Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

Bild:
<< vorherige Seite

Der unter den Stech-Disteln
liche, demüthige Umwendung zu GOTT der Hauptstreich allem
Bösen obzusiegen, und thut in allen Kampff-Ubungen das meiste bey
der Sach; doch also, daß wie die Manieren, wormit die Feinde
anfallen, gar verschieden sind, auch die Gegenwehr ein mahl nicht
seyn muß wie das andere.

Wordurch
auch der
bösen Lust
gesteuret
wird.

§. 15. Es gehet eine gleiche Sach nicht allezeit gleich an; auch
müssen im Kampff mit der Lust, worvon aber die Rede jetz nicht ist,
andere Kriegs-Liste gebraucht werden, als gegen den Zorn: Die
Lust ist zum theil gefährlicher als Zorn; sintemahl dieser dem Leib
wehe, jene aber wohl thut. Es haltet sich aber der Glaub in al-
lem Scharmützel, als der tapfferste Hauptmann; deßhalben man
alle Sorg dahin kehren muß, daß derselbe einmahl vor allem aus
frisch und gesund bleibe; er hat schon mehrmahlen gantze Armeen in
die Flucht gejagt, und in einem armen Mägdlein, wie Cyprianus
schreibet, Heerschaaren der Teufel zu schanden gemacht. Es wäre
mir jetzt eine Kurtzweil seinen Löwen-Muth im Streiche abschlagen,
aushalten und versetzen zu beschreiben; allein ich muß in der vorha-
benden Materien fortfahren.

Durch
Ubergab
des Her-
tzens an
GOtt zur
Reini-
gung von
Eigenlie-
be wird
dem Zorn
und der
Raach ge-
steuret.

§. 16. Ubergiebe a dein Hertz allewege JESU, zur Reinigung
von Hochmuth, Eigen-Liebe, Welt-Sinn, von aller Achtgebung
auf der Menschen Sage, auf das, was werden die Leut dencken;
als Wurtzlen des Zorns. Traue dir nicht, daß du von Uber-
trettung dieses Gebottes rein seyest, und folglich kein Todschläger
vor GOTT und denen friedsamen heiligen Englen. So lang dir
jemand begegnet, zu dem du nicht eine süsse Neigung im Hertzen
tragst. Und wann du dergleichen bey dir fühlest, so hüte dich vor
allen Ausbrüchen des Unwillens, als da sind: Dem der dich ge-
schmähet oder sonst Leyds zugefügt, den Rucken kehren, saur anse-
hen, nicht grüssen noch dancken, rauch anschnauben, sein Unglück
mit einem Gelächter erzehlen, seines Glücks mit neidigen Worten
gedencken, seinem Ruhm und guten Namen ein teuflisch Aber bey-
setzen, oder die Nasen darob rümpffen; wie man offt mit einem ei-
nigen höhnischen Gebärden mehr sagt, als sonst mit einer langen Red;
und was der gräßliche Zorn-Baum vor unzählich mancherley Bollen,
Blühte und Früchte hat, biß ihn JESUS verfluchet, daß er

von
a Prov. XXVI. 23.

Der unter den Stech-Diſteln
liche, demuͤthige Umwendung zu GOTT der Hauptſtreich allem
Boͤſen obzuſiegen, und thut in allen Kampff-Ubungen das meiſte bey
der Sach; doch alſo, daß wie die Manieren, wormit die Feinde
anfallen, gar verſchieden ſind, auch die Gegenwehr ein mahl nicht
ſeyn muß wie das andere.

Worduꝛch
auch der
boͤſen Luſt
geſteuret
wird.

§. 15. Es gehet eine gleiche Sach nicht allezeit gleich an; auch
muͤſſen im Kampff mit der Luſt, worvon aber die Rede jetz nicht iſt,
andere Kriegs-Liſte gebraucht werden, als gegen den Zorn: Die
Luſt iſt zum theil gefaͤhrlicher als Zorn; ſintemahl dieſer dem Leib
wehe, jene aber wohl thut. Es haltet ſich aber der Glaub in al-
lem Scharmuͤtzel, als der tapfferſte Hauptmann; deßhalben man
alle Sorg dahin kehren muß, daß derſelbe einmahl vor allem aus
friſch und geſund bleibe; er hat ſchon mehrmahlen gantze Armeen in
die Flucht gejagt, und in einem armen Maͤgdlein, wie Cyprianus
ſchreibet, Heerſchaaren der Teufel zu ſchanden gemacht. Es waͤre
mir jetzt eine Kurtzweil ſeinen Loͤwen-Muth im Streiche abſchlagen,
aushalten und verſetzen zu beſchreiben; allein ich muß in der vorha-
benden Materien fortfahren.

Durch
Ubergab
des Her-
tzens an
GOtt zur
Reini-
gung von
Eigenlie-
be wird
dem Zorn
und der
Raach ge-
ſteuret.

