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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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hervor blühende Lilien-Zweig.

§. 4. Solche Geister sind gemeiniglich rauh und hart gegen ge-welche
aber das
Exempel
des Sa-
mariters
zurecht
weisen
könnte.

fallene Sünder; wormit sie ihre sonderbare Heiligkeit zeigen wol-
len; gantz widersinnig dem HErrn Christo, dem frommen Sama-
ritan a, der nicht mit dem übel zugerichteten Mann zürnete, wohl
aber mit den Mörderen dem Teufel, Sünd und Tod; hingegen
sparete er an dem verwundeten Menschen weder Oel des sänffti-
genden, linderenden Trosts, noch Wein der liebreichesten Zu-
rechtweisung, der reinigenden und heilenden Zucht, und der
scharpfbeissenden Bestraffung; er ladet den Halb-Todten mit al-
lem seinem Elend und grossen Noth auf das Last-Thier seiner aller-
heiligsten Menschheit, und dienet mit seiner Weißheit den Tho-
ren, mit seiner Gerechtigkeit den Sünderen und mit seiner Selig-
keit den Verlohrnen; ja er hat uns alle so hertzlich lieb, daß Er
uns seinen Heil. Geist, zu diesem Liebe-Leben eingeußt und spricht,
gehe hin und thue desgleichen.

§. 5. Das laß dir dann gesagt seyn, und zwar allenthalben, woWie man
sich in die-
sem Stück
verhalten
solle: nem-
lich die Lie-
be aufzu-
blasen,

dich der süsse Freund Christus hinführet; da stärcke den Glauben
deren, die im finsteren sitzen, und reiche ihnen des wärmenden
Gnaden-Weins dar, aus denen unverfälschten, glorwürdigsten
Zeugnissen des alten und neuen Testaments, blaset an die Liebe
JEsu, wo ihr könnet, damit doch die Lust zum Evangelio, und
der Geschmack an geistlichen himmlischen Dingen in vielen wieder
aufgehe. Wir leben zwar in der Grund-Suppen der letzten Zeit,
da die Liebe zu GOTT und Menschen erkaltet b, also daß wir
wol möchten die Harpfen an die Weiden aufhencken, wann wir an
das alte Zion des ersten Christenthums gedencken c; wir wollen
uns aber darum nicht absönderen, sondern unsere Kleider-Trachten
rein und sauber zu behalten, auf den kothigen Strassen des Vor-
hofs der Heiden. Es wird ein schönes Edel-Gestein an unser Kron
seyn, so wir uns wie Noa, Loth unbefleckt bewahren lassen, von
unserem getreuen Reiß-Gefährten, und eben von deßwegen nicht
weglauffen; sintemal die Welt, von deren uns JEsus erkauffet

hat,
a Luc. X. 30. 31.
b 2 Tim. III. 1-4.
c Ps. CXXXVII.
C c c c c 2
hervor bluͤhende Lilien-Zweig.

§. 4. Solche Geiſter ſind gemeiniglich rauh und hart gegen ge-welche
aber das
Exempel
des Sa-
mariters
zurecht
weiſen
koͤnnte.

fallene Suͤnder; wormit ſie ihre ſonderbare Heiligkeit zeigen wol-
len; gantz widerſinnig dem HErrn Chriſto, dem frommen Sama-
ritan a, der nicht mit dem uͤbel zugerichteten Mann zuͤrnete, wohl
aber mit den Moͤrderen dem Teufel, Suͤnd und Tod; hingegen
ſparete er an dem verwundeten Menſchen weder Oel des ſaͤnffti-
genden, linderenden Troſts, noch Wein der liebreicheſten Zu-
rechtweiſung, der reinigenden und heilenden Zucht, und der
ſcharpfbeiſſenden Beſtraffung; er ladet den Halb-Todten mit al-
lem ſeinem Elend und groſſen Noth auf das Laſt-Thier ſeiner aller-
heiligſten Menſchheit, und dienet mit ſeiner Weißheit den Tho-
ren, mit ſeiner Gerechtigkeit den Suͤnderen und mit ſeiner Selig-
keit den Verlohrnen; ja er hat uns alle ſo hertzlich lieb, daß Er
uns ſeinen Heil. Geiſt, zu dieſem Liebe-Leben eingeußt und ſpricht,
gehe hin und thue desgleichen.

