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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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hervor blühende Lilien-Zweig.
"des anderen sein Gemüth heimlich auf eine verborgene zauberhaff-
"te Art hineinschiessen, dadurch ihm der ruhige und freudige Fort-
"gang im Glauben gehinderet oder geschwächt wird, daß sein
"geistlich Leben Noth leidet; und so auch, wann man von aussen
"in boßhafftige Wort, Spott, falsche Beschuldigungen, oder
"bey anderen in verkleinerende Nachreden ausbricht, und dem
"Nächsten also an seiner Gemüths-Ruh oder guten Nahmen, oder
"Nahrung schadet, und was dergleichen Würgen des Nebend-
"Menschen mehr seyn mag! Sind kurtz-bündige Wort eines vor-
trefflichen Lehrers unserer Zeiten.

§. 5. Welche schalckhaffte Boßheit dieser in Liechts-Engel Ver-Die Lieb-
losigkeit
hat der
Urh ber
selbsten
erfahren.

stellten über alles hoch-herfliegenden Geisteren ich viele Jahr an mir
selbst habe erfahren, mit vielem ängstlichem Druck und Bangigkeit;
in dem diese in teufflischem Neid unter schönem Schein ihrer fal-
schen, dem gifftigen Hertzen gemäß eingerichteten, und zu Satans
Wohlgefallen gemodelten Heiligkeit meine Seele mit ihrer scharffen
Zauber-Krafft ziemlich gequälet und abgemattet, daß mir offt ware
als wie einem Läuffer, der seine Begierd nach einem Kleinod aus-
strecket, und nicht nur in Koth und Sand gehen muß, sondern noch
dazu Hund und Katzen an den Beinen hangen hat, die ihm seinen
Lauff sehr schwer zu machen suchen; ja es ware mir unterweilen als
wie einem Baum, der auf sehr dürrem sandichtem Grund in widri-
gem Neblen stehend, sich des gäntzlichen Verdorrens kaum, kaum
erwehren kan; alldieweil diejenigen, welche sich in desselben grünen-
den, von oben her empfangenen Krafft hätten sollen erfreuen, und
durch liebreiche Vorbitte und Seegens-Wünsche Wasser zugiessen,
selbst alles Möglichste zu dessen Verderben beygetragen, und nicht
ohne Verdruß ein Regen-Wölcklein den armen verlassenen Baum
beschütten, oder ein Thau-Tröpflein auf ihn fallen gesehen; zumahl
dieses die Erfüllung ihres heimlichen, groll-süchtigen Wunsches,Fortse-
tzung der
Betrach-
tung wo-
durch der
Lieblosig-
keit kan
gesteuret
werden.

den Baum bald gantz ausgedörret zu schauen, aufhielte und hin-
derte.

§. 6. Ach meine Seele komme nicht in ihren Rath a; dann in ih-
rem Zorn erwürgen sie den Mann, und in ihrem Muthwillen ver-
lähmen sie den Fürsten! (Ein nach GOtt sehender Geist könnte eben

so wenig
a Gen. XLIX. 6.
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hervor bluͤhende Lilien-Zweig.
„des anderen ſein Gemuͤth heimlich auf eine verborgene zauberhaff-
„te Art hineinſchieſſen, dadurch ihm der ruhige und freudige Fort-
„gang im Glauben gehinderet oder geſchwaͤcht wird, daß ſein
„geiſtlich Leben Noth leidet; und ſo auch, wann man von auſſen
„in boßhafftige Wort, Spott, falſche Beſchuldigungen, oder
„bey anderen in verkleinerende Nachreden ausbricht, und dem
„Naͤchſten alſo an ſeiner Gemuͤths-Ruh oder guten Nahmen, oder
„Nahrung ſchadet, und was dergleichen Wuͤrgen des Nebend-
„Menſchen mehr ſeyn mag! Sind kurtz-buͤndige Wort eines vor-
trefflichen Lehrers unſerer Zeiten.

§. 5. Welche ſchalckhaffte Boßheit dieſer in Liechts-Engel Ver-Die Lieb-
loſigkeit
hat der
Urh ber
ſelbſten
erfahren.