§. 16. Ubergiebe a dein Hertz allewege JESU, zur Reinigung
von Hochmuth, Eigen-Liebe, Welt-Sinn, von aller Achtgebung
auf der Menſchen Sage, auf das, was werden die Leut dencken;
als Wurtzlen des Zorns. Traue dir nicht, daß du von Uber-
trettung dieſes Gebottes rein ſeyeſt, und folglich kein Todſchlaͤger
vor GOTT und denen friedſamen heiligen Englen. So lang dir
jemand begegnet, zu dem du nicht eine ſuͤſſe Neigung im Hertzen
tragſt. Und wann du dergleichen bey dir fuͤhleſt, ſo huͤte dich vor
allen Ausbruͤchen des Unwillens, als da ſind: Dem der dich ge-
ſchmaͤhet oder ſonſt Leyds zugefuͤgt, den Rucken kehren, ſaur anſe-
hen, nicht gruͤſſen noch dancken, rauch anſchnauben, ſein Ungluͤck
mit einem Gelaͤchter erzehlen, ſeines Gluͤcks mit neidigen Worten
gedencken, ſeinem Ruhm und guten Namen ein teufliſch Aber bey-
ſetzen, oder die Naſen darob ruͤmpffen; wie man offt mit einem ei-
nigen hoͤhniſchen Gebaͤrden mehr ſagt, als ſonſt mit einer langen Red;
und was der graͤßliche Zorn-Baum vor unzaͤhlich mancherley Bollen,
Bluͤhte und Fruͤchte hat, biß ihn JESUS verfluchet, daß er

