verderbliche, sächt-schleichende Schlange, wider die man sich im Glauben an des heiligen Geistes Beystand wehren müsse, sie nicht lange ansehen; dann wann sie die Seel ein mahl bezaubert, so über- wältige sie dieselbe leichtlich, und werde dem Menschen je länger je schwehrer ihr zu widerstehen.
Ein besse- res Mittel wird dar- zu an die Hand ge- geben.
§. 2. Du wirst ihm sagen, es sey nichts sicherers als den Willen und Gedancken eilends davon abkehren, und zwar ehe das behende Gifft in die Einbildungs-Krafft steige und das Blut entzünde; er solle das Gebett und eine nutzliche Arbeit unverzüglich zur Hand nehmen, sonderlich aber mit dem Hertzen JESUM den Ge- creutzigten anrühren; es seye nichts süssers, als die wüste Begierd also zerknirschen, und alle böse Gedancken wie kleine Würmlein an den Felsen der Seeligkeit in starckem Glauben zerreiben, ehe sie zu Drachen werden. Die Welt seye voller Stricke a; darum müsse der Christ wachen und betten, und seine Augen stäts zu GOtt auf- heben, damit er ihm seinen Fuß aus dem Netze ziehe; wo man den Reitzungen nachgebe, so weiche die Gnad immer weiter von uns, Sünd und Teufel werden stärcker, hingegen die also gewohnte Na- tur je länger je schwächer zum Widerstand, und werde der Wille mit Gewalt in des anderen Todes Gefängnuß hingezogen, und nehme einen üblen Ausgang.
Kein- nützige Ausrede beantwor- tet.
§. 3. Es wäre je eine schlechte Ausrede vor einen Soldaten, wann er sagen wollte; ja der Feind ist schuld daran, er hat mich mit anmuthigen Dingen an sich gelocket, und zum Verräther go- macht; oder er hat mich gar zu streng angegriffen, und ich konnte mich seiner Wuth nicht besser entledigen, als daß ich mir einen Strick über den anderen anwerffen und mich fortschleppen liesse, ferne genug von meinem Heerführer hinweg.
Wie schmählich ists, wann ein Soldat Dem Feind den Rucken kehret; Wie schandtlich, wann er seine Stadt Verlaßt und sich nicht wehret; Wie spöttlich, wann er noch mit Fleiß Aus Zagheit wird dem Feind zum Preiß.
Gewiß,
aPs. XXV. 15.
Der unter den Stech-Diſteln
verderbliche, ſaͤcht-ſchleichende Schlange, wider die man ſich im Glauben an des heiligen Geiſtes Beyſtand wehren muͤſſe, ſie nicht lange anſehen; dann wann ſie die Seel ein mahl bezaubert, ſo uͤber- waͤltige ſie dieſelbe leichtlich, und werde dem Menſchen je laͤnger je ſchwehrer ihr zu widerſtehen.
Ein beſſe- res Mittel wird dar- zu an die Hand ge- geben.
§. 2. Du wirſt ihm ſagen, es ſey nichts ſicherers als den Willen und Gedancken eilends davon abkehren, und zwar ehe das behende Gifft in die Einbildungs-Krafft ſteige und das Blut entzuͤnde; er ſolle das Gebett und eine nutzliche Arbeit unverzuͤglich zur Hand nehmen, ſonderlich aber mit dem Hertzen JESUM den Ge- creutzigten anruͤhren; es ſeye nichts ſuͤſſers, als die wuͤſte Begierd alſo zerknirſchen, und alle boͤſe Gedancken wie kleine Wuͤrmlein an den Felſen der Seeligkeit in ſtarckem Glauben zerreiben, ehe ſie zu Drachen werden. Die Welt ſeye voller Stricke a; darum muͤſſe der Chriſt wachen und betten, und ſeine Augen ſtaͤts zu GOtt auf- heben, damit er ihm ſeinen Fuß aus dem Netze ziehe; wo man den Reitzungen nachgebe, ſo weiche die Gnad immer weiter von uns, Suͤnd und Teufel werden ſtaͤrcker, hingegen die alſo gewohnte Na- tur je laͤnger je ſchwaͤcher zum Widerſtand, und werde der Wille mit Gewalt in des anderen Todes Gefaͤngnuß hingezogen, und nehme einen uͤblen Ausgang.
