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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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Betrachtungen
1.
Lied, von
solch geist-
licher
Kauff-
mann-
schafft.
§. 4. Die grosse Geld-Begierd, der eitlen Menschen Prangen
Treibt einen Kauffmann fort, daß er nicht schlaffen kan,
Er sinnet Tag und Nacht, wie er kan das erlangen,
Was reich und fürnehm macht, wie es mög gehen an.
2.
Er scheuet keine Müh, noch Aengsten und Gefahren,
Die Wildniß, Ungeheur, Wolff, Bär, Löw, Tigerthier.
Geheime Hinterlist, der grimmen Räuber-Schaaren,
Und was dergleichen mehr, kommt ihm nicht schröcklich
für.
3.
Tobt gleich das wilde Meer! Mit Wolcken-hohe-Wellen
Als müßt das kleine Schiff ans blaue Sternen-Hauß,
Und bald darauf zurück in tieffen Abgrund fallen.
Der Kauffmann wagt es doch, trotz allem Sturm und
Strauß.
4.
Das strenge Schnee-Gebürg, deß Nordens Eiß und Winde.
Es regne, schneye, bruaß; Es donnere, krach und blitz,
Nichts störet seine Reiß, er eilet gar geschwinde,
Eh daß ein anderer ihm kommt in seinen Sitz.*
* Besiehe hievon den allerneusten Staat von Siberien, Nürnberg, 1725.
5.
Ost und West-Jndien, der Armuth zu entrinnen,
Sind ihme nicht zu weit, er sucht wohl beyde heim,
Der nahen Sonnen-Hitz nicht ändert sein Beginnen,
Das Würmen-Wasser schmeckt ihm wohl wie Honigseym.
6.
Der Winter-Nächten Kält, deß Sommers heisses Brennen,
Der Sand Arabiens hält ihne wenig auf.
Nicht Freund, nicht Vatterland verhindert ihn im Rennen,
Nach fremden Waaren geht sein Welt-gesinnter Lauff.
7.
O JEsu! solltest du auf uns so faule Christen
Nicht sehr erzürnet seyn, mit Flammen, Zorn und Raach!
Daß
Betrachtungen
1.
Lied, von
ſolch geiſt-
licher
Kauff-
mann-
ſchafft.
§. 4. Die groſſe Geld-Begierd, der eitlen Menſchen Prangen
Treibt einen Kauffmann fort, daß er nicht ſchlaffen kan,
Er ſinnet Tag und Nacht, wie er kan das erlangen,
Was reich und fuͤrnehm macht, wie es moͤg gehen an.
2.
Er ſcheuet keine Muͤh, noch Aengſten und Gefahren,
Die Wildniß, Ungeheur, Wolff, Baͤr, Loͤw, Tigerthier.
Geheime Hinterliſt, der grimmen Raͤuber-Schaaren,
Und was dergleichen mehr, kommt ihm nicht ſchroͤcklich
fuͤr.
3.
Tobt gleich das wilde Meer! Mit Wolcken-hohe-Wellen
Als muͤßt das kleine Schiff ans blaue Sternen-Hauß,
Und bald darauf zuruͤck in tieffen Abgrund fallen.
Der Kauffmann wagt es doch, trotz allem Sturm und
Strauß.
4.
Das ſtrenge Schnee-Gebuͤrg, deß Nordens Eiß und Winde.
Es regne, ſchneye, bruaß; Es donnere, krach und blitz,
Nichts ſtoͤret ſeine Reiß, er eilet gar geſchwinde,
Eh daß ein anderer ihm kommt in ſeinen Sitz.*
* Beſiehe hievon den allerneuſten Staat von Siberien, Nuͤrnberg, 1725.
5.
Oſt und Weſt-Jndien, der Armuth zu entrinnen,
Sind ihme nicht zu weit, er ſucht wohl beyde heim,
Der nahen Sonnen-Hitz nicht aͤndert ſein Beginnen,
Das Wuͤrmen-Waſſer ſchmeckt ihm wohl wie Honigſeym.
6.
Der Winter-Naͤchten Kaͤlt, deß Sommers heiſſes Brennen,
Der Sand Arabiens haͤlt ihne wenig auf.
Nicht Freund, nicht Vatterland verhindert ihn im Rennen,
Nach fremden Waaren geht ſein Welt-geſinnter Lauff.
7.
O JEſu! ſollteſt du auf uns ſo faule Chriſten
Nicht ſehr erzuͤrnet ſeyn, mit Flammen, Zorn und Raach!
Daß
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[790/0886] Betrachtungen 1. §. 4. Die groſſe Geld-Begierd, der eitlen Menſchen Prangen Treibt einen Kauffmann fort, daß er nicht ſchlaffen kan, Er ſinnet Tag und Nacht, wie er kan das erlangen, Was reich und fuͤrnehm macht, wie es moͤg gehen an. 2. Er ſcheuet keine Muͤh, noch Aengſten und Gefahren, Die Wildniß, Ungeheur, Wolff, Baͤr, Loͤw, Tigerthier. Geheime Hinterliſt, der grimmen Raͤuber-Schaaren, Und was dergleichen mehr, kommt ihm nicht ſchroͤcklich fuͤr. 3. Tobt gleich das wilde Meer! Mit Wolcken-hohe-Wellen Als muͤßt das kleine Schiff ans blaue Sternen-Hauß, Und bald darauf zuruͤck in tieffen Abgrund fallen. Der Kauffmann wagt es doch, trotz allem Sturm und Strauß. 4. Das ſtrenge Schnee-Gebuͤrg, deß Nordens Eiß und Winde. Es regne, ſchneye, bruaß; Es donnere, krach und blitz, Nichts ſtoͤret ſeine Reiß, er eilet gar geſchwinde, Eh daß ein anderer ihm kommt in ſeinen Sitz. * * Beſiehe hievon den allerneuſten Staat von Siberien, Nuͤrnberg, 1725. 5. Oſt und Weſt-Jndien, der Armuth zu entrinnen, Sind ihme nicht zu weit, er ſucht wohl beyde heim, Der nahen Sonnen-Hitz nicht aͤndert ſein Beginnen, Das Wuͤrmen-Waſſer ſchmeckt ihm wohl wie Honigſeym. 6. Der Winter-Naͤchten Kaͤlt, deß Sommers heiſſes Brennen, Der Sand Arabiens haͤlt ihne wenig auf. Nicht Freund, nicht Vatterland verhindert ihn im Rennen, Nach fremden Waaren geht ſein Welt-geſinnter Lauff. 7. O JEſu! ſollteſt du auf uns ſo faule Chriſten Nicht ſehr erzuͤrnet ſeyn, mit Flammen, Zorn und Raach! Daß

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 790. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/886>, abgerufen am 22.11.2024.