von
a Prov. XXVI. 23.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0820" n="724"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Der unter den Stech-Di&#x017F;teln</hi></fw><lb/>
liche, demu&#x0364;thige Umwendung zu GOTT der Haupt&#x017F;treich allem<lb/>
Bo&#x0364;&#x017F;en obzu&#x017F;iegen, und thut in allen Kampff-Ubungen das mei&#x017F;te bey<lb/>
der Sach; doch al&#x017F;o, daß wie die Manieren, wormit die Feinde<lb/>
anfallen, gar ver&#x017F;chieden &#x017F;ind, auch die Gegenwehr ein mahl nicht<lb/>
&#x017F;eyn muß wie das andere.</p><lb/>
          <note place="left">Wordu&#xA75B;ch<lb/>
auch der<lb/>
bo&#x0364;&#x017F;en Lu&#x017F;t<lb/>
ge&#x017F;teuret<lb/>
wird.</note>
          <p><hi rendition="#i">§.</hi> 15. Es gehet eine gleiche Sach nicht allezeit gleich an; auch<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en im Kampff mit der Lu&#x017F;t, worvon aber die Rede jetz nicht i&#x017F;t,<lb/>
andere Kriegs-Li&#x017F;te gebraucht werden, als gegen den Zorn: Die<lb/>
Lu&#x017F;t i&#x017F;t zum theil gefa&#x0364;hrlicher als Zorn; &#x017F;intemahl die&#x017F;er dem Leib<lb/>
wehe, jene aber wohl thut. Es haltet &#x017F;ich aber der Glaub in al-<lb/>
lem Scharmu&#x0364;tzel, als der tapffer&#x017F;te Hauptmann; deßhalben man<lb/>
alle Sorg dahin kehren muß, daß der&#x017F;elbe einmahl vor allem aus<lb/>
fri&#x017F;ch und ge&#x017F;und bleibe; er hat &#x017F;chon mehrmahlen gantze Armeen in<lb/>
die Flucht gejagt, und in einem armen Ma&#x0364;gdlein, wie Cyprianus<lb/>
&#x017F;chreibet, Heer&#x017F;chaaren der Teufel zu &#x017F;chanden gemacht. Es wa&#x0364;re<lb/>
mir jetzt eine Kurtzweil &#x017F;einen Lo&#x0364;wen-Muth im Streiche ab&#x017F;chlagen,<lb/>
aushalten und ver&#x017F;etzen zu be&#x017F;chreiben; allein ich muß in der vorha-<lb/>
benden Materien fortfahren.</p><lb/>
          <note place="left">Durch<lb/>
Ubergab<lb/>
des Her-<lb/>
tzens an<lb/>
GOtt zur<lb/>
Reini-<lb/>
gung von<lb/>
Eigenlie-<lb/>
be wird<lb/>
dem Zorn<lb/>
und der<lb/>
Raach ge-<lb/>
&#x017F;teuret.</note>
          <p>§. 16. Ubergiebe <note place="foot" n="a"><hi rendition="#aq">Prov. XXVI.</hi> 23.</note> dein Hertz allewege JESU, zur Reinigung<lb/>
von Hochmuth, Eigen-Liebe, Welt-Sinn, von aller Achtgebung<lb/>
auf der Men&#x017F;chen Sage, auf das, was werden die Leut dencken;<lb/>
als Wurtzlen des Zorns. Traue dir nicht, daß du von Uber-<lb/>
trettung die&#x017F;es Gebottes rein &#x017F;eye&#x017F;t, und folglich kein Tod&#x017F;chla&#x0364;ger<lb/>
vor GOTT und denen fried&#x017F;amen heiligen Englen. So lang dir<lb/>
jemand begegnet, zu dem du nicht eine &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;e Neigung im Hertzen<lb/>
trag&#x017F;t. Und wann du dergleichen bey dir fu&#x0364;hle&#x017F;t, &#x017F;o hu&#x0364;te dich vor<lb/>
allen Ausbru&#x0364;chen des Unwillens, als da &#x017F;ind: Dem der dich ge-<lb/>
&#x017F;chma&#x0364;het oder &#x017F;on&#x017F;t Leyds zugefu&#x0364;gt, den Rucken kehren, &#x017F;aur an&#x017F;e-<lb/>
hen, nicht gru&#x0364;&#x017F;&#x017F;en noch dancken, rauch an&#x017F;chnauben, &#x017F;ein Unglu&#x0364;ck<lb/>
mit einem Gela&#x0364;chter erzehlen, &#x017F;eines Glu&#x0364;cks mit neidigen Worten<lb/>
gedencken, &#x017F;einem Ruhm und guten Namen ein teufli&#x017F;ch <hi rendition="#fr">Aber</hi> bey-<lb/>
&#x017F;etzen, oder die Na&#x017F;en darob ru&#x0364;mpffen; wie man offt mit einem ei-<lb/>
nigen ho&#x0364;hni&#x017F;chen Geba&#x0364;rden mehr &#x017F;agt, als &#x017F;on&#x017F;t mit einer langen Red;<lb/>
und was der gra&#x0364;ßliche Zorn-Baum vor unza&#x0364;hlich mancherley Bollen,<lb/>
Blu&#x0364;hte und Fru&#x0364;chte hat, biß ihn JESUS verfluchet, daß er<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">von</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[724/0820] Der unter den Stech-Diſteln liche, demuͤthige Umwendung zu GOTT der Hauptſtreich allem Boͤſen obzuſiegen, und thut in allen Kampff-Ubungen das meiſte bey der Sach; doch alſo, daß wie die Manieren, wormit die Feinde anfallen, gar verſchieden ſind, auch die Gegenwehr ein mahl nicht ſeyn muß wie das andere. §. 15. Es gehet eine gleiche Sach nicht allezeit gleich an; auch muͤſſen im Kampff mit der Luſt, worvon aber die Rede jetz nicht iſt, andere Kriegs-Liſte gebraucht werden, als gegen den Zorn: Die Luſt iſt zum theil gefaͤhrlicher als Zorn; ſintemahl dieſer dem Leib wehe, jene aber wohl thut. Es haltet ſich aber der Glaub in al- lem Scharmuͤtzel, als der tapfferſte Hauptmann; deßhalben man alle Sorg dahin kehren muß, daß derſelbe einmahl vor allem aus friſch und geſund bleibe; er hat ſchon mehrmahlen gantze Armeen in die Flucht gejagt, und in einem armen Maͤgdlein, wie Cyprianus ſchreibet, Heerſchaaren der Teufel zu ſchanden gemacht. Es waͤre mir jetzt eine Kurtzweil ſeinen Loͤwen-Muth im Streiche abſchlagen, aushalten und verſetzen zu beſchreiben; allein ich muß in der vorha- benden Materien fortfahren. §. 16. Ubergiebe a dein Hertz allewege JESU, zur Reinigung von Hochmuth, Eigen-Liebe, Welt-Sinn, von aller Achtgebung auf der Menſchen Sage, auf das, was werden die Leut dencken; als Wurtzlen des Zorns. Traue dir nicht, daß du von Uber- trettung dieſes Gebottes rein ſeyeſt, und folglich kein Todſchlaͤger vor GOTT und denen friedſamen heiligen Englen. So lang dir jemand begegnet, zu dem du nicht eine ſuͤſſe Neigung im Hertzen tragſt. Und wann du dergleichen bey dir fuͤhleſt, ſo huͤte dich vor allen Ausbruͤchen des Unwillens, als da ſind: Dem der dich ge- ſchmaͤhet oder ſonſt Leyds zugefuͤgt, den Rucken kehren, ſaur anſe- hen, nicht gruͤſſen noch dancken, rauch anſchnauben, ſein Ungluͤck mit einem Gelaͤchter erzehlen, ſeines Gluͤcks mit neidigen Worten gedencken, ſeinem Ruhm und guten Namen ein teufliſch Aber bey- ſetzen, oder die Naſen darob ruͤmpffen; wie man offt mit einem ei- nigen hoͤhniſchen Gebaͤrden mehr ſagt, als ſonſt mit einer langen Red; und was der graͤßliche Zorn-Baum vor unzaͤhlich mancherley Bollen, Bluͤhte und Fruͤchte hat, biß ihn JESUS verfluchet, daß er von a Prov. XXVI. 23.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/820
Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 724. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/820>, abgerufen am 01.07.2024.