ſtellten uͤber alles hoch-herfliegenden Geiſteren ich viele Jahr an mir
ſelbſt habe erfahren, mit vielem aͤngſtlichem Druck und Bangigkeit;
in dem dieſe in teuffliſchem Neid unter ſchoͤnem Schein ihrer fal-
ſchen, dem gifftigen Hertzen gemaͤß eingerichteten, und zu Satans
Wohlgefallen gemodelten Heiligkeit meine Seele mit ihrer ſcharffen
Zauber-Krafft ziemlich gequaͤlet und abgemattet, daß mir offt ware
als wie einem Laͤuffer, der ſeine Begierd nach einem Kleinod aus-
ſtrecket, und nicht nur in Koth und Sand gehen muß, ſondern noch
dazu Hund und Katzen an den Beinen hangen hat, die ihm ſeinen
Lauff ſehr ſchwer zu machen ſuchen; ja es ware mir unterweilen als
wie einem Baum, der auf ſehr duͤrrem ſandichtem Grund in widri-
gem Neblen ſtehend, ſich des gaͤntzlichen Verdorrens kaum, kaum
erwehren kan; alldieweil diejenigen, welche ſich in deſſelben gruͤnen-
den, von oben her empfangenen Krafft haͤtten ſollen erfreuen, und
durch liebreiche Vorbitte und Seegens-Wuͤnſche Waſſer zugieſſen,
ſelbſt alles Moͤglichſte zu deſſen Verderben beygetragen, und nicht
ohne Verdruß ein Regen-Woͤlcklein den armen verlaſſenen Baum
beſchuͤtten, oder ein Thau-Troͤpflein auf ihn fallen geſehen; zumahl
dieſes die Erfuͤllung ihres heimlichen, groll-ſuͤchtigen Wunſches,Fortſe-
tzung der
Betrach-
tung wo-
durch der
Liebloſig-
keit kan
geſteuret
werden.

den Baum bald gantz ausgedoͤrret zu ſchauen, aufhielte und hin-
derte.

§. 6. Ach meine Seele komme nicht in ihren Rath a; dann in ih-
rem Zorn erwuͤrgen ſie den Mann, und in ihrem Muthwillen ver-
laͤhmen ſie den Fuͤrſten! (Ein nach GOtt ſehender Geiſt koͤnnte eben

ſo wenig
a Gen. XLIX. 6.
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[763/0859] hervor bluͤhende Lilien-Zweig. „des anderen ſein Gemuͤth heimlich auf eine verborgene zauberhaff- „te Art hineinſchieſſen, dadurch ihm der ruhige und freudige Fort- „gang im Glauben gehinderet oder geſchwaͤcht wird, daß ſein „geiſtlich Leben Noth leidet; und ſo auch, wann man von auſſen „in boßhafftige Wort, Spott, falſche Beſchuldigungen, oder „bey anderen in verkleinerende Nachreden ausbricht, und dem „Naͤchſten alſo an ſeiner Gemuͤths-Ruh oder guten Nahmen, oder „Nahrung ſchadet, und was dergleichen Wuͤrgen des Nebend- „Menſchen mehr ſeyn mag! Sind kurtz-buͤndige Wort eines vor- trefflichen Lehrers unſerer Zeiten. §. 5. Welche ſchalckhaffte Boßheit dieſer in Liechts-Engel Ver- ſtellten uͤber alles hoch-herfliegenden Geiſteren ich viele Jahr an mir ſelbſt habe erfahren, mit vielem aͤngſtlichem Druck und Bangigkeit; in dem dieſe in teuffliſchem Neid unter ſchoͤnem Schein ihrer fal- ſchen, dem gifftigen Hertzen gemaͤß eingerichteten, und zu Satans Wohlgefallen gemodelten Heiligkeit meine Seele mit ihrer ſcharffen Zauber-Krafft ziemlich gequaͤlet und abgemattet, daß mir offt ware als wie einem Laͤuffer, der ſeine Begierd nach einem Kleinod aus- ſtrecket, und nicht nur in Koth und Sand gehen muß, ſondern noch dazu Hund und Katzen an den Beinen hangen hat, die ihm ſeinen Lauff ſehr ſchwer zu machen ſuchen; ja es ware mir unterweilen als wie einem Baum, der auf ſehr duͤrrem ſandichtem Grund in widri- gem Neblen ſtehend, ſich des gaͤntzlichen Verdorrens kaum, kaum erwehren kan; alldieweil diejenigen, welche ſich in deſſelben gruͤnen- den, von oben her empfangenen Krafft haͤtten ſollen erfreuen, und durch liebreiche Vorbitte und Seegens-Wuͤnſche Waſſer zugieſſen, ſelbſt alles Moͤglichſte zu deſſen Verderben beygetragen, und nicht ohne Verdruß ein Regen-Woͤlcklein den armen verlaſſenen Baum beſchuͤtten, oder ein Thau-Troͤpflein auf ihn fallen geſehen; zumahl dieſes die Erfuͤllung ihres heimlichen, groll-ſuͤchtigen Wunſches, den Baum bald gantz ausgedoͤrret zu ſchauen, aufhielte und hin- derte. Die Lieb- loſigkeit hat der Urh ber ſelbſten erfahren. Fortſe- tzung der Betrach- tung wo- durch der Liebloſig- keit kan geſteuret werden. §. 6. Ach meine Seele komme nicht in ihren Rath a; dann in ih- rem Zorn erwuͤrgen ſie den Mann, und in ihrem Muthwillen ver- laͤhmen ſie den Fuͤrſten! (Ein nach GOtt ſehender Geiſt koͤnnte eben ſo wenig a Gen. XLIX. 6. D d d d d 2

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 763. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/859>, abgerufen am 22.11.2024.