Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

Bild:
<< vorherige Seite

Vorrede.
alles in eine feine Ordnung mit handlicher strenger Arbeit, und wei-
len ihn der Handel so viel Mühe gekostet, achtete ers billich zu seyn,
daß ihm vor jeden Discours mit einem Stuck Geld samt angehenck-
tem Lobgeschrey aufgewartet wurde, und man ihne weiters darmit
ungeplagt liesse.

Hingegen gebrauchte sich der erste Jüngling nur seiner frischen
Sinnen, sahe und roche die Blumen und Gestäude, kostete die
Früchte und weidete seine Augen überall im Anschauen des schönen
Fürstlichen Gartens, der anmuthigen Spring-Brünnen und Lust-
Weyern, wovon ihm das Haupt vielmehr erleichteret als beschwärt
wurde, also daß er nicht nöthig hatte als ein Abgematteter eine an-
dere Erlustigung zu suchen; Er redete auch mit grosser Gewißheit und
Freudigkeit von dem Garten, sonderlich nach dem er aus dem Mund
deß Königs vernommen, daß alles was er gesehen sein eigen seyn sol-
le; Wann er nun ausgienge zu anderen, sie gleichfalls in den Freu-
den-reichen Garten hinein zu locken, so ware dieses seine Ruh, daß
er in deß Königs Pallast zurück kehrete, um daselbst sein Gemüth
mit lieb-begierigem Anschauen des Königs zu erquicken, und das wo-
von er gesprochen zu anderen, wiederum im innigen Genuß zu er-
fahren: Nur mit wenigem meine Gleichnuß heim zu bringen sagte ich:
Kurtz ihr Herren, es mangelt uns nichts als nur
die Wiedergeburt, so wurde das Himmelreich unser
Element und Wolleben seyn.

Ob aber diese sonst scharpffsinnige, wohlbelesene Männer diese
Gleichnuß verstanden, weiß ich nicht, einmahl haben sie selbige unbe-
antwortet gelassen, und wie ich vernommen, so haben sie nachwerts
gesagt: Dieser Mensch hat Principia und Grundwarheiten, denen
nicht zu widerstehen ist.

Wunsch
nach geist-
lichen
Sinnen.

§. 8. O ja! Der GOTT der Liebe gebe nur mir und allen, die
es begehren, diese geistliche Sinnen wieder, die wir im Paradieß
verlohren, allwo unsere Seel durch die Sünd von GOTT geschie-
den und dem ewigen Leben abgestorben; JESUS schaffe sie durch
seinen heylwertigen Nahmen neu in uns. Nemlich geistliche Se-
hens-Kräfften GOTT in seiner Schönheit, Herrlichkeit und Reich-
thümeren zu erkennen, auch seinen Gesalbeten, unsern JEsum in uns
zu erblicken, um zu ihme einkehren zu können, und bey seinem reinen,

seligen

Vorrede.
alles in eine feine Ordnung mit handlicher ſtrenger Arbeit, und wei-
len ihn der Handel ſo viel Muͤhe gekoſtet, achtete ers billich zu ſeyn,
daß ihm vor jeden Diſcours mit einem Stuck Geld ſamt angehenck-
tem Lobgeſchrey aufgewartet wurde, und man ihne weiters darmit
ungeplagt lieſſe.

Hingegen gebrauchte ſich der erſte Juͤngling nur ſeiner friſchen
Sinnen, ſahe und roche die Blumen und Geſtaͤude, koſtete die
Fruͤchte und weidete ſeine Augen uͤberall im Anſchauen des ſchoͤnen
Fuͤrſtlichen Gartens, der anmuthigen Spring-Bruͤnnen und Luſt-
Weyern, wovon ihm das Haupt vielmehr erleichteret als beſchwaͤrt
wurde, alſo daß er nicht noͤthig hatte als ein Abgematteter eine an-
dere Erluſtigung zu ſuchen; Er redete auch mit groſſer Gewißheit und
Freudigkeit von dem Garten, ſonderlich nach dem er aus dem Mund
deß Koͤnigs vernommen, daß alles was er geſehen ſein eigen ſeyn ſol-
le; Wann er nun ausgienge zu anderen, ſie gleichfalls in den Freu-
den-reichen Garten hinein zu locken, ſo ware dieſes ſeine Ruh, daß
er in deß Koͤnigs Pallaſt zuruͤck kehrete, um daſelbſt ſein Gemuͤth
mit lieb-begierigem Anſchauen des Koͤnigs zu erquicken, und das wo-
von er geſprochen zu anderen, wiederum im innigen Genuß zu er-
fahren: Nur mit wenigem meine Gleichnuß heim zu bringen ſagte ich:
Kurtz ihr Herren, es mangelt uns nichts als nur
die Wiedergeburt, ſo wurde das Himmelreich unſer
Element und Wolleben ſeyn.

