schlaffet, GOTT schweigt, daß die Seel keine Antwort von ihm haben kan, die Gefahr von allen Seiten hereintringt und darbey kein Vermögen zu betten sich findet, daß man so thum ist wie ein Thier und keinen Gedancken zu GOTT machen kan, und es einem ist, als stäcke man mit dem Kopf in einem Sack.
Jn wel- chem JE- sus gar nöthig und tröst- lich ist.
§. 3. Ach wie süsse ists alsdann in solchen Stürmen JEsum im innersten des Hertzens ruhend und sein Glaubens-Reich in dieser ängst- lichen Finsternuß schimmernd haben, man nehme nicht hundert tau- send Gulden darvor und alle Perlen der Welt: Unterdessen ge- hets bey allen unsern Begebenheiten und Schicksaalen nach und nach der Ewigkeit zu. O wie froh ist man alsdann im Tod-Bett ein Burger des Himmelreichs zu seyn, und JEsum gekaufft zu ha- ben; Ach so warte derowegen niemand biß der Marckt aus ist: Suchet den HERREN weil er zu finden ist, ruffet ihn an, weil er nahe ista. GOTT könnte in kurtzem was anders mit uns vornehmen; Es zweiffelt fast kein Verständiger mehr, daß nicht Haupt-Veränderungen in der Christenheit gar nahe vor der Thür seyen; gesetzt aber, viele von uns erleben solches nicht, so werden die Todes-Schatten unsere Thäler bedecken, die Sonne ob unserm Horitzont untergehen und die letzte Minuten zu unserm Ab- scheid schlagen von allen sichtbaren Dingen, o was Reu und Ban- gigkeit! wie viele Exempel haben wir von solchen, die gewünscht, daß sie ihr Leben wieder vornen anfangen und noch einmahl ausfahren könnten, so wollten sie bessere Waaren einkauffen.
Von der Perlen- Preiß, und wie GOTT alle Käuf- fer gleich halte.
§. 4. Einwurff. Es ist aber vielleicht zu theuer, wie viel muß ich darum geben?
Antw. JESUS sagt dir, alles: Nicht eines Stäubleins groß Ehre, Gut und Lust weder geistlich noch leiblich darffst du als das Deine ansprechen und behalten. Wisse, daß wer diese Perle mit sich heimtragen und ewig geniessen will, keinem, wer er auch seye, gestattet und zugelassen werde, das geringste eigenmächtig als das Seine zu behaupten: Es muß dir, o ewiger Handelsmann, alles in der Zeit fremd werden, und was unter der Sonnen geschiehet soll dich nichtes mehr angehen, oder du kanst die Perl nicht haben, nichts muß dir fürohin empfindlich seyn und zu Hertzen gehen als JE-
SUS
aEsai. LV. 6.
Betrachtungen
ſchlaffet, GOTT ſchweigt, daß die Seel keine Antwort von ihm haben kan, die Gefahr von allen Seiten hereintringt und darbey kein Vermoͤgen zu betten ſich findet, daß man ſo thum iſt wie ein Thier und keinen Gedancken zu GOTT machen kan, und es einem iſt, als ſtaͤcke man mit dem Kopf in einem Sack.
Jn wel- chem JE- ſus gar noͤthig und troͤſt- lich iſt.
§. 3. Ach wie ſuͤſſe iſts alsdann in ſolchen Stuͤrmen JEſum im innerſten des Hertzens ruhend und ſein Glaubens-Reich in dieſer aͤngſt- lichen Finſternuß ſchimmernd haben, man nehme nicht hundert tau- ſend Gulden darvor und alle Perlen der Welt: Unterdeſſen ge- hets bey allen unſern Begebenheiten und Schickſaalen nach und nach der Ewigkeit zu. O wie froh iſt man alsdann im Tod-Bett ein Burger des Himmelreichs zu ſeyn, und JEſum gekaufft zu ha- ben; Ach ſo warte derowegen niemand biß der Marckt aus iſt: Suchet den HERREN weil er zu finden iſt, ruffet ihn an, weil er nahe iſta. GOTT koͤnnte in kurtzem was anders mit uns vornehmen; Es zweiffelt faſt kein Verſtaͤndiger mehr, daß nicht Haupt-Veraͤnderungen in der Chriſtenheit gar nahe vor der Thuͤr ſeyen; geſetzt aber, viele von uns erleben ſolches nicht, ſo werden die Todes-Schatten unſere Thaͤler bedecken, die Sonne ob unſerm Horitzont untergehen und die letzte Minuten zu unſerm Ab- ſcheid ſchlagen von allen ſichtbaren Dingen, o was Reu und Ban- gigkeit! wie viele Exempel haben wir von ſolchen, die gewuͤnſcht, daß ſie ihr Leben wieder vornen anfangen und noch einmahl ausfahren koͤnnten, ſo wollten ſie beſſere Waaren einkauffen.
