Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

Bild:
<< vorherige Seite

hervor blühende Lilien-Zweig.
mich mit den edlen Früchten deines Geistes, mit Liebe, Friede,
Freude, Demuth, Gedult, Gütigkeit, Sanfftmuth.

§. 3. Endlich willt du aus dem jämmerlich verworrenen Jrrsallund ge-
dencken
sein Wohl
und Wehe
stehe nicht
bey Men-
schen, son-
dern bey
GOTT.

aller deiner quälenden Affecten heraus, und in das liebseelige Para-
dieß der vollkommenen Liebe hinein kommen, und begehrst du aufrich-
tig zu wissen, wie du es doch angreiffen sollest; so sag ich dir zu guter
Letze, daß du nur gedenckest, es seye um dich zu thun, wer und was
du seyest, und nicht um das, was andere Leute um dich her schwä-
tzen, brausen und toben, dich so und so anfechten: Glaube nur, daß
dein Wohl und Wehe nicht von den Creaturen abhange, und daß
es an keinem Menschen liege dich seelig oder mißvergnügt zu machen,
sondern alles beruhe darinn, ob du JEsum oder die Welt im Her-
tzen habest, ob lauter JEsus dein GOtt sey? Dann da bist du, wie
ein Engel, in Freuden, und wie ein unbeweglicher Felß, es komme ein
sanfft-streichendes Wasser des Lobs, oder eine Sturm-Wellen des
Scheltens an dich heran geschossen. Bist du aber dein selbst eige-
ner Götz, Verehrer und Bewunderer; so bist du dein eigener Plag-
Teufel, also hoffärtig, wann man dich rühmet, als giengest du auf
Steltzen, und also unmuthig, wo man dich tadlet, vernichtiget,
daß du wohl vor Zorn zerbersten möchtest.

§. 4. Ach es ist hier eine kurtze Zeit; ewig währet gar lang: UndMassen
der
Mensch
nur so viel
tauget,
als er in
den Augen
GOttes
giltet.

so viel wird der Mensch nur taugen, als er gilt in GOttes Augen.
Derowegen zancke, zürne und hadere doch nicht so hitzig um dein Ehr
und eiteles Welt-Wesen; vergiß bey keinem Zufall, daß es jetzt der
Tag deiner Zubereitung seye, an dem es eben so närrisch ist, Ehr
und Schätze suchen, als im Winter ernden wollen und herbsten:
Warte auf den Frühling die liebe Sommers-Zeit der frölichen E-
wigkeit; gedulde dich biß dahin. Der rechte Ehren-Punct, Ruhm
und Name, um deßwillen mancher im Grimm ermordet worden, ist
nicht läppische Titel-Thorheit, sondern JESU dem grossen König
und HErren der Herrlichkeit in Sanfft- und Demuth, Leben und Lei-
den ähnlich seyn: Dagegen ist der gröste Schimpf und Spott, des
Teufels Willen thun, und sich von diesem häßlichen verfluchten Un-
geheur am Sünden-Seil führen lassen. Der höchste Reichthum ist,
GOtt zu seinem Antheil haben a, JEsum den verborgenen Schatz,

die
a Matth. XIII.
U u u u 2

hervor bluͤhende Lilien-Zweig.
mich mit den edlen Fruͤchten deines Geiſtes, mit Liebe, Friede,
Freude, Demuth, Gedult, Guͤtigkeit, Sanfftmuth.