Kein- nuͤtzige Ausrede beantwor- tet.
§. 3. Es waͤre je eine ſchlechte Ausrede vor einen Soldaten, wann er ſagen wollte; ja der Feind iſt ſchuld daran, er hat mich mit anmuthigen Dingen an ſich gelocket, und zum Verraͤther go- macht; oder er hat mich gar zu ſtreng angegriffen, und ich konnte mich ſeiner Wuth nicht beſſer entledigen, als daß ich mir einen Strick uͤber den anderen anwerffen und mich fortſchleppen lieſſe, ferne genug von meinem Heerfuͤhrer hinweg.
Wie ſchmaͤhlich iſts, wann ein Soldat Dem Feind den Rucken kehret; Wie ſchandtlich, wann er ſeine Stadt Verlaßt und ſich nicht wehret; Wie ſpoͤttlich, wann er noch mit Fleiß Aus Zagheit wird dem Feind zum Preiß.
Gewiß,
aPſ. XXV. 15.
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Der unter den Stech-Diſteln
verderbliche, ſaͤcht-ſchleichende Schlange, wider die man ſich im
Glauben an des heiligen Geiſtes Beyſtand wehren muͤſſe, ſie nicht
lange anſehen; dann wann ſie die Seel ein mahl bezaubert, ſo uͤber-
waͤltige ſie dieſelbe leichtlich, und werde dem Menſchen je laͤnger je
ſchwehrer ihr zu widerſtehen.
§. 2. Du wirſt ihm ſagen, es ſey nichts ſicherers als den Willen
und Gedancken eilends davon abkehren, und zwar ehe das behende
Gifft in die Einbildungs-Krafft ſteige und das Blut entzuͤnde; er
ſolle das Gebett und eine nutzliche Arbeit unverzuͤglich zur Hand
nehmen, ſonderlich aber mit dem Hertzen JESUM den Ge-
creutzigten anruͤhren; es ſeye nichts ſuͤſſers, als die wuͤſte Begierd
alſo zerknirſchen, und alle boͤſe Gedancken wie kleine Wuͤrmlein an
den Felſen der Seeligkeit in ſtarckem Glauben zerreiben, ehe ſie zu
Drachen werden. Die Welt ſeye voller Stricke a; darum muͤſſe
der Chriſt wachen und betten, und ſeine Augen ſtaͤts zu GOtt auf-
heben, damit er ihm ſeinen Fuß aus dem Netze ziehe; wo man
den Reitzungen nachgebe, ſo weiche die Gnad immer weiter von uns,
Suͤnd und Teufel werden ſtaͤrcker, hingegen die alſo gewohnte Na-
tur je laͤnger je ſchwaͤcher zum Widerſtand, und werde der Wille
mit Gewalt in des anderen Todes Gefaͤngnuß hingezogen, und
nehme einen uͤblen Ausgang.
§. 3. Es waͤre je eine ſchlechte Ausrede vor einen Soldaten,
wann er ſagen wollte; ja der Feind iſt ſchuld daran, er hat mich
mit anmuthigen Dingen an ſich gelocket, und zum Verraͤther go-
macht; oder er hat mich gar zu ſtreng angegriffen, und ich konnte
mich ſeiner Wuth nicht beſſer entledigen, als daß ich mir einen
Strick uͤber den anderen anwerffen und mich fortſchleppen lieſſe,
ferne genug von meinem Heerfuͤhrer hinweg.
Wie ſchmaͤhlich iſts, wann ein Soldat
Dem Feind den Rucken kehret;
Wie ſchandtlich, wann er ſeine Stadt
Verlaßt und ſich nicht wehret;
Wie ſpoͤttlich, wann er noch mit Fleiß
Aus Zagheit wird dem Feind zum Preiß.
Gewiß,
a Pſ. XXV. 15.
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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 726. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/822>, abgerufen am 22.11.2024.
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