alſo truͤbe. Siehe! Die heilige Menſchheit JEſus moͤchte aufs greulichſte ge- ſchuͤttelt werden, ſo bliebe ſie in allen Stuͤrmen Chryſtall-lauter. Warum das? Darum, es war kein finſter Staͤublein der Liebloßig- keit darinn: der Menſch erlangt die Sanfftmuth nicht anderſt, als unter mancherley Anlaͤſſen zum Zorn, da dann unter den tieffen Her- tzens-Seuffzern immer ein klein Bißlein der alten Natur abgehet. Die Schlange ſticht wohl den Glaubigen in die Ferſen, daß er inner- lich Pein und Schmertzen leiden muß und von den Paßionen hefftig genug gemartert wird; aber JEſus in der Seel zertrittet ihr jedes mahl den Schedel, welches der Glaube fuͤhlt, und eben deß- wegen ins Leiden verliebt wird. GOtt thut ein fremd Werck, Peinigung, Plag und Widerwaͤrtigkeit, welches ihm nicht von Her- tzen gehet; ſo kan und mags aber nicht anderſt ſeyn, ſollen die Laſter jemahl ausgerottet, und alle ſchalckhaffte Boßheit, ſo des Menſchen Hertz bloͤd, finſter und unruhig macht, aus dem Grund vertilget werden: Und ſo kommt dann GOTT zu ſeinem eigenen Werck, welches ihm, dem GOTT der Liebe, ſo gar beſonders wohl gefaͤllt, nemlich

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 694. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/790>, abgerufen am 22.11.2024.