§. 3. Endlich willt du aus dem jaͤmmerlich verworrenen Jrrſallund ge-
dencken
ſein Wohl
und Wehe
ſtehe nicht
bey Men-
ſchen, ſon-
dern bey
GOTT.

aller deiner quaͤlenden Affecten heraus, und in das liebſeelige Para-
dieß der vollkommenen Liebe hinein kommen, und begehrſt du aufrich-
tig zu wiſſen, wie du es doch angreiffen ſolleſt; ſo ſag ich dir zu guter
Letze, daß du nur gedenckeſt, es ſeye um dich zu thun, wer und was
du ſeyeſt, und nicht um das, was andere Leute um dich her ſchwaͤ-
tzen, brauſen und toben, dich ſo und ſo anfechten: Glaube nur, daß
dein Wohl und Wehe nicht von den Creaturen abhange, und daß
es an keinem Menſchen liege dich ſeelig oder mißvergnuͤgt zu machen,
ſondern alles beruhe darinn, ob du JEſum oder die Welt im Her-
tzen habeſt, ob lauter JEſus dein GOtt ſey? Dann da biſt du, wie
ein Engel, in Freuden, und wie ein unbeweglicher Felß, es komme ein
ſanfft-ſtreichendes Waſſer des Lobs, oder eine Sturm-Wellen des
Scheltens an dich heran geſchoſſen. Biſt du aber dein ſelbſt eige-
ner Goͤtz, Verehrer und Bewunderer; ſo biſt du dein eigener Plag-
Teufel, alſo hoffaͤrtig, wann man dich ruͤhmet, als giengeſt du auf
Steltzen, und alſo unmuthig, wo man dich tadlet, vernichtiget,
daß du wohl vor Zorn zerberſten moͤchteſt.

§. 4. Ach es iſt hier eine kurtze Zeit; ewig waͤhret gar lang: UndMaſſen
der
Menſch
nur ſo viel
tauget,
als er in
den Augen
GOttes
giltet.

ſo viel wird der Menſch nur taugen, als er gilt in GOttes Augen.
Derowegen zancke, zuͤrne und hadere doch nicht ſo hitzig um dein Ehr
und eiteles Welt-Weſen; vergiß bey keinem Zufall, daß es jetzt der
Tag deiner Zubereitung ſeye, an dem es eben ſo naͤrriſch iſt, Ehr
und Schaͤtze ſuchen, als im Winter ernden wollen und herbſten:
Warte auf den Fruͤhling die liebe Sommers-Zeit der froͤlichen E-
wigkeit; gedulde dich biß dahin. Der rechte Ehren-Punct, Ruhm
und Name, um deßwillen mancher im Grimm ermordet worden, iſt
nicht laͤppiſche Titel-Thorheit, ſondern JESU dem groſſen Koͤnig
und HErren der Herrlichkeit in Sanfft- und Demuth, Leben und Lei-
den aͤhnlich ſeyn: Dagegen iſt der groͤſte Schimpf und Spott, des
Teufels Willen thun, und ſich von dieſem haͤßlichen verfluchten Un-
geheur am Suͤnden-Seil fuͤhren laſſen. Der hoͤchſte Reichthum iſt,
GOtt zu ſeinem Antheil haben a, JEſum den verborgenen Schatz,