§. 5. Das laß dir dann geſagt ſeyn, und zwar allenthalben, woWie man
ſich in die-
ſem Stuͤck
verhalten
ſolle: nem-
lich die Lie-
be aufzu-
blaſen,

dich der ſuͤſſe Freund Chriſtus hinfuͤhret; da ſtaͤrcke den Glauben
deren, die im finſteren ſitzen, und reiche ihnen des waͤrmenden
Gnaden-Weins dar, aus denen unverfaͤlſchten, glorwuͤrdigſten
Zeugniſſen des alten und neuen Teſtaments, blaſet an die Liebe
JEſu, wo ihr koͤnnet, damit doch die Luſt zum Evangelio, und
der Geſchmack an geiſtlichen himmliſchen Dingen in vielen wieder
aufgehe. Wir leben zwar in der Grund-Suppen der letzten Zeit,
da die Liebe zu GOTT und Menſchen erkaltet b, alſo daß wir
wol moͤchten die Harpfen an die Weiden aufhencken, wann wir an
das alte Zion des erſten Chriſtenthums gedencken c; wir wollen
uns aber darum nicht abſoͤnderen, ſondern unſere Kleider-Trachten
rein und ſauber zu behalten, auf den kothigen Straſſen des Vor-
hofs der Heiden. Es wird ein ſchoͤnes Edel-Geſtein an unſer Kron
ſeyn, ſo wir uns wie Noa, Loth unbefleckt bewahren laſſen, von
unſerem getreuen Reiß-Gefaͤhrten, und eben von deßwegen nicht
weglauffen; ſintemal die Welt, von deren uns JEſus erkauffet

hat,
a Luc. X. 30. 31.
b 2 Tim. III. 1-4.
c Pſ. CXXXVII.
C c c c c 2
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[755/0851] hervor bluͤhende Lilien-Zweig. §. 4. Solche Geiſter ſind gemeiniglich rauh und hart gegen ge- fallene Suͤnder; wormit ſie ihre ſonderbare Heiligkeit zeigen wol- len; gantz widerſinnig dem HErrn Chriſto, dem frommen Sama- ritan a, der nicht mit dem uͤbel zugerichteten Mann zuͤrnete, wohl aber mit den Moͤrderen dem Teufel, Suͤnd und Tod; hingegen ſparete er an dem verwundeten Menſchen weder Oel des ſaͤnffti- genden, linderenden Troſts, noch Wein der liebreicheſten Zu- rechtweiſung, der reinigenden und heilenden Zucht, und der ſcharpfbeiſſenden Beſtraffung; er ladet den Halb-Todten mit al- lem ſeinem Elend und groſſen Noth auf das Laſt-Thier ſeiner aller- heiligſten Menſchheit, und dienet mit ſeiner Weißheit den Tho- ren, mit ſeiner Gerechtigkeit den Suͤnderen und mit ſeiner Selig- keit den Verlohrnen; ja er hat uns alle ſo hertzlich lieb, daß Er uns ſeinen Heil. Geiſt, zu dieſem Liebe-Leben eingeußt und ſpricht, gehe hin und thue desgleichen. welche aber das Exempel des Sa- mariters zurecht weiſen koͤnnte. §. 5. Das laß dir dann geſagt ſeyn, und zwar allenthalben, wo dich der ſuͤſſe Freund Chriſtus hinfuͤhret; da ſtaͤrcke den Glauben deren, die im finſteren ſitzen, und reiche ihnen des waͤrmenden Gnaden-Weins dar, aus denen unverfaͤlſchten, glorwuͤrdigſten Zeugniſſen des alten und neuen Teſtaments, blaſet an die Liebe JEſu, wo ihr koͤnnet, damit doch die Luſt zum Evangelio, und der Geſchmack an geiſtlichen himmliſchen Dingen in vielen wieder aufgehe. Wir leben zwar in der Grund-Suppen der letzten Zeit, da die Liebe zu GOTT und Menſchen erkaltet b, alſo daß wir wol moͤchten die Harpfen an die Weiden aufhencken, wann wir an das alte Zion des erſten Chriſtenthums gedencken c; wir wollen uns aber darum nicht abſoͤnderen, ſondern unſere Kleider-Trachten rein und ſauber zu behalten, auf den kothigen Straſſen des Vor- hofs der Heiden. Es wird ein ſchoͤnes Edel-Geſtein an unſer Kron ſeyn, ſo wir uns wie Noa, Loth unbefleckt bewahren laſſen, von unſerem getreuen Reiß-Gefaͤhrten, und eben von deßwegen nicht weglauffen; ſintemal die Welt, von deren uns JEſus erkauffet hat, Wie man ſich in die- ſem Stuͤck verhalten ſolle: nem- lich die Lie- be aufzu- blaſen, a Luc. X. 30. 31. b 2 Tim. III. 1-4. c Pſ. CXXXVII. C c c c c 2

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 755. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/851>, abgerufen am 22.11.2024.