Von der Perlen- Preiß, und wie GOTT alle Kaͤuf- fer gleich halte.
§. 4. Einwurff. Es iſt aber vielleicht zu theuer, wie viel muß ich darum geben?
Antw. JESUS ſagt dir, alles: Nicht eines Staͤubleins groß Ehre, Gut und Luſt weder geiſtlich noch leiblich darffſt du als das Deine anſprechen und behalten. Wiſſe, daß wer dieſe Perle mit ſich heimtragen und ewig genieſſen will, keinem, wer er auch ſeye, geſtattet und zugelaſſen werde, das geringſte eigenmaͤchtig als das Seine zu behaupten: Es muß dir, o ewiger Handelsmann, alles in der Zeit fremd werden, und was unter der Sonnen geſchiehet ſoll dich nichtes mehr angehen, oder du kanſt die Perl nicht haben, nichts muß dir fuͤrohin empfindlich ſeyn und zu Hertzen gehen als JE-
SUS
aEſai. LV. 6.
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[862/0958]
Betrachtungen
ſchlaffet, GOTT ſchweigt, daß die Seel keine Antwort von ihm
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Vermoͤgen zu betten ſich findet, daß man ſo thum iſt wie ein Thier
und keinen Gedancken zu GOTT machen kan, und es einem iſt, als
ſtaͤcke man mit dem Kopf in einem Sack.
§. 3. Ach wie ſuͤſſe iſts alsdann in ſolchen Stuͤrmen JEſum im
innerſten des Hertzens ruhend und ſein Glaubens-Reich in dieſer aͤngſt-
lichen Finſternuß ſchimmernd haben, man nehme nicht hundert tau-
ſend Gulden darvor und alle Perlen der Welt: Unterdeſſen ge-
hets bey allen unſern Begebenheiten und Schickſaalen nach und
nach der Ewigkeit zu. O wie froh iſt man alsdann im Tod-Bett
ein Burger des Himmelreichs zu ſeyn, und JEſum gekaufft zu ha-
ben; Ach ſo warte derowegen niemand biß der Marckt aus iſt:
Suchet den HERREN weil er zu finden iſt, ruffet
ihn an, weil er nahe iſt a. GOTT koͤnnte in kurtzem was
anders mit uns vornehmen; Es zweiffelt faſt kein Verſtaͤndiger mehr,
daß nicht Haupt-Veraͤnderungen in der Chriſtenheit gar nahe vor
der Thuͤr ſeyen; geſetzt aber, viele von uns erleben ſolches nicht, ſo
werden die Todes-Schatten unſere Thaͤler bedecken, die Sonne ob
unſerm Horitzont untergehen und die letzte Minuten zu unſerm Ab-
ſcheid ſchlagen von allen ſichtbaren Dingen, o was Reu und Ban-
gigkeit! wie viele Exempel haben wir von ſolchen, die gewuͤnſcht, daß
ſie ihr Leben wieder vornen anfangen und noch einmahl ausfahren
koͤnnten, ſo wollten ſie beſſere Waaren einkauffen.
§. 4. Einwurff. Es iſt aber vielleicht zu theuer, wie viel muß ich
darum geben?
Antw. JESUS ſagt dir, alles: Nicht eines Staͤubleins groß
Ehre, Gut und Luſt weder geiſtlich noch leiblich darffſt du als das
Deine anſprechen und behalten. Wiſſe, daß wer dieſe Perle mit
ſich heimtragen und ewig genieſſen will, keinem, wer er auch ſeye,
geſtattet und zugelaſſen werde, das geringſte eigenmaͤchtig als das
Seine zu behaupten: Es muß dir, o ewiger Handelsmann, alles in
der Zeit fremd werden, und was unter der Sonnen geſchiehet ſoll
dich nichtes mehr angehen, oder du kanſt die Perl nicht haben,
nichts muß dir fuͤrohin empfindlich ſeyn und zu Hertzen gehen als JE-
SUS
a Eſai. LV. 6.
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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 862. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/958>, abgerufen am 22.11.2024.
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