die
a Matth. XIII.
U u u u 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0803" n="707"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">hervor blu&#x0364;hende Lilien-Zweig.</hi></fw><lb/>
mich mit den edlen Fru&#x0364;chten deines Gei&#x017F;tes, mit Liebe, Friede,<lb/>
Freude, Demuth, Gedult, Gu&#x0364;tigkeit, Sanfftmuth.</p><lb/>
          <p>§. 3. Endlich willt du aus dem ja&#x0364;mmerlich verworrenen Jrr&#x017F;all<note place="right">und ge-<lb/>
dencken<lb/>
&#x017F;ein Wohl<lb/>
und Wehe<lb/>
&#x017F;tehe nicht<lb/>
bey Men-<lb/>
&#x017F;chen, &#x017F;on-<lb/>
dern bey<lb/>
GOTT.</note><lb/>
aller deiner qua&#x0364;lenden Affecten heraus, und in das lieb&#x017F;eelige Para-<lb/>
dieß der vollkommenen Liebe hinein kommen, und begehr&#x017F;t du aufrich-<lb/>
tig zu wi&#x017F;&#x017F;en, wie du es doch angreiffen &#x017F;olle&#x017F;t; &#x017F;o &#x017F;ag ich dir zu guter<lb/>
Letze, daß du nur gedencke&#x017F;t, <hi rendition="#fr">es &#x017F;eye um dich zu thun,</hi> wer und was<lb/>
du &#x017F;eye&#x017F;t, und nicht um das, was andere Leute um dich her &#x017F;chwa&#x0364;-<lb/>
tzen, brau&#x017F;en und toben, dich &#x017F;o und &#x017F;o anfechten: Glaube nur, daß<lb/>
dein Wohl und Wehe nicht von den Creaturen abhange, und daß<lb/>
es an keinem Men&#x017F;chen liege dich &#x017F;eelig oder mißvergnu&#x0364;gt zu machen,<lb/>
&#x017F;ondern alles beruhe darinn, ob du JE&#x017F;um oder die Welt im Her-<lb/>
tzen habe&#x017F;t, ob lauter JE&#x017F;us dein GOtt &#x017F;ey? Dann da bi&#x017F;t du, wie<lb/>
ein Engel, in Freuden, und wie ein unbeweglicher Felß, es komme ein<lb/>
&#x017F;anfft-&#x017F;treichendes Wa&#x017F;&#x017F;er des Lobs, oder eine Sturm-Wellen des<lb/>
Scheltens an dich heran ge&#x017F;cho&#x017F;&#x017F;en. Bi&#x017F;t du aber dein &#x017F;elb&#x017F;t eige-<lb/>
ner Go&#x0364;tz, Verehrer und Bewunderer; &#x017F;o bi&#x017F;t du dein eigener Plag-<lb/>
Teufel, al&#x017F;o hoffa&#x0364;rtig, wann man dich ru&#x0364;hmet, als gienge&#x017F;t du auf<lb/>
Steltzen, und al&#x017F;o unmuthig, wo man dich tadlet, vernichtiget,<lb/>
daß du wohl vor Zorn zerber&#x017F;ten mo&#x0364;chte&#x017F;t.</p><lb/>
          <p>§. 4. Ach es i&#x017F;t hier eine kurtze Zeit; ewig wa&#x0364;hret gar lang: Und<note place="right">Ma&#x017F;&#x017F;en<lb/>
der<lb/>
Men&#x017F;ch<lb/>
nur &#x017F;o viel<lb/>
tauget,<lb/>
als er in<lb/>
den Augen<lb/>
GOttes<lb/>
giltet.</note><lb/>
&#x017F;o viel wird der Men&#x017F;ch nur taugen, als er gilt in GOttes Augen.<lb/>
Derowegen zancke, zu&#x0364;rne und hadere doch nicht &#x017F;o hitzig um dein Ehr<lb/>
und eiteles Welt-We&#x017F;en; vergiß bey keinem Zufall, daß es jetzt der<lb/>
Tag deiner Zubereitung &#x017F;eye, an dem es eben &#x017F;o na&#x0364;rri&#x017F;ch i&#x017F;t, Ehr<lb/>
und Scha&#x0364;tze &#x017F;uchen, als im Winter ernden wollen und herb&#x017F;ten:<lb/>
Warte auf den Fru&#x0364;hling die liebe Sommers-Zeit der fro&#x0364;lichen E-<lb/>
wigkeit; gedulde dich biß dahin. Der rechte Ehren-Punct, Ruhm<lb/>
und Name, um deßwillen mancher im Grimm ermordet worden, i&#x017F;t<lb/>
nicht la&#x0364;ppi&#x017F;che Titel-Thorheit, &#x017F;ondern JESU dem gro&#x017F;&#x017F;en Ko&#x0364;nig<lb/>
und HErren der Herrlichkeit in Sanfft- und Demuth, Leben und Lei-<lb/>