Ob aber dieſe ſonſt ſcharpffſinnige, wohlbeleſene Maͤnner dieſe
Gleichnuß verſtanden, weiß ich nicht, einmahl haben ſie ſelbige unbe-
antwortet gelaſſen, und wie ich vernommen, ſo haben ſie nachwerts
geſagt: Dieſer Menſch hat Principia und Grundwarheiten, denen
nicht zu widerſtehen iſt.

Wunſch
nach geiſt-
lichen
Sinnen.

§. 8. O ja! Der GOTT der Liebe gebe nur mir und allen, die
es begehren, dieſe geiſtliche Sinnen wieder, die wir im Paradieß
verlohren, allwo unſere Seel durch die Suͤnd von GOTT geſchie-
den und dem ewigen Leben abgeſtorben; JESUS ſchaffe ſie durch
ſeinen heylwertigen Nahmen neu in uns. Nemlich geiſtliche Se-
hens-Kraͤfften GOTT in ſeiner Schoͤnheit, Herrlichkeit und Reich-
thuͤmeren zu erkennen, auch ſeinen Geſalbeten, unſern JEſum in uns
zu erblicken, um zu ihme einkehren zu koͤnnen, und bey ſeinem reinen,

ſeligen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0872" n="776"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Vorrede.</hi></fw><lb/>
alles in eine feine Ordnung mit handlicher &#x017F;trenger Arbeit, und wei-<lb/>
len ihn der Handel &#x017F;o viel Mu&#x0364;he geko&#x017F;tet, achtete ers billich zu &#x017F;eyn,<lb/>
daß ihm vor jeden Di&#x017F;cours mit einem Stuck Geld &#x017F;amt angehenck-<lb/>
tem Lobge&#x017F;chrey aufgewartet wurde, und man ihne weiters darmit<lb/>
ungeplagt lie&#x017F;&#x017F;e.</p><lb/>
          <p>Hingegen gebrauchte &#x017F;ich der er&#x017F;te Ju&#x0364;ngling nur &#x017F;einer fri&#x017F;chen<lb/>
Sinnen, &#x017F;ahe und roche die Blumen und Ge&#x017F;ta&#x0364;ude, ko&#x017F;tete die<lb/>
Fru&#x0364;chte und weidete &#x017F;eine Augen u&#x0364;berall im An&#x017F;chauen des &#x017F;cho&#x0364;nen<lb/>
Fu&#x0364;r&#x017F;tlichen Gartens, der anmuthigen Spring-Bru&#x0364;nnen und Lu&#x017F;t-<lb/>
Weyern, wovon ihm das Haupt vielmehr erleichteret als be&#x017F;chwa&#x0364;rt<lb/>
wurde, al&#x017F;o daß er nicht no&#x0364;thig hatte als ein Abgematteter eine an-<lb/>
dere Erlu&#x017F;tigung zu &#x017F;uchen; Er redete auch mit gro&#x017F;&#x017F;er Gewißheit und<lb/>
Freudigkeit von dem Garten, &#x017F;onderlich nach dem er aus dem Mund<lb/>
deß Ko&#x0364;nigs vernommen, daß alles was er ge&#x017F;ehen &#x017F;ein eigen &#x017F;eyn &#x017F;ol-<lb/>
le; Wann er nun ausgienge zu anderen, &#x017F;ie gleichfalls in den Freu-<lb/>
den-reichen Garten hinein zu locken, &#x017F;o ware die&#x017F;es &#x017F;eine Ruh, daß<lb/>
er in deß Ko&#x0364;nigs Palla&#x017F;t zuru&#x0364;ck kehrete, um da&#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;ein Gemu&#x0364;th<lb/>
mit lieb-begierigem An&#x017F;chauen des Ko&#x0364;nigs zu erquicken, und das wo-<lb/>
von er ge&#x017F;prochen zu anderen, wiederum im innigen Genuß zu er-<lb/>
fahren: Nur mit wenigem meine Gleichnuß heim zu bringen &#x017F;agte ich:<lb/><hi rendition="#fr">Kurtz ihr Herren, es mangelt uns nichts als nur<lb/>
die Wiedergeburt, &#x017F;o wurde das Himmelreich un&#x017F;er<lb/>
Element und Wolleben &#x017F;eyn.</hi></p><lb/>
          <p>Ob aber die&#x017F;e &#x017F;on&#x017F;t &#x017F;charpff&#x017F;innige, wohlbele&#x017F;ene Ma&#x0364;nner die&#x017F;e<lb/>
Gleichnuß ver&#x017F;tanden, weiß ich nicht, einmahl haben &#x017F;ie &#x017F;elbige unbe-<lb/>
antwortet gela&#x017F;&#x017F;en, und wie ich vernommen, &#x017F;o haben &#x017F;ie nachwerts<lb/>
ge&#x017F;agt: Die&#x017F;er Men&#x017F;ch hat Principia und Grundwarheiten, denen<lb/>