den a&#x0364;hnlich &#x017F;eyn: Dagegen i&#x017F;t der gro&#x0364;&#x017F;te Schimpf und Spott, des<lb/>
Teufels Willen thun, und &#x017F;ich von die&#x017F;em ha&#x0364;ßlichen verfluchten Un-<lb/>
geheur am Su&#x0364;nden-Seil fu&#x0364;hren la&#x017F;&#x017F;en. Der ho&#x0364;ch&#x017F;te <hi rendition="#fr">Reichthum</hi> i&#x017F;t,<lb/>
GOtt zu &#x017F;einem Antheil haben <note place="foot" n="a"><hi rendition="#aq">Matth. XIII.</hi></note>, JE&#x017F;um den verborgenen Schatz,<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">U u u u 2</fw><fw place="bottom" type="catch">die</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[707/0803] hervor bluͤhende Lilien-Zweig. mich mit den edlen Fruͤchten deines Geiſtes, mit Liebe, Friede, Freude, Demuth, Gedult, Guͤtigkeit, Sanfftmuth. §. 3. Endlich willt du aus dem jaͤmmerlich verworrenen Jrrſall aller deiner quaͤlenden Affecten heraus, und in das liebſeelige Para- dieß der vollkommenen Liebe hinein kommen, und begehrſt du aufrich- tig zu wiſſen, wie du es doch angreiffen ſolleſt; ſo ſag ich dir zu guter Letze, daß du nur gedenckeſt, es ſeye um dich zu thun, wer und was du ſeyeſt, und nicht um das, was andere Leute um dich her ſchwaͤ- tzen, brauſen und toben, dich ſo und ſo anfechten: Glaube nur, daß dein Wohl und Wehe nicht von den Creaturen abhange, und daß es an keinem Menſchen liege dich ſeelig oder mißvergnuͤgt zu machen, ſondern alles beruhe darinn, ob du JEſum oder die Welt im Her- tzen habeſt, ob lauter JEſus dein GOtt ſey? Dann da biſt du, wie ein Engel, in Freuden, und wie ein unbeweglicher Felß, es komme ein ſanfft-ſtreichendes Waſſer des Lobs, oder eine Sturm-Wellen des Scheltens an dich heran geſchoſſen. Biſt du aber dein ſelbſt eige- ner Goͤtz, Verehrer und Bewunderer; ſo biſt du dein eigener Plag- Teufel, alſo hoffaͤrtig, wann man dich ruͤhmet, als giengeſt du auf Steltzen, und alſo unmuthig, wo man dich tadlet, vernichtiget, daß du wohl vor Zorn zerberſten moͤchteſt. und ge- dencken ſein Wohl und Wehe ſtehe nicht bey Men- ſchen, ſon- dern bey GOTT. §. 4. Ach es iſt hier eine kurtze Zeit; ewig waͤhret gar lang: Und ſo viel wird der Menſch nur taugen, als er gilt in GOttes Augen. Derowegen zancke, zuͤrne und hadere doch nicht ſo hitzig um dein Ehr und eiteles Welt-Weſen; vergiß bey keinem Zufall, daß es jetzt der Tag deiner Zubereitung ſeye, an dem es eben ſo naͤrriſch iſt, Ehr und Schaͤtze ſuchen, als im Winter ernden wollen und herbſten: Warte auf den Fruͤhling die liebe Sommers-Zeit der froͤlichen E- wigkeit; gedulde dich biß dahin. Der rechte Ehren-Punct, Ruhm und Name, um deßwillen mancher im Grimm ermordet worden, iſt nicht laͤppiſche Titel-Thorheit, ſondern JESU dem groſſen Koͤnig und HErren der Herrlichkeit in Sanfft- und Demuth, Leben und Lei- den aͤhnlich ſeyn: Dagegen iſt der groͤſte Schimpf und Spott, des Teufels Willen thun, und ſich von dieſem haͤßlichen verfluchten Un- geheur am Suͤnden-Seil fuͤhren laſſen. Der hoͤchſte Reichthum iſt, GOtt zu ſeinem Antheil haben a, JEſum den verborgenen Schatz, die Maſſen der Menſch nur ſo viel tauget, als er in den Augen GOttes giltet. a Matth. XIII. U u u u 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/803
Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 707. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/803>, abgerufen am 01.07.2024.