nicht zu wider&#x017F;tehen i&#x017F;t.</p><lb/>
          <note place="left">Wun&#x017F;ch<lb/>
nach gei&#x017F;t-<lb/>
lichen<lb/>
Sinnen.</note>
          <p>§. 8. O ja! Der GOTT der Liebe gebe nur mir und allen, die<lb/>
es begehren, die&#x017F;e gei&#x017F;tliche Sinnen wieder, die wir im Paradieß<lb/>
verlohren, allwo un&#x017F;ere Seel durch die Su&#x0364;nd von GOTT ge&#x017F;chie-<lb/>
den und dem ewigen Leben abge&#x017F;torben; JESUS &#x017F;chaffe &#x017F;ie durch<lb/>
&#x017F;einen heylwertigen Nahmen neu in uns. Nemlich gei&#x017F;tliche Se-<lb/>
hens-Kra&#x0364;fften GOTT in &#x017F;einer Scho&#x0364;nheit, Herrlichkeit und Reich-<lb/>
thu&#x0364;meren zu erkennen, auch &#x017F;einen Ge&#x017F;albeten, un&#x017F;ern JE&#x017F;um in uns<lb/>
zu erblicken, um zu ihme einkehren zu ko&#x0364;nnen, und bey &#x017F;einem reinen,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;eligen</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[776/0872] Vorrede. alles in eine feine Ordnung mit handlicher ſtrenger Arbeit, und wei- len ihn der Handel ſo viel Muͤhe gekoſtet, achtete ers billich zu ſeyn, daß ihm vor jeden Diſcours mit einem Stuck Geld ſamt angehenck- tem Lobgeſchrey aufgewartet wurde, und man ihne weiters darmit ungeplagt lieſſe. Hingegen gebrauchte ſich der erſte Juͤngling nur ſeiner friſchen Sinnen, ſahe und roche die Blumen und Geſtaͤude, koſtete die Fruͤchte und weidete ſeine Augen uͤberall im Anſchauen des ſchoͤnen Fuͤrſtlichen Gartens, der anmuthigen Spring-Bruͤnnen und Luſt- Weyern, wovon ihm das Haupt vielmehr erleichteret als beſchwaͤrt wurde, alſo daß er nicht noͤthig hatte als ein Abgematteter eine an- dere Erluſtigung zu ſuchen; Er redete auch mit groſſer Gewißheit und Freudigkeit von dem Garten, ſonderlich nach dem er aus dem Mund deß Koͤnigs vernommen, daß alles was er geſehen ſein eigen ſeyn ſol- le; Wann er nun ausgienge zu anderen, ſie gleichfalls in den Freu- den-reichen Garten hinein zu locken, ſo ware dieſes ſeine Ruh, daß er in deß Koͤnigs Pallaſt zuruͤck kehrete, um daſelbſt ſein Gemuͤth mit lieb-begierigem Anſchauen des Koͤnigs zu erquicken, und das wo- von er geſprochen zu anderen, wiederum im innigen Genuß zu er- fahren: Nur mit wenigem meine Gleichnuß heim zu bringen ſagte ich: Kurtz ihr Herren, es mangelt uns nichts als nur die Wiedergeburt, ſo wurde das Himmelreich unſer Element und Wolleben ſeyn. Ob aber dieſe ſonſt ſcharpffſinnige, wohlbeleſene Maͤnner dieſe Gleichnuß verſtanden, weiß ich nicht, einmahl haben ſie ſelbige unbe- antwortet gelaſſen, und wie ich vernommen, ſo haben ſie nachwerts geſagt: Dieſer Menſch hat Principia und Grundwarheiten, denen nicht zu widerſtehen iſt. §. 8. O ja! Der GOTT der Liebe gebe nur mir und allen, die es begehren, dieſe geiſtliche Sinnen wieder, die wir im Paradieß verlohren, allwo unſere Seel durch die Suͤnd von GOTT geſchie- den und dem ewigen Leben abgeſtorben; JESUS ſchaffe ſie durch ſeinen heylwertigen Nahmen neu in uns. Nemlich geiſtliche Se- hens-Kraͤfften GOTT in ſeiner Schoͤnheit, Herrlichkeit und Reich- thuͤmeren zu erkennen, auch ſeinen Geſalbeten, unſern JEſum in uns zu erblicken, um zu ihme einkehren zu koͤnnen, und bey ſeinem reinen, ſeligen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/872
Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 776. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/872>, abgerufen am 03